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Psiana aus der Gegenwelt

von

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Enter Distortion

Ich riss meine Augen auf. Schmerzen fühlte ich keine, doch wo war ich?

Psiana saß vor meinem Sessel. Ich war in der Lobby des Pokémon-Centers. Ich war schweißgebadet. Ich richtete mich auf. Jede Bewegung wurde von einem unbehaglichen Gefühl begleitet.
 

<Du hast alles gesehen. Wir müssen in die Gegenwelt!>

„Ja ich hab alles gesehen. Und zuerst musst du mir versichern, dass das alles nicht echt war.“

<Nur eine Übertragung der jetzigen Situation in deine Gedanken. Und ich habe dich nicht verraten.>

„Gut. Aber so sehr Giratina leidet, ich muss mich zuerst duschen.“
 

Ich stand auf und blickte dabei auf die Uhr. Sieben Uhr und nicht vier Uhr wie vorhin. Ich hatte nur geschlafen und dabei wurde mir wohl etwas von Giratina, Psiana oder wem auch immer zugespielt.

Psiana folgte mir aufs Zimmer. Ich ging in die Dusche und drehte schönes warmes Wasser auf. Giratina litt zwar anscheinend stark, doch ich musste mir beim Duschen einfach kurz Zeit lassen. Ich musste dieses Szenario in meinem Traum verarbeiten. Giratina löschte mich ja quasi aus. Wie gesagt, zum Glück nur im Traum, doch ich musste trotzdem erst einmal meine Gedanken nach so etwas ordnen. Immerhin kam das verdammt real rüber. Ja, das klingt klischeehaft. Oh, der Traum war so real, bitte geb mir etwas Zeit. Aber nach diesen Bildern musste ich eben kurz runterkommen.

Nach zehn Minuten stieg ich aus der Dusche und machte mich dafür umso schneller fertig. Ich hatte alles dabei, außer meine zwei Pokémon, die ich noch abholen musste. Schwester Joy hatte sie mittlerweile wieder fit bekommen.
 

Sobald ich das Pokémon-Center verlassen hatte rannte ich los. Wieder Richtung Route 209, diesmal in der Hoffnung meine Pokémon würden in ihren Bällen bleiben und mich nicht wieder in einen lila Strudel drängen. Das gehörte hoffentlich nur zur bösen Fiktion.

Es wurde schon dunkel, doch das machte mir nichts aus, es würde ja sowieso in die Gegenwelt gehen, so wie ich das verstanden hatte. Psiana übernahm nach einer Weile das Kommando und rannte voraus, ich immer hinterher. Es führte mich zum gleichen Tümpel, wie in meinem Traum. Psiana öffnete durch irgendeine Sprachformel einen lila Strudel. Ich konnte wieder diesen leichten Sog spüren.

Psiana forderte mich mit einer Kopfbewegung auf, in den Strudel zu springen, der uns in die Gegenwelt bringen sollte. Ein beherzter Sprung und es ging abwärts. Noch im Flug erkannte ich ungewöhnliche Schäden in der Gegenwelt. Es sah verwüstet aus, so als hätte ein Kampf stattgefunden.
 

<Wir müssen Giratina finden! Es ist in Gefahr!>

„Und du weißt, wo es ist?“

<Du hast die böse Vision im Traum gesehen. Da wird es sein.>

„Na gut, dann los!“
 

Wir kamen nicht sehr schnell voran, aber das ist in der Gegenwelt ja üblich. Mal bist du so leicht, dass du kaum mehr auf den Boden kommst, mal wird alles so schwergängig aufgrund der hohen Anziehungskraft, dass du dich zerquetscht fühlst. Egal wie, es geht immer nur langsam vorwärts.

Von weitem konnte man Giratinas ‚Lager‘, ‚Schlafplatz‘, oder was auch immer sehen. Verwüstungen sah man hier noch keine. Doch auf dem Weg hierher sah man einiges. Woher kamen diese Schäden? Man konnte Einschusskrater erkennen, doch auch Deformationen und Stellen, die einfach geschmolzen waren, gab es.

Psiana und ich waren angekommen. Hier befand sich der Drache in meinem Traum. Doch statt einem lauten Schrei war alles still. Wir wussten nicht weiter. Wir blickten uns gegenseitig an, dann wieder hektisch in sämtliche Richtungen. Kein Anzeichen von gar nichts.

Plötzlich durchdrang ein leiser Schrei aus der Ferne das Schweigen. Giratinas Schrei. Unsere Blicke trafen sich erneut, um danach so schnell wie möglich die Herkunft des Schreies herauszufinden.

Meine Ohren versuchte immer noch das Geräusch zu orten, das zudem immer lauter wurde, als ich von Psianas Psychokinese gepackt wurde und es wegrannte, mich schwebend einfach mitnahm. Keine drei Sekunden später zerberstete die große Felswand neben uns in Millionen von Stücken. Psiana ließ mich ungewollt aus seiner Psychokinese fallen. Alles war voller Rauch und Staub. Ich konnte keinen Meter weit sehen.
 

„Psiana!“

<Halte Ausschau nach meinen Magenta-Orb!>
 

Ich sah ihn und rannte instinktiv dem violetten Licht hinterher. Wie damals an der Scheidequelle war das meine einzige Möglichkeit Psiana zu folgen. Als ich die Staubwolke hinter mir lassen konnte, stand Psiana etwas weiter weg und blickte gespannt auf den gewaltigen Rauchball.

Giratina stieg aus der Wolke plötzlich empor und blieb schwebend über ihr in der Luft stehen. Man sah die Wut in seinem Gesicht. Es schaute in die Richtung, in die es eigentlich gar nicht sehen konnte, da sich dort bis vor kurzen eine Felswand auftürmte. Doch jetzt hatte es freie Sicht. Freie Sicht auf was eigentlich? Auch ich wandte meine Aufmerksamkeit in dieselbe Richtung. Es schien, als würde es hinter dem Felsen, der jetzt nicht mehr existierte, steil bergab gehen. Nach kurzem Warten tauchten massenhaft Magnetilos und Magneton aus dem Nichts auf. Sie formten eine riesige Magnetkugel und bildeten einen Elektroball aus gebündelten Donnerblitzen in deren Mitte. Giratina schwebte immer noch in der Luft. Die Staubwolke hatte sich mittlerweile verzogen.

Plötzlich stieg noch etwas aus dieser Versenkung hervor. Man konnte eine Antenne erkennen, bis sich das ganze Ausmaß dieser Antenne zeigen sollte. Ein riesiges stählernes Flugobjekt trat zum Vorschein. Unsere Aufmerksamkeit galt voll und ganz diesem Ufo, oder was auch immer das war, als die Magnetilos und Magneton ihren mittlerweile enorm großen Elektroball auf Giratina abfeuerten. Es wurde voll getroffen, flog zurück und prallte gegen den Boden.
 

<Ich kennen dieses fliegende Ding.>

„Was?! Woher? Und was haben die Elektropokémon damit zu tun? Ich dachte es gibt keine Pokémon in der Gegenwelt.“

<Gibt es auch nicht. Das sind die Pokémon des Kapitäns dieses Flugdingens, was auch immer es darstellen soll. Vor gut zwei Jahren trugen Giratina und dieses Teil schon einmal einen Kampf aus, jedoch in unserer Welt in der Orre-Region.>

„Deine Geschichte! Wie du in die Gegenwelt gelangt bist. Jetzt fällt es mir wieder ein.“

<Damals gewann Giratina, aber so wie es jetzt aussieht, steht es schlecht um den König der Gegenwelt.>

„Und was können wir jetzt tun?“

<Helfen natürlich! Ich werde Giratina nicht im Stich lassen!>
 

Psiana hatte natürlich Recht. Alles was es kann, hat es von Giratina. Sie sind bestimmt sehr gute Freunde. Und da ich vieles Psiana zu verdanken hab, hab ich auch Giratina viel zu verdanken, wenn nicht anders gesagt eigentlich alles.

Das Flugteil hat uns anscheinend noch nicht auf dem Schirm, weshalb ich ziemlich unbehelligt Despotar rufen konnte. Ich befahl meinem grünen Freund einen Psyschub mit soviel Power wie nur möglich auf diese Kugel aus Magnetilos und deren Entwicklung zu feuern.

Der Psyschub war gewaltig. Er traf den fast alle Magnetpokémon in diesem Kugelgebilde. Viele schienen sofort K.O., andere flogen zurück in die Formation, die jetzt bedeutend kleiner geworden war.
 

„Wir müssen sie alle erwischen! Psiana, los, Psychokinese!“
 

Psiana erfasste die komplette Kugel mit seiner Attacke und ließ sie quasi implodieren. Alle Magnetilos und Magneton flogen in der Mitte zusammen. Ganze drei Magneton überstanden den Angriff. Diese blickten uns erbost an und rasten auf uns zu, als ein Strahl von der Seite die drei Magneton wegfegte. Giratina war wieder zu sich gekommen und hatte uns geholfen.

Der fliegende Apparat war bereits vollends erschienen und schwebte direkt vor uns. Die Ausmaße dieses Teils waren unglaublich. Es ließ sich einfach nicht beschreiben.
 

„Ich wage zu bezweifeln, dass uns hierbei nur Despotar helfen kann. Kommt alle raus!“
 

So, es war angerichtet. Giratina, Psiana, Tornupto, Despotar, Kabutops, Frosdedje, Noctuh und ich gegen ein riesiges fliegendes Stahlgerüst mit gefühlten 20 Kilometer Länge und 15 Kilometer Höhe. Wer würde wohl gewinnen? Hm, es war wohl die falsche Zeit für lustig gemeinte Metaphern, denn dieses Ding schien wohl gefährlich zu sein. Immerhin konnte es schießen, deformieren und schmelzen.

Die zwei Parteien standen sich gegenüber. Es war verdächtig ruhig. Aber irgendwer muss ja anfangen. Da dachte ich, besser wir als unser überdimensionaler Gegner.
 

„Freunde, jeder mit seiner legendären Spezialattacke, los!“
 

Mir war es zu albern, jedem seine Attacke aufzuzählen, doch sie verstanden schon was zu tun war. Los ging es mit einem blauen Feuerstrahl aus Tornuptos Maul und einem erneuten Psyschub von Despotar. Dazu kam Frosdedjes Eiszeit, gefolgt von Noctus Luftstoß. Einzig Kabutops konnte noch nicht angreifen, allerdings würde auch sein Kismetwunsch noch einschlagen.

Die bisherigen vier Attacken trafen allesamt. Der angerichtete Schaden hielt sich allerdings aufgrund der Größe dieses Stahlgerüsts noch in Grenzen. Doch sie zerstörten allen Anschein nach ein paar wichtige Instrumente. Das Flugobjekt begann sich etwas nach rechts zu neigen, dorthin, wo die Attacken einschlugen. Ein erster Teilerfolg. Jubel brach jedoch noch nicht aus. Ich sah, wie sich der Boden öffnete und eine Kanone ausfuhr. Sie war neben uns gerichtet. Erst jetzt fiel mir Giratina wieder ein. Es hat nicht angegriffen, allerdings sah es auch schon sehr geschwächt aus.

Meine Aufmerksamkeit galt wieder der Kanone, die sich schon aufzuladen schien. Licht bildete sich im Kanonenrohr.
 

„Psiana, wie können wir Giratina aus der Schussbahn bringen?“

<Ich hebe es mit Psychokinese weg.>

Ein blauer Schimmer bildete sich um Giratina, der jedoch kurz darauf wieder verschwindet.

„Was ist los, Psiana?“

<Kann ich nicht sagen, es lässt sich nicht heben.>
 

Am rätseln und voller Angst, die Kanone könnte jeder Zeit abgefeuert werden pendelte mein Kopf stetig zwischen Giratina und dem Kanonenrohr, bis etwas geschah, woran ich schon nicht mehr gedacht habe. Ein weißer heller Strahl ging auf die uns zugewandte Seite des fliegenden Dingens nieder und ließ es nach vorne kippen. Kabutops Kismetwunsch! Die Kanone konnte nicht mehr in die Ausgangslage bewegt werden, da sie direkt nach dem Einschlag abfeuerte. Der Strahl schlug vor uns ein und ließ erneut eine riesige Staubwolke aufsteigen. Gesteinsbrocken flogen uns entgegen. Erneut mussten wir warten bis sich der Rauch verzogen hatte. Als ich dann wieder auf das Ungetüm in der Luft blickte, stand ein Typ auf einer Plattform und sah zu uns herab.
 

„Ihr wagt es mich, Zero den Großen, davon abzuhalten, Giratina zu fangen?“

„Und wenn es das letzte ist, was wir tun!“

„Ha, lachhaft.“
 

Mehr sagte er nicht. Stattdessen fuhr seine Plattform wieder ein. Kurz darauf setzte sich sein etwas schiefhängendes Stahlgerüst in Bewegung. Wieder kurz darauf öffnete sich eine Luke. Doch es war keine erneute Waffe die ausfuhr. Ein Magnezone flog aus dem Loch heraus. Mit großem Tempo näherte es sich Giratina, um es dann mit einer Donnerwelle zu paralysieren. Die Paralyse konnte ich zwar nicht mehr verhindern, doch das Magnezone war noch da.
 

„Frosdedje, Eisstrahl auf Magnezone!“
 

Es traf zuerst nicht. Magnezone war flink für seine Größe. Doch kurz bevor es wieder in der Luke verschwand, konnte Frosdedje einen Streifschuss landen. Magnezones rechter Magnet war vereist, was zwar keinen großen Schaden anrichtete, doch Magnezone die Kontrolle über seine Flugbahn verlieren ließ. Es driftete nach rechts, verpasste die Luke und schlug mit hoher Geschwindigkeit gegen die Außenhaut des Flugobjekts. Es flog zu Boden, schlug auf und blieb reglos liegen.

Während wir dem abgestürzten Pokémon hinterher schauten, bemerkten wir nicht, wie erneut Geschütze aus diesen Riesen-Ufo ausfuhren. Bevor wir reagieren konnten schossen drei oder vier Strahle auf uns zu. Mir wurde schwarz vor Augen als mich etwas am Kopf traf.
 


 

Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen ist, seit ich hier lag, doch als ich wieder zu mir kam war das fliegende Gerüst weg. Und nicht nur das, auch Giratina war verschwunden.
 

<Noctuh wurde nicht erwischt und ist Zero nachgeflogen.>

„Woher weißt du das? Bist du nicht getroffen worden?“

<Doch, aber durch Luftströme, die ich spüre konnte ich früher reagieren. Noch nie im Pokédex nachgesehen?>

„Nicht wirklich, tut mir Leid.“
 

Ich brauchte einen Moment und sah um mich. Despotar saß vor einem Felsen und hatte die Augen geschlossen. Man konnte eine übel aussehende Wunde an dessen Bauch erkennen. Frosdedje schwebte scheinbar orientierungslos im Kreis umher. Kabutops hatte sich seit der Attacke noch nicht einmal aufrichten können. Es lag K.O. am Boden, alle Viere von sich gestreckt. Einzig Tornupto hatte anscheinend nicht so viel abgekriegt. Es stand ein paar Schritte entfernt und blickte in die Ferne.
 

„Und was jetzt?“

<Ich hab das Stahlufo in diese Richtung fliegen sehen. Wir können auch in diese Richtung laufen und auf Noctuh warten, oder hier auf Noctuh warten.>

„Sind das alle Optionen?“

<Scheint so …>

„Dann lass uns loslaufen.“
 

Meine Stimme hörte sich gelangweilt, ohne Energie, einfach lustlos an. Drei meiner Sechs Pokémon waren quasi kampfunfähig, zwei verletzt und eines folgte einem schier unbesiegbaren, fliegenden und gefährlichen Stahlkonstrukt hinterher. Es könnte kaum besser laufen.

Ich rief meine Pokémon zurück und machte mich mit Psiana auf den Weg. Einen Weg ins Ungewisse. Ungewiss, was passieren wird, wo er hinführte und ob es überhaupt der richtige Weg war. Zudem wusste niemand was mit Noctuh sein würde. Wann es zurückkommen würde, ob es zurückkommen würde und was es für Nachrichten überbringen würde. Vielleicht war es schon zu spät, vielleicht machte es keinen Sinn mehr diesen Weg überhaupt einzuschlagen …

Warte, warte, warte! Wie hörte ich mich denn bitte an?! War das ich? Zweifelnd, energielos und aufgebend? Ich musste mich zusammenreißen. Ich musste meinen Pokémon spüren lassen, dass noch nichts verloren war. Und ich musste Giratina, dem ich so viel zu verdanken hatte helfen und retten. Allerdings kam von so einem Gedankenwandel auch nicht mehr Energie, weder in mir noch machte er meine Pokémon wieder kampffähig. Doch ich fing an mir darüber Gedanken zu machen, wie dieser Zero und sein Gebilde zu schlagen waren.
 

Wir liefen schon seit einiger Zeit in diese eine Richtung. Ob es in der Gegenwelt überhaupt Richtungen gab? Das war eine andere Frage. Alles sah gleich und doch verschieden aus. In gewisser Weise kann ich diesen Zero sogar verstehen. Wer möchte nicht Herrscher über solch eine atemberaubende, sich immer wieder verändernde Welt sein? Es gab aber schon jemanden der diesen Platz ausfüllte, und das war Giratina.

So in meinen Gedanken versunken musste mir Psiana vier Mal gegen das Bein laufen eher ich es bemerkte. Ohne telepathisch Kontakt aufzunehmen, deutete es mit seinem Kopf in die Luft. Ich tat es ihm gleich und erkannte nur einen schwarzen Punkt. Könnte alles in der Gegenwelt sein, bis er näher kam. Noctuh!

Meine Eule war gelandet und deutete mit heftigen Flügelbewegungen etwas an. Was es sagte verstand ich natürlich nicht, doch Psiana würde es mir gleich übersetzen.
 

<Das Stahlteil ist gelandet. Irgendwo dort hinten sagt es. Es hält Giratina gefangen und zapft seine Energie ab. Wir müssen schleunigst dahin!>
 

Ich brauchte nicht zuzustimmen, ich rannte einfach los. Noctuh über mir, Psiana daneben. Nach kurzer Zeit oder einer Weile, mein Zeitgefühl war absolut nicht mehr vorhanden, konnte man erneut die riesige Antenne erkennen. Unsere Schritte wurden langsamer, Noctuh landete neben uns. Ich rief es zurück und ging mit Psiana noch ein paar Schritte. Schon hatte man das ganze Ungetüm im Blick. Auf einer großen, flachen Ebene stand es mit Giratina in einer Art elektrischen Kneifzange. Der mächtige Drache sah in diesem Moment so hilflos und unterwürfig aus. Dieser Elektrokäfig raubte ihm all seine Kräfte. Immer wieder konnte man so etwas wie Hilfeschreie vernehmen.

Ich konnte nicht länger herumstehen und nichts tun. Psiana ebenso wenig. Wir rannten los, voller Tatendrang, das Ganze zu beenden. Doch umso näher wir kamen, umso langsamer wurden wir, umso größer und angsteinflößender wurde dieses Ding. Ganz langsam gingen wir die letzten Schritte bis wir stehenblieben. Wir standen genau am Anfang eines stählernen Ausläufers dieses riesigen Teils. Als wären wir erwartet worden, öffnete sich eine Luke. Zero fuhr in einem Podest diesmal nach unten aus dem Innenraum dieses Teils.
 

„Ihr schon wieder? Wollt ihr mich immer noch aufhalten oder mir einfach nur bei meinem größten Triumpf zusehen. Seht ihr es? Seht ihr, wie Giratina immer mehr an Kraft verliert? Doch es ist eigentlich nicht seine Kraft, die entzogen wird. Das, was ich gerade mit Giratina veranstalte ist weit aus effektiver als schwächen. Das Schwächen ist nur ein günstiger Nebeneffekt, der den eigentlichen Vorgang nur zugute kommt. Ich, Zero, der baldige Herrscher über die Gegenwelt, kopiere mir Giratinas Fähigkeiten und werde so jederzeit die Gegenwelt betreten und verlassen können, wie es mir passt. Giratina wird damit nur noch ein einfaches Drachenpokémon sein, das es zufällig nur einmal auf dieser Erde geben wird. Vielleicht stirbt es auch dabei, wenn nicht schmeiße ich es einfach aus der Gegenwelt heraus und lass es nicht mehr herein. Wenn ihr mich jetzt also entschuldigt. Ich werde meinen grandiosen Plan nun vollenden!“
 

Mit einem tiefen, dreckigen Lachen fuhr sein Podest wieder ein. Wir standen nur da. Wie gelähmt. Ohne zündende Idee. Wir haben nur seinen idiotischen Vortrag belauscht und wissen nun nicht mehr weiter. Wir? Eigentlich nur ich. Mein Blick richtete sich fragend nach unten zu Psiana. Es saß nur anmutig da, seinen Schweif hin und her wedelnd. Ich wandte mich wieder nach vorne und schloss die Augen. Ich fing leise das murmeln an …
 

„Wie können wir nur diesen Verrückten aufhalten? Wie …? Wie …? …“

<Nichts ist in der Gegenwelt stärker als die Kraft der Gegenwelt …>
 

Ich öffnete fragend meine Augen und wollte nach Psiana schauen, doch es war weg. Ich drehte mich suchend um, ohne Erfolg. Nur ein paar Sekunden später hörte ich ein lautes Krachen und drehte mich wieder in meine Ausgangsposition. Ein Loch in der Außenhaut der riesigen Stahlkugel. Ich sah verwundert auf das Loch als mich eine Psychokinese erfasste und mich langsam durch jenes schweben ließ. Innen angelangt wurde ich losgelassen. Psiana saß dort und war die Ruhe selbst.
 

„Wie…?“

<Giratinas Spezialattacke, die ich beherrsche. Die, die ich damals gegen Luxtra eingesetzt hab und die du mir nur im äußersten Notfall befehlen sollst. Schemenkraft.>

„Damit rammst du einfach mal durch diese enorm dicke Außenhaut aus Stahl? Mit Tornupto hätte ich ewig versucht mich hier durchzuschmelzen und du stößt da mal soeben durch?“

<Da siehst du, wie mächtig die Attacke ist. Doch das ist jetzt wesentlich unbedeutender als Giratina zu retten, oder?“

„Richtig.“
 

Ich sah mich um. Unweigerlich musste ich nochmal auf den Krater schauen. Man konnte sehen wie dick der Stahl war, schätzungsweise einen halben Meter. Danach sah ich den Gang entlang, in dem wir uns befanden. Da sich logischerweise keine Fenster hier drin befanden, konnte man eine lange Kette von Leuchtstoffröhren hinterher sehen. Überall Elektrozeugs. Generatoren, Spulen, quasi ein fliegendes Kraftwerk. Wir folgten den Generatoren und kamen an eine Treppe, natürlich aus Stahl. Doch eine Etage höher sah es nicht anders aus, dasselbe Bild.
 

„Glaubst du, das Teil hier braucht zum fliegen so viel elektrische Energie? …“
 

Jetzt machte es bei mir Klick. Was würde wohl alles an Instrumenten und Vorrichtungen gebraucht werden, um Eigenschaften von Pokémon zu kopieren? Natürlich brauchte das Ding auch Strom zum fliegen, aber es flog ja gerade eben nicht. All die Energie wird für den Kopiervorgang bereitgestellt. Das ist ein riesiger Kopierapparat!
 

„Psiana, wir müssen anfangen die Generatoren zu zerstören, los! Tornupto, los. Fackel alles ab! Vernichtet die Generatoren!“
 

Bei der Größe dieses Gerätes mussten das unzählige Generatoren sein, doch ich konnte meine anderen Pokémon nicht mehr einsetzen. Zero würde eh bald auftauchen. Ich durfte sie in keinen Kampf mehr verwickeln.

Psianas Spukbälle schlugen unaufhaltsam in den Stromerzeugern ein. Einer nach dem anderen ging mit einem lauten Knall kaputt. Tornupto brannte alles nieder was nach einem Generator aussah. Da der Hauptteil dieses enormen Kopierers eine Kugel war, gingen wir einmal rundherum. Die ganze Etage viel schon mal vom Netz ab. Doch noch keine Spur von Zero. Ziemlich komisch, roch irgendwie nach Hinterhalt oder Ersatzplan, der uns das ganze umsonst machen ließ. Doch wir gingen in die nächste Etage und machten weiter.

Nach einer Weile waren keine Generatoren mehr da, hatten diese Etage aber noch lange nicht komplett durchlaufen. Stattdessen tat sich eine Flügeltür vor uns auf. ‚Herz‘ war mit Farbe auf dem Stahl geschrieben. Herz?
 

„Tornupto, Durchbruch!“
 

Die Tür flog auseinander. Man konnte einen Raum betreten. Raum? Man konnte einen endlosen Hohlraum betreten. Als wären wir gerade nur in der einer äußeren Hülle herumgelaufen. Wir standen auf einen kleinen Vorsprung. Jedes Geräusch hallte schier unendlich oft. Neben uns ging eine Treppe an der äußeren Hülle entlang. Unter uns, am Boden des Hohlraumes sah man blaues Licht. Eine blaue Masse die leuchtete. Irgendwie undefinierbar. Irgendetwas drehte sich in dieser leuchtenden Masse. Ich konnte es nicht erkennen.

Plötzlich fing alles an zu beben. Ich sah mich um, doch es war alles dunkel. Die Außenhaut begann sich zu öffnen. Ganz langsam. Man konnte in die Gegenwelt hinaussehen. Als Licht hereinfiel ließ sich erst das ganze Ausmaß dieses Hohlraumes erahnen. Als wäre dieses ganze Gerüst drum herum nur dazu da, um diesen Hohlraum zu schützen. Ich versuchte diesen Raum zu durchsuchen, jetzt, da man etwas sehen konnte. Und siehe da. Ich musste aufpassen nicht umzufallen. Ganz oben, am Ende aller Treppen und Vorsprünge, die sich an der Wand befanden, stand Zero. Auf einen größeren Plattform. Sah eher aus, wie eine Schaltzentrale.
 

„Na, hast du auch schon den Weg hierher gefunden?“

„Sieht so aus.“
 

Ich musste laut rufen, damit ich den Eindruck hatte, er würde es hören.
 

„Sieh mal, wer dort zum Tor hereinfährt. Dein alter Freund“, merkte er mit einem düsteren Lachen an.
 

Ich sah auf die geöffnete Außenhaut. Giratina in seinem Elektrokäfig fuhr langsam in diesen Hohlraum hinein. Dann schloss sich die Kugel wieder. Grelle Scheinwerfen gingen an und blendeten mich für einen Augenblick. Als ich wieder normal sehen konnte war Giratina völlig regungslos in seinem Elektrokäfig gefangen. Es schwebte eher darin und wurde von Elektrosträngen durch seinen Körper gehalten. Ein grausames Bild.
 

„Die paar Generatoren die ihr übrigens zerstört habt, jucken mich nicht im Geringsten. Die einzige Energiequelle, die ich für den Kopiervorgang benötige, seht ihr unter euch. Eine enorme, fast unerschöpfliche Energiequelle, von mir entwickelt, nur für diesen Vorgang. Dir das jetzt zu erklären ist zwecklos, aber du musst ja nur wissen wofür es gut ist. Und wenn der Vorgang abgeschlossen ist, gehört die Gegenwelt mir!“

„Davon träumst du!“
 

Ich rannte los. Die unendlichen Treppen hinauf. Zero wollte unseren Bergsturm aufhalten. Es öffneten sich Luken, die unzählige Magnetilos und Magneton auf uns los ließen. Tornupto war schon geschwächt, doch es setzte all seine Kraft in die Attacken. Psiana hielt mir mit Psychokinese den Weg frei. Doch es wurden mehr und mehr. Mal flog mir einer dieser fliegenden Magnete gegen den Kopf, mal erwischte mich ein elektrischer Schlag. Beides sehr unangenehm, und immer wieder mussten wir anhalten.
 

„Du hast keine Chance mehr, du kleiner Wicht. In drei Minuten ist die Show hier vorbei! Dann kannst du mich König der Gegenwelt nennen!“
 

Die Zeit wurde knapp, verdammt knapp. In Höhenmetern waren es vielleicht noch 20 Meter, das sind anders gesagt noch fünf Treppen oder fünf Podeste, oder oder oder. Eines war klar, wenn nicht gleich etwas Außergewöhnliches passieren würde, wäre Giratina verloren.
 

Ein Magnetilo flog mir zum zigsten Mal gegen den Kopf. Ich fiel hin. Ich sah nach Psiana und Tornupto, ob sie den unmenschlichen Massen an fliegenden Magneten gewachsen waren. Nachdem Tornupto mit letzter Kraft eine Läuterfeuer-Attacke losließ, kam es auf mich zu und packte mich am Arm. Psiana berührte Tornupto mit seinem Schweif und mich am Bein mit seinem Kopf.

Vom einen auf den anderen Moment ging es auf eine unglaubliche Reise. Ich sah verwirrende Bilder, unbeschreibliche Sachen und vieles mehr. Alles rauschte unglaublich schnell an mir vorbei. Ich hatte keine Ahnung wo ich mich befand. Nur plötzlich landete ich auf der obersten Plattform, der Schaltzentrale. Neben mir Tornupto, doch von Psiana keine Spur.

Zero drehte sich zu uns um. Sein Blick war an Verwunderung kaum zu übertreffen. Er wollte etwas sagen, brachte nur den Ansatz eines Wortes hervor. Im nächsten Moment traf Zero ein lila Klumpen mit einer unglaublichen Geschwindigkeit von hinten in den Rücken. Er flog von der Plattform. Auf dem Weg nach unten traf er noch ein paar seiner aufgehetzten Magnetilos und Magneton ehe er in seine eigene Energiequelle flog und … lassen wir das.
 

„Ich glaub das war zu viel des Guten, Psiana.“

<Wer solch schreckliche Dinge vorhat, dem wiederfahren auch schreckliche Dinge. Und jetzt suchen wir lieber einen Weg das ganze abzubrechen bevor es zu spät ist.>
 

Ich begab mich ans Schaltpult. Überall Knöpfe, Hebel und Bildschirme. Leider war es nicht so wie in Filmen, in denen es einen großen, roten Ausschaltknopf gab, er hatte ja nicht die Absicht, es jemals zu beenden.
 

„Ich kann nichts finden, zerstör einfach das Pult mit einem Spukball.“
 

97% stand auf der Anzeige als ich einen letzten Blick darauf warf. Als der Spukball einschlug und sämtliche Instrumente zerstörte dauerte es einen Moment bevor der elektrische Käfig seinen Geist aufgab. Giratina fiel auf den Boden des Käfigs und blieb dort regungslos liegen. Es war ziemlich kaputt. Auch meine Pokémon und ich waren am Ende. Ich ließ mich auf meinen Hintern fallen, danach auf den Rücken. Ich wollte nur kurz meine Augen schließen, um dann aus diesem Ungetüm zu flüchten. Doch es dauerte nicht lange und schlief ich ein. Ich merkte nicht mehr auf Psiana, nicht mehr auf Tornupto, nicht mal Zeros fliegende Magnetpokémon kümmerten mich. Ich wollte einfach nur noch schlafen.



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