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Paraplegia

querschnittsgelähmter Held
von

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Die Ankunft

Als sie endlich in New York ankamen, war der strahlendblaue Himmel einer grauen Wolkendecke gewichen, passend zu der trüben Stimmung von Katsuya, der die ganze Zeit nur ausdruckslos aus dem Fenster des Flugzeugs gestarrt hatte. Den ganzen Flug über hatte er sich nicht gerührt, er hatte auch nicht auf die Anfragen der privaten Stewardess reagiert, die ihm Essen und Trinken anbot. Katsuya hatte keinen Hunger oder Durst.
 

Seit ihm klargemacht wurde, dass er aufgrund seiner Lähmung nur wenig Kontrolle über gewisse Körperöffnungen hatte, nahm er nur noch das Nötigste zu sich. Die ersten zwei Tage nach der Diagnose musste er sogar künstlich ernährt werden, weil er die Aufnahme sämtlicher Nahrung und Flüssigkeit verweigerte. Er wollte unter gar keinen Umständen in diesen Urinbeutel machen oder sich von wildfremden Personen seinen Darm entleeren lassen. Es war so demütigend!

Die Krankenschwestern hatten damit gedroht, Katsuya eine Windel umzulegen, wenn er sich weiterhin so schwierig anstellte. Katsuya hatte sich gefügt, aß und trank aber nur wenig, außerdem bestand er darauf, sich die Einmalkatheter zur Blasenentleerung selbst legen zu dürfen. Ebenso verlangte er, dass er sich selbstständig um seine Darmentleerung und -säuberung kümmern durfte. Die Irrigation (Durchspülung des Darms) war zwar ein zeitaufwendiger Prozess, der manchmal bis zu einer Stunde dauern konnte, aber es war einer der sichersten Methoden, um peinliche Vorfälle zu vermeiden.

Da Katsuya seinen Oberkörper bis zur Hüfte frei bewegen konnte und auch in der Lage war ohne allzu große Schwierigkeiten eine aufrechte Sitzposition einzunehmen, war es ihm möglich, sich selbstständig zur Toilette zu begeben. Er leerte seinen Darm jeden Morgen und legte sich 4 bis 6 Mal täglich einen Katheter, an dem er einen Urinbeutel anschloss, um seine Blase zu entleeren und ungewollte Ausscheidungen zu verhindern.
 

Vor dem Flug hatte er alle nötigen Maßnahmen getroffen. Er hatte seine Blase und seinen Darm vor dem Flug vollständig geleert und weder Flüssigkeit noch Nahrung zu sich genommen. Er hatte sich einen Dauerkatheter gelegt, der mit einem Ventil versehen war und über die Dauer des Fluges das unerwünschte Austreten des Urins verhinderte. Über seine Darmentleerung müsste er sich erst wieder am nächsten Tag Gedanken machen.
 

Das Flugzeug rollte auf der Landebahn aus, die Kabinentür wurde geöffnet und Kaiba verließ über die bereitgestellte Treppe das Flugzeug, während Katsuya in seinen Rollstuhl gehoben und durch den Laderaum über die Laderampe hinausgerollt wurde, als wäre er nur ein einfaches Gepäckstück. Das Erschreckende war, dass es Katsuya nicht einmal etwas ausmachte. Vor seinem Unfall hätte es ihn noch wütend gemacht, so erniedrigt zu werden. Doch nun? Nun war alles etwas anders.
 

Diesmal war es kein Helikopter, der sie erwartete, sondern eine schwarze Stretchlimousine mit verdunkelten Scheiben. Kaiba hatte bereits Platz genommen, als Katsuya auf die seitlich eingearbeitete Sitzbank gesetzt wurde. Der Innenraum der Limousine war überaus luxuriös mit eingebauter Bar, doch Katsuya kümmerte es nicht, er sah nur wieder mit leerem Blick aus dem Fenster.
 

Es dauerte eine ganze Weile bis sie durch ein riesiges Eisentor fuhren und eine lange Auffahrt hinauf. Sie hielten vor einem großen Herrenhaus im amerikanischen Stil an und Katsuya wurde wieder in seinen Rollstuhl gehoben, während Kaiba ausstieg und auf die große Eingangstreppe zuschritt. Katsuya wurde von zwei Männern in Anzügen die Treppe hinaufgetragen und im Foyer in einen antikaussehenden Fahrstuhl geschoben, während Kaiba sich den Treppen zuwandte, die sich links und rechts des Fahrstuhls befanden und in die obere Etage führten. Katsuya war es egal. Ihm war alles egal. Er hatte nur noch einen Wunsch. Einen Einzigen. Und dafür würde er alles über sich ergehen lassen. Alles.
 

Ein Dienstmädchen empfing Katsuya in der zweiten Etage, als er aus dem Fahrstuhl gerollt wurde, Kaiba war nirgends zu sehen.
 

„Ich werde Sie in Ihr Zimmer bringen, Mister Jonouchi. Ihre persönlichen Sachen werden im Laufe des Tages ebenfalls eintreffen.“, sagte sie freundlich, Katsuya nickte nur abwesend und ließ sich von dem Dienstmädchen durch die Gänge und durch eine Tür in ein Zimmer schieben.
 

„Haben Sie noch einen Wunsch?“, fragte sie, doch Katsuya reagierte schon gar nicht mehr.
 

Er rollte seinen Rollstuhl zur Fensterwand und starrte hinauf in den wolkenverhangenen Himmel.
 

„Ich lass Sie dann allein, Mister Jonouchi. Ich werde später nochmal nach Ihnen sehen.“, seufzte das Dienstmädchen und verließ das Zimmer.
 

Katsuya interessierte es nicht. Er interessierte sich auch nicht für sein Zimmer oder für den Garten des riesigen Anwesens. Er starrte einfach nur aus dem Fenster, sein Blick leer. Kurze Zeit später begab er sich ins angrenzende Badezimmer und dort zeigte er das erste Mal seit seiner Ankunft eine Gefühlsregung. Er war überrascht, positiv. Und er war peinlich berührt. Denn das Badezimmer war tatsächlich behindertengerecht. Er seufzte leise. Er sollte dieser Sache nicht zu viel Bedeutung beimessen, es war nicht gerechtfertigt anzunehmen, dass dieses Badezimmer ausgerechnet für ihn behindertengerecht umgebaut worden wäre. Ganz sicher nicht.
 

Dennoch war Katsuya ungewollt beeindruckt von der Ausstattung dieses Badezimmers. Ebenerdige Dusche, um ihm den Einstieg in diese zu ermöglichen, großes Waschbecken, an dem er ganz bequem mit seinem Rollstuhl rollen konnte, WC mit klappbaren Stützgriffen und sogar eingebauter automatischen Wasch- und Trocknungsfunktion für eine hygienische Säuberung, Sitzbadewanne mit seitlicher Tür, die einen Einstieg auch für Rollstuhlfahrer möglich machte. Es war perfekt. Zu perfekt. Katsuya war geneigt, das Badezimmer so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Er hasste es!
 

Er rollte hinüber zum WC, zog die Bremse seines Rollstuhls an, öffnete seine Hose, zog sich am Haltegriff in eine halbaufrechte Position, um sich seine Hose und die Boxershorts mit der anderen Hand hinunterzuziehen. Schnaufend ließ er sich wieder in den Rollstuhl fallen, klappte den Haltegriff nach oben und griff stattdessen nach dem gegenüberliegenden Griff, um sich mit einiger Anstrengung auf den Toilettensitz zu platzieren. Er öffnete das Ventil des Dauerkatheters und ließ das Urin in das WC-Becken laufen, danach entfernte er vorsichtig den Katheter und ließ auch das restliche Urin ablaufen. Die Tatsache, dass er die Katheter direkt in die Harnröhre seines Gliedes einführen musste, störte Katsuya mittlerweile nicht mehr, zumindest solange er es selbst tat. Es war doch etwas anderes, wenn er es zuließ, dass fremde Hände an ihm herumfuschten, das würde er nicht noch einmal dulden. Er betätigte die Toilettendusche und seufzte leise.
 

Ein wenig Sensibilität war ihm geblieben, es war keine komplette Querschnittslähmung, er hatte zwar kein Gefühl in seinen Beinen und auch nicht immer volle Kontrolle über seinen Schließmuskel, aber er war fähig, eine Erektion zu bekommen und einen Orgasmus, auch wenn er es kaum noch spürte, wenn er kam und seine Erektion auch nicht willentlich steuern oder halten konnte. Er hatte es getestet und es danach gelassen, weil es ihn enttäuscht hatte. Eine Masturbation war einfach nicht mehr dasselbe wie früher. An richtigen Sex wollte Katsuya gar nicht erst denken, er war nur froh, dass er dieses Privileg schon genießen durfte und nicht vollkommen jungfräulich in diese Querschnittslähmung stolperte.
 

Das Wiederanziehen seiner Boxershorts und seiner Hose war schwieriger, als das Ausziehen, aber auch das bekam Katsuya mit einiger Anstrengung relativ schnell in den Griff. Dafür lehnte er sich auf dem Toilettensitz weit mit seinem Oberkörper zurück und seine Unterarme von außen durch die Haltegriffe auf die untere Stange, schob sich ein Stück nach oben und krallte sich in seine Shorts, die sich noch am leichtesten nach oben ziehen ließ. Er zog sich auch seine leichte Stoffhose hoch und ließ sich sekundenlang auf dem Toilettensitz nieder, um zu verschnaufen.
 

Es war anstrengend, sich so aufrecht zu halten, da seine Beine nicht wirklich als Stütze dienten, weil er sie nicht willentlich anspannen konnte. Ein Exoskelett war für Katsuya leider nicht bezahlbar. Selbst die monatliche Miete dieser ReWalk Exoskelette lag zwischen 1500 und 2000 Dollar pro Monat. Damit würde er zwar auf eigenen Beinen stehen und gehen können, geheilt war er damit aber nicht. Und für Kaiba käme das sicher nicht in Frage, er wollte Noah heilen, bevor er ihn ins Leben zurückholte. Exoskelette waren nicht die Lösung, die Kaiba wollte, das war Katsuya klar. Doch, was war die Lösung?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe keine Ahnung, ob das mit dem behindertengerechtem WC so ablaufen kann, wie ich es hier dargestellt habe, wenn es Verbesserungsvorschläge dazu gibt, immer her damit. Alle anderen Informationen hab ich aus dem Internet ^^ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Lunata79
2015-04-08T14:59:36+00:00 08.04.2015 16:59
Ok, somit kann ich meine Vermutung von Letztens abhaken, was den letzten Absatz betrifft.
Dafür bin ich jetzt um so neugieriger, was du dir ausgedacht hast.
Und ich finde es wirklich toll, wie du in die Story Realität einhauchst. Das Bad ist einfach, - wie sagte Katsuya? - perfekt! XD
Freu mich schon aufs nächste Kapitel.

Lg
Lunata79
Antwort von:  Nightprincess
08.04.2015 17:12
Genau. Perfekt ^^ Und weil es so perfekt ist, hasst Katsuya es, weil es seine Situation irgendwie so entgültig macht und so traurig, weil er diese ganzen Dinge halt im Moment braucht, um überhaupt mit seinem Leben klar zu kommen. Ich mag mir eigentlich gar nicht vorstellen, wie das sein muss für einen Menschen, plötzlich nicht mehr völlig selbstverständlich ein ganz normales WC nutzen zu können...muss wirklich grausam sein...und ich hab noch die "harmlosere" Variante für meine Geschichte genommen, es gibt genügend Menschen, die sind total gelähmt, vom Hals abwärts und können gar nichts mehr alleine tun, sind aber völlig klar im Kopf, wie schwer muss das für diese Menschen sein? Für Unbeteiligte vermutlich unvorstellbar...
Antwort von:  Lunata79
08.04.2015 18:07
Ja, das muss wirklich schlimm sein.
Kats könnte es ja als vorübergehende Notlösung betrachten, weil man ja nicht weiß, wie lange es dauert, eine erfolgsversprechende Lösung herzuzaubern.
Antwort von:  Lunata79
08.04.2015 18:11
PS: Und bei Kaiba kann er sich sicher sein, dass er eine Lösung schaffen wird, weil der ein Typ ist, der solange dran feilt, bis es klappt. Kaiba kennt kein Aufgeben. Schon von daher.
Antwort von:  Nightprincess
08.04.2015 18:34
genau :)
Von:  Onlyknow3
2015-04-08T14:58:19+00:00 08.04.2015 16:58
Ich kann mich da nur Anschliessen, und froh das es diese Geschichte gibt. Bin ich doch gespannt ob es Seto gelingt zum einen Noah zu Heilen und neben bei noch Joey. Außerdem ob sich Joey wieder fängt und wieder seinen Lebenswillen findet.
Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  kuschelmietz
2015-04-08T11:57:53+00:00 08.04.2015 13:57
ich finde es wirklich super das du dich im bezug auf behindertengerechte einrichtungen so genau informiert bzw dass du dir die mühe machst. und auch toll dass du alles so realistisch dargestelllst. mach bitte weiter so ^^
lg
mietze
Antwort von:  Nightprincess
08.04.2015 15:24
Ich muss zugeben, als ich mit der Geschichte anfing, hab ich eigentlich nicht so viel Wissen einbauen wollen, aber irgendwie seh ich das hier als ganz neue Herausforderung. Und es freut mich, wenn ich das hier halbwegs realistisch rüberbringen kann, damit man sich in die jeweiligen Charaktere besser hineindenken kann.


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