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Babylon-6 - 01

Geheimnisse
von

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Unter Beschuss

Eben noch war Irina Zaizewas Flügelmann, ein junger Ensign namens Jason Wesley, an ihrer Seite gewesen. Jetzt trieb er als schnell verglühende Explosionswolke hinter ihrem Heck, und die Russin schrie ihren Zorn wild heraus. Schnell rief sie sich zur Ordnung, denn sie wusste, dass solche wilden Emotionen der größte Feind eines Jagdpiloten waren. Doch sie konnte den Ausbruch nicht verhindern, denn sie war ein emotionaler Mensch, keine gefühllose Maschine. Unablässig manövrierte sie, brachte sich in Schussposition und feuerte. Bereits fünf gegnerische Jäger hatte sie erledigt, bevor es Ensign Wesley erwischt hatte, jenen freundlichen und lebenslustigen Jungen, der so gerne Gitarre gespielt, und andere mit seinem musikalischen Können oft verblüfft hatte. Nun war er tot, und diese Gangster dort draußen waren Schuld daran.

An vielen Stellen, rund um die Station wurde heftig gekämpft. Die beiden ALPHA-Kreuzer, die der General bei der Station gelassen hatte, schlugen sich tapfer. Gemeinsam hatten sie einen der OMEGA-Zerstörer vernichtet und einen ALPHA-Kreuzer manövrierunfähig geschossen. Doch auch sie hatten Schäden davongetragen. Rückzug war diesmal jedoch keine Option, deshalb kämpften ihre Besatzungen mit Todesverachtung weiter.

Auch die Jagdbomberverbände der Station, bestehend aus Maschinen der THUNDERBOLD-KLASSE neuester Fertigung hatten bereits einem der OMEGA-Zerstörer arg zugesetzt, und mehr als 80% seiner Waffen zerstört. Jedoch zu dem Preis, dass bereits neun der insgesamt 32 Jagdbomber vernichtet worden waren.

Trotz des wütenden Abwehrfeuers, an dem sich die Station bisher nur sporadisch beteiligen konnte, da die Gefahr zu hoch war eigene Schiffe zu treffen, schien es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann der Gegner zur Station durchbrach, und dann würden die Schiffe ein vernichtendes Feuer auf die Station selbst eröffnen.

Währenddessen kümmerte sich Irina Zaizewa wieder auf naheliegende Probleme. Sie hatte erkannt, dass ALPHA-05 ebenfalls seinen Flügelmann verloren hatte und schloss schnell zu ihm auf. „ALPHA-05, hier ALPHA-Leader. Schließen sie auf, Lieutenant Anderson, und decken Sie meine rechte Flanke, die schießen uns sonst in Stücke!“

„Aye, Commander!“

Vor sich entdeckten sie drei feindliche Jäger, die nun in verschiedene Richtungen abdrehten.

„Wir bleiben an dem, der auf zehn Uhr abdreht!“, befahl Zaizewa ihrem neuen Flügelmann. Gemeinsam nahmen sie ihn auf´s Korn. Anderson erwischte ihn schließlich am oberen rechten Flügel und brachte ihn ins Trudeln. Zaizewa gab ihm gleich darauf den Rest, und der Feindjäger explodierte in einer grellen Energiewolke. Ein kleineres Trümmerstück pfiff dabei so dicht über die Decke ihres Cockpits, dass ein leicht scharrendes Geräusch entstand. „Das war knapp!“, entfuhr es der Russin leise. Dabei konstatierte sie, mit jenem Teil ihres Verstandes, der in solchen Situationen kühl und sachlich blieb, dass einige dieser feindlichen Kampfflieger wirklich gut waren.

„Feindrotte aus drei Uhr hoch“, meldete Anderson und zwang Commander Zaizewa wieder zu voller Konzentration.

Diese beiden Gegner schienen noch recht unerfahren zu sein. Zaizewa und Anderson nahmen die beiden Feind-Jäger frontal und schossen sie kurz hinter einander ab.

Wieder vollkommen konzentriert, blickte sie auf ihren Scanner und rief: „ALPHA-04, über Ihnen rauschen drei Feind-Jäger heran. Drehen sie über Grün ab, wir helfen Ihnen.“

Sie und Anderson beschleunigten, und kurz darauf griffen sie die drei neuen Feinde an. Einen holte sich Anderson, einen zweite sie selbst, während der dritte abdrehte und die Flucht ergriff.

Der Raum um sie herum füllte sich mit leuchtenden Gaswolken und glühenden Metalltrümmern.

Gleich darauf bemerkte sie vier weitere Gegner, die sich auf sie stürzten. ALPHA-04 war gebunden, und so mussten Irina Zaizewa und Anderson allein klarkommen. Sie erwischte zwei Feinde kurz hinter einander. Einen weiteren erledigte Anderson. Doch es sollte der letzte sein, denn der verbleibende Jäger umflog geschickt die Trümmerwolken, näherte sich von der Seite und landete einen Treffer, der ALPHA-05 in einen Feuerball verwandelte.

Irina Zaizewa sah Andersons Jäger explodieren, sah ihn sterben, und erneuter Zorn schnürte ihr die Kehle zu. Auch diesmal wollte sie schreien, doch sie brachte keinen Ton heraus. Sie stürzte sich mit feuerspeienden Waffen auf den Gegner.

Der Feind suchte sein Heil in der Flucht, doch Zaizewa verfolgte ihn wie ein Racheengel. Wie er sich auch drehte, wendete und manövrierte, sie blieb dran. Dann machte er einen kleinen Fehler, und die Russin feuerte.

„Das ist für dich, Anderson!“, schrie sie und beobachtete den vergehenden Feuerball. Ein Blick auf den kleinen Chronometer auf dem Instrumentenpult belehrte sie darüber, dass sie sich erst seit einer halben Stunde im Kampf befand. Sie selbst hatte den Eindruck gewonnen, sie wäre bereits seit mehreren Stunden im Kampf. Gleich darauf war wieder ihre volle Konzentration gefragt, denn zwei Gegner, die sich von Vorne näherten kamen frontal auf sie zu um sie in die Zange zu nehmen. In einem Moment vollkommener Klarheit erkannte sie, dass einer der beiden sie unweigerlich treffen würde, während sie verzweifelt versuchte abzudrehen. Im nächsten Moment eröffneten die Feinde das Feuer, und ihr Jäger erhielt einen Treffer, der ihn wild um seine drei Achsen wirbelte. Ein hässliches Kreischen folgte, und sie glaubte, wie aus großer Ferne einen Schrei zu hören, ohne sagen zu können, ob sie selbst es gewesen war, oder jemand über Funk. Dann schlug ihr behelmter Kopf hart zur Seite und alles um sie herum verging und wurde schwarz.

 
 

* * *

 

Lieutenant-Commander Shinji Okasaki blickte auf den Hauptbildschirm seiner Konsole. Der Kampf verschob sich seit einigen Minuten immer schneller zugunsten des Angreifers. Vor allen Dingen, seit die EAS DIONE schwer getroffen worden war und Mühe hatte sich gegen die totale Vernichtung zu stemmen. Auch ihr Schwesterschiff, die EAS EIRENE war ziemlich zerschossen, allerdings noch agiler und wehrhafter als die DIONE.

Der erste OMEGA-Zerstörer kam in Schussweite und Okasaki zögerte nun nicht länger. Er gab Feuerbefehl, und die Station verwandelte sich in feuerspeiendes Ungetüm. Der Taktische Offizier konnte zwei Bugtreffer landen, und fast fluchtartig zog sich der Feindzerstörer zurück.

Der Japaner nickte Lieutenant Steven Falcone anerkennend zu, der grimmig grinsend meinte: „Das waren zwei Gute.“

Okasaki lächelte schwach. Er verfolgte die Transpondersignale der Jäger und Jagdbomber die bereits deutlich dezimiert worden waren. Doch auch der Feind hatte Verluste.

Als weitere Hyperraumfenster in der Nähe der Station sich öffneten, spürte der Japaner so etwas wie Hilflosigkeit in sich aufsteigen. Das musste Verstärkung für ihre Gegner sein, denn Hayes hätte sich längst melden müssen. Vermutlich war sein verband in eine vorbereitete Falle geflogen, und nun drohte auch ihnen allen die vollkommene Vernichtung.

Im nächsten Augenblick krachte die Stimme des Generalmajors aus den Empfängern: „Mister Okasaki, hier spricht Hayes. Wir kommen hoffentlich rechtzeitig.“

Schnell schaltete Okasaki auf Flottenfrequenz um und sagte erleichtert: „Sie kommen keinen Moment zu früh, General. Wir stehen mit dem Rücken zur Wand.“

„Das wird sich gleich ändern!“, erklärte der General zuversichtlich. „Hayes, Ende.“

Als Shinji Okasaki wieder auf seinen Monitor blickte erkannte er gerade noch, wie das Transpondersignal von Commander Zaizewas Jäger anfing unstet zu flackern. Dann erlosch es schließlich völlig.

„Commander Zaizewa, bitte melden Sie sich!“, rief Japaner verzweifelt über Funk. Während der Verband des Generalmajors mit aller Macht in das Kampfgeschehen eingriff. „Commander Zaizewa, bitte melden!“

Es erfolgte keine Antwort und in stummer Trauer beugte der Japaner leicht seinen Kopf, bevor er sich wieder auf den Kampf im Umfeld der Station konzentrierte.

 
 

* * *

 

Gegen den eindringlichen Rat von Christina Frost hatte General Hayes darauf bestanden, die Jagdverbände selbst zu leiten. Frost wusste, dass der General früher ein famoser Jagdpilot gewesen war, doch sie fragte sich, ob er auch heute noch voll auf der Höhe war, um in einem solchen Gefecht zu bestehen.

Um nicht unnötig aufzufallen hatte Hayes ebenfalls darauf verzichtet, mit einer Doppeleskorte zu fliegen, sondern sich einen der Piloten als Flügelmann erbeten. Geworden war es zwar eine dunkelhäutige Flügelfrau, eine gebürtige Senegalesin, doch das war nebensächlich. Sie hatte dem ein General zuversichtliches Lächeln geschenkt und war gleichzeitig mit ihm gestartet, noch während die ANDROMEDA aus dem Hyperraum kommend verzögerte.

Nachdem Hayes Okasaki auf der Station kontaktiert hatte schaltete er den Frequenzpeiler ein, der die momentan vom Feind benutzte Jägerleit-Frequenz ermittelte. Der Gegner sollte ihn hören. Mit kalter Stimme sagte er dann: „Guten Morgen, Ladies und Gentlemen, hier spricht Generalmajor Lynden Benjamin Hayes von den Erdstreitkräften. Die Außentemperatur beträgt exakt minus 273,15 Grad Celsius, wie einige von Ihnen sicherlich bald feststellen werden, falls Sie es nicht vorziehen zu kapitulieren und sich zu ergeben. Es wird keine weitere Chance meinerseits dazu geben.“

Der General machte sich zwar keine großen Hoffnungen, dass man seiner Aufforderung diesmal Folge leisten würde, aber das konnte ihn nicht dazu bewegen, gegen die Regeln des Anstandes in der modernen Kriegsführung zu verstoßen.

Wie erwartet erfolgte keinerlei Antwort, während die Gegner nun auch auf seine Kampfschiffe und Jäger feuerten.

Hayes seufzte schwach. Dann schaltete er auf Flottenfrequenz und befahl den Angriff auf den Feind.

Es stellte sich schon nach wenigen Minuten heraus, dass der Gegner dem eingetroffenen Verband des Generals nur wenig entgegenzusetzen hatte. Die Geschütze der Großkampfschiffe feuerten zielsicher und schnell. Erst als alle Kriegsschiffe des Feindes zerstört worden waren, ergaben sich einige wenige verbliebene Jagdpiloten dem Verband des Generals. Sie wurden dazu aufgefordert, ihre Waffen und Triebwerke zu deaktivieren und die Energieerzeuger auf Minimum herunter zu fahren, um sie mit den Greifern der Starfurys zu erfassen und in die beiden Fronthangars zu fliegen, wo bereits starke Einheiten der Sicherheit auf die Piloten warteten um sie zur Brig zu eskortieren.

Währenddessen hatte Okasaki Kontakt zu Hayes Jäger aufgenommen und berichtet, dass Zaizewa als vermisst galt.

Nachdem der Generalmajor bestätigt hatte unterbrach er die Verbindung und funkte seine Flügelpilotin, Lieutenant Isani Mbane, an. „Lieutenant, sie bleiben bei mir und helfen mir bei der Suche nach beschädigten Jägern. Scannen sie jeden den sie aufspüren nach Lebenszeichen.“

Die dunkle Stimme der Senegalesin antwortete: „Verstanden, Sir.“

Sie flogen dicht bei einander durch das gewaltige Trümmerfeld, dass die Station beinahe wie eine lockere Kugelschale einschloss. Hier würden demnächst Zielübungen für die Jagdpiloten stattfinden, beschloss der General, während er den Scanner nicht aus den Augen ließ. Er wollte nicht glauben, dass Irina Zaizewa tot war. Das konnte – nein das durfte nicht sein. Die Erklärung Okasakis über das zunächst unstete Flackern des Transpondersignals ließ ihn hoffen, dass der Jäger des Commanders nur beschädigt war. Dieses Anzeichen sprach zumindest dafür. Nach einer Weile meldete sich Mbane plötzlich und sagte: „Sir ein schwaches Lebenszeichen auf elf Uhr, tief.“

Es stellte sich heraus, dass es ein feindliches Schiff war, aus dem das Lebenszeichen kam.

„Markieren und einen Jäger herbeordern“, wies Hayes die Frau an.

Sie suchten weiter. Sie hatten die Station fast komplett umrundet und in Hayes setzte sich langsam die Erkenntnis, dass Irina Zaizewa tot war. Ein bitteres Gefühl stieg in seinem Innern auf. Er hatte sie auf dem gewissen, denn er war es gewesen, der ihr die Leitung der Station entzogen hatte. Doch da war noch etwas anderes tief in ihm. Es schien ihm seltsam, aber er spürte aufrichtige Trauer für eine Frau, die er kaum kannte. Das verwirrte ihn.

Er blickte noch einmal auf seine Instrumente und beschloss die Suche abzubrechen. Im nächsten Moment krachte die Stimme von Isani Mbane aus seinem Empfänger: „Sir, ein schwaches Lebenszeichen auf Rot, zwei Kilometer voraus.“

Hayes glaubte, sein Herz würde einen Moment lang aussetzen. Sein Mund fühlte sich mit einem mal seltsam trocken an. Er rief sich schnell zur Ordnung. Die Wahrscheinlichkeit dass es sich ausgerechnet um die Russin handelte, oder dass sie überhaupt noch lebte, war verschwindend gering. Schnell näherten sie sich den von Mbane angegebenen Koordinaten. Als sie sich näherten erkannten sie die typischen Formen eines Starfury-Jägers. Allerdings fehlten die beiden rechten Flügel des Jägers und was von ihm übrig war wies einige schlimme Brandspuren auf. Als beide Jäger ihre Scheinwerfer aktivierten erkannten sie, dass es einer ihrer eigenen war. Schnell umflog der General das treibende Schiff, während Lieutenant Mbane es mit dem Greifer packte und stabilisierte.

Als der General in das Cockpit leuchtete erkannte er, trotz des Blutes auf dem Gesicht dass es sich tatsächlich um Commander Zaizewa handelte. Sein Herz schlug schneller als er über Funk sagte: „Wir haben sie, Lieutenant. Es ist Commander Zaizewa. Schaffen Sie das Wrack zur Station, ich werde Okasaki unterrichten.“

An der Seite von Lieutenant Mbane flog der Generalmajor zurück zur Station. Noch war es zu früh zum Jubeln, denn die Lebenszeichen wurden schwächer. Er hoffte inbrünstig, dass sie nicht zu spät gekommen waren.



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