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Vorbei

Bitte geh' nicht...
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Der OneShot ist für jemanden, den ich, entgegen von Kaiba, nicht loslassen will und kann. Eine Entschuldigung, aber auch ein Wort der Hoffnung. Komplett anzeigen

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Einsam lausche ich dem Verkehr unter meinen Füßen. Mein Büro habe ich schon vor einigen Stunden verlassen, um eben hier her zu kommen und Dir nahe sein zu können, obwohl Du das Haus, auf dessen Dach ich Platz genommen habe, schon lange nicht mehr betreten hast. Doch ein anderer Punkt bleibt mir nicht, denn in den zehn Jahren, die ich Dich nun nicht mehr gesehen habe, hast Du mich nie kontaktiert, so wie ich auch Dich niemals gesucht habe.

Du bist einer der Fehler, die ich in meinem Leben am Meisten bereue. Dich gehen gelassen zu haben. Nach diesem Streit, Deinen Tränen und dem letzten Schlagen der Tür. Es ist besser so gewesen, zumindest sind das meine Gedanken gewesen, die ich hatte, nachdem das letzte Wort verklungen war.
 

Wir sind niemals ein wirkliches Paar geworden, auch wenn ich weiß, dass es genau das war, was Du wolltest. Ich konnte es nicht und kann es noch immer nicht. Nicht wirklich, so denke ich. Ich war unfähig meiner Haut zu entkommen, vergrub mich in ihr, wie hinter einer schützenden Mauer und übersah so das Wichtigste, was ich damals mein Eigen nannte. Heute bleiben nur noch die Erinnerungen und sie sind es, die schmerzen. Ob es nun anders wäre? Ich weiß es nicht, doch eine Möglichkeit es noch heraus zu finden, habe ich nicht.
 

Außerdem ist es zu spät. Ich habe Dich gehen lassen und nun bin ich allein.

Im Nachhinein ist mir klar geworden, dass Du und Deine Freunde immer Recht hattet, aber ich bin zu stur gewesen auf Euch zu hören. Nun bin ich seit acht Jahren komplett allein. Zwei Jahre nachdem Du gegangen bist, ist auch Mokuba ausgezogen. Er hat nun seine eigene Familie und saniert die Firma, die sein Schwiegervater ihm anvertraut hat. Ein kleiner Bauhandel, wenn ich mich recht erinnere. So hat er keine Zeit und auch keine Muße sich auch noch bei mir blicken zu lassen, zumal er auch Kinder hat. Ich gönne ihm sein Glück, ist es doch genau das, was ich mir immer für ihn wünschte.

Dazu kommt, dass mit den Jahren auch die Entfremdung einsetzt.
 

Erst sind es nur Kleinigkeiten, welche dann aber wachsen und zu einem großen Ganzen werden. Man hört auf miteinander zu sprechen und tut man es doch, so jagt ein Wort das Nächste. Schnell sind Dinge gesagt, die man nicht so meint und ehe man die Tragweite versteht, ist man allein. Ich liebe Mokuba. Das tue ich noch immer, nur habe auch ich lernen müssen, dass Liebe und Blutsbund nicht immer ausreicht, um Jemanden zu halten. Ist es dann nicht besser los zu lassen? Ich habe es getan und bereut, doch entgegen anderer Entscheidungen sehe ich diese als richtig an.
 

Langsam erhebe ich meine Hand, schiebe sie in die Tasche meines schwarzen Mantels und entnehme ihr eine kleine Schachtel. Wenig später glüht zwischen meinen Fingern eine Zigarette auf, welche ich allein und schweigend rauche. Sie ist einer jener Tribute, die ich mir nach Deinem Fortgang angewöhnt habe. Ich lasse sie nach einer Weile vom Dach fallen und sehe ihr nach, indem ich mich umständlich über steinerne Brüstung hänge und ihr so im Schattenspiel der Nacht folgen kann.
 

Wie viele Meter sind es? Wenn ich schätzen müsste, dürften zwanzig real erscheinen. Kein Vergleich zu meinem Firmengebäude, jedoch aber ausreichend, bedenke ich die physikalischen Gesetze.

Das Haus ist still. Es ist mitten in der Nacht und die Menschen schlafen. Zumindest sollten sie das tun. Nur hier und da vernehme ich noch das Scheppern von Flaschen auf steinernen Boden, wenn ein Heimkehrer diese mit den Füßen zur Seite schiebt, sollte er auf eine treffen. Es ist der ganz eigene Charme dieser Gegend, in welcher ich mich nun befinde. Nichts ist sauber; Alles strahlt ein chaotisches Eigenleben aus, so wie Du einst. An sich, bedenkt man, wie ich lebe, sollten solcherlei Gedanken ein Novum darstellen, zeigen sie sich doch weit entfernt von jenen Standart, welchen ich sonst genießen darf.
 

Ein Lächeln kleidet meine Lippen, als ich mich wieder zurück lehne und abermals die kleine Steinumrandung spüre, an die ich meinen Rücken gelehnt halte. Es ist kalt, doch das ist mir egal. Selbst wenn es noch Stunden wären, die ich hier sitze, ehe ich den letzten Schritt gehe, so hat Zeit an sich keinerlei Bedeutung für mich. Schon vor Tagen habe ich alles in die Wege geleitet.
 

Wusstest Du dass Du nun Inhaber einer Firma bist? Versteckt vielleicht, aber kennen nun alle wichtigen Dokumente Deinen Namen. Du bist nie der Mensch dafür gewesen und doch kenne ich niemanden, welchen ich sie mehr anvertrauen würde wollen. Roland stünde Dir mit all seinem Wissen zur Seite und selbst, jetzt in diesem fortgeschritten Alter, weiß ich seine stoische Loyalität zu schätzen. Sie ist anders als Deine es jemals war, aber sie existiert. Auch ist er der Einzige, der meine Absichten kennt und akzeptiert. Die KC ist eine Sache, in der mein ganzes Leben steckt. Ich habe sie auf Dich überschreiben lassen. Dennoch aber bin ich sozusagen nunmehr Mittellos und habe nur noch das, was ich an meinem Leib trage oder in meinen Taschen trage.
 

Im Grunde also nichts, doch ist es mir gleich. Ebenso, was Du aus Deinem Erbe machen wirst. Mokuba braucht sie nicht. Er baut sein eigenes Geschäft auf und besitzt auch so genug, mit dem er arbeiten kann. Du hingegen, besaßest nie etwas. Du hast immer so gelebt, dass Du das Nötigste hattest. Mehr brauchtest Du nicht. Es ist etwas, was ich auch erst im Nachhinein verstehe. Du bist immer mit dem glücklich gewesen, was Du Dir leisten konntest, hast Dein Geld immer eigenhändig verdient und in Träumen gelebt, die Dir unerreichbar erschienen. Insgeheim habe ich Dich immer für diese Einstellung bewundert und tue es auch heute noch. Ob mein Anwalt Dich ausfindig gemacht und Dir die Papiere übergeben hat? Irgendwo hoffe ich es, denn als ich heute zum letzten Mal mein Büro verlassen habe, ist der Rundbrief an die Mitarbeiter schon raus gewesen. Was sollten diese Menschen ohne Führung? Sie brauchen Regeln, sonst versinkt dort alles im Chaos. Außer Du. Du hast Dich niemals an Regeln gehalten, sondern immer Deinen Kopf durchgesetzt. So tue es auch jetzt, nur mit dem Unterschied, dass nunmehr Leute auf Dich hören müssen.
 

Meine Lippen verziehen sich zu einem traurigen Grinsen, ehe ich kurz meine Lider schließe und meinen Kopf an die Umrandung knallen lasse, was ein fast hohles Geräusch verursacht und mir einen stechenden Schmerz durch den Hinterkopf jagt. Auf irgendeine Art genieße ich das kurze Pochen was daraufhin in meinem Schädel entsteht. Es zeigt mir, dass ich noch am Leben bin. Noch…
 

Nach Minuten erhebe ich mich, strecke meine lahmen Glieder und wende mich der niedrigen Balustrade zu, ehe ich auf diese hinauf steige und die Augen schließe. Ich vernehme das Rumpeln des Aufzuges in diesem Haus, doch ich störe mich nicht daran. Ein ruheloser nächtlicher Wanderer vielleicht, welchen ich zuvor nicht wahrnahm. Alles ist möglich.

Selbst wenn, hatte keiner der Bewohner bemerkt, dass ein Mann auf das Dach gegangen ist und nicht mehr auf normalem Wege von diesem herunter finden würde.

Wieder lausche ich dem Wind. Es beruhigt mich, ebenso wie das Haus an sich, mit all seinen Erinnerungen und verlorenen Träumen. Ich vernehme nicht die Schritte hinter mir. Ich höre gar nichts.

Hier hast Du damals gewohnt, als die Welt noch ein Stück weit fröhlicher schien und die Zeiten sich noch nicht in Trostlosigkeit vergruben. Deswegen soll dies auch mein Abschied sein. Nicht nur vom Hier und Jetzt, sondern auch von Dir. Ohne Worte, denn diese erscheinen unnötig in solchen Momen-ten.
 

"Willst Du wirklich auf diese Art gehen?", höre ich eine Stimme hinter mir, während unter mir der Verkehr brummt, bestehend aus einem Auto, welches sich einen schlängelnden Weg durch die Müllmassen sucht.

Ich ignoriere jene letztlich, als ich meine Gedanken jener Beobachtung entreiße. Sie wird meinen Gedanken entsprungen sein, denn Du bist nicht da, dessen bin ich mir sicher.
 

"Kaiba, ich rede mit Dir!", zischt sie und langsam öffne ich die Augen, während der Schauer der Hoffnung über meinen Rücken rast.

Was gibt es noch zu sagen? Was würde ich, hörte ich Deine Stimme noch ein einziges Mal, vernehmen wollen? Was darauf erwidern?
 

"Willst Du mich eigentlich auf den Arm nehmen? Erst schickst Du mich weg, nur aus Angst dem 'Uns' nicht gewachsen zu sein und nun, zehn Jahre später, teilt mir Dein Anwalt mit, dass ich plötzlich Inhaber einer verdammten Firma bin, nur damit Du Dich so feige davon schleichen kannst? Du bist wirklich ein Arschloch, Kaiba!"
 

Ich schließe die Augen, um die Stimme aus meinen Kopf zu vertreiben. Sie tut nach all den Jahren noch immer genauso weh, vor allem, wenn der eigene Verstand sie initiiert.
 

"Ich habe die ganze verfluchte Stadt nach Dir abgekämmt und hätte ich nicht aus purem Zufall hier oben hinauf geschaut, hätte ich Dich auch nicht entdeckt." Die Stimme, die ich so sehr liebe, zittert bei den Worten, doch noch immer antworte ich nicht. Mein Geist spielt mir einen Streich. Sie suggeriert mir Deine Stimme, so als wolle er, dass ich sie noch einmal so genau zu hören bekomme. Als wolle er, dass ich glaube er könnte kommen und mir eine Chance geben, die ich nicht verdient habe.
 

"Drehe Dich gefälligst um, wenn ich mit Dir rede!", faucht die Stimme mich an.
 

Ich presse die Lippen aufeinander, als mein Herz schmerzhaft in meiner Brust zu schlagen beginnt. Ich vermisse ihn und nun andauernd seine Stimme zu hören, lässt dieses Gefühl nicht verschwinden.

Langsam löse ich meine erstarrte Haltung. Von der Entspannung, die mit dem Wissen des baldigen Endes einher geht, spüre ich nichts mehr. Stattdessen pfeift mir der nächtliche, kalte Wind um die Ohren und ich spüre wie ich zittere.
 

"Kaiba, ein letztes Mal! Drehe Dich um zu mir! Sprich mit mir und sage mir, dass Du das wirklich willst! Willst Du wirklich wie ein feiger Hund wortlos abhauen?"
 

Träume ich oder wird die Stimme drängender? Ich kann es nicht zuordnen, denn noch immer traue ich meinem Verstand und meinem Herzen nicht. Mein Wunschdenken vernebelt einen jeden klaren Verstand, nimmt die Erinnungen mit sich und spielt mir einen Streich. Ist das die Strafe? Jene, dass ich Dich gehen ließ?
 

Ich komme nicht mehr dazu mir weiter Gedanken darum zu machen, als ich spüre, wie ich plötzlich gepackt und zurück gezerrt werde. Ich stolpere nach hinten, runter von der Einfassung des Daches und wieder auf sicheren Boden. Arme schlingen sich fest um meine Mitte und der Geruch von Leder, einer Prise Honig und Mandel steigt mir in die Nase.
 

Meine Augen weiten sich vor Schreck und ich versuche mich los zu machen, als sich die Arme fester um mich schlingen und sich ein warmer Leib von hinten an mich presst. Ich fühle ein Zittern. Auch die Hände, die sich auf meinen Bauch ineinander verkeilt haben, beben und in diesem Moment verstehe ich.

Dein Geruch, Deine Stimme und Wärme... Du bist nicht die Ausgeburt meines kranken Verstandes, sondern echt. Du bist bei mir und das nach zehn Jahren.
 

Stumm formen meine Lippen Deinen Namen und ich brauche eine Weile, ehe ich einen Ton hervor bringen kann.

"Wirst Du gehen, wenn ich Dich darum bitte?"

Der Wind spielt mit meinem Haar, während ich auf Deine Antwort warte. Meine Stimme erklingt bebend und ich spüre überdeutlich mein Herz meine Brust bei jedem Schlag zerreißen.

Schließlich ertönt sie und mein Innerstes zieht sich zusammen.
 

"Nein. Nicht noch einmal..."

Deine Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern, welches der Wind zu mir trägt.

"Wirst Du mich wieder fort schicken?", fragst Du und drückst Dich noch fester an mich, so als hättest Du Angst, dass ich mich los machen und die Sache endlich beenden könnte.

Ich schüttle den Kopf.
 

"Nein, wenn Du versprichst nie wieder zu gehen."

Ich weiß nicht warum, aber ich fühle, dass Du gerade lächelst. Du lässt locker und ich wende mich zu Dir um. Im Zwielicht der Nacht sehe ich Dein vollkommenes Gesicht, aber auch die Spuren der Tränen, die Du geweint haben musst.
 

Du lässt mich los, ehe Du mir eine Hand hinstreckst und darauf wartest, dass ich sie ergreife. Ich tue es und sehe, wie Du glücklich zu lächeln beginnst. Wir stellen uns keine Fragen über die letzten zehn Jahre. Es ist, als hätte es sie niemals gegeben und ich bin froh darüber. Dennoch vernehme ich ein letztes Mal Deine Stimme, ehe wir das Dach verlassen.

"Komm, ich muss eine Firma loswerden."

Ich lächle und nicke, als wir endlich vom Dach verschwinden.

Warum hast Du mich aufgefangen? Warum bist Du meinen stummen, für mich selbst unwissenden Rufen gefolgt und hast mir mein Leben wieder gegeben?

Ich schiebe den Gedanken Beiseite, denn eines habe ich nunmehr verstanden.
 

Manche Dinge brauchen keine Erklärungen, sondern nur Herzen, die auch ohne Worte verstehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Ice-Kyubi
2015-09-15T12:23:06+00:00 15.09.2015 14:23
Wirklich eine Süße Geschichte. Hätte nie gedacht das ausgerechnet Kaiba so labiel ist^^'
Also vom Charakter her trau ich ihm das eher weniger zu^^
Trotzdem schön zu lesen <3

LG Ice
Antwort von:  Kemet
16.09.2015 03:42
Danke für Dein liebes Kommi! :)

Vor allem die Leute, die sonst immer stark sein müssen, neigen dazu einen weichen, beziehungsweise unsicheren Kern zu haben. Gibt es etwas, was einem in diesen Moment besonders viel bedeutet, gereicht ein Fehler, damit es zu solchen Ausbrüchen kommt.
Von:  Onlyknow3
2015-06-13T16:50:59+00:00 13.06.2015 18:50
Das war knapp würde ich sagen, aber auch mal was anderes, als wenn immer das gleiche wäre. Seto ruft um Hilfe und Joey eilt zu seiner Rettung herbei, wenn auch nur ein Indirekter ruf war wie Seto selber sagt. Da sieht man aber auch wieder, das Heimliche Liebe sehr weh tun kann, wenn sie nicht erwidert wird. Joey hat eben das Herz auf dem rechten Fleck, und Seto muss leidgeprüft lernen das man manches mal besser von vorn herein auf sein Herz hören sollte. Schöner OS, mach weiter so freue miich schon auf das nächste von dir. Mir gefällt der OS sehr gut.

LG
Onlyknow3
Von:  Lunata79
2015-06-12T22:01:33+00:00 13.06.2015 00:01
Total schön geschrieben, auch wenns recht traurig ist.
Von:  Honeybarneys
2015-06-12T20:38:16+00:00 12.06.2015 22:38
Hey Hasi.

Die Story ist schön und eigentlich sitze ich hier und weiß gar nicht so recht was ich schreiben soll.
Jedenfalls - Ich mag die Tiefe darin. Aber das kennst du ja von mir. Allgemein mag ich Tiefe, das ganze Drumherum und die Gedankengänge.
Im diesem OS ist alles enthalten was dafür da sein muss und bedarf keiner weiteren Worte. Er spricht so für sich selbst und ist entspannend zu lesen.

Mehr kann ich nicht wirklich hinzufügen. Schätze ich.
Vorwort hab ich verstanden und musste Schmunzeln. Danke <3

Honi
Antwort von:  Kemet
12.06.2015 22:39
<3


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