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Die dunkle Seite des Mondes

von

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Herz um Herz

„Mir ist bewusst, dass Professor Carter ein sehr fähiger Lehrer gewesen war, wenn ich mir ansehe, was ihr schon alles durchgenommen habt“, Professor Blackthorn machte eine kleine Pause. „Aber ich teile seine Meinung nicht, dass ihr die Flüche und Zauber nur lernen müsst. Ich will, dass ihr bis Ende des Jahres diese selber anwenden könnt.“
 

Rose hatte kein einziges Mal, seit dem Lucifer Blackthorns Unterricht begonnen hatte, ihren Kopf gehoben. Stattdessen starrte sie unentwegt auf das Holz ihres Tisches, als ob sie ausmachen wollte, ob es Pappel oder Weide war. Hatte er sie bereits erkannt? Rose versuchte sich einzureden, dass er ihren One-Night-Stand schon längst vergessen hatte, und sie wie jede andere Schülerin ansah.
 

„Rose Weasley“, sie schreckte auf als sie ihren Namen hörte und stand sprunghaft auf. „Miss Weasley, sie werden nun einen Stupor-Zauber gegen mich ausführen“, er lächelte sie sanft an – oh nein, er hatte sie nicht vergessen. „Wie bitte?“, entglitt es ihr ungläubig. „Aber...“ - „Tun Sie es einfach.“
 

Wenig später standen Lucifer und Rose auf einem erhöhten Podest, um das sich der Rest der Klasse geschart hatte. Beide hatten ihren Umhang abgelegt, Rose hatte sich die Haare zu einem unordentlichen Zopf zusammen gebunden. Sie und Alice wechselten unsichere Blicke. Kurz fühlte sich Rose schuldig, weil sie ihrer Freundin nicht offenbart hatte, wer Lucifer wirklich war, doch sie hatte zurzeit andere Probleme.
 

Lucifer grinste sie verschmitzt an und bückte sich, was Rose ihm gleich tat – das Duell hatte begonnen. Beide hoben ihre Zauberstäbe. „Einfach keine Angst haben, Rose“, meinte er, und Rose bemerkte, dass er beschämenderweise ihren Vornamen benutzt hatte. Hoffentlich hatte es sonst niemand bemerkt. „Hab' ich schon nicht“, entgegnete sie ihm, mutiger als sie war.
 

„Stupor!“, bevor Lucifer weitere Anweisungen geben konnte, flog er bereits durch den halben Raum. Einige begeisterte Laute kamen von der Meute - einige Ah! und Oho!
 

Der Professor selbst schien ausser sich vor Freude, als er sich wieder auf die Beine hob und seinen Zauberstab auf sie richtete. „Incarcero!“ Aus dem Nichts erschienen Stricke, die Rose zu Boden warfen und fesselten, so dass sie sich kaum noch bewegen konnte. Während sie hastig nach Luft schnappte, eilte ihr Alice zu Hilfe, um die Fesseln zu lösen, die sich sogar um ihre Kehle geschnürt hatten.
 

„Sind sie verrückt geworden?“, schrie die Longbottom den Lehrer an, wobei ihr Kopf rot vor Wut wurde. Lucifer wedelte kurz mit dem Zauberstab und die Fesseln verschwanden wieder. „Nein, Miss Weasley hätte einfach nicht so nachsichtig sein sollen, zu denken, dass ein Stupor alleine reicht, um mich zu schlagen.“
 

Rose selber fasste sich an den Hals. Die Fesseln hatten rote Spuren auf ihrer Haut hinterlassen, die furchtbar brannten. Ihre Klassenkameraden war der Schreck auf dem Gesicht geschrieben, einige waren blass geworden, andere hatten sich abgewandt. Diese Stunde war ein Debakel.
 

Lucifer überhörte Alice' Drohungen und lief auf Rose zu, die immerzu auf dem Boden lag und ihn mit grossen Augen anstarrte. Fürsorglich hob er sie auf und entliess die Klasse für den Rest der Stunde.

„Miss Longbottom, gestatten sie mir durchzugehen, damit ich ihre Freundin zu Madame Pomfrey bringen kann“, entgegnete er Alice, die ihm versuchte den Weg zu versperren. „Nur über meine Leiche“, sagte sie wutentbrannt. Lucifer lachte auf. „Glauben Sie mir, Sie wollen mich nicht herausfordern.“ Ohne weitere Diskussionen zu dulden, umging er Alice und trug die schweigende Rose hinaus.
 

Irgendwann bemerkte Rose, dass er sie nicht wirklich zu Madame Pomfrey trug, sondern in den Lehrerturm. Erst vor einer Türe, die anscheinend die Tür zu seinen Gemächern war, hielt er an und setzte sie ab. „Geht's wieder?“, seine Stimme hatte sich verändert. Er sprach nicht mehr autoritär zu ihr, sondern als wäre er ihr gleichgestellt – wie in jener Nacht.
 

Sie nickte mit kreidebleichem Gesicht und folgte ihm in sein Zimmer, dass genauso kahl eingerichtet war, wie seine ganze Wohnung in London. Er reichte ihr ein Glas Wasser und nahm eine Tinktur aus einem kleinen Eckschrank heraus. „Es wird etwas brennen“, warnte er sie, ehe er fürsorglich das Elexir an ihren Hals rieb. Schmerz durchflutete Rose' Körper für einige Sekunden, legte sich dann aber sofort wieder. „Die Spuren sollten in einer Stunde weg sein“, Lucifer setzte sich zu ihr ans Bett und strich ihr behutsam durch die Haare.
 

Rose war wütend, tausendmal wütender als es Alice gewesen war. Sie hatte die Hände zu Fäuste geballt und starrte in seine dunklen Augen, die sie zu verschlingen drohten. „Was sollte das?“, krächzte sie, da ihre Stimme vom Angriff noch etwas angeschlagen war.
 

„Es tut mir wirklich leid, wenn ich dir weh getan habe. Aber es war die einzige Möglichkeit, dich hierhin zu bringen“, seine Nasenspitze berührte fast ihre Nasenspitze, als er zu ihr sprach, so nah war er ihr gekommen. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du noch Schülerin in Hogwarts bist?“, es klang wie ein ernstgemeinter Vorwurf. Gut, dachte Rose, dann wusste er, dass sein Handeln falsch war, schliesslich durfte ein Lehrer kein Verhältnis zu seiner Schülerin haben. Rose schluckte schwer. „Warum wollten Sie mich hierhin bringen?“ Er schnaubte säuerlich, als sie ihn siezte. „Rose, für dich bin ich Lucifer und nicht Professor Blackthorn.“ Mit einem Mal hatte er seine Hand auf ihren Rücken gelegt und sie zu sich gezogen, um sie genau wie in jener Nacht zu küssen – innig und wollend.
 


 

*


 

Wenn es einen Punkt gab, in dem sich Hermine und Draco jemals einig gewesen waren, dann war es , dass Bulgarien mit Nichten ihr favorisiertes Reiseziel darstellte – jedenfalls nicht der Spitz des Balkangebirges, welches berühmt für seine Frosttage war.
 

Schon beim Anblick des Durmstrang-Instituts für Zauberei erschauderte es Hermine. Es war ein riesiges, düsteres Schloss, auf dessen Dächern bereits eine dünne Schicht Schnee lag. Rundherum war nichts anderes zu erblicken, ausser ein steiler Abhang, der mehr als wahrscheinlich direkt in den Tod führte – ein Tod, den Hermine niemandem wünschte. Gerade als sie der Gedanke, von spitzen Felsen durchstochen zu werden, erfasste, holte Draco sie aus ihrer Fantasie.
 

„Granger, hörst du mir überhaupt zu?“, ertönte es von ihrem Gegenüber bissig. Sie hatte noch eine wage Erinnerung, dass Malfoy sie über den ehemaligen Schulleiter informierte, der einst ein Todesser gewesen war und dessen Leiche man nach Voldemorts Auferstehung in einer einsamen Hütte gefunden hatte. „Natürlich, Igor Karkaroff ist bereits als wir noch in Hogwarts waren, ermordet worden“, entgegnete sie ihm mit einer Sicherheit in ihrer Stimme, die darauf deuten sollte, dass sie sehr wohl seinen Worten gefolgt war – dieser Umstand war natürlich gelogen. Doch bevor der Auror ihr die Stirn bieten konnte, öffnete sich die eiserne Eingangstür des Instituts und ein sehr bekanntes Gesicht trat nach aussen. Es war kein geringer als Viktor Krum, ehemaliger Quidditchspieler Bulgariens und neuer Schulleiter Durmstrangs.
 

Er begrüsste als erstes die Granger, die etwas verlegen lächelte, als er ihre Hand nahm, um einen flüchtigen Kuss auf diese zu hauchen. „Hermine, wie schön dich wieder zu sehen“, seine Augen strahlten förmlich, als er sie ansah, bevor sich seine Gesichtszüge sofort wieder versteinerten, um schliesslich noch den weniger willkommenen Gast zu begrüssen. „Mr. Malfoy“, meinte er trocken, drehte sich dann auf den Fersen um und deutete ihnen, ihm zu folgen.
 

Das Innere des Durmstrang-Instituts war genauso wenig ansprechend, wie das Äussere. Es war eine mittelalterliche Burg, hatte kaum Fenster und alles war in den Farben schwarz und grau gehalten. Viktor Krum führte sie zuerst in ihre persönlichen Gemächer, damit sie ihr Gepäck verstauen konnten, bevor er sie gleich in einige Stockwerke nach unten entführte. Hermine brauchte einen Moment um zu begreifen, dass das unterste Stockwerk der Burg ein Verlies war.
 

„Viktor, ist es hier?“, sie wagte sich nicht das dunkle Mal auszusprechen. Der Schulleiter nickte. Er führte die zwei Auroren in die dunkelste Ecke des Verlieses und dann sahen sie es: Es war in die Wand gekerbt, klein aber sichtbar – das dunkle Mal des Lord Voldemort.
 

Hermine merkte, wie Draco sich den rechten Unterarm hielt. Es schien ihm Schmerzen zu bereiten. „Danke Viktor, wir kümmern uns darum“, sie lächelte ihn künstlich an, damit er sie und Malfoy unter sich lassen würde. Viktor, der Hermine vertraute, nickte stumm wie üblich und verliess das Verlies so schnell er konnte – es machte den Anschein, dass dieser Ort selbst ihm nicht geheuer war.
 

Nachdem die letzten dumpfen Geräusche, die Viktors Schritte erzeugten, verloschen waren, wandte sich die Hexe an ihren Partner und griff ihm an den Unterarm. Er keuchte auf, als sie den Ärmel seines schwarzen Pullovers nach hinten schob, und mit Schrecken feststellen musste, dass das Mal auf seinem Unterarm pulsierte. „Seit wann?“, wollte sie mit ernster Miene von ihm wissen. Er wich ihrem durchbohrenden Blick aus, bevor er zugab: „Seitdem wir ins Verlies getreten sind.“ - „Malfoy, du weisst, was das bedeutet?“

Er riss ihr seinen Arm weg, schob den Ärmel über das dunkle Mal, dass vor über zwanzig Jahren verblasst war, und schritt zur Einkerbung der Wand. Behutsam fuhr er mit den Fingern darüber, wobei kleine, grüne Blitze entsprangen. „Es ist keine normale Einkerbung, sie ist auf magische Weise entstanden“, schlussfolgerte er, ohne ihre Frage zu beantworten.
 

Natürlich wusste er was das Mal auf seinem Arm, dass ihm jede Nacht den Schlaf raubte, zu bedeuten hatte. Es raubte ihm nicht nur den Schlaf, sondern jegliche Freude. Seit Jahren hatte er sich von seinem Sohn und Astoria distanziert, weshalb es auch zur Scheidung kam. Er war zwar für sie dagewesen, aber nur physisch, nie psychisch. Etwas, was sie in die Arme eines anderen Mannes trieb. Ja, das Mal verhiess nichts Gutes, weder verblasst noch in seiner originalen Form.
 

*


 

Stirnrunzelnd hatte Scorpius alle Gegebenheiten des Tages beobachtet – Albus war nicht aufzufinden, Alice hatte den ganzen Tag nach Dominique gesucht und dann noch die Sache mit Rose und Professor Blackthorn. Etwas stank gewaltig, und Scorpius würde herausfinden was.
 

Er schritt in die Slytheringemächer, um festzustellen, dass Albus' Bett immer noch so leer und unberührt war, wie er es am Morgen aufgefunden hatte, und starrte verwundert auf einen weissen Briefumschlag, der auf seinem Bett lag und das Siegel der Familie Greengrass auf sich trug. Seine Mutter.

Seufzend nahm er den Brief in die Hand, drehte ihn kurz, um sicherzustellen, dass er wirklich von Astoria war, und öffnete ihn zaghaft. Er hatte seit Juni kein Lebenszeichen von seiner Mutter vernommen, schliesslich war sie anfangs Sommer mit ihrem neuen Geliebten Montague nach Portugal gefloht und hatte sich seit jeher nicht mehr Blicken lassen. Das war typisch für die Familie Malfoy-Greengrass.

Scorpius hatte bereits aufgehört sich Hoffnung zu machen, dass seine Eltern ihm jemals Aufmerksamkeit schenken würden. Draco Malfoy schickte ihm regelmässig Geld, damit Scorpius sich finanzieren konnte, und Astoria Greengrass sendete ihm Briefe mit äusserst ausführlichen Beschreibungen, wie toll Montague, und wie schrecklich hingegen sein Vater war. Scorpius öffnete die Briefe schon gar nicht mehr. Er wusste nicht, ob es seine Neugierde war, die ihn dazu leitete, oder seine insgeheime Sorge um seine Mutter, dass er heute dennoch den Brief öffnete.
 

Es ploppte urplötzlich ein hinreissend, roter Mund auf, der anfing zu sprechen: „Scorpius, ich hab' nicht viel Zeit! Ich befinde mich immer noch in Portugal und ich kann nicht mehr zurückkehren. Montague wurde ermordet und ich bin geflüchtet nach seinem Tod – es geschehen schreckliche Dinge, genau wie das letzte Mal, als Du-Weisst-Schon-Wer zurückgekehrt ist. Nimm dich in Acht. Ich konnte mich selbst in Sicherheit bringen, tu' du es auch! Und erzählt niemandem davon.“
 

Der Brief fing Feuer und wurde zu Asche, und Scorpius' Gesicht wurde aschfahl. Er fuhr sich durch die abstehenden Haare, um einen klaren Gedanken zu fassen. Montague wurde ermordet? Egal, wie sehr Scorpius ihn verachtete, Montague war einer der besten Auroren, die das Ministerium jemals gesehen hatte. Wer um Merlins Willen hatte es zustande gebracht Montague zu töten?
 

Scorpius überlegte kurz, was zu tun war. Dann fiel sein Blick wieder auf Albus' Bett. „Wo ist dieser Idiot, wenn man ihn mal braucht?“, knurrte er leise und öffnete einige Schubladen der unordentlichen Kommode, die Albus gehörte, um das Objekt seines Begehrens ausfindig zu machen: Die Karte des Rumtreibers.
 

Zehn Minuten später fand der Malfoy seinen besten Freund nackt und ohnmächtig in einem Becken voller kaltem Wasser. Albus' Haut war schneeweiss, weshalb Scorpius sofort nach seinem Puls fühlte. Ein leichter war noch da, so dass der Blonde erleichtert ausatmete.

„Idiot, wach auf“, er gab ihm einen Klaps auf die Wange – keine Reaktion. Mit jeder Minute, die verging und der Potter nicht aufwachte, wurde er wütender. Er zog in aus dem Wasser und legte ihn auf den Rücken.
 

„Lebt er noch?“, kaum merklich hatte sich eine weibliche Gestalt genähert. Sie hatte ein verweintes Gesicht, ihre Wimpern klebten zusammen und schwarze Flecken verwüsteten ihre Haut. Scorpius konnte nicht glauben, dass es sich um Dominique Weasley handelte. Er erhob sich, als sie näher trat. Dominique schwankte leicht, als sie auf die zwei Jungen zu lief. Wahrscheinlich war sie in einem labilen Zustand, interpretierte der Slytherin und lag nicht falsch. Sie liess sich vor Albus auf den Boden fallen und fuhr ihm mit den Fingerkuppe über die weisse Haut. „Malfoy, du musst mir glauben, ich wollte ihm nichts antun“, sie fing an zu schluchzen. Völlig überfordert starrte Scorpius auf das Bild, dass sich ihm bot. Dominique presste nun ihren Kopf auf Albus' Brust und weinte in allen Strömen. „Ich wollte ihn nicht umbringen. Ich hasse ihn gar nicht.“ - „Weasley, steh auf!“, entgegnete er ihr wirsch und zog sogar an ihrem Arm, doch sie liess sich nicht bewegen. „Weasley, er ist nicht tot. Wir müssen ihn nur zu Madame Pomfrey bringen.“
 

Dominiques Kopf schellte zurück und sie sah Scorpius mit ihren grossen, blauen Augen an, als hätte er behauptet, dass er ein Muggel wäre. Schnell stand sie auf und wusch sich die Tränen aus dem Gesicht. „Worauf wartest du denn?“, fragte sie ihn ungläubig.
 

„Auf mich“, Alice war in das Bad getreten und verfolgte mit zusammengekniffenen Augen das Schauspiel. „Kann mir jemand erklären, was hier vor sich geht? Und du, Dominique, wo warst du den ganzen Tag? Und um Merlins Willen, was macht Potter nackt auf dem Boden?“ Ihre Stimme ähnelte dem Kreischen einer Nixe, was Scorpius ungemein nervte, weshalb er seinen besten Freund mit einem Zauberstabschwenker bekleidete und die beiden Frauen völlig sich selber überliess, in dem er Albus aufhob und ihn in Richtung Madame Pomfrey trug. Zu seinem Missfallen folgten ihm die psychisch Labile und die Meckernde auf jedem Schritt und Tritt bis sie schliesslich vor Madame Pomfreys Krankenstation standen.
 

*


 

Einfühlsam hatte Rose Lily das ganze Gespräch über beigestanden, als sie ihren Eltern über das Portal erklären musste, dass Albus im Koma lag. Sie hatte ihre Hand behutsam auf ihren Rücken gelegt und gespürt, wie sehr Lily am ganzen Körper gezittert hatte. Selbst der Gedanke daran erschauderte sie immer noch, als sie durch die Gänge Hogwarts lief, um endlich zu Madame Pomfreys zu gelangen. Die Krankenstation lag im Nordturm in der Nähe der Slytheringemächer, weshalb es etwas dauerte bis Rose vom Südturm aus, ankam.
 

Als die Krankenstation erreicht hatte, spürte sie, wie Übelkeit aufkam. Tatsächlich lag ihr verhasster Cousin wie ein Toter auf einem der vielen Betten, umzingelt von drei Zauberern. Die Erste, die sie bemerkte, war Alice, die von Dominiques Seite wich und auf sie zukam. „Rose“, sie umarmte ihre Freundin, bevor sie sie aus dem Zimmer schleifte und nervös auf der Unterlippe kaute. Rose konnte sich nicht daran erinnern, wann sie ihre sonst so kecke Freundin nervös und gestresst erlebt hatte.
 

„Was ist?“, bohrte Rose nach und verunsicherte sofort, als sie Alice in die Augen blickte. Wollte sie die Antwort überhaupt wissen? „Der Grund weshalb Albus im Koma liegt, ist Dominique“, Alice sagte es schnell und mit zugekniffenen Augen, so dass sie es hinter sich bringen konnte. Doch Rose verstand nicht. „Was meinst du damit? Wie soll Dominique das angestellt haben?“, ihre Stimmlage war etwas höher geworden, sie quietschte fast, als sie sich die unschönen Bilder ausmahlte. „Ich weiss es nicht, sie redet mit keinem von uns. Aber Malfoy hat mir erzählt, dass Dominique denkt, dass sie ihn ins Koma befördert hat.“

Eine Sekunde lang starrte die Rothaarige in die Weite, bevor sie wieder in den Raum eilte, direkt auf Dominique zustürmte, sie an den Schultern packte und rüttelte. „Dome, was ist passiert? Was hast du getan, dass Albus ins Koma gefallen ist? Sag es mir!“
 

Sogar Scorpius war erschüttert über die Reaktion der Weasley, die nicht von ihrer Cousine abliess, obwohl Alice versuchte Rose von ihr zu lösen. Er schüttelte nur den Kopf darüber und blickte auf Albus' leblosen Körper und entdeckte, dass Albus' Lippen lila verfärbt waren.
 

„Weasley, warte schnell“, er erhob das Wort und Rose hörte sofort auf ihre Cousine, die wieder angefangen hatte zu weinen, wie wild geworden zu schütteln. „Weasley Zwei, hast du Albus etwa geküsst?“, wollte er eindringlich von Dominique wissen, die ihr Schniefen unterbrach, um ihn wieder mit jenem grossen hellen Augen anzustarren. Bingo, er hatte ins Schwarze getroffen. „Weasley Eins, weisst du etwas über Küsse, die töten?“, er wandte sich wieder an Rose, die ihm schon fast einen beleidigten Blick zu warf, um dann mit ihrem Diskurs zu beginnen.
 

„Natürlich, es nennt sich Todeskuss. Ein Todeskuss kann nur von nicht-menschlich magischen Wesen verübt werden, tötet aber sehr effizient. Er tritt in Kraft, wenn das Wesen, dass ihn verübt, eine emotionalen Hass empfindet. Nixen sind berühmt für ihre Todesküsse an Muggel, da sie Muggel hassen.“ Stolz beendete Rose ihren Redeschwall, um in Scorpius grinsendes Gesicht zu blicken. „Aber, Dominique ist ein menschlich magisches Wesen. Wie soll sie einen Todeskuss ausführen?“, mischte sich nun auch Alice ein, bevor Rose ihre Augen verdrehte. „Alice, Dominique ist ein Teil Veela, weshalb sich der letzte Teil des Rätsels löst.“ - „Dazu kommt noch, dass Dominique zwar starke, negative Gefühle gegenüber Albus hegt, jedoch irgendwo in ihr drin fühlt sie eine gewisse Liebe zu ihm. Wahrscheinlich weil er ihr Cousin ist“, unmerklich musste Rose Scorpius anlächeln, als er ihre Gedanken zu Ende folgerte, senkte jedoch wieder die Augen, da Alice sie ungläubig anstierte.
 

„Todeskuss, huh“, es war Dominique, die aufgehört hatte zu weinen und Albus Hand nahm und von da an schwieg.
 

*


 

Ihr Kopf fühlte sich an, als würde er platzen, und ein mulmiges Gefühl hatte sich, seitdem sie Lucifers Gemächer verlassen hatte, in ihrer Bauchgrube eingenistet. Und jetzt erahnte sie, dass auch Malfoy keine erfreulichen Nachrichten hatte, die er ihr auf dem Quidditchpodest, mitteilen wollte.
 

Fröstelnd umschlang sie ihren Oberkörper und lugte zu ihm auf, bevor er sich mit typisch kühlen Miene zu ihr setzte. „Na, Weasley. Wie ist es so mit seinem Lehrer geschlafen zu haben?“, neckte er sie, lachte jedoch keineswegs. „Woher?“ - „Ich hab' ihn ja im Club gesehen mit dir und er sah Professor Blackthorn mehr als nur ähnlich“, schlussfolgerte er und fragte sich insgeheim, weshalb er überhaupt mit der Weasley über solch belanglose Dinge sprach.
 

Rose musterte ihn aus ihrem Augenwinkel. Obwohl Nebel über dem Schloss lag und das Wetter plötzlich umgeschlagen hatte, trug er nur wie gewohnt ein schwarzes T-Shirt. Sie hingegen bereute es, nicht gleich ihre Winterjacke angezogen zu haben. „Kann es unser Geheimnis bleiben?“, fragte sie zaghaft, währenddem sie ruhelos ihre Nägel in die Sitzbretter des Podestes bohrte. Er schwieg und sie wertete das als ein Ja. Zaghaft lächelte sie, woraufhin er sie mit hochgezogener Augenbraue beäugte. „Was ist so lustig?“ - „Hättest du jemals gedacht, dass wir zwei nebeneinander hier sitzen werden und so tun als wären wir Freunde?“
 

Blitzartig wechselte Scorpius' Miene von kühl auf düster, und Rose hatte das Gefühl, dass die Luft um sie herum unter den Gefrierpunkt fiel. „Kannst du Geheimnisse für dich behalten?“, sein Blick durchbohrte sie nun, als würde er die Antwort in ihren Augen lesen können. „Ich denke schon“, meinte sie mit fester Stimme, verwundert darüber, was dem Malfoy soeben widerfahren war.
 

„Montague ist tot.“
 

Scharf zog sie die Luft ein – einer der besten Auroren der Zauberwelt war tot? Ungläubig starrte sie ihn an, in der Hoffnung, dass er anfing selbstgefällig zu lachen und ihr sagen würde, dass sie auch jedem Krötendreck glauben schenkte. Doch Scorpius' engelgleiches Antlitz blieb steif und streng.

„Es ist dein ernst“, schlussfolgerte sie eher für sich selber, als für ihren Gegenüber. „Was weisst du sonst noch?“ Scorpius brummte. „Weasley, ich weiss ja, dass ich intelligent, redegewandt und einiges mehr bin, aber seh' ich aus wie der Tagesprophet?“ Und da war er wieder, der selbstverliebte Scorpius Malfoy, der sich für etwas besseres hielt – Rose hatte diese Ader an ihm in keiner Weise vermisst. „Alter Gnom, woher weisst du, dass Montague tot ist? Im Tagespropheten stand es nämlich nicht, und im Gegensatz zu dir les' ich den, und bin deshalb sehr informiert.“ - „Der Tagesprophet würde sich auch nie trauen zu sagen, dass Voldemort zurück ist.“
 

Rose verschlug es die Sprache. Ihr war bewusst, dass der dunkle Lord seit über zwei Jahrzehnte vernichtet war, trotzdem wagte es sich niemand seinen Namen zu nennen – ausser natürlich Malfoy. „Was willst du damit sagen?“, keifte sie ihn etwas zu gereizt an, wobei sich ihr Mundwinkel nach unten bewegte. Scorpius zögerte eine lange Weile, in der Rose ihn schwer atmend anstarrte, bevor er sich endgültig dazu entschied, die schlauste Hexe Hogwarts einzuweihen. Dabei war er sich auch sicher, dass er das lediglich tat, weil sie die Schlauste war, und nicht weil er sie auf unergründliche Weise doch ein wenig mochte.
 

„Meine Mutter hat mir geschrieben. Montague war ihr Freund und sie waren in den Ferien in Portugal. Anscheinend hat ihn jemand getötet und meine Mum ahnt schlimmes. Sie hat im Brief erwähnt, es fühle sich so an, wie das letzte Mal, als Voldemort auferstanden ist.“
 

Rose schüttelte entschieden den Kopf. „Scorpius, kannst du bitte aufhören seinen Namen zu sagen?“, flüsterte sie, als ob der dunkle Lord sie hören konnte, wenn sie es nicht tat. Scorpius verdrehte die Augen, doch sein Herz setzte einen Schlag aus, als er wieder seinen Namen aus ihrem Mund hörte. Er klang so weich und freundlich, wenn sie ihn aussprach. Er verwarf jedoch schnell wieder den Gedanken.
 

„Konzentrier dich, Weasley. Weshalb weiss niemand von Montagues Tod? Weshalb beleibt meine Mum in Portugal? Das macht doch alles keinen Sinn!“
 

Sie nickte, als sie sich Scorpius Fragen durch den Kopf gingen liess. Und auf komische Art und Weise fühlte sich ihr mulmiges Gefühl in ihrer Magengrube bestätigt, dass etwas faul war. Etwas stank gewaltig.
 

Die beiden Jugendlichen starrten empor zum Himmel, als die ersten Regentropfen fielen. „Wir sollten wieder ins Schloss zurückkehren“, sagte Rose, als sie die Frost abermals ergriff, bevor sie merkte, dass Scorpius seinen Pullover, den er mit sich trug, um sie legte. Er wich ihrem fragenden Blick aus, bevor er zum Gehen ansetzte. „Verlier den nicht, er ist aus Kaschmir“, mahnte er sie, bevor ein kleines, unmerkliches Lächeln über seine Lippen huschte. Sie merkte nur noch, wie sich ihre Wangen rot färbten und sie ein heisses Gefühl überkam. Ein Gefühl, dass sie als aufkommendes Fieber abstempelte und versuchte zu missachten. „Ich geh' voraus, es soll uns ja schliesslich niemand zusammen sehen.“
 

Als Rose alleine auf der Bank sass, während der Pullover ihres Erzrivalen sie aufwärmte, stieg ihr der Geruch von Wald und Bäume in die Nase. Der Pullover wärmte nicht nur ihren Körper sondern unweigerlich auch ihr Herz, nur war sie sich dieser Tatsache noch nicht bewusst. Doch ein zweiter Name drang in ihre Brust – klammheimlich und ohne ihr eine Wahl zu lassen.
 

*


 

Wie unwohl es ihr auch dabei war, Hermine hatte darauf bestanden, dass sie und Draco im selben Zimmer untergebracht werden. Eine ungute Vorahnung hatte sie überfallen, als sie das wiedererweckte Mal auf seinem Arm gesehen hatte. Jetzt lagen sie beide auf dem grossen Himmelbett, dass zum Glück gross genug war, dass weitere drei Personen zwischen ihnen hätten liegen können. Hermine lag auf der Seite und beobachtete die Sterne, die am klaren Sternenhimmel strahlten, und Draco starrte unerbittlich gegen die Decke – keiner von ihnen konnte schlafen.
 

Es war überraschenderweise der Blonde, der die Stille mit seiner tiefen, mächtigen Stimme brach. „Warum Ron?“, fragte er sie aus unerklärlichen Gründen, als er weiterhin in seiner starren Postion verweilte. Verwundert wandte sich Hermine vom Fenster ab und drehte sich auf seine Seite, so dass sie sein perfektes Profil vor sich hatte. „Ron war meine grosse Liebe. Er war gut zu mir, hat mich zum Lachen gebracht und ich denke, ich brauchte jemanden wie Ron, der mich um meine strenge Denkweise brachte“, es erstaunte beide, dass Hermine so offen über ihren Exmann sprach, vor allem zu ihm – Draco Malfoy. „Wusstest du eigentlich, dass Scorpius deine Tochter hasst?“, Draco konnte es selber nicht glauben, dass er das gerade gesagt hatte und dabei seinen Mundwinkel nach oben zog. Hermine lachte auf. „Du hast einen Sohn?“, wollte sie wissen, woraufhin er sie mit strengem Blick besah. „Hat dir Rose nie etwas erzählt?“ Sie schluckte schwer. „Ich bin selten zuhause gewesen. Die Kinder sind oft bei Ginny untergekommen, wenn ich auf Mission war und Ron arbeiten musste“, er nickte verstehend, damit sie nicht weiter ausführen musste. Granger musste sich nicht bei ihm rechtfertigen, so weit waren sie um Längen nicht.
 

„Ich hab' dich auch gehasst“, sprudelte es aus Hermine nur so heraus, wobei sie sich die Hand vor den Mund hielt, da sie diese Wahrheit gar nicht aussprechen wollte. Nun wandte sich auch Draco zu ihr: „Und ich dich erst. Du hast mir die Nase gebrochen.“
 

Eine Weile starrten sie sich nur an und es stimmte für beide, denn sie fühlten sich nicht verpflichtet, den anderen zu unterhalten. Es war wie ein zugestandenes Schweigen, dass beide Parteien zufrieden stellte.
 

„AH!“, entwich es plötzlich dem Malfoy, dessen Gesicht sich vor Schmerz zu einer hässlichen Fratze verzog. Er hielt sich den Unterarm, auf dem das Mal erneut pulsierte. Hermine versuchte ihn auf das Bett zu drücken, ihn zu beruhigen, doch stattdessen verrenkte er auf bizarre Art den Hals. Bevor Hermine verstand, was soeben geschehen war, packte Draco sie am Hals und schleuderte sie durch den halben Raum. „Schlammblut, hast du wirklich gedacht, ich verbringe die Nacht mit dir?“, er trat ohne zu zögern gegen sie, wobei sie leise keuchte. Er war besessen.
 

Sie wollte sich vom Boden erheben, als er sie dieses Mal am Arm packte und an die Wand donnerte. Sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut, als er ihren Kopf an ihren braunen Locken gewaltsam zu sich zog. „Du bist nur ein Stück schmutziger Dreck“, flüsterte er ihr zu. „Mal schauen wie lange du es aushaltest.“ Er katapultierte sie wieder an den Fussboden und packte seinen Zauberstab, um ihn auf sie zu richten, doch bevor er ihn verwenden konnte, verschwamm seine Sicht und seine Knie knickten ein. Er verlor das Bewusstsein für einige Minuten.
 

Ängstlich erhob sich Hermine vom Boden, auf dem nun der Auror lag. Ihre Hände zitterten und sie umschlang nach Schutz suchend ihren Oberkörper, der kaum noch bedeckt war, da der Träger ihres Nachtkleides gerissen war. „Draco?“, hauchte sie in den stillen Raum. Sie setzte sich, obwohl der Schreck noch tief in ihren Knochen sass, zu ihm, und strich ihm behutsam eine blonde Strähne aus dem Gesicht. „Draco, hörst du mich?“, es war ein zaghafter Versuch ihn zu rütteln. Dann vernahm sie ein tiefes Stöhnen von ihm, bevor er leicht den Kopf hob, um sie anzusehen. „Alles in Ordnung bei dir?“, wollte er wissen und fasste sich an den Kopf. „War schon besser“, meinte sie missmutig und half ihm, sich aufzusetzen. „Wir sollten umgehend das Ministerium verständigen.“ Er nickte zustimmend, bevor er merkte, wie schlimm er seine Partnerin zugerichtet hatte.
 

Sie hatte einige Schrammen im Gesicht, ihre Unterlippe war aufgeplatzt und ihr Nachthemd zerstört. „Du brauchst ein Neues“, er deutete auf Letzteres. „Sobald wir in England sind, kauf' ich dir gleich zwei Neue.“ - „Malfoy, mein Nachthemd sollte jetzt deine kleinste Sorge sein“, erwiderte sie, bevor sie ihm um den Hals fiel. „Du hast mir einen gewaltigen Schrecken eingejagt!“ Tatsächlich umarmte sie ihn und wollte ihn auch nicht mehr los lassen. „Pass auf, es könnte wieder passieren“, warnte Draco sie, doch sie liess nicht los. Stattdessen schliefen sie im gleichen Bett, ohne dass drei weitere Leute zwischen ihnen liegen könnten. Am nächsten Morgen würden sie diese Tatsache natürlich verneinen, aber für eine Nacht liessen sie es durchgehen.



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