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Ich mag dich - irgendwie

von

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Kapitel 2:

 

Die ersten Wochen als Paar waren wie im Fluge vergangen. Das Trainingscamp lag mittlerweile hinter ihnen und was auch immer dort passiert war, etwas hatte sich in jedem von ihnen verändert. Die Mitglieder des Karasuno Volleyballclubs hatten sich weiterentwickelt und waren dabei ihre eigene, neue Harmonie wiederzufinden. Selbst Tsukishima schien sich nun etwas mehr für den Club zu interessieren und das freute Kageyama natürlich sehr. Er hatte sich immer gewünscht mit seinem Partner oder seiner Partnerin die gleiche Leidenschaft zu teilen, auch wenn sie sich bei Tsukishima immer noch in Grenzen hielt. Aber es war eine Verbesserung zu sehen. Das bekamen sogar die Begriffsstutzigeren ihres Teams mit, zu denen Kageyama leider Gottes auch gehörte. Und dabei sollte Kageyama mittlerweile zu denen gehören, die Tsukishima etwas besser kennen sollten. Auch wenn Yamaguchi immer noch die unangefochtene Nummer Eins war, wenn es darum ging den blonden Brillenträger zu verstehen. Aber das machte Kageyama nichts aus. Er war noch nicht so lange mit Tsukishima zusammen und Yamaguchi kannte ihn schon mehrere Jahre.

 

Außerdem kam es ihm gelegen, dass Yamaguchi als Einziger im Team von ihrer Beziehung wusste und er sich immer an den Jungen mit den Sommersprossen wenden konnte, wenn er sich wieder einmal mit Tsukishima gestritten hatte. Es ging meistens um Kleinigkeiten und sie versöhnten sich auch schnell wieder, aber sie waren leider immer noch nicht so gut synchronisiert, als dass es mal einen Tag ohne Zankereien gab. Aber irgendwie gehörte es zu ihnen und machte es gleichzeitig für Außenstehende schwer zu sehen, dass die beiden Erstklässler eigentlich ein Paar waren. Und zu diesem Zeitpunkt wollten sie es auch noch niemandem sagen. Yamaguchi war eine Ausnahme, da sie mindestens eine Vertrauensperson brauchten, die zwischen ihnen vermitteln konnte, wenn sie wieder einmal zu stur waren miteinander zu reden. Und wer hätte sich denken können, dass Kommunikation wichtiger war als sonst etwas in einer Beziehung? Die beiden Jungen zu diesem Zeitpunkt wussten es jedoch noch nicht, was zu einem – und kindischen, wenn man Yamaguchi fragte – Streit führte. Einem eigentlich vermeidbaren Streit.

 

Alles fing ganz harmlos an, als Kageyama im Klassenzimmer döste und den Kopf dabei auf seinen Tisch gelegt hatte. Es war eine kleine Pause zwischen zwei Schulstunden und er nutzte die Gelegenheit sich noch etwas vom Morgentraining zu erholen. Die anderen um ihn herum ließen ihn in Ruhe, da sie Angst davor hatten ihn zu stören. Einmal hatte es jemand gewagt und seine dunkle Aura abbekommen, also ließen es die anderen seiner Klassenkameraden lieber sein. Im Hintergrund schnatterten einige Mädchen und schwärmten von verschiedenen Jungen aus den einzelnen Klassen. Eigentlich kein wirklich interessantes Thema für Kageyama, aber als ein gewisser Name fiel, spitzte er seine Ohren und döste nicht mehr vor sich hin.

 

„Tsukishima-kun aus der 1-4 ist ein richtig cooler Typ! Er tut immer so distanziert und unnahbar!“, schwärmte Mädchen 1. Kageyama hatte sich nicht wirklich Mühe gegeben die Namen seiner Klassenkameraden einzuprägen und nur hier und da konnte er ein Gesicht einem Namen zuteilen.

 

„Oh ja! Intelligent. Groß. Blond. Er sieht einfach nur gut aus!“, mischte Mädchen 2 mit.

 

„Und sportlich ist er auch noch! Er ist ja im Volleyballclub! Vielleicht sollten wir uns mal ein Spiel ansehen?“, ertönte die begeisterte Stimme von Mädchen 3. Und Kageyama bekam ein ungutes Gefühl dabei.

 

„Du hast Recht! Wir müssen nur herausfinden wann sie wieder spielen!“, meinte Mädchen 2.

 

„Oder wir schauen beim Training zu?“, schlug Mädchen 3 vor.

„Lieber nicht. Ich habe den Coach gesehen und der macht mir Angst“, meinte Mädchen 1 und Kageyama stimmte ihr stumm zu. Coach Ukai konnte schon sehr furchterregend werden, wenn er wollte und seine getönten Haare und der Geruch nach Zigaretten halfen seinem Image auch nicht wirklich weiter.

 

„Okay. Kein Training. Weiß eine von euch wen wir fragen könnten wegen eventuellen Spielen?“, fragte Mädchen 2 und alle drei verstummten.

 

Kageyama ließ seinen Kopf weiterhin auf seinem Tisch liegen und tat als würde er schlafen. Er hatte wirklich kein gutes Gefühl. Er konnte das Starren der Mädchen förmlich in seinem Rücken spüren. Und dann hörte er wie drei Paar Schuhe auf ihn zukamen, doch er rührte sich nicht. Er vernahm dann wie die Mädchen neben ihm flüsterten und sich gegenseitig versuchten dazu anzustacheln, wer denn nun fragte, denn keine wollte so wirklich den schlafenden Löwen wecken. Kageyama hoffte indes, dass ihr Lehrer schnell wiederkommen und somit verhindern würde was auf ihn zuzukommen drohte. Er wollte den Mädchen nicht sagen, wann sein Team wieder ein Match hatte. Er sollte sich eigentlich freuen, dass sie eventuell drei neue Fans gewinnen würden, aber er wollte nicht, dass diese neuen Vielleicht-Fans seinen Freund anhimmelten.

 

„Kageyama-kun?“, erklang dann auch schon die Stimme von Mädchen 1 vor seinem Tisch. Und sie klang viel zu süß und unschuldig um echt zu sein. Besonders nachdem er gehört hatte wie sie seinen Tsukishima anhimmelten. Er entschloss sich, sich nicht zu regen, aber die Mädchen gaben nicht nach und ein besonders mutiges Mädchen stupste ihn an, bis er endlich den Kopf hob und sie mit einem angesäuerten Blick ansah. Instinktiv rückten sie zwei Schritte von ihm weg und ehe sie ihren Mund wieder aufmachen konnten, kam auch ihr Lehrer und sie wurden auf ihre Plätze verbannt. Er sah ihnen sauer hinterher und hoffte, dass sie ihn in der kommenden Mittagspause in Ruhe lassen würden.

 

 

Nach zwei weiteren Unterrichtsstunden kam die langersehnte Mittagspause dann auch endlich. Da ihre Beziehung aber noch geheim war, verbrachten Kageyama und Tsukishima sie noch nicht alleine. Wenn sie zusammen waren, dann mit den anderen Erstklässler aus dem Club und manchmal gesellten sich auch die älteren Clubmitglieder dazu. Aber so oft kam das nicht vor, so dass er meist alleine war oder Hinata bei sich hatte. Sein Weg ging wie immer Richtung Getränkeautomaten außerhalb des Gebäudes, damit er sich seine Milch kaufen konnte. Oder was anderes. Aber meistens entschied er sich für die Milch. Oder sollte er heute doch was anderes nehmen?

 

Unschlüssig stand er vor dem Automaten und starrte die diversen Auswahlmöglichkeiten an. Immer wenn er das tat, war niemand um ihn herum. Da er immer so lange brauchte, wollte sich wohl keiner anstellen, um selbst etwas zu nehmen und suchte sich wohl einen anderen der unzähligen Automaten auf dem Schulgelände. Wie immer ging er die verschiedenen Möglichkeiten durch, doch als er keine Lust mehr hatte vor dem Automaten zu stehen, wählte er doch wieder seine Milch. Er bückte sich um sie herauszuholen, nachdem er den passenden Knopf gedrückt hatte. Den Strohhalm hatte er schnell durchgedrückt so, dass er daran schlürfen konnte. Als er sich umdrehte, um wieder zu gehen, erblickte er wie Tsukishima etwas abseits vom Trubel mit einem Mädchen stand und gelangweilt in die Weltgeschichte blickte.

 

Neugierig schlich sich Kageyama an um zu hören was gesprochen wurde. Aber alles was er mitbekam, war, wie das Mädchen etwas vor sich hin stammelte und nicht wirklich einen anständigen Satz fertig brachte. Kageyama wollte sich schon abwenden, denn auch wenn er wusste, dass das Mädchen nur versuchte Tsukishima seine Gefühle zu gestehen, so sprach das Gesicht des großen Middle Blockers Bände. Außerdem war er ja mit ihm zusammen, da würde er sich doch nicht schon so schnell um entscheiden, oder? Doch da er nun durch seine eigenen Gedanken etwas unsicher geworden war, blieb er weiterhin dort stehen und beobachtete das Spektakel vor sich.

 

Das Mädchen schien aufgegeben zu haben einen richtigen Satz hervorzubringen, da es Tsukishima nun einen kleinen Karton entgegenhielt, der schon vom Aussehen her verriet, dass es sich wohl um einen Kuchen oder so handelte. Jetzt musste Tsukki – in Gedanken traute sich Kageyama schon mal ihn so zu nennen, da er sonst sicherlich nur vom Blonden gefressen werden würde – den Kuchen ablehnen, einfach davon gehen und das Mädel stehen lassen. Kageyama kaute auf dem Strohhalm seiner nun leeren Milchpackung herum und wartete darauf, dass Tsukishima einen doofen Kommentar abließ und sich dann abwandte. Doch ihm fiel der Milchkarton aus der Hand als Tsukishima das Geschenk akzeptierte.

 

Mit großen Augen schaute er zu wie SEIN Freund das Geschenk eines fremden Mädchens akzeptierte und damit davon stolzierte. Er hielt den Kuchen schon fast wie ein Heiligtum fest. Hieß das etwa, dass er die Gefühle des Mädchens auch akzeptierte? Ein Stich ging durch seine Brust und Kageyama wandte sich ab, so dass er nicht mehr mitbekam wie das Mädchen den Ort ihres Liebesgeständnisses verließ. Hatte Tsukishima vor, nun da er ein Mädchen hatte, mit ihm Schluss zu machen? Nur einige Wochen in ihrer Beziehung, in der es eigentlich noch sehr viel gab, das sie voneinander lernen konnten? Oder hatte er gar nicht vor sich von ihm zu trennen und wollte zweigleisig fahren?

 

Den Karton auf dem Boden vergessend, machte sich Kageyama auf den Weg zurück in sein Klassenzimmer. Hinata hatte ihn gefragt, ob er mit ihm und Yachi zusammen essen wollte, aber dazu hatte er nun so gar keine Lust mehr. Er wollte gerade lieber alleine sein, da er sonst noch jemanden umbringen würde. Am liebsten Tsukishima, dieses Arschloch! Das Stechen in seiner Brust wollte auch nicht nachlassen, egal wie sehr er versuchte sich in seine Wut hineinzusteigern, da das besser war als die Trauer und der Schmerz, die versuchten die Oberhand zu erlangen. Frustriert setzte er sich an seinen Tisch und stocherte mit seinen Essstäbchen in seinem Essen herum. Er stellte sich dabei vor, dass es sich dabei um Tsukishima handelte, den er erdolchte und dies gab ihm ein kleines bisschen Befriedigung. Wirklich essen tat er aber nichts und als ihm klar wurde, dass er nichts anderes mehr mit dem Essen tun würde als es zu erdolchen, beschloss er sein Bento wegzupacken und vor sich hin zu brüten.

 

Er erhielt Kurzmitteilungen von Hinata und auch Tsukishima, aber er ignorierte sie alle. Nach kurzem Überlegen schrieb er aber Hinata eine Nachricht zurück und erzählte etwas von einer vergessenen Hausaufgabe, die er in aller Ruhe noch nachholen wollte. Hätte er nicht zurückgeschrieben, so wäre der Kleinere bestimmt hier in seinem Klassenzimmer aufgeschlagen und das hätte er gerade wirklich nicht gebrauchen können. Der kleine Middle Blocker schien seine Antwort zu akzeptieren und so konnte Kageyama weiter nachgrübeln. Spätestens beim Training nach der Schule würde er Tsukishima nicht mehr aus dem Weg gehen können, denn schwänzen würde er sicherlich nicht. Wenn ihm sonst nichts mehr bleiben würde nach dem heutigen Tag, so hatte er aber immer noch seine Nummer 1 Leidenschaft; das Volleyball-Spielen. Er versuchte sich auf diesen Gedanken zu konzentrieren so, dass er sich wieder etwas beruhigte und seine Mitschüler mit seiner schlechten Laune nicht zu sehr verschreckte, als sie nach und nach wieder ins Klassenzimmer tropften, bevor der Unterricht weiter ging.

 

 

 

Das Zusammentreffen im Clubraum mit Tsukishima war nicht so schlimm wie Kageyama gedacht hätte, denn die anderen Clubmitglieder fungierten als Puffer, so dass kein Kontakt zwischen dem Paar zustande kam. Und so auch kein Streit, den sonst niemanden etwas anging. Die Jungen zogen sich wie immer um, umgeben mit dem gleichen Schabernack wie sonst auch. Schnell fanden sie sich in der Sporthalle wieder, wo sie sich kaum, dass alle anwesend waren aufwärmen und ihre Dehnübungen machen durften. Danach ließ Coach Ukai sie diverse Techniken üben, wie das richtige Aufkommen auf den Boden oder das Entgegennehmen von Bällen. Zum Schluss teilte er die Mitglieder des Clubs für ein Trainingsspiel auf, damit sie lernten alle miteinander zu spielen. Die Hauptstarter sollten sich nicht zu sehr auf einander einschiessen und der Rhythmus der Spieler sollte nicht gestört werden, wenn jemand anderes eingewechselt werden musste.

 

Kageyama und Tsukishima waren in unterschiedlichen Teams, so dass Kageyama nun sehen konnte, wie der Brillenträger ihn anschaute. Er hatte die durchdringenden Blicke seitens Tsukishima während des ganzen Trainings über gespürt. Er wusste, dass es damit zusammenhing, dass er nie auf Tsukishimas Nachrichten geantwortet, geschweige denn mit ihm geredet hatte, und wenn es nur eine kleine Gemeinheit gewesen wäre. Die Blicke aus den goldbraunen Augen verrieten nicht was in Tsukishima vorging und dies machte Kageyama wütend. Er funkelte seinen Freund von der anderen Seite des Netzes an, was wiederum dazu führte, dass Tsukishima ihn nur irritiert ansah. Kageyama versuchte ihn weiterhin zu ignorieren, aber da er sich darauf konzentrierte, verlor er ein wenig die Konzentration was die Genauigkeit seiner Sets betraf und sie nicht so akkurat wie sonst waren.

 

Die anderen Karasuno-Volleyballspieler bemerkten dies, jedoch sagten sie erst einmal nichts dazu. Jeder konnte mal einen schlechten Tag haben, weswegen auch der Coach sich erst einmal raushielt und das Spiel nur beobachtete. Den beiden Mädchen, die als Managerinnen für den Club fungierten, bemerkten wie Kageyama böse zu Tsukishima sah. Verwirrt blicken sie sich an, aber auch sie beobachteten erst einmal wie der Rest des Trainings verlaufen würde. Wenn es wieder nur ein gewöhnlicher Streit zwischen den beiden Jungen war, dann würde es sich eh wieder einrenken und das Training normalisieren. Was aber niemand kommen sah war, dass Kageyama sich auch an einem Spike während des Trainings versuchte, aber seine Genauigkeit war etwas dahin so, dass er nicht nur sein eigentliches Ziel – den freien Boden im gegnerischen Bereich – verfehlte, sondern einen der Gegner unerwartet mitten im Gesicht traf.

 

Kageyamas Augen weiteten sich als der Volleyball ausgerechnet Tsukishima mitten im Gesicht traf. Tsukishimas Brille fiel verbogen zu Boden und ausgerechnet an solch einem Tag, hatte er seine spezielle Sportbrille vergessen. Der hätte dieser Schlag sicherlich nichts ausgemacht. Entsetzt sah Kageyama wie sich Tsukishima die Nase hielt, die angefangen hatte zu bluten. Das Blut tropfte zwischen seinen Fingern hervor auf den Boden, als Tsukishima sich die Hand auf die Nase legte. Das Trainingsspiel wurde natürlich sofort unterbrochen und Coach Ukai und Takeda-sensei stürmten sofort zu dem Blonden. Kiyoko brachte sofort ein Handtuch, damit Tsukishima es sich auf die Nase drücken konnte. Kageyama jedoch rührte sich nicht vom Fleck und starrte nur zu seinem Freund, der ihn nun stinksauer ansah.

 

„Was zur Hölle ist dein Problem?!“, schrie er Kageyama auch schon an. Kageyama sah daraufhin schuldbewusst weg, auch wenn es nur ein Unfall gewesen war.

 

„Was habe ich dir heute getan?!“, schimpfte er dann auch schon dumpf wegen dem Handtuch auf seinem Gesicht weiter.

 

Kageyama wollte etwas sagen, doch er ließ es lieber bleiben. Takeda-sensei nahm sich des verletzten Schülers an und lotste ihn aus der Sporthalle, um noch mehr Ärger zu vermeiden. Coach Ukai stürmte wütend auf Kageyama zu und erdolchte ihn förmlich mit seinen Augen. Die Predigt, die folgte, war wie erwartet gnadenlos gewesen und er erduldete sie kommentarlos, nur mit einer Entschuldigung seinerseits am Ende. Seine Gedanken schweiften zu Tsukishima ab, als er dazu verdonnert wurde das Blut aufzuwischen, was auf den Boden getropft war. Es sah bestimmt schlimmer aus als es war. Der Setter machte sich Vorwürfe, da er sich nicht richtig konzentriert hatte und so etwas nur dadurch passieren konnte. Gut. Auch wenn er gedanklich beim Spiel gewesen wäre, so hätte dieser Unfall dennoch passieren können. Aber er war nicht konzentriert gewesen und so gab er sich die Schuld an der Verletzung des anderen. Da er schon vorher sauer in die Gegend geblickt hatte, war die Annahme auch nicht fern, dass er es vielleicht absichtlich getan hatte, weswegen Tsukishima wohl so wütend geworden war.

 

Gerade als er mit dem Wischen fertig war, kam Yamaguchi auf ihn zu und kniete sich zu ihm. Dass er nicht auch noch mit zur Krankenschwester ging verwunderte ihn, immerhin war Tsukishima sein bester Freund, aber etwas anderes schien wohl bei ihm die oberste Priorität zu sein. Er mied Yamaguchis Blick und schaute auf den Boden, wo kein Blut mehr zu sehen war, aber vor seinem inneren Auge konnte er noch jeden einzelnen Tropfen sehen. Yamaguchis Hand legte sich auf seine Schulter so, dass er gezwungen war zu dem Jungen mit den Sommersprossen zu schauen. Yamaguchi sah ihn besorgt an und seufzte dann.

 

„Willst du mir nicht einfach sagen was passiert ist?“, fragte Yamaguchi und tat so als würde er ihm helfen, damit niemand neugierig die Ohren zu sehr spitzte. Beobachtet wurden sie bereits von Hinata und auch ihrem Captain. Kageyama wollte schon verneinen und sagen, dass nichts los sei, aber Yamaguchis Blick verriet ihm, dass er ihm eh nicht glauben würde. Also seufzte er einmal tief und erzählte Yamaguchi was er gesehen hatte.

 

„Ich fass es nicht“, stöhnte Yamaguchi genervt und wirkte, als hätte er Kageyama am liebten eine mit dem Waschlappen geklatscht. Kageyama sah ihn verwirrt an, als sich der andere Junge aufrichtete und ihn von oben herab streng ansah. Dies war Kageyama nicht von ihm gewohnt und er stellte sich auch schnell hin, da ihn ein ungutes Gefühl überkam.

 

„Was meinst du?“, fragte Kageyama unsicher nach.

 

Yamaguchi seufzte genervt ehe er antwortete.

 

„Anstatt dir deine eigenen Märchen auszumalen, solltest du mit Tsukki reden. Als ihm herausgerutscht ist, dass er dich mag bist du ihm nach Hause gefolgt, um ihn zur Rede zu stellen! Und jetzt, nachdem du ihn mit jemand anderem gesehen hast, schmollst du vor sich hin, bist nicht so konzentriert wie sonst und verletzt dann auch noch dadurch jemanden. Und wie der Zufall es so will ist es auch noch Tsukki“, regte sich der sonst so ruhige und nette Junge auf. Sie zogen nun die Blicke fast aller anderen auf sich und beschämt blickte Kageyama zu Boden.

 

„T-Tut m-m-mir Leid“, stammelte Kageyama.

 

„Du solltest dich nicht bei mir entschuldigen. Geh und sieh nach wie es Tsukki geht. Ich räume hier auf“, meinte Yamaguchi dann lächelnd und drängte den etwas perplexen Kageyama Richtung Ausgang.

 

Er hatte eh vorgehabt sich zu entschuldigen, aber jetzt schon? Außerdem hatte er gedacht, dass Yamaguchi lieber nach Tsukishima sehen wollte, immerhin waren sie beste Freunde. Aber er war irgendwie auch froh darüber, dass Yamaguchi ihm den Vortritt ließ. Er war zwar mit Tsukishima zusammen, aber Freundschaft, die bereits so lange währte, wie die zwischen Tsukishima und Yamaguchi, war nicht so leicht zu überwinden. Umso erleichterter war er, dass Yamaguchi ihn an Tsukishimas Seite akzeptierte. Und dass er nun als Erster zu dem Verletzten gehen konnte, war ein sicheres Zeichen dafür.

 

Kageyama bedankte sich bei Yamaguchi und machte sich ohne ein weiteres Wort an die anderen vom Team davon. Der Coach schrie ihm hinterher, aber er konnte nur noch hören, wie Yamaguchi ihm erklärte, dass er sich bei Tsukishima entschuldigen wollte.

 

Mit klopfendem Herzen blieb er schließlich vor dem Krankenzimmer stehen und versuchte sich zu sammeln. Er konnte drinnen Stimmen hören und eine davon war die von Takeda-sensei, dem wohl erklärt wurde, wie es um Tsukishimas Nase stand. Es dauerte dann auch nicht mehr lange bis der Sensei ohne Tsukishima rauskam, gefolgt vom Schularzt. Der Lehrer war etwas erstaunt darüber, Kageyama vor der Tür zu sehen, doch dann lächelte er als er die schuldbewusste Mine seines Schützlings sah und nickte ihm zu. Kageyama nickte stumm zurück und betrat dann den Raum. Es befanden sich drei Betten darin und in einem konnte er Tsukishima erkennen. Er hatte das blutige Handtuch mittlerweile auf seinem Schoss liegen und war auch sonst schon verarztet worden.

 

Mit unsicheren Schritten näherte er sich dem Bett und somit seinem Freund, der ihn nun bemerkt hatte und wütend anfunkelte. Doch ehe er etwas sagen konnte, verbeugte sich Kageyama bereits und schrie fast eine Entschuldigung in den Raum. Dies erwischte Tsukishima auf kaltem Fuß und überrascht über die Entschuldigung blickte er den anderen an. Bestimmt hatte er damit nicht gerechnet, immerhin schien er zu denken, dass der Volleyball auf seine Nase pure Absicht gewesen war.

 

„Es tut mir Leid! Es war keine Absicht!“, beteuerte er und sah wieder auf um Tsukishimas Gesichtsausdruck deuten zu können. Beim Setter konnte man deutlich erkennen wie schlecht er sich wegen dem Unfall fühlte und so seufzte der Brillenträger. Er kratzte sich am Hinterkopf und blickte zur Seite.

 

„Schon gut. Ist ja nichts gebrochen“, meinte er dann. „Aber ich würde schon gerne wissen, was mit dir los ist. Soweit ich weiß hab ich dir nichts getan. Ich hab ja nicht nur den Ball ins Gesicht bekommen, sondern deine bösen Blicke während des Spiels haben auch nur mir gegolten.“

 

Bei den Worten ‚nichts gemacht‘ wurde Kageyama wieder wütend so, dass er von schuldig zu sauer wechselte und Tsukishima anfunkelte.

 

„Nichts gemacht? Und was war das mit diesem Mädchen in der Mittagspause?“, wollte er dann wissen. Tsukishima schien überlegen zu müssen was er meinte und hob fragend die Augenbrauen.

 

„Welches Mädchen?“, fragte er nach.

 

„Na das von heute Mittag! Hinter der Schule? Du hast sogar ihr Geschenk angenommen!“, regte sich Kageyama auf. „Akzeptierst du etwa ihre Gefühle? W-Willst du mich etwa verlassen?“ Zum Schluss hin wurde Kageyamas Stimme brüchig und er konnte seinem Freund nicht mehr in die Augen sehen und blickte dann zu Boden. Das Brennen in seinen Augenwinklen versuchte er zu ignorieren.

 

„Ach! Das Mädchen! Du bist wirklich ein Idiot. Ihre Gefühle sind mir doch schnurz“, antwortete Tsukishima augenrollend.

 

„Und was ist mit dem Geschenk?“ Kageyama ignorierte ‚das Idiot‘ erst einmal, da es Dringenderes zu klären gab. „Wieso hast du etwas von ihr angenommen, wenn du nicht an ihr interessiert bist? Lehnt man dann nicht eigentlich ab?“

 

„Du willst wissen was ich bekommen habe? Na gut. Ich zeige es dir.“ Wieder mit den Augen rollend stand Tsukishima vom Bett, nahm Kageyamas Handgelenk und das Handtuch und zog den Setter aus dem Krankenzimmer. Eigentlich sollte er noch etwas ruhig sitzen bleiben, aber er wollte seinem Idioten wohl einfach nur zeigen wegen was er so eifersüchtig gewesen war.

 

„Was? Wo gehen wir hin?“, fragte der ahnungslose Junge, doch er erhielt keine Antwort.

 

Doch nach einer Weile erhielt er sie als er ihren Clubraum erkannte, der außerhalb des Hauptgebäudes lag. Tsukishima zog den Jungen die Treppen hoch und in den Clubraum, den man vergessen hatte während des Trainings abzuschließen. Aus der Halle konnte man das Vorangehen des Trainings hören, doch keinen der beiden interessierte es in diesem Moment. Drinnen steuerte Tsukishima seine Tasche an und öffnete diese. Erst da hatte er seinen Freund auch wieder losgelassen. Abwartend und neugierig stand Kageyama neben ihm und beobachtete wie der Middle Blocker die Schachtel hervorholte, die er schon am Mittag gesehen hatte.

 

Mit einem genervten Blick wurde ihm diese Schachtel gereicht, damit er sie öffnen und hineinsehen konnte. Er staunte nicht schlecht als er zwei Stück einer gewöhnlichen Erdbeertorte erkannte. Nun noch mehr verwirrt blickte er Tsukishima wieder an, der leicht errötet war und verlegen zur Seite blickte.

 

„Eine Erdbeertorte?“ Wenn er ehrlich war, hatte Kageyama mehr erwartet, aber wenn sein Freund deswegen so verlegen wurde, musste sie wohl etwas Besonderes sein.

 

„Sie stammt aus meiner Lieblingskonditorei. Da konnte ich einfach nicht ‚Nein‘ sagen.“ Und da ging ein Licht bei Kageyama auf. Yamaguchi hatte ihm hier und da ein paar Informationen gesteckt, mit denen der Brillenträger sicherlich nie von sich aus herausgerückt wäre. Und unter diesen Infos gehörte Tsukishimas Liebe zu Erdbeertorten. Nun beruhigt, dass es nur um den Kuchen ging und nicht um das Mädchen und eine mögliche Trennung von ihm, konnte Kageyama nicht anders als zu lachen. Er entschied etwas aus sich herauszugehen und küsste Tsukishima auf die gerötete Wange.

 

„Es tut mir Leid“, wiederholte er und gab den Kuchen zurück. Tsukishima nahm die Schachtel, schloss sie und verstaute den Kuchen wieder sorgfältig in seiner Tasche.

 

„Willst du nachher mit zu mir? Dann können wir den Kuchen gemeinsam essen?“, schlug Tsukishima dann vor. Mit diesen Worten hatte er die Entschuldigung angenommen und Kageyama wusste, wenn er auch etwas von den Stücken Erdbeertorte bekam, dann musste Tsukishima ihn wirklich mögen. Nun selbst errötend stimmte er der Einladung zu.

 

 

Später auf dem Heimweg konnte Yamaguchi nicht anders als das Paar zu ärgern, nachdem sie sich von den anderen Teammitgliedern verabschiedet hatten. Hinata hatte zuerst komisch geschaut als Kageyama mit den anderen beiden Erstklässlern mitging. Man konnte sehen, dass er nachfragen wollte, was das sollte, immerhin teilte er sich einen Teil des Rückwegs mit Kageyama, aber er wurde von Yachi gerufen und somit abgelenkt, fast so als hätte sie gewusst, dass sie Hilfe brauchten.

 

Kageyama mochte Yamaguchi, aber an diesem Abend hätte er ihn am liebsten erwürgt, dennoch wusste er, dass er dem Jungen dankbar sein konnte. Wäre er nicht gewesen, wäre er immer noch so stur und würde vor Eifersucht in irgendeiner Ecke schmollen und sich die wildesten Szenarien ausdenken. Er hatte aber nicht ahnen können, dass Yamaguchi selbst einen Tsukishima in sich stecken hatte und die beiden so ärgern konnte.

 

Kageyama war erleichtert als sich ihre Wege mit dem sommersprossigen Jungen trennten und das Paar unter sich sein konnte. Da niemand weit und breit zu sehen war, wagten sie es Händchen zu halten, aber nur solange bis sie an Tsukishimas Haus ankamen. Dort wurde Kageyama warmherzig begrüßt und nach einem Abendessen, zu dem er bleiben durfte, genossen die beiden Jungen auf dem Zimmer des Größeren die Erdbeertorte. Da es später wurde als gedacht und sowieso Wochenende war, wurde beschlossen, dass Kageyama bei Tsukki übernachten durfte. Dies war die erste Übernachtung, aber noch lange nicht die letzte.

 

Die beiden stritten sich zwar immer noch häufig, aber sie sprachen sich nach Abkühlen ihrer Gemüter immer aus, da sie weitere Unfälle vermeiden wollten. Und Yamaguchi ging auch immer auf Nummer sicher, dass die beiden Streithähne sich auch immer am selben Tag noch aussprachen. Und so hielt ihre Beziehung länger als sie selbst gedacht hätten. Doch sie war nicht mehr so geheim wie sie dachten, denn mittlerweile hatte das ganze Team Lunte gerochen, aber sie taten den beiden zu Liebe so, als wüssten sie von nichts. Immerhin war es amüsant mit anzusehen, wie sie vorgaben sich nicht riechen zu können. Und so blieb der Alltag im Volleyballclub der Karasuno High School heiter und harmonisch.



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