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Die Legende vom Mädchen vom Mond der Illusionen ( LMMI )

von

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Der letzte Wächter Teil 4
 

Hitomi trat durch die Tür und starrte auf das Bild, das vor ihr lag. An einem langen Tisch saßen ein junger Mann und eine junge Frau, die sich um eine gläserne Karaffe mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit stritten.

Bei ihrem Eintreten drehten sich die beiden zu ihr um und der Mann sagte grinsend "Ah, unsere Langschläferin ist erwacht. Setz dich. Du hast bestimmt Hunger." Er ließ die Karaffe überraschend los, so dass um ein Haar der halbe Inhalt auf die strahlend weiße Robe der Frau geschwappt wäre.

Sie strich sich die kastanienbraunen Haare aus dem Gesicht, die ihr in Wellen bis zur Hüfte fielen und maßregelte ihren Freund. "Pass doch auf! Übrigens ist das nicht gerade eine nette Begrüßung!" sie drehte sich Hitomi zu und sagte "Bitte entschuldige diesen Rüpel. Mein Name ist Eliandra, und dieser Grobian da hört- zumindest manchmal- auf den Namen Taro. Das blöde ist, das er trotz seines Benehmens meistens recht hat. Du solltest wirklich etwas essen, du hast schließlich einen ganzen Tag durchgeschlafen."

Durch die seltsame Begrüßung verwirrt setzte sich Hitomi, bevor ihr bewusst wurde, was sie gehört hatte "Ich habe einen ganzen Tag durchgeschlafen?" erschrocken stand sie wieder auf, doch der Mann drückte sie wieder auf ihren Stuhl. "Allerdings. Wir haben dich gestern bewusstlos am Strand gefunden. Aber keine Sorge, bis auf die Tatsache, dass du völlig erschöpft warst, als wir dich gefunden haben, geht es dir ausgezeichnet."

Hitomi schaute ihn erleichtert an und dabei fiel ihr auf, das dieser Mann fast das selbe anhatte wie Van, und ihr fiel wieder ein warum sie hier war, und dass sie nicht wusste, wo hier überhaupt war. "Äh, Taro? Wo bin ich hier eigentlich?" Taro strich sich nachdenklich über die kurzen, blonden Haare und antwortete "Na ja, das hier ist eine kleine Insel in einem Gebirgssee der nördlichen Schneeberge. Wir nennen sie Talis Manor, aber der Name ist außerhalb dieser Insel unbekannt. Ich glaube nicht, dass sie irgendwo anders überhaupt einen Namen hat."

Hitomi verzog das Gesicht "Also am Ende der Welt" < Aber zum Glück anscheinend auf Gaia> spontan fragte sie "Wie weit ist es von hier bis nach Fanelia?" Die Frau lachte "Du bist noch nicht mal richtig wach und willst schon wieder weg!" Errötend fügte Hitomi hinzu "Entschuldige, ich wollte euch nicht beleidigen, aber ich muss dringend dorthin."

Taro goss etwas von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit in ein Glas und stellte es vor Hitomi. "Dann muss ich dir leider mitteilen, dass wir keine Flugschiffe haben, und mit dem Pferd dauert es gut acht Tage durch die Schluchten der Berge und die dichten Wälder, selbst wenn man schnell reitet, und dazu bist du noch zu schwach."

Enttäuscht griff Hitomi nach dem Glas und trank einen Schluck der nach Honig schmeckenden Flüssigkeit, als ihr einfiel dass sie etwas vergessen hatte. "Ich habe euch ja noch gar nicht gesagt wie ich heiße. Mein Name..." Mit einem leichten Grinsen unterbrach Taro sie und sagte etwas, das dazu führte, dass der total überraschten Hitomi das Glas aus der Hand rutschte und nur durch eine rasche Reaktion Eliandra's vor dem Umkippen bewahrt wurde "Wir wissen wer du bist. Hitomi Kanzaki, Mädchen vom Mond der Illusionen."
 

Van war dem Fluss schon einige Stunden lang gefolgt, der dabei war, sich immer weiter in das Gestein der Berge zu schneiden. Der Weg wurde manchmal ziemlich schmal, aber er war immer noch gangbar. Doch als Van nun um die Ecke ritt, sah er etwas, das er schon eine ganze Weile gehört hatte, aber nicht wahrhaben wollte. Vor ihm lag ein Wasserfall, der sich so durch das Tal ergoss, dass er nicht vorbeikam.

< Seltsam. Wenn wirklich jemand auf dieser Insel lebte, war das der einzige Zugang zu ihrem Tal von dieser Seite des Gebirges aus, wenn man nicht über Höhen gehen will, die nur in wenigen Monaten im Sommer passierbar waren. Es muss hier einen Durchgang geben, oder ich bin ganz umsonst hier.>

Unsicherheit beschlich ihm, aber er wischte sie beiseite und befahl seinem Pferd sich umzudrehen, als er etwas sah, das seine Stimmung aufhellte. Direkt über seinem Kopf flog ein großer Vogel auf die Felswand an der linken Seite des Wasserfalls zu- und verschwand.

< Dort muss es entweder einen Vorsprung geben, den man von hier unten nicht sieht, oder es gibt dort einen Weg. Wenn ja, muss er am Wasserfall vorbeiführen. Das ist mit Sicherheit der Weg, den diese "Leuchtenden Schatten" nehmen. Irgendwo hier muss ein Weg nach oben führen.>

Er ritt ein Stück zurück und wollte gerade um eine Ecke biegen, als ihm etwas auffiel. Die Dornenbüsche, die hier in jeder Ecke wuchsen, die sie vor dem Wind schützte, der heftig durch das enge Tal pfiff, standen an einer Stelle besonders dicht. Sie verdeckten völlig die hinter ihnen liegende Felswand. Van stieg von seinem Pferd, ging näher heran und schaute sich die Sache genauer an.

Der Großteil des Busches war abgestorben, was man aber nur erkennen konnte, wenn man vorsichtig daran zog. Er nahm sein Schwert und zerrte vorsichtig ein Stück des Busches auseinender, wodurch eine Höhle erkennbar wurde, die in einem Bogen steil nach oben führte, und an deren Ende Tageslicht schimmerte. < Das muss der Weg sein. Genial! Niemanden der zufällig hier entlang kommt, würde das auffallen, und die Dornenbüsche verhindern, dass sich jemand die Sache näher ansieht.>

Er erweiterte den Durchgang und führte sein scheuendes Pferd vorsichtig durch die enge Gasse. Dann verschloss er die Mauer aus Dornenbüschen wieder, um niemandem auf seine Anwesenheit aufmerksam zu machen. Als er aus dem anderen Ende der Höhle trat, erkannte er, dass tatsächlich ein Weg hier oben war, der teils natürlich, teils aus dem Fels herausgehauen worden war. Ein paar Schritte weiter bemerkte er ein Loch, aus dem leises Piepen das Nest des Vogels verriet, der ihn auf diesen Weg aufmerksam gemacht hatte und anscheinend schon wieder unterwegs war, um Nahrung für seine Jungen zu holen. "Danke. Du hast mir sehr geholfen!" sagte er leise, und führte sein Pferd leise und vorsichtig an dem Nest vorbei, um die kleinen Vögel nicht zu erschrecken.

Nach einigen hundert Metern erweiterte sich der Weg erneut, so dass er wieder reiten konnte. Nun war es nicht mehr weit, zwischen ihm und dem Tal mit dem See lag nur noch ein Höhenzug, den er überqueren musste, um Antwort auf seine Fragen zu erhalten.
 

Sekundenlang erstarrte Hitomi, dann kehrte wieder Leben in sie zurück "Was? Aber, aber woher wisst ihr, wer ich bin?" Taro seufzte "Das ist eine lange Geschichte. Als du das erste Mal auf Gaia warst, war ich in Asturia einige..... Geschäfte erledigen. Da erfahre ich, dass Allen Shezar den jungen König von Fanelia mitgebracht hat, dessen Land angeblich von den Zaibachern angegriffen wurde. Da das unseren Informationen über die Pläne der Zaibacher entsprach, habe ich versucht, einige nähere Informationen zu erhalten."

"Du hast gewusst, dass die Zaibacher Fanelia angreifen wollen? Warum habt ihr Van nicht gewarnt!" Hitomis Wut wandelte sich in Angst. "Oder seid ihr Verbündete der Zaibacher?" Jetzt war es Taro, der wütend war und mit der Faust auf den Tisch schlug "Nein! Mit den Zaibachern haben wir nichts zu tun!" So schnell wie seine Wut gekommen war, verflog sie wieder. "Bitte entschuldige, Hitomi. Aber ich bin nicht gerade gut auf die Zaibacher zu sprechen. Die Gründe kennst du ja selbst am besten."

Hitomi nickte schwach, noch benommen von der heftigen Reaktion. "Aber woher kennst du mich nun?" Er schaute ihr einen Moment in die Augen und meinte tadelnd "Ist doch ganz leicht zu erraten. Als ich versucht habe, mehr über Van herauszufinden, hörte ich die Geschichte von einem jungen Mädchen, das behauptete vom Mond der Illusionen zu kommen. Die meisten Menschen hätten darüber nur gelacht, aber bei uns ist das etwas anderes" Er unterbrach sich und schaute Eliandra an, die leicht nickte und dann erklärend hinzufügte "Wir auf dieser Insel leben auf den ersten Blick ziemlich abgeschieden, aber das stimmt nicht. Eine unsere Hauptaufgaben ist die Aufzeichnung der Geschichte Gaias. In fast allen größeren Städten gibt es einen oder mehrere unserer Leute, die Geschichten, die sie hören aufschreiben und zu uns bringen. Dadurch haben wir verschiedene Berichte über ein und das selbe Ereignis aus verschiedenen Blickwinkeln.

Wir versuchen die Wahrheit aus diesen Berichten herauszufiltern und diese dann aufzuschreiben. Wir haben Chroniken, die Tausende von Jahren zurück reichen. Deshalb wissen wir auch, das Gaia ein Planet ist, der von den Atlantern erschaffen wurde. Der Wandteppich im Flur erzählt die Geschichte unseres Ordens. Ich kann sie dir ja mal erzählen, wenn wir viel Zeit haben, es dauert nämlich Stunden, die Geschichte von Tausenden von Jahren zu erzählen."

Eliandra beendete ihre Erklärung, und Taro fuhr fort "Also habe ich mir die Sache mal aus der Nähe angeschaut. Ich war mir nicht sicher, ob deine Behauptung stimmte, aber ich hatte Zeit. Ich bin dir also wie ein Schatten gefolgt, oder besser gesagt, ich habe es versucht. Es war nicht leicht dir zu folgen, vor allem, wenn du mit Van und Escaflowne auf und davon geflogen bist. Na ja, den Rest der Geschichte kennst du ja. Nachdem die Zaibacher besiegt waren, und du wieder auf deinen Planeten zurückgekehrt warst, ging ich hierher und schrieb die Geschichte auf. Ich bin vor ein paar Tagen erst fertig geworden. Und dann tauchst du plötzlich hier bei uns auf der Insel auf. Ich war mehr als nur ein bisschen überrascht."

Hitomi schüttelte sich bei dem Gedanken < Das möchte ich nicht noch mal machen. Die Schmerzen waren grausam.> Laut sagte sie "Ich auch. Ich habe keine Ahnung wie das geschehen ist. Ich wollte eigentlich zu... nach Fanelia." verbesserte sie sich.

Taro lächelte in sich hinein. "Ja, Fanelia ist sehr interessant, mit vielen netten Menschen. Aber du hast gefragt, warum ich sie nicht vor dem Angriff der Zaibacher gewarnt habe." Nach einem Nicken von Hitomi holte er tief Luft und meinte traurig "Erstens hatten wir keine Beweise, sondern nur Vermutungen. Zweitens hatten wir keine Ahnung, was ihr erstes Angriffsziel sein sollte. Und drittens" Er seufzte "drittens hätte uns niemand geglaubt. Wir sind eine Art Geheimbund. Wir treten nicht an die Öffentlichkeit, und deswegen sind wir auch keine angesehenen Personen, die so etwas behaupten können ohne ausgelacht zu werden."

Stumm starrte Hitomi in die Luft, sah dann die zwei an und entschuldigte sich. "Es tut mir leid. Ich weiß ja, dass nicht mal Allen es geglaubt hätte, wenn Van nicht der König von Fanelia gewesen wäre."

"Schon gut. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich habe mich selbst Hunderte Male gefragt, ob wir nicht etwas hätten tun können. Aber leider..." Eliandra stand ruckartig auf und sagte betont fröhlich "Genug Trübsal geblasen. Hitomi muss essen. Wir können ihr ja nach dem Frühstück unsere Insel zeigen. Dann können wir auch weitere Fragen beantworten."

Vorläufig hatte Hitomi dem nichts entgegen zu setzten, denn während des Gesprächs hatte sich ihr Magen immer deutlicher bemerkbar gemacht, und nun hatte sie das Gefühl, dass sie vom Stuhl kippen würde, wenn sie nicht bald etwas essen würde. Staunend beobachteten Taro und Eliandra, wie die zierliche Hitomi genug in sich hineinstopfte, um sie beide mehr als satt zu machen. < Hoffentlich liegt das daran, dass sie einen Tag nichts gegessen hat. Wenn nicht, frisst sie uns noch die Haare vom Kopf.> waren wohl ihre Gedanken.
 

Der Crusador flog über eine zerklüftete Gegend. Millerna betrat die Brücke, auf der bereits Allen und Dryden nebeneinander standen und mit dem selben besorgten Gesichtsausdruck aus dem Fenster schauten. "Wir müssten doch bald die Grenze erreicht haben, oder?" Allen drehte sich um "Wir müssten sie sogar schon überflogen haben Millerna. Aber in diesem Gelände hat man keine Anhaltspunkte."

"Und außerdem würde es niemandem im Traum einfallen, hier irgendetwas wie einen Grenzposten zu bauen. Dieser Flecken Erde ist ein wahres Labyrinth. Ein Haufen unfruchtbaren, trockenen Bodens ohne Wasser und ohne irgendetwas, das man nutzen könnte! Für einen Händler ist dieses Land die Hölle auf Erden."

"Dafür aber ein Paradies für Räuber." Fiel Gades ihm ins Wort.

"Und ich glaube, das dort unten sind welche!" Alle drehten sich zu ihm um "WO?" Er hob den Arm und zeigte nach unten "Do..." "RUMMS!!!" machte es, und alle landeten auf dem Boden.

"Alle Mann kampfbereit!" brüllte Allen. Panisch fragte Millerna "Was ist passiert?" und Gades antwortete an Stelle des an ihm vorbei rennenden Allen "Sie haben Seile nach uns geworfen, und die ziehen uns jetzt durch unsere Vorwärtsbewegung auf den Boden, wo sie uns dann angreifen werden." Millerna konnte tatsächlich spüren, wie sich der Crusador neigte und dem Boden entgegenstrebte. Mit dem Blick eines in die Enge getriebenen Tieres schaute sie aus dem Fenster. Drei Guymelefs bewegten sich mit dröhnenden Schritten auf sie zu.

"Keine Sorge, der Kommandant wird diesen Hunden zeigen, was man in Asturia von Banditen hält." Millerna dachte an Allens Kampfkünste und war einigermaßen beruhigt. Er war gut genug, um es auch mit mehreren Gegnern aufnehmen zu können.

Zischend öffnete sich die Luke von Sheherazade und mit einem Sprung stieg Allen ein. Noch während er seinen Guymelef aufrichtete, öffneten sich die Tore im Heck des Crusadors. Er führte seinen Guymelef an den Rand der Plattform und sah nach unten. Der Boden war nur noch zehn oder zwölf Meter entfernt. Mit einem Schrei sprang Allen hinunter, und der Aufprall hinterließ tiefe Abdrücke auf dem staubigen Boden. Als er sich umdrehte, sah er zwei der Guymelefs auf sich zu kommen, während der dritte sich zu dem Punkt bewegte, an dem der Crusador aufschlagen würde. <Nur zu, kommt her. Ich werde euch zeigen, wie ein Ritter des Himmels zu kämpfen versteht. Und für Gades neues Spielzeug fällt auch noch etwas ab.>

Wegen den Erfahrungen mit den Zaibachern hatten sie überlegt, wie man einen Angriff aus der Luft abwehren konnte. Dabei war Gades eine großartige Idee gekommen, die sofort allgemeine Zustimmung gefunden hatte. Sie hatten einige der zerstörten Zaibacher Guymelefs genommen und die Flüssigmetallwaffen aus ihren Armen genommen und am Crusador befestigt, der jetzt Waffen an den Seiten und oberhalb der Brücke besaß. Die Umbauten waren nur minimal, und Gades war sich sicher, dass es kein Feind überleben würde, von oben anzugreifen. Dieser Feind kam zwar von unten, aber das dürfte kein Problem sein.

Weiter kam Allen nicht mit seinen Überlegungen, denn der erste Guymelef war heran und schlug mit einem riesigen Schwert auf ihn ein. Allen blockte mit seinem Schwert ab, machte eine Drehbewegung, die ihn seitlich vor den Feind brachte und schlug ihn mit Sheherazades linken Arm so in die Seite, dass der Guymelef die Balance verlor und mit einem gewaltigen Krachen auf den Boden knallte.

Allen stieß ihm das Schwert in den Torso, und in einer lauten Explosion zerbarst der erste Feind. In der Zwischenzeit war Nummer zwei herangekommen und holte aus. Mit einem Auflachen duckte Allen sich unter dem Schlag hinweg und teilte den Guymelef mit einem gewaltigen Schlag genau über den Beinen in zwei Hälften. <Anfänger. Keine Ahnung vom kämpfen. Aber trotzdem bewegen sie ihre Guymelefs, als ob sie alte Veteranen wären.>

Es war grotesk, dass die obere Hälfte des feindlichen Guymelefs herunterrutschte und sich mit einem Scheppern in ihre Einzelteile auflöste, während die Beine stehen blieben. Mit einem raschen Blick auf den Crusador versicherte sich Allen, dass der dritte Guymelef keine Gefahr mehr war. In dem Moment, in dem er ihn erblickte, sank er zu Boden und blieb regungslos liegen. Drei Metallspeere aus der Seite des Crusadors hatten ihn in der Mitte getroffen und außer Gefecht gesetzt. Die Fußtruppen, die in den Crusador eindringen sollten, flohen in heillosem Durcheinander. <Gades wird sich freuen. Sein Spielzeug hat bestens funktioniert!> dachte sich Allen, als er ausstieg um die Guymelefs der Feinde zu untersuchen.

Gades lachte in der Tat, aber nicht über den Erfolg seiner Idee, sondern über einen selbstbewussten Händler, der jetzt jedoch ein Bild des Elends war. Nachdem die feindlichen Guymelefs besiegt waren, war lauter Jubel ausgebrochen. Nur Dryden stand mit grünem Gesicht an der Wand, hielt sich die Hände vor den Mund und schien kurz vor dem Umkippen zu sein.

"Was ist denn los, Dryden?" hatte Millerna ihn gefragt und seine Antwort hatte sich angehört wie "Iff haff fii fie Funge affefiffen!" Sie hatte ihn nur verständnislos angeschaut und er hatte geschluckt und seine Antwort, diesmal deutlicher, wiederholt. Die Mannschaft war mittlerweile auf ihn aufmerksam geworden, und was sie hörte ließ alle Gespräche verstummen. "Ich hab mir die Funge abgebiffen!" Es war leise genug um das Gras wachsen zu hören, das in der Felswüste unter dem Guymelef nicht wuchs. Ungläubig wiederholte Millerna die Worte Drydens, die sie nun gehört, aber noch nicht ganz verstanden hatte "die Zunge abgebissen..."

Das war das Signal für die Mannschaft, die im Gefecht entstandene Spannung abzubauen. Das Gelächter dröhnte durch die Gänge, wurde verstärkt und erreichte als abgehacktes Brummen sogar Allen, der verwundert nach oben sah.

Allen betrat die Brücke "Wo sind Millerna und Dryden." "Sie üben Zeichensprache!" rief ein Scherzkeks, und das tosende Gelächter ließ Allen an der Zurechnungsfähigkeit seiner Leute zweifeln. "Dryden hat eine Kriegsverletzung davongetragen." beichtete der grinsende Gades und machte eine Kunstpause "Er hat sich beim Sturz die Zunge abgebissen!" Allen starrte ihn ungläubig und wohl auch ein bisschen verzweifelt an, doch zum Glück hörte er hinter sich Millerna und konnte wieder aufatmen.

"Nicht abgebissen, sondern nur draufgebissen, auch wenn es mächtig geblutet hat." "Millerna! Dann geht's ihm also gut!" Schwach lächelnd erwiderte sie "Gut kann man eigentlich nicht sagen, aber er wird keine bleibenden Schäden zurückbehalten. Aus seiner Rede wird nun allerdings nicht." Ein leises " Zum Glück!" ließ sie die Besatzung einen nach dem anderen anstarren, aber sie blickte nur in betont gelangweilte und teilnahmslose Gesichter. "Macht euch nur über ihn lustig. Mal sehen was ihr sagt, wenn euch so etwas passiert!"

"Genug damit!" rief Allen mit lauter Stimme. "Wir müssen weiter. Ich habe einen Gefangenen gemacht, der jetzt im Frachtraum festsitzt. Ich werde ihn verhören gehen. Und ihr macht die Seile los, die uns immer noch festhalten. Und du" wandte er sich an Gades "schaust dir mal die Guymelefs an, und sagst mir dann, ob dir etwas auffällt." "Stimmt etwas nicht mit ihnen?" "Schau sie dir an. Ich will deine Meinung nicht beeinflussen." wich Allen aus und ging zum Frachtraum.
 

Hitomi hatte sich den Bauch vollgestopft und Taro und Eliandra hatten angeboten, ihr die Insel zu zeigen und dabei ihre Fragen zu beantworten. Nach einem kleinen Rundgang durch die Siedlung kamen sie zu einem runden Bau mit hohen, bunten Fenstern wie bei einer Kathedrale. Auf der Insel gab es nur wenige Gebäude: das in dem Hitomi aufgewacht war, ein kleines Krankenhaus, ein riesiges Dojo und ein noch größeres Gemeinschaftshaus in dem alle wohnten und das so groß war, das es sogar vier Innenhöfe hatte.

Aber dieser Bau war etwas anderes. Aus schwarzem Basalt erbaut, strahlte es eine Würde und Erhabenheit aus, die Hitomi tief beeindruckte. "Was ist das?" fragte sie und Taro antwortete mit einem gewissen Stolz in der Stimme "Das ist die Ratshalle. Dort werden die Beschlüsse in gemeinsamer Beratung gefasst. Natürlich nicht die, die das alltägliche Leben betreffen."

Hitomi berührte sacht den schwarzen Stein "Der ist ja warm!" wunderte sie sich und Eliandra trat neben sie "Tatsächlich. Er ist schon wieder wärmer geworden." Hitomi schaute sie verständnislos an und ihre Verwirrung steigerte sich noch als Taro ebenfalls die Wand berührte und er sorgenvoll das Gesicht verzog. "Du hast Recht. Es wird wieder jeden Tag schlimmer." Entschuldigend erklärte er Hitomi "Die Steine, aus der die Ratshalle erbaut wurde haben eine besondere Eigenschaft. Wenn Gaia Gefahr droht, werden sie warm. Darum sind wir so besorgt. Wenn sie so schnell so warm werden, muss etwas Schreckliches bevorstehen. Das erinnert mich an etwas. Hitomi!" Sein Ton wurde plötzlich sehr ernst.

<Was hat er denn? Warum schaut er mich so an?> "Hitomi, ich muss dich um etwas bitten. Ich habe einen Freund, der dich unbedingt kennen lernen sollte. Ich möchte dich bitten, heute noch mit mir aufzubrechen. Wir werden nicht lange brauchen. Er wohnt hier ganz in der Nähe, und wir können schon heute Abend wieder zurück sein." Er schaute sie so flehentlich an, dass sie schließlich zustimmte. "Also gut, wenn es so wichtig ist." Sie sagte es ihm nicht, und irgendwie wollte sie es auch selbst nicht wahrhaben, aber sie hatte bei Taros Worten das unbestimmte Gefühl gehabt, dass sie diesen Unbekannten unbedingt treffen musste. Sie hatte schmerzlich gelernt, auf ihre Gefühle zu vertrauen, trotzdem war sie sich nicht sicher, ob sie richtig handelte. Sie war wieder nach Gaia gekommen, da sie gespürt hatte, dass Van in Gefahr war, und statt so schnell wie möglich zu ihm zu kommen, stimmte sie einem Ausflug zu, der sie einen ganzen Tag kosten würde.

Eliandra riss sie aus ihren Gedanken. "Am besten, du kümmerst dich schon mal um die Pferde. Ich werde Hitomi noch den Rest zeigen." "Gute Idee. Ich glaube, es ist am besten wenn wir nach dem Mittag losreiten. Es sind sowieso nur noch knapp zwei Stunden. Wir essen da wo du gefrühstückt hast." Sagte er zu Hitomi, drehte sich um und ging davon. Eliandra meinte "Am besten, ich zeige dir meinen Lieblingsplatz." Über einen schmalen, gepflasterten Weg durch eine Blumenbewachsene Wiese gingen sie auf eine hohe Hecke, die von alten Kastanien umgeben war, zu. Ein Tor in der Hecke ließ die beiden herein, und staunend sah sich Hitomi einem unglaublich vielfältigem Garten gegenüber. Auf einer Fläche von gut hundert mal hundert Metern wuchsen die verschiedensten Kräuter, Sträucher und Blumen.

"In diesem Garten wachsen alle Pflanzen Gaias, die über bestimmte Eigenschaften verfügen. Viele heilen Krankheiten, andere wirken einfach nur beruhigend. Einige sind sehr giftig, darum darf hier auch eigentlich niemand rein. Aber solange du auf den Wegen bleibst, kann dir nichts passieren." "Ihr habt hier Giftpflanzen?" "Natürlich. Alles ist Gift- oder auch lebenswichtig. Es kommt nur auf die Dosis an. Das gefährlichste überhaupt ist Wasser." "Wasser?" <Ich hab ja gemerkt, dass die zwei komisch sind. Aber dass sie verrückt sind, habe ich nicht gedacht!>

Als ob sie ihre Gedanken gelesen hätte, sagte Eliandra "Nein, ich bin nicht verrückt. Aber überleg mal. Wenn du zuwenig Wasser hast, verdurstest du, bei zuviel Wasser ertrinkst du. Und Wasser ist so ziemlich das häufigste, auf das du trifft, von der Luft einmal abgesehen." Hitomi musste zugeben, dass sie auf eine verquere Weise sogar Recht hatte. Es waren bestimmt mehr Menschen verdurstet oder ertrunken, als an irgendeinem Gift gestorben waren. "Aber ich wollte dich nicht verwirren. Komm!" Sie zog Hitomi um eine Hecke, die ihnen bisher die Sicht versperrt hatte und Hitomi blieb von Staunen der Mund offen stehen.

"Das, das ist wunderschön!" Auf einem kleinen Felsvorsprung stand etwa zehn Meter vom Wasser entfernt ein kleiner Pavillon mit zarten, verspielten Verziehrungen. Ein schmaler Weg führte rundherum, gesäumt von Blumen in den schillernsten Farben. Auf den Blumen im Schatten glitzerte noch der Tau der Nacht und der See erstreckte sich azurblau vor ihnen.

Eliandra führte Hitomi in den Pavillon. Sie setzten sich beide auf die Bank und Eliandra fragte lächelnd "Na, habe ich dir zuviel versprochen?" "Nein, überhaupt nicht. Es ist unglaublich schön hier. Ich verstehe, warum das dein Lieblingsplatz ist." Dann fiel ihr etwas ein "Aber du sagtest doch, niemand darf hier rein? Wieso darfst du das, und warum steht dieser Pavillon hier?" "Ich darf hier rein, da ich eine Heilerin bin. Was meinst du, wer die ganzen Heilpflanzen braucht? Und der Pavillon- nun ja. Ich liebe diesen Platz, und da bin ich nicht die einzige. Wir Heilerinnen haben uns eines Tages entschlossen, das hier etwas stehen muss, wo man sich ausruhen und entspannen kann. Oft kommen auch die Kranken hierher. Wie gesagt, solange man auf den Wegen bleibt ist es ungefährlich. Ich habe mich falsch ausgedrückt. Es ist nicht verboten den Garten zu betreten, aber man soll aufpassen, keine der empfindlichen Pflanzen zu verletzen und vor allem die Heilerinnen und die Kranken, die sich hier erholen nicht zu stören."

Sie bemerkte ein kleines Segelboot, das auf eine Bucht zustrebte, deren Öffnung gerade so zu erkennen war. "Da kommt uns wer besuchen. Komm mit, dann kann ich dir gleich den Hafen zeigen." Sie standen auf und gingen zur Bucht, in der der Hafen liegen musste, aber Hitomi fühlte einen Stich im Herzen, als sie den Garten verließ <Ein so schöner Ort. Ich wäre gerne noch hier geblieben.> Aber dann dachte sie wieder an Van und sie fühlte deutlicher als jemals zuvor, dass etwas dabei war, diese Schönheit zu vernichten, und auf einmal fröstelte sie trotz der warmen Sonnenstrahlen, die durch das Laub der Bäume fielen.
 

"Er hat sich selbst vergiftet? Bist du dir sicher Millerna?" Allens Gesicht verdunkelte sich. "Natürlich bin ich sicher. Die Zeichen sind deutlich. Ohne Zweifel Estardin. Ein schnell wirkendes Gift, das schon in geringen Dosen tödlich ist." Gades brummelte "Zum Teufel, das gefällt mir nicht. Nur Fanatiker bringen sich auf diese Art um." Millerna goss noch Öl ins Feuer "Das ist noch nicht alles. Estardin wird aus einer Pflanze gewonnen, die nur in den Bergen von Zaibach wächst. Und sie muss an Ort und Stelle verarbeitet werden. Es ist also ziemlich wahrscheinlich, dass dieser Mann aus Zaibach kommt, oder zumindest Kontakt zu ihnen hat.

"Verdammt!" Allen schlug mit der Faust gegen die Wand. "Alles deutet auf Zaibacher hin. Und ich hatte gehofft, das wäre ein für alle Mal erledigt." Millerna schaute ihn verwundert an "Was meinst du mit alles?" Gades antwortete für ihn "Er meint die Guymelefs, richtig?" Allen nickte. "Du hast es also auch gesehen." "Ja, die Guymelefs der Angreifer sind keine zwei Monate alt. Keinerlei Abnutzung." "Und warum ist das so wichtig?" fragte Millerna, die den Männern nicht folgen konnte. Allen antwortete ihr "Ganz einfach. Von außen sieht man es nicht, aber wenn man sie sich genau anschaut, erkennt man, dass einige Teile nur von den Zaibachern stammen können. Daher auch ihre Beweglichkeit, über die ich mich schon gewundert hatte." Schweigen folgte diesen Worten, denn alle wussten nur zu gut, was das bedeuten konnte: einen weiteren Krieg.
 

Als sie im Hafen ankamen, der nur aus einem langen Steg mit einem halben Dutzend kleiner und zwei großer Boote bestand, sahen sie Taro, der ebenfalls neugierig auf den Neuankömmling war. "Du erwartest niemanden, oder?" fragte er Eliandra, die den Kopf schüttelte. Gemeinsam warteten sie, bis die Person ausgestiegen war und auf sie zu kam. Hitomi hatte genug Zeit, sich die Person genau anzuschauen. Aus dem Boot, das gerade anlegte, als sie ankamen, stieg ein Mädchen, das etwas älter als Hitomi zu sein schien. Sie war ganz in schwarz gekleidet, von einigen weißen Verzierungen abgesehen und ihr langes Haar übertraf diese Schwärze noch um einiges. Im Gegensatz dazu wirkte ihr Gesicht fast blass.

<Hier gibt es wirklich bloß komische Leute.> dachte sich Hitomi. Die schwarze Gestalt war inzwischen näher gekommen. Sie verbeugte sich vor Taro und Eliandra. " Flöte schickt mich, um euch diese Nachricht zu überbringen." Sie gab Taro einen versiegelten Brief und fügte hinzu "Außerdem soll ich auf eure Anweisungen warten." Eine Augenbraue Taros war während dieser Worte immer mehr nach oben gekrochen. Er und Eliandra hatten sich einen undefinierbaren Blick zugeworfen.

"Anweisungen? Davon weiß ich nichts! Und außerdem: ein Brief? Von Flöte?" Eliandra seufzte und riss ihm den Brief aus der Hand "Statt lange zu grübeln wäre es wahrscheinlich am besten, wir lesen erst mal was sie will." Ihre Augen huschten über die Zeilen und mit einem "Tsss!" hob Taro wieder den Blick. "Das ist mal wieder typisch Flöte. Unverständliche Anweisungen und zum Schluss das bei ihr so ungeheuer geliebte "Mehr erfahrt ihr später von alleine!"

Taro hatte inzwischen den Brief gelesen und rief "Hitomi, komm mal her!" Hitomi, die ein paar Schritte abseits gestanden hatte trat näher. "Thana, das ist Hitomi Kanzaki. Hitomi, Thana wird uns auf unserem Ausflug begleiten." "Ausflug?" Thana schien etwas verblüfft, kurz nach ihrer Ankunft gleich wieder auf die Reise geschickt zu werden, und Hitomi nicht weniger. "Ja, Flötes Anweisungen sind klar. Du sollst mit mir zu Akoth kommen, und ich soll bei ihm etwas abholen." Eliandra grinste ihn an "Dann kannst du ja gleich wieder zu den Ställen rennen. Ich muss mich um meinen Teil kümmern. Thana, du warst ja schon zwei Mal hier." "Drei Mal." "Oh, umso besser. Du wirst Hitomi noch die Quellen zeigen, die hat sie noch nicht gesehen. Und dann hilfst du Taro."

Dieser war bereits unterwegs und schon einige Schritte entfernt. Jetzt drehte er sich noch mal um "Lass dir ruhig Zeit, es eilt nicht. Zeig erst alles Hitomi. Notfalls komme ich auch alleine zurecht." Thana verbeugte sich "Wie ihr wünscht."

Nun ging auch Eliandra und Hitomi stand alleingelassen mit einem fremden Mädchen, das sie jetzt ziemlich aufdringlich musterte. "Du musst bei ihnen ja einen mächtigen Stein im Brett haben." Sagte sie unvermittelt und Hitomi spürte, wie ihr das Blut in den Kopf schoss "Wie meinst du das?" "Sie behandeln dich, als ob du ihre Schwester wärst- was allerdings kein Grund ist, rot zu werden." Sie bedeutete Hitomi ihr zu folgen und ging auf ein kleines Waldstück zu.

"Sag mal, was soll das denn? Und außerdem, ich finde nicht, dass sie mich so besonders behandeln." "Das beweist, dass du sie nicht kennst. Du bist das erste Mal hier auf der Insel, und zwei der Großen Drei schleichen um dich herum." "Große Drei? Was heißt das?" "Ganz einfach. Taro, Eliandra und Flöte bilden das Triumvirat. Das ist die Institution die hier bestimmt, außer, der Rat tritt zusammen, was allerdings nur selten passiert, da er nur die ganz wichtigen Dinge bestimmt. Alles andere würde zu lange dauern. Ansonsten bestimmen die Großen Drei. Darum sind sie auch immer ziemlich beschäftigt. Und ausgerechnet jetzt tanzen gleich zwei von ihnen um dich herum. Darum wundere ich mich." "Und was meinst du mit "ausgerechnet jetzt"?"

Hitomi dachte an ihre Visionen und an ihren Traum von dem Drachen und ein Schaudern durchlief sie bis in die Fingerspitzen. Thana schaute ihr in die Augen "Tut mir leid, aber das darf ich dir nicht sagen. Frag Taro. Der redet gern, wenn er über etwas nachdenkt. Und auf unserem Ausflug wird er sicher eine Menge nachdenken müssen. Flöte hat jedenfalls etwas in der Richtung gesagt."

Übertrieben genervt rief Hitomi "Flöte! Flöte, Flöte, Flöte! Wer zum Teufel ist das, und wie kommt sie überhaupt zu diesem Namen. Es ist doch eine Sie, oder?" Verblüfft starrte Thana sie wegen ihres Ausbruches an und dann fingen beide an zu lachen. "Du bist mir ja eine, Hitomi. Ja, Flöte ist eine Sie. Wie ich bereits sagte, ist sie ein Mitglied des Triumvirats. Mehr will ich dir aber nicht verraten. Wenn du sie kennen lernst, wirst du auch verstehen warum, man muss sie einfach erleben. Ihren Namen hat sie von ihrem Lieblingsinstrument, einer Blockflöte. Aber jetzt schau dir das an!"

Sie hatten während des Gesprächs das Wäldchen erreicht und bogen nun um einen dichten Busch. Vor ihnen erstreckte sich ein kleiner, kristallklarer See vor einem großen Felsen. Der See war von den verschiedensten Baumarten umgeben, die ihre Schatten auf das vom Wind leicht bewegte Wasser warfen. "Das ist wunderschön, Thana." "Ja, das finde ich auch. Aus der Quelle, die diesen Teich speist, kommt auch das Trinkwasser der Insel. Und auf der anderen Seite des Felsens ist noch eine heiße Quelle zum Baden. Es ist ein wundervolles Gefühl, wenn man sich nach einem anstrengendem Tag dort entspannen kann. Allerdings muss man außen um den Wald herum um dort hin zu gelangen."

Das wunderte Hitomi, denn sie hatte bereits einen schmalen, aber gut gepflegten Weg entdeckt, der von der Quelle fort rechts an dem Felsen vorbei führte. "Und wohin geht es da?" fragte sie und erschrak als sie Thanas Gesichtsausdruck sah. Doch ebenso plötzlich wie er gekommen war, verschwand der Grimm von Thanas Gesicht, aber ihre Fröhlichkeit war dahin geschmolzen wie Schnee in der Sommersonne. "Dort geht es zum Drachenaltar, aber ich gehe nie dort hin." Sie atmete tief durch und gab sich einen Ruck "Aber weil ich dich mag, werde ich es dir zeigen."

<Das hätte ich jetzt nicht von ihr erwartet. Sie scheint sich sehr schlecht zu fühlen.> In einem Aufblitzen sah sie Thana als kleines Mädchen, wie sie sich in den Schlaf weinte. Sie strauchelte und kehrte wieder in die Wirklichkeit zurück. <Zum Glück hat sie nichts bemerkt. Ich frage mich, was das bedeutet.> Vor ihnen öffnete sich nun der Weg und ihr Blick fiel auf einen kleinen Altar in der Mitte der Lichtung, der von Schattenflecken besprenkelt war. "Das ist der Drachenaltar." Hörte sie Thana. "Er ist den Wächterdrachen gewidmet, die der Legende nach auf dieser Insel geboren wurden."

Hitomi strich sanft über die Ornamente, die in den Stein gemeißelt waren und bestaunte die zwei kunstvoll gefertigten Drachen, die mit ihren Flügeln einen bronzenen Kelch zu beschützen schienen. Sie wollte gerade fragen, wer die Wächterdrachen waren, da wurde es schwarz vor ihren Augen.
 

Die Flammen loderten wild auf. Dorfbewohner rannten in Panik durcheinander. Ein kleines Kind stürzte und fing an zu weinen. Der Geruch von verbranntem Holz lag in der Luft. Irgendwie hatte Hitomi das Gefühl, dass das Feuer nicht von einem Unfall herrührte, denn dazu war es zu großflächig. Aber es war auch kein Angreifer zu sehen, der das Feuer gelegt haben könnte. In ihren Ohren dröhnte das Schreien der Verletzten und Sterbenden.
 

"Hitomi! Hitomi, wach auf, was ist denn los!" Sie konnte die Verzweiflung aus den Worten heraushören. Die Sonne blendete sie, und sie konnte den Schatten nicht erkennen, der sich über sie beugte, von einem Dach aus Blättern umrahmt. "Thana? Bist du das?" "Natürlich Hitomi! Was war los mit dir? Du bist auf einmal umgekippt und hast geschrieen." Hitomi stand ruckartig auf, musste sich aber bei Thana abstützen um nicht vor Schwindel umzufallen. "Es... es geht mir gut. Nur ein Schwächeanfall." Thana schaute sie zweifelnd an, drang aber nicht weiter in sie ein. "Wenn du meinst..." sagte sie tonlos "Aber wir sollten besser zurückgehen."

Sie waren schon aus dem Wäldchen herausgetreten, als Hitomi wieder einfiel, was sie fragen wollte. "Thana, was sind die Wächterdrachen?" Eine Zehntelsekunde verhielt Thana mitten im Schritt, dann tat sie als ob nichts gewesen wäre, aber ihre Stimme klang seltsam gepresst. "Was weißt du über Atlantis?" fragte sie "Atlantis?" <Wie kommt sie jetzt darauf?> Hitomis Stimme klang so verwirrt, dass Thana seufzte "Natürlich, wie solltest du es wissen. Außerhalb dieser Insel wissen höchstens eine Handvoll Leute mehr darüber, für sie ist alles Legende. Aber es ist keine." Sie holte tief Luft "Ich will dich nicht mit den Details langweilen, das schaffen wir sowieso nicht mehr bis zum Mittag, und ich muss auch noch etwas erledigen. Jedenfalls war Atlantis ein Land mit hoch entwickelter Technik und Kultur. Seine Bewohner erschufen eine Maschine, mit deren Hilfe sie Gaia geschaffen haben, denn ihre Heimat war der Mond der Illusionen." Sie lächelte "Ich weiß, das du mir das nicht glauben wirst, aber lass mich weiter erzählen."

Hitomi nickte ihr zu und dachte sich <Sie hat Recht. Wenn ich nicht wüsste, das es so war, würde ich es nicht glauben. Einen ganzen Planeten erschaffen. Und Reisen zwischen Gaia und dem Mond der Illusionen. Wenn ich nicht selbst von dort wäre... Soll ich es ihr sagen, oder nicht?> Bevor sie einen Entschluss fassen konnte, fuhr Thana fort "Sie erschufen zwölf Tore, die es ihnen ermöglichten, zwischen den Welten zu reisen. Wächter über diese Tore waren ausgewählte Wesen aus dem Volk des Drachengottes. Sie sind keine Legende. Genauso wie die Atlanter Gaia erschaffen haben, haben sie auch ihre Gestalt verändert und ließen sich Flügel wachsen. Die Auserwählten, die die Tore zwischen den Welten bewachten, hatten zu ihrer Unterstützung eine besondere Drachenrasse- die Wächterdrachen. Zusammen beschützten sie die Tore und diejenigen, die sie benutzten vor Gefahren, angefangen von wilden Tieren bis hin zu anderen, bösen Drachen. Aber die Atlanter wurden zu hochmütig. Sie glaubten das Schicksal bestimmen zu können. Das wurde ihnen zum Verhängnis. Atlantis ging unter und mit ihnen auch die Wächterdrachen, zumindest die meisten."

Sie erreichten die Siedlung und Thana verabschiedete sich. "Ich muss noch was dringendes erledigen. Schau dich noch etwas um. In einer halben Stunde gibt es Essen, sei dann da." Sie rauschte um die Ecke und ließ eine nachdenkliche und etwas verwirrte Hitomi zurück. <Das ist wie in meinem Traum von dem Drachen. Und hat er nicht gesagt, er wäre der letzte Wächter? Ist er einer dieser Wächterdrachen?> Auf einmal bemerkte sie Eliandra, die eiligen Schrittes einer Frau hinterherlief. Neugierig folgte Hitomi ihnen. Als sie das Haus betrat, erkannte sie wo sie war.

<Das ist das Krankenhaus. Wahrscheinlich geht es jemandem sehr schlecht und Eliandra soll ihr helfen. Sie hat ja gesagt, dass sie Heilerin ist.> Sie wollte wieder umdrehen, als sie die wütende Stimme Eliandras hörte. "Das werdet ihr nicht. Ihr bleibt hier liegen, und sie wird auch nicht erfahren, dass ihr hier seid!"

Zögernd stand sie eine Sekunde da, dann siegte ihre Neugier. Sie ging auf das Zimmer zu, aus dem die Stimmen kamen und schaute vorsichtig durch den schmalen Spalt. <Zum Glück ist die Tür nicht zu.> Sie sah in das Zimmer und ihre Augen weiteten sich vor Überraschung. In ihrem Schreck hatte sie der Tür einen leichten Stoß gegeben, und nun glitt sie langsam und lautlos auf. Eliandra saß auf einem Stuhl und drehte ihr den Rücken zu. Sie wollte gerade wieder etwas sagen, schloss jedoch den Mund wieder, als sie den Ausdruck auf den Gesichtern ihrer Patientinnen sah. Sie fuhr herum und erstarrte "Was machst du hier!" Aber niemand antwortete ihr. Schließlich brachte Hitomi flüsternd die Namen derer heraus, die da vor ihr in ihren Betten lagen. "Naria... Eria... ihr?"
 

"Ich halte es immer noch für einen Fehler. Du tust ihr nur weh." Flöte schüttelte energisch den Kopf. "Wir haben keine andere Wahl. Wir brauchen sie. Und sie muss ihren Zorn überwinden." "Und du glaubst, dass das passiert? Und selbst wenn. Wenn ich mich recht erinnere, hast du gesagt, dass drei nötig sind" "Mach dir darüber keine Gedanken. Alles wird sich fügen. Der zweite ist schon unterwegs zu uns, auch wenn er es noch nicht weiß." "Du meinst Van, oder?" "Kennst du sonst noch jemandem aus dem Volk des Drachengottes?" "Nein. Darum mach ich mir ja Sorgen. Selbst wenn das mit dem zweien klappt, wo kriegst du die dritte Person her? Es gibt sonst niemanden mehr, der aus dem Volk des Drachengottes ist." "Aber in vielen fließt das Blut des ausgestorbenen Volkes. Alles wird sich fügen. Das Blut von Drachen, Mensch und Drachengottvolk wird sich mischen." "Und wie soll das geschehen, wenn mir die Frage gestattet ist?" "Fragen kannst du, soviel du willst. Die Antwort aber... Nun, zumindest einen Teil davon sollst du erfahren. Hol etwas zu schreiben. Du musst eine Nachricht für mich aufsetzen. Und danach sattle die Pferde. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns."
 

"Hallo Hitomi! Schön, dich zu sehen." Narias Stimme klang sehr schwach. Und auch Erias Lachen war schwach, als sie Eliandra hinauswarf. "Es ist jetzt egal, wie sie hergekommen ist. Würdest du uns jetzt bitte allein lassen!"

Mürrisch stand Eliandra auf und drängte sich an der immer noch erstarrten Hitomi vorbei. "Hör zu. Ich wollte nicht, dass du sie siehst. Sie sind noch sehr schwach. Reg sie nicht auf und überanstreng sie nicht. Falls ihnen irgendetwas wegen dir passiert, wirst du mich kennen lernen." Erschrocken wich Hitomi vor der griesgrämigen Heilerin zurück, aber Naria beruhigte sie. "Keine Angst, sie meint es nicht so. Sie könnte niemandem etwas antun. Sie macht sich nur Sorgen um uns." "Und zu Recht." Fügte ihre Schwester hinzu, als Naria sich von ihrem Hustenanfall erholt hatte.

Endlich hatte Hitomi ihre Überraschung überwunden, konnte jedoch ein Zittern ihrer Stimme nicht verhindern. "Ich dachte ihr seid tot!" brach es aus ihr heraus. Naria nickte "Das haben wir auch gedacht. Aber setz dich doch erst mal hin. Du siehst ja fast so krank aus, wie wir sind. Mit weichen Knien nahm Hitomi auf dem Stuhl Platz, auf dem Eliandra gesessen hatte und Naria begann zu erzählen. "...Folken war also mit Erias Guymelef geflohen. Wir waren aber immer noch in der fliegenden Festung gefangen und zu schwach um etwas zu tun.

Trotzdem gelang es uns irgendwie, in meinen Guymelef zu steigen. Dann ist die Festung explodiert und wir verloren das Bewusstsein. Aufgewacht sind wir erst wieder in diesem Zimmer hier. Jemand namens Taro hat uns in unserem Guymelef am Strand liegend gefunden. Allerdings ein ganzes Stück weg von der Festung. Wie wir dahingekommen sind- keine Ahnung. Taro soll uns auf die Insel hier gebracht haben. Wie er das geschafft hat, wollte er uns nicht sagen. Wir wissen nur, dass sie weit weg von Asturia liegen muss." Erschöpft sank Naria in ihre Kissen.

"Ja. Taro hat mir gesagt, Fanelia liegt acht Tagesritte von hier." Da Naria die Kraft zum Weitererzählen fehlte, setzte Eria die Geschichte fort. "Wir sind erst vor drei, vier Wochen das erste Mal wieder aufgewacht. Die Einzelheiten sind jetzt unwichtig. Das Glücksblut, das unseren körperlichen Zerfall verursacht hat, wurde entfernt, auch wenn ich nicht verstanden habe wie. Auf jeden Fall hat es uns noch mehr geschwächt. Aber nach den Aussagen unserer energischen Heilerin sind wir auf dem Weg der Heilung- worüber sie sehr stolz zu sein scheint. Hitomi!" Eria sah ihr fest in die Augen und griff nach ihrer Hand.

"Naria hat mir erzählt, wie du dich verhalten hast, als sie dich entführt hatte. Ich glaube, ich muss dir danken, auch wenn ich es nicht verstehe, warum du nicht geflohen bist, als du die Gelegenheit hattest. Nein, sag nichts. Der Schlaf kommt mich holen." Tatsächlich war ihre Stimme immer leiser geworden und nun fingen ihre Lider an zu flattern. "Hitomi, es tut uns leid, was wir dir und allen anderen angetan haben. Wir wollten alle nur eine bessere Zukunft, eine Zukunft in der niemandem passiert, was uns passiert..." Der Schlaf siegte und ihr Kopf fiel langsam zur Seite. Vorsichtig löste Hitomi Erias Griff um ihre Hand und deckte sie zu. Friedlich schliefen die beiden Schwestern, als Hitomi den Raum leise verließ.
 

Nach dem Mittagessen waren Hitomi und Thana, geführt von Taro aufgebrochen um seinen unbekannten Freund zu besuchen. Hitomi hatte nach seinem Namen gefragt, aber Taro hatte nur gegrinst und den Kopf geschüttelt. "Den erfährst du schon noch. Lass mir die Überraschung." Thana hatte auf Hitomis fragenden Blick nur mit den Schultern gezuckt und sich offenbar mit ihrem Schicksal abgefunden. <Kann ja sein, dass sie diese Geheimniskrämerei gewöhnt ist, ich aber nicht!> hatte Hitomi in sich hinein gegrummelt und dann geseufzt. <Was soll's. Ich erfahre es ja doch bald.>

Dieses 'bald' zog sich nun schon drei quälende Stunden hin. Hitomi hatte erst gedacht, das Reiten würde ihr Spaß machen, aber mittlerweile hatte sie ihre Meinung geändert. Die Pferde hatten sich nach der Überquerung des Sees nur noch den Berg hinaufgeschleppt, und ihr Gang über den steinigen Weg war Gift für jeden Rücken. Sie hatte sich schon fast entschieden, abzusteigen und lieber zu laufen, als Taro endlich das Zeichen zum Anhalten gab. "Wir binden die Pferde hier an." Er zeigte auf einen schmalen, für Hitomi nicht sehr vertrauenerweckenden Pfad, der sich eine steile Felswand hinaufwand. "Dort müssen wir lang."

<Wir sind doch keine Bergziegen! Wer wohnt bloß hier? Kann doch nur ein verrückter Einsiedler sein.> Nach ihrem Gesichtsausdruck schien Thana die selben Gedanken zu haben. Trotzdem tat sie, was Taro gesagt hatte und band ihr Pferd an einen Felsblock. Dann folgte sie Taro, der sein Pferd ebenfalls festgebunden hatte und schon dabei war, den Pfad hinaufzukraxeln. Mit einem Seufzen band Hitomi ihr Pferd ebenfalls an und folgte den beiden.

Erstaunlich schnell hatten sie das andere Ende erreicht. Sie standen nun auf einem Plateau, das an einer Felswand endete und in der ein gewaltiges Loch klaffte. Thana blieb so plötzlich stehen, dass Hitomi gegen sie lief. "Was ist denn los?" fragte sie. Taro drehte sich um, mit einem Ausdruck im Gesicht, den Hitomi als Mitleid gemischt mit Trotz interpretierte. "Was soll das?" reif Thana mit schneidender Wut in der Stimme. "Das ist doch nicht etwa... Eine Stimme, die Hitomi seltsam bekannt vorkam, antwortete ihr, bevor Thana ihre Frage fertig gestellt hatte.

"Doch, das ist mein Zuhause" Ein gewaltiger Schatten schob sich aus der Höhlenöffnung, begleitet von einem leichten Erzittern des felsigen Bodens. Trotzdem war nicht mehr als ein Tapsen zu hören. Langsam schob sich der Drache auf sie zu. Das Sonnenlicht spiegelte sich auf seinen grünen Schuppen und die Augen funkelten wie Smaragde. "Das ist mein alter Freund Akoth." Hallte Taros Stimme in Hitomis Kopf.
 

<Endlich geschafft. Das muss die Insel sein, die ich gesucht habe.> Van war dem Pfad über viele kleine Erhebungen gefolgt, und nun lag ein magisch erscheinender See vor ihm, in dessen Mitte er die gesuchte Insel fand. Sie war teilweise mit Wald bedeckt, aber er konnte auch Felder entdecken und sogar ein Fischerboot, das in der Nähe des Inselufers im Wasser lag.

<Besser ich verstecke mich erst einmal.> Er ritt zu einem Gebüsch am Ufer und band sein Pferd dahinter fest. Im Sichtschutz der Uferpflanzen setzte er sich hin und beobachtete. Unentschlossen überlegte er noch über seine weitere Vorgehensweise, da bemerkte er ein Boot, das mit geblähten Segeln auf ihn zu steuerte.

Er zog sich tiefer ins Gebüsch zurück. <Haben sie mich entdeckt? Es sieht so aus, sie halten direkt auf mich zu.> Der Kiel des Bootes kratzte über den spärlichen Sand des Ufers und einer der zwei Insassen stieg aus. Er stellte sich zwei Meter vom Wasser entfernt auf. Van lag nur 15 Meter von ihm entfernt im Gebüsch. Der Mann fing an zu sprechen.

"Wir wissen, dass du hier bist. Nenne deinen Namen und deine Absicht!" Van starrte ihn verblüfft an. Das war nun nicht gerade der Empfang, den er erwartet hatte. Anscheinend wussten diese "leuchtenden Schatten" sehr genau, wenn jemand ihre Wege benutzte, er hatte jedenfalls keinen bemerkt, der ihn gesehen haben könnte. Der Mann wiederholte seine Aufforderung, immer noch in dem selben gleichgültigen Ton wie beim ersten Mal. Van war sich sicher, dass diese Gleichgültigkeit nicht sehr lange andauern würde. Er stand auf und kam vorsichtig aus seinem Versteck.

<Wenn ich schon so offen hier reinspaziere, dann will ich auch gleich ein bisschen Eindruck schinden.> "Ich bin Van Fanel, König von Fanelia! Ich bin gekommen um euren König zu sprechen! Führt mich zu ihm!" rief er mit soviel Nachdruck wie möglich in der Stimme, die Hand wie zufällig auf sein Schwert gelegt. Doch die zwei kümmerten sich nicht um seine hochtrabenden Worte. Sie drehten sich lediglich zu ihm um, und der Mann auf dem Strand holte eine Schriftrolle aus seinem Gürtel und las murmelnd "Fanel, Fanel... Fanel,Van. Da steht's ja. Nanu?"

Er hob den Blick von seiner Schriftrolle, musterte Van aufmerksam von oben bis unten, sah noch einmal auf seine Schriftrolle und steckte sie dann schulterzuckend zurück in seinen Gürtel. "Tja, dann komm mal mit junger König. Hol dein Pferd. Du wirst bereits erwartet." Nun war die Reihe an Van, verblüfft zu sein "Erwartet?" echote er.
 

"Wie kannst du es wagen, mich hierher zu bringen!" Schrie Thana aufgebracht dem unglücklich dreinblickenden Taro ins Gesicht. "Tut mir leid, aber Flöte hat es mir befohlen." Versuchte er sich zu rechtfertigen. Er wollte noch etwas hinzufügen, aber plötzlich kippte Thana langsam um. Mit einem Satz war er bei ihr und fing sie auf. Vor Schreck schrie Hitomi auf "Thana, was ist los, wach auf!" "Keine Sorge, sie ist nur ohnmächtig. Das gibt sich wieder."

Mit deutlichem Ärger wandte er sich an Akoth "Was soll das? Flöte hat mir geschrieben, das sie heftig reagieren würde, aber das... Was ist zwischen euch vorgefallen, dass sie solche Angst vor dir hat." Mit einem Zischen wie eine alte Dampflok stieß der Drache die Luft aus seinen Nüstern. "Es dürfte wohl eher Hass sein. Unberechtigt, wie ich hinzufügen muss. Es ist eine alte Geschichte, in die ich verwickelt war, an der ich aber keine Schuld trage." Der Drache wollte offenbar nicht darüber sprechen. Grummelnd hob Taro die Bewusstlose hoch und trug sie wieder zurück.

"Ich bringe sie zu den Pferden. Was auch immer der Grund war, warum Flöte sie hier haben wollte- es hat sich für heute erledigt. Aber ich komme noch darauf zurück." Sagte er in einem Ton, der nichts Gutes für die Angesprochene verhieß.

Hitomi schaute ihnen noch etwas benommen hinterher, als der Drache sie ansprach und erschrocken zusammenzucken ließ. "Ich hätte nicht erwartet, dich so schnell hier zu sehen, Mädchen. Aber ich bin froh darüber." "Du, du bist der Drache aus meinem Traum, oder?" "Ja, ich freue mich, dass du dich noch an mich erinnerst." Hitomi erinnerte sich an ihren Traum. "Das ist nicht weiter schwer. Es war ein sehr..." sie holte tief Luft "...einprägsamer Traum. Oder eher eine Vision, ich meine, es war real und..."

Der Drache ließ sein schon bekanntes Gelächter los "Nenne es ruhig einen Traum. Du hast schließlich geschlafen, und auf die Details kommt es nicht drauf an. Nur auf den Inhalt." Ein Gefühl der Unwirklichkeit überkam Hitomi, als sie sich daran erinnerte, wie Blätter, die der Wind durch die felsige Welt dieser Berge wirbelte.

"Ja, der Inhalt. Du hast mir gesagt, Gaia sei in großer Gefahr." Sie schluckte <Und ich auch.> Akoth blickte ihr tief in die Augen, und ein kribbelndes Gefühl breitete sich in ihrem Bauch aus. "Du auch. Das ist richtig. Aber diese Gefahr ist klein im Vergleich zu der, die Fanelia, Asturia, Freid und all den anderen Ländern droht."

Bei Akoths Antwort hatte sich Hitomi erschrocken, denn sie war sich sicher, dass sie das letzte nur Gedacht und nicht ausgesprochen hatte. Aber dann war ihr wieder eingefallen, was der Drache in ihrem Traum gesagt hatte. Da er keine menschliche Sprache sprechen konnte, hatte er es gelernt Gedanken zu lesen und in ihren Gedanken zu ihr zu sprechen. Dann war es also nicht nur in ihrem Traum so, sondern auch in Wirklichkeit. "Natürlich, was dachtest du denn." Verlegen fand Hitomi keine Antwort und setzte sich erst mal auf einen Felsen. Er war überraschend warm, die Sonne musste ihn den ganzen Tag über beschienen und erwärmt haben, obwohl es hier oben ziemlich kühl war.

"Was ist nun diese Gefahr?" Der Drache kam einen Schritt näher und legte sich dann behutsam einige Meter vor ihr auf den Boden. "Das ist eine gute Frage. Genau weiß ich das auch nicht, aber ich weiß, dass du benötigt wirst um sie abzuwenden." Immer noch unsicher beschloss Hitomi, die Sache hinter sich zu bringen. Um den heißen Brei herum zu reden würde nichts bringen. "Wie meinst du das?" "Um dir das zu erklären, muss ich dir noch etwas erzählen. Das letzte Mal wurden wir ja unterbrochen. Was war das überhaupt für ein grässlicher Krach?" fragte er auf einmal. "Der Krach? Mein Wecker. Ich muss immer um diese Zeit aufstehen, um pünktlich in der Schule zu sein."

Verwundert beobachtete Hitomi, wie sich Akoths Schuppen sträubten <Na so was. Das das geht!?> und sich der Drache mit sichtlichem Unbehagen schüttelte. "Ich wusste ja, dass es verrückte Menschen gibt- aber so was! Da sind wir Drachen wesentlich intelligenter. Wir schlafen solange wir wollen und lassen uns nicht von tollwütigen, Krach machenden Maschinen aus unserem wohl verdienten Schlaf reißen." Der gutmütige Spott in seiner Stimme reizte Hitomi zum Lachen, und sie fragte sich, ob das die Absicht des Drachens gewesen war.

Ob Absicht oder nicht, jetzt begann jedenfalls der Drache zu erzählen und Hitomi wurde von seinen Worten gefesselt.

"Ich habe dir ja bereits einiges über Atlantis und die Weltentore erzählt. Die Atlanter schufen diese Tore um zwischen ihrer Heimat, dem Mond der Illusionen, und der von ihnen geschaffenen neuen Welt, also Gaia, zu reisen. Um diese Tore zu beschützen hatte jedes Tor zwei Wächter- einen Drachen und eine Person aus dem Volk des Drachengottes, die über besondere geistige Kräfte verfügte. Heute existieren nur noch zwei Tore. Das eine Tor ist das, dessen Wächter ich bin. Und in gewisser Weise ist auch Flöte dessen Wächterin. Sie ist nicht vom Drachengottvolk, deshalb kann sie nicht alle Kräfte kontrollieren, aber das ist heute ja auch nicht mehr nötig. Atlantis wurde zerstört und niemand reist mehr zwischen den Welten hin und her, von dir einmal abgesehen." Fügte er mit einem Glucksen, zumindest schien es Hitomi so, sie hörte schließlich nur seine Gedanken, hinzu.

"Aber das hat auch nichts mit uns zu tun. Wir müssen nur noch verhindern, dass die Kontrolle über unser Tor in die falschen Hände fällt. Auch wenn der Besitzer nur noch über einen Bruchteil der Kraft verfügen kann, die es zur Zeit von Atlantis hatte, ist die Kraft dennoch gewaltig. Erinnerst du dich noch, was ich über die elf Tore, die ihren Endpunkt in Atlantis hatten, gesagt habe?"

Hitomi versuchte sich zu erinnern. <Es war so viel gewesen.> "Hattest du nicht gesagt, sie hätten sich zu einen Tor verbunden und dieses Tor kann deswegen noch existieren, obwohl alle Endpunkte zerstört sind?" "Das ist richtig." "Und dieses Tor hat mich nach Gaia gebracht, um diese Welt zu retten." "Nun ja, etwas sehr kurz, aber richtig." Jetzt brach eine Frage aus Hitomi heraus, die sie sich tausende Male gestellt hatte, die in ihr gebrannt hatte, seit sie auf Gaia war.

"Aber warum ich? Warum nicht irgendwer anders? Ich musste soviel Leid sehen, soviel Tod und Zerstörung!" Sie glaubte Mitleid in den Augen des schuppigen Wesens vor ihr zu sehen, auch wenn an diesem riesigen Gesicht vor ihr keine menschlichen Züge zu erkennen waren. "Ich weis es nicht, Kind. Ich weis nicht wie und warum das Tor dich ausgewählt hat. Aber ich bin sicher, dass es die richtige Wahl war. Niemand bekommt vom Schicksal eine Aufgabe gestellt, die er nicht meistern kann." Trotzig meinte Hitomi "Ich glaube nicht an das Schicksal. Ich glaube daran, dass jeder sein Schicksal selbst bestimmt!" "Vielleicht ist das ja der Grund, warum das Tor dich auserwählt hat." Irritiert schüttelte Hitomi den Kopf. "Wie meinst du das?" "Du hattest die Wahl. Man kann immer wählen. Du warst wieder auf dem Mond der Illusionen. Du hättest alles vergessen können, was du erlebt hast. Aber als Van kam, hast du dich für ihn und damit für Gaia entschieden. Du hast mit der Wärme in deinem Herzen das Schicksal geändert. Gaia hat überlebt, was den Atlantern den Untergang brachte. Dank dir. Und deswegen hat dich das Tor auch auserwählt, seine Hüterin zu sein." "Seine Hüterin?" "Natürlich. Glaubst du, du hättest das Tor benutzen können, ohne in Verbindung zu ihm zu stehen? Oh nein, es hat dich erwählt, Gaia zu retten. Und um seine Hüterin zu sein. Diejenige, die mit diesem Tor auf Leben und Tod verbunden ist. Dank dieses Tores hattest du Visionen, und das Tor hat dich und Van aus Fanelia gebracht, als die Zaibacher angriffen. Die Leben von dir, dem Tor und auch Van sind für immer miteinander verbunden."

Sie saß eine Weile still da, und auch der Drache rührte sich nicht. Lediglich sein Schwanz zuckte gelegentlich. Eines dieser Zucken nahm Hitomi nun zum Anlass um ihn etwas zu fragen, von dem sie sicher war, dass er genau diese Frage erwartete und sie deshalb so erwartungsvoll anschaute.

"Was meinst du damit, wenn du sagst, dass unsere Leben miteinander verbunden sind? Es klingt nach mehr als das, was du mir bis jetzt gesagt hast." Der Drache wiegte sein Haupt und antwortete zögerlich. "Es ist nicht nur, dass du auserwählt wurdest. Damit einher ging eine Verbindung die eure Leben eng miteinander verflochten hat." <Er wiederholt sich.> und Hitomi lief ein kalter Schauer über den Rücken als sie sich überlegte, dass er sie wohl auf etwas Unangenehmes vorbereiten wollte. "Mit anderen Worten: Wenn das Tor seine Kraft verliert und aufhört zu existieren, dann... werden du und Van sterben. Und wie es aussieht, liegt dieser Zeitpunkt nicht mehr weit in der Zukunft."

Sterben. Tod. Hitomi war oft in Gefahr gewesen. Sie hatte mit Van gegen die Zaibacher gekämpft. Und diese hatten mehrmals versucht sie zu entführen. Sie wusste, was Gefahr war. Aber so etwas- ein Jahrtausende altes Tor, mit dessen Ende auch ihr Leben enden würde. Seltsamerweise stellte sie die Worte des Drachen nicht in Frage. Sie wusste einfach, dass es die Wahrheit war. Sie konnte es tief in ihrem Inneren spüren. <Ich werde sterben. Einfach so.> Dann wurde ihr bewusst... "Aber wieso Van? Ich meine, dass mein Leben mit dem Tor verbunden ist, kann ich ja noch verstehen, aber Van?" Eisiger Schrecken durchfuhr sie und ihr Herz setzte für einen scheinbar ewigen Augenblick aus "Ist es, weil ich ihm meinen Anhänger gegeben habe?" fragte sie leise und schrie dann laut auf "Bin ich schuld?" Sie fiel nach vorn und ihre verkrampften Hände wollten sich in den harten Fels bohren.

"Dummes Mädchen!" schrie es in ihren Gedanken so laut auf, dass sie wimmernd den Kopf in ihren zerschundenen Händen barg. Sie spürte nicht den Schmerz, der von einem abgebrochenen Fingernagel über ihre Nervenbahnen raste. Sie spürte nur den Schmerz, den diese Erkenntnis in ihr verursachte. "Dummes, dummes Mädchen." Hörte sie noch einmal und diese Worte holten sie aus ihrer Verzweiflung. "Dich trifft keine Schuld. Außerdem ist noch niemand von euch gestorben. Du hast das Schicksal eines ganzen Planeten geändert- was ist da das Schicksal von zwei Menschen."

Der Spott in seiner Stimme riss sie wieder in die Gegenwart. "Aber warum wird Van auch sterben?" fragte sie verzweifelt. "Ich habe doch gesagt, noch ist niemand gestorben!" schimpfte Akoth wieder lauter "Und ich habe dich schließlich gerufen, weil ich das verhindern will." Leise fügte er hinzu "Ich erkläre dir später, wie ich dir helfen möchte. Aber was Van angeht: auch er wurde vom wilden Tor erwählt. Allerdings ist das etwas komplizierter."

"Als Atlantis noch existierte, wurden die Wächter unter den fähigsten ihrer Art erwählt. Die Auserwählten erhielten zum Zeichen ihrer Würde und zur Kontrolle der Tore die Torsteine- kraftvolle Anhänger, Medaillons, Armreifen oder sogar Schwerter. Aber zum Kämpfen benutzten die menschlichen Wächter etwas anderes. Sie kämpften Seite an Seite in speziellen Guymelefs, die nur diejenigen kontrollieren konnten, die ihrem besonderen Geschlecht angehörten. Zum Zeichen der Verbundenheit zwischen den Wächtern und ihren Drachen wurden diese Guymelefs von den lebenden Herzen der Wächterdrachen angetrieben. Wir Wächterdrachen haben zwei Herzen. Eines entnahm der Partner des Drachen und setzte es als Energiestein in seinen Guymelef ein, nachdem er diesen Bund zwischen Drachen, Guymelef und sich selbst mit seinem Blut besiegelt hatte."

In Hitomi stiegen Erinnerungen auf, auch schmerzhafte. Van, der sein Blut auf den Energiestein Escaflownes tropfen ließ. Van, der in einem versteinerten Escaflowne saß. Van, dessen Wunden durch die Schäden an seinem Guymelef verursacht wurden, und die nicht heilen wollten. "Escaflowne ist ein solcher Guymelef. Er ist einer von denen, die die Torwächter benutzt haben. Van hat sich mit seinem Blut mit ihm verbunden. Und deshalb ist er auch mit dem Tor verbunden, genau wie ich." Die Worte tropften leise und tonlose von ihren Lippen, wie das Blut, das den Pakt besiegelt hatte. Um Fanelia zu retten, hatte er diesen Bund mit Escaflowne geschlossen, und nun würde er dafür sterben. Langsam kippte sie um und lag regungslos auf dem kalten, harten Stein und kleine Kiesel, die sie nicht spürte, bohrten sich in ihre Rippen.

Bunte Schlieren tanzten vor ihren Augen. Kräftige Hände hoben ihren Kopf "Trink das. Dann geht's dir besser." Nach ein paar Schluck musste sie Husten, aber es schien ihr tatsächlich geholfen zu haben. Die Farben hörten auf, durcheinander zu wirbeln, und jetzt erkannte sie auch, wer ihren bleischweren Kopf hielt. "Taro! Was ist passiert?" Vorsichtig setzte sie sich aufrecht hin, musste sich aber noch abstützen. "Du hast das Bewusstsein verloren. Warst wohl noch etwas geschwächt von deiner Reise hierher, und nachdem was mir Akoth erzählt hat, ist es kein Wunder, dass du aus den Latschen gekippt bist. Böse Sache. Aber wir kriegen das wieder hin, keine Sorge. Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger."

Hitomi musste lachen, und bereute es sofort wieder, denn die Welt wurde wieder zu einem undurchsichtigen Brei. "Trink noch einen Schluck!" Diesmal schmeckte sie, was sie trank. Sie hatte gedacht, es wäre Medizin, aber es war nur klares, frisches Wasser. "Ich glaube, es ist besser, Taro bringt dich wieder zur Insel. Ich habe dir wohl etwas zuviel zugemutet." Hitomi wehrte schwach ab. "Nein. Du kannst nichts dafür. Es war einfach nur zu anstrengend. Außerdem hast du mir noch nicht gesagt..." "Das kann Taro machen. Ich habe ihm alles erzählt. Du solltest dich erst mal ausruhen." Hitomi nickte schwach "Wie lange war ich bewusstlos" ihr fiel ein, dass sie ja nicht die einzige war "und was ist mit Thana? Geht es ihr gut?" Taro schüttelte den Kopf, half ihr aber trotzdem aufzustehen "Kümmere dich erst mal um dich selbst." Meinte er tadelnd. "Thana geht es gut, auch wenn sie wahrscheinlich kein Wort mehr mit mir wechseln will."

Sie setzten sich in Richtung Pfad in Bewegung, aber Akoth hielt sie noch mal an. "Hitomi, warte mal." Der Drache stapfte in seine Höhle zurück und kam nach kurzer Zeit wieder hinaus. In einer seiner Klauen hielt er vorsichtig etwas Goldglänzendes, das er Hitomi überreichte. "Ich glaube, du solltest das bekommen. Ich kann ja nichts damit anfangen." Es war ein flacher Armreif, allerdings zu groß für Hitomi. Aus dem flachen Untergrund war ein Drache herausgearbeitet, der sich um den ganzen Reif herum ringelte und sich in seinen eigenen Schwanz biss. In seinen Klauen hielt er einen grünen, schwach glänzenden Stein, der in Form eines Eies geschliffen war, rund und glatt. "Das ist einer der Torsteine. Er hat heute keine Funktion mehr und ist nur noch ein Schmuckstück. Aber da er zu einem der elf Atlantis-Tore gehörte, denke ich mir, dass es richtig ist, wenn du ihn erhältst." Hitomi bewunderte immer noch die feinen Strukturen des goldenen Drachens. "Danke. Es ist wunderschön. Aber sag mal, du hast mir doch erzählt, dass die elf Tore in Atlantis endeten und sich darum bei dessen Zerstörung verbunden haben. Aber wo endete denn das zwölfte Tor, das, dessen Wächter du bist?"

"Dieses Tor endete auf einer großen Insel im Nord-Osten von Atlantis. Diese Insel war das Zentrum einer alten Religion, so alt, dass noch nicht mal die Atlanter ihre Herkunft kannten. Diese Religion hatte sich der Hilfe und der Liebe zu allen Geschöpfen verschrieben. Die Priesterinnen dieser Religion waren es, die die Wächterdrachen erschufen, denn sie wollten nicht, dass die Wunschmaschine der Atlanter die Tore kontrolliert. Sie hatten Angst vor der Macht dieser Maschine. Und die hatten sie ja zurecht. Ich bin natürlich nicht von ihnen erschaffen wurden. So alt werden selbst Wächterdrachen nicht." "Wir müssen langsam gehen." Sagte Taro, und Hitomi hatte den Endruck, das er sich bei diesem Thema unwohl fühlte. Trotzdem stimmte sie ihm zu und verabschiedete sich von dem imposanten Drachen, der ihr so viele schlechte Nachrichten gebracht hatte, den sie aber trotzdem in ihr Herz geschlossen hatte.
 

Thana hatte die ganze Rückreise lang geschwiegen. Hitomi hatte mehrmals versucht sie anzusprechen, aber sie hatte, wenn überhaupt, nur einsilbig geantwortet. Schließlich hatte sie es resignierend aufgegeben und war still hinter ihr und dem ebenso schweigenden Taro hinterher geritten. Dieser hatte ihr versprochen, nach dem Abendessen die Ausführungen des Drachen fortzusetzen. Sie hatten gerade wieder in der kleinen Bucht angelegt, die der Insel als Hafen diente, als auch schon jemand zu Taro lief und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Er hob erst die Augenbrauen, dann runzelte er die Stirn und schaute überlegend auf Hitomi, die am Boot stehen geblieben war, um auf den Sonnenuntergang zu schauen. Thana hatte bereits die Pferde zu den Ställen gebracht. "Das mache ich doch gerne für meine Freunde." hatte sie mit beißendem Spott in der Stimme gesagt, auch auf Hitomi gezielt, deren freundschaftliches Verhältnis zu Akoth ihr sehr weh getan hatte.

Nun kam Taro auf die nachdenkliche Hitomi zu und bat sie. "Ich habe einen unerwarteten Gast, der nicht zu uns gehört. Ich möchte, dass du im Kräutergarten wartest, bis ich ihn gesprochen habe. Es könnte sein, dass es besser ist, wenn er dich nicht sieht. Tust du das? Bis zum Abendbrot dauert es eh noch ein bisschen. Ich schicke dann jemanden, der dich abholt." Da Hitomi vorgehabt hatte, noch etwas spazieren zu gehen, stimmte sie sofort zu. Sie ging langsam zum Garten, während Taro zu seinem Haus eilte, um seinen Gast zu begrüßen.
 

"Wie lange soll ich denn noch hier warten?" fragte Van gerade, als sich die Tür öffnete. Taros Mundwinkel zuckten als er antwortete "Tut mir leid, aber mit so hohen Besuch habe ich nicht gerechnet, jedenfalls jetzt noch nicht." Van drehte sich zu ihm um "Dann seit ihr derjenige, der mich hier erwartet hat." Stellte er fest. "Ja. Mein Name ist Taro. Ich habe mir gedacht, dass ihr früher oder später hier auftaucht, wenn ich euch auch nicht so früh erwartet habe. Aber was genau treibt euch denn auf unsere herrliche Insel, junger König?" wütend entgegnet Van "Das wisst ihr doch genau. Ihr habt mir eine Botschaft geschickt, in der ich vor einer Gefahr gewarnt wurde. Ich würde jetzt zu gern wissen, welche Gefahr das ist!"

"Wo sind die Mädchen?" fragte Eliandra, bevor Taro antworten konnte. "Thana ist in ihrem Zimmer. Ich habe sie noch reingehen sehen. Die andere ist im Kräutergarten." Es war offensichtlich, dass er Hitomis Namen nicht erwähnen wollte, und Eliandra schaute ihn fragend an, sagte aber kein Wort.

"Ist das der einzige Grund, der euch hertreibt, Hoheit?" fragte er lauernd, aber scheinbar gleichgültig. Etwas verwirrt bestätigte Van dies <Warum denn sonst noch?> und Taro wollte ihm noch etwas sagen, als es an der Tür klopfte und jemand mit einer schriftlichen Nachricht hereinkam, die er Taro in die Hand drückte und dann abwartend stehen blieb. Taro überflog nur die ersten Zeilen und stöhnte dann leise auf. Er sagte nur "Flöte!" und von Eliandra ließ sich ein ähnliches Geräusch vernehmen. Dann wandte er sich an Van. "Es tut mir leid Hoheit, aber ich muss euch bitten uns kurz zu verlassen, damit wir diese Nachricht in aller Ruhe und ungestört diskutieren können. Am besten wäre es, ihr bringt das Mädchen, das im Garten wartet, hierher. Würdet ihr so nett sein?" Van war nicht gerade glücklich, dass er gewissermaßen rausgeworfen wurde, aber als König wusste er, dass so etwas nicht persönlich gemeint war.

"Schon gut. Ich bin selbst König. Ich weiß, was sich gehört." Taros belustigter Gesichtsausdruck war seiner Stimmung nicht gerade förderlich, aber er hielt sich zurück. <Irgend etwas stimmt hier nicht, und vielleicht erfahre ich von diesem Mädchen ja etwas.> "Aber ich weiß nicht, wo sich dieser Garten befindet." "Kein Problem." Taro winkte ab und sprach den noch immer wartenden Boten an "Ihr bringt ihn zum Kräutergarten. Sagt dann dem Stallmeister, dass wir morgen früh" er hielt kurz inne "fünf Pferde brauchen, mit Proviant für eine Woche." Der Bote verneigte sich und öffnete dann die Tür.
 

Van betrat den Kräutergarten und drehte sich noch einmal nach dem davon eilenden Boten um. Dann schaute er sich den Garten an. Im Schein der untergehenden Sonne erkannte er viele Pflanzen, die er kannte und noch viel mehr, die ihm völlig unbekannt waren. Er schlenderte durch den Garten und kam um eine Hecke. Vor ihm breitete sich das Panorama des Sees aus, davor ein kleiner Pavillon mit verspielten Schnitzereien. Undeutlich konnte er im Inneren den Kopf einer Gestalt erkennen, der über die Hecke , die um denn Pavillon gewachsen war, hinausragte.

<Das muss das Mädchen sein, dass ich abholen soll.> Das Mädchen saß da, offenbar in ihre Gedanken versunken und den Sonnenuntergang betrachtend. Er ging leise um die Hecke herum. Da er die Sonne im Rücken hatte, konnte ihn das Mädchen im Inneren nicht erkennen. Um sie nicht durch sein plötzliches Erscheinen zu erschrecken, sprach er sie an bevor er sich in den Eingang stellte.

"Hallo. Mein Name ist Van. Ich soll dich zu Taro bring..." Er brach ab, als er das Mädchen erkannte. Sie sah genauso aus, wie er sie in Erinnerung hatte, nur dass das Licht der untergehenden Sonne ihr einen rötlichen Schimmer ins Gesicht setzte, der sie noch schöner werden ließ.

Langsam stand sie auf und starrte ihn mit einem undeutbaren Gesichtsausdruck an. Zitternd formten ihre Lippen seinen Namen. "Van. Van, bist du es wirklich?" "Hitomi..." Schluchzend warf sie sich in seine Arme und hätte ihn beinahe umgeworfen. "Van! Oh Van! Ich habe dich so vermisst!" "Ich dich auch!" flüsterte er leise und strich ihr sanft über ihr kurzes Haar. Es gab so vieles was er ihr sagen wollte, wie sehr er sie vermisst hatte und wie glücklich er sich jetzt fühlte. Aber sie standen nur schweigend da, aneinandergelehnt und glücklich in der Nähe des anderen. Mit der Zeit versank die Sonne in einem grandiosen Schauspiel hinter den Bergspitzen, aber obwohl Van als auch Hitomi, eng umschlungen dastanden und sie anschauten, sahen sie sie nicht wirklich. Sie lösten sich erst voneinander, nachdem die Sonne schon längst untergegangen war, und ein kalter Wind von den eisigen Gipfeln die zwei umwehte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  uteki-chan
2003-10-24T19:23:23+00:00 24.10.2003 21:23
wow!! klasse! schrieb weiter! jetzt nach dem treffen nicht einfach aufhören!

kiss aqua
Von: abgemeldet
2003-10-24T18:57:06+00:00 24.10.2003 20:57
super schön,
schreib bitte bitte
ganz schnell weiter.

viele liebe grüße peggi


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