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Der Joker und Harley

Ein Abend in Arkham und ein Jahrestag
von

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Ein Abend in Arkham

Es war die vollständige Abwesenheit von Furcht, welche das Leben so einfach machte.

Draußen schlugen die Regentropfen an die Fenster. Ein stetiges Prasseln begleitete seine Schritte, als er beinahe lautlos über den dunklen Flur schlich. Nach dem dritten Aufenthalt in dieser dunklen, langweiligen Anstalt war es nicht mehr allzu schwer, aus der Zelle zu entkommen, selbst angesichts der Tatsache, dass man jedes Mal eine neue Überraschung für ihn bereithielt, wenn er eingeliefert wurde. Dieses Mal hatten sie ihn in eine abgedunkelte, fensterlose Zelle gesteckt. Ein Fehler, wie sie später feststellen würden – doch er würde nicht mehr da sein, um das zu beobachten.

Er sah um eine Ecke, erblickte jedoch nur einen weiteren, leeren Korridor. Flink huschte er hinüber zur dunklen Holztür. Ein goldenes Schild war neben dem Türrahmen angebracht. Genüsslich schmatzend las er den eingravierten Namen. Wie der Clown, hatte sie gesagt. Er musste grinsen. Der Witz war nicht perfekt, aber es war die richtige Richtung. Wie erwartet war die Tür nicht abgeschlossen und so gelangte er ohne Probleme ins Innere des kleinen Büros.

Zu seiner Enttäuschung sah es nicht sonderlich anders aus als die übrigen Büros auch. Andererseits hatte er irgendwie auch nichts anderes erwartet. Er lauschte einen Augenblick, ob eine Wache vorbeiging, doch kein Laut drang an sein Ohr – nur das noch immer stetige Prasseln des Regens.

Beschwingt schlenderte er hinüber zu dem Sessel hinter ihrem Schreibtisch, ließ sich darauf fallen und legte seine Beine auf ihren Tisch. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt betrachtete er den leeren Stuhl vor dem Schreibtisch. „Tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass Billy verrückt ist“, erklärte er dem leeren Stuhl und begann dann zu lachen.

Wie beiläufig griff er ein Foto, das auf dem Schreibtisch aufgestellt war. Die Frau erkannte er wieder, doch der Mann, bei dem sie stand, sagte ihm nichts. Er hob eine Braue. Wenn es ihr Freund war, dann würde das die Sache nur unnötig verkomplizieren. Missbilligend rümpfte er die Nase und wedelte mit dem Foto durch die Luft.

Er hielt inne.

Im Inneren des Rahmens hatte etwas gescheppert. Er drehte das gerahmte Foto in seinen Händen, öffnete dann den Rahmen und zog ein Armband und ein Stück Papier heraus. Das Foto hatte sie verdeckt. Mit dem Armband konnte er nichts anfangen, also warf er es achtlos hinter sich. Das Papier weckte sein Interesse. Es war eine Todesanzeige. Der Name sagte ihm nichts, doch er ging davon aus, dass es sich um den Mann auf dem Foto handeln musste. Zumindest hoffte er das. Es herauszufinden würde eine Kleinigkeit werden, denn die Frau war erstaunlich redselig.

Mehr schlecht als recht stopfte er dann halbherzig Todesanzeige und Armband wieder zurück an ihren angestammten Platz, stellte den Rahmen auf den Tisch und stand auf. Nicht, dass ihn ihre Motive sonderlich scherten, aber er konnte nicht aufhören, sich zu fragen, was sie sich von all dem versprach. Dieser merkwürdige Blick, den sie ihm zugeworfen hatte, der ihn so aus der Fassung gebracht hatte, dass er sogar vergessen hatte, sie zu erwürgen.

Im Endeffekt war es eine gute Idee gewesen, das Würgen sein zu lassen und in wenigen Tagen würde er sich selbst erfolgreich vorlügen können, dass er sie nicht zufällig verschont hatte. Was war das gewesen? Diese Situation...?

Er schmatzte, während er den Schreibtischstuhl in die Zimmermitte schob, sich darauf kniete und sich dann am Schreibtisch abstieß, um quer durch’s Zimmer zu rollen. Es war Begeisterung gewesen. Eine Mischung aus Begeisterung, Bewunderung seiner Person, ein wenig Unterwürfigkeit und natürlich auch ein kleines bisschen Angst.

An seinen Fingern zählte er ab, was diese Gefühle zusammen ergaben. Ein wunderbares Spiel, das ergaben sie! Er grinste breit, während er mit dem rechten Zeigefinger gegen den linken Mittelfinger tippte. Sie flirtet nicht nur mit dir, du kannst sie sogar angreifen und sie betet dich an.

Gegen seinen Willen wurde ihm merkwürdig warm. Wenn andere ihn genauso bewunderten wie er sich selbst bewunderte, konnte er nicht anders, als sentimental zu werden. Er klopfte sich zufrieden auf den Bauch, vergaß dabei seine Fahrtrichtung und krachte mitsamt Schreibtischstuhl scheppernd gegen ein Bücherregal. Geräuschvoll stürzte er vom Stuhl und riss im Fallen ein paar Bücher mit sich. Sofort spitzte er die Ohren.

Mit einem Satz hatte er die Bücher ins Regal, den Schreibtischstuhl hinter den Schreibtisch und sich selbst darunter befördert. Unter dem Türspalt konnte er Licht erkennen. Die Tür öffnete sich und zwei Wachen schauten herein.

Diese vollständige Abwesenheit von Furcht, die dein Leben so einfach machte. Er spürte sein Herz im Hals schlagen, ein breites Grinsen auf dem Gesicht. Spaß ist, wenn der andere den Schaden hat.

Er musste sich nicht großartig viel Mühe geben, in seinem Versteck nicht aufzufallen. Die Wachen gingen eine Runde durch den Raum, bevor sie gelangweilt wieder abzogen. Offenbar glaubte niemand, dass tatsächlich jemand aus seiner Zelle entkommen könnte.

Flink kroch er unter dem Tisch hervor, trat gegen den Stuhl (die gerechte Strafe für dieses waghalsige Manöver) und studierte dann mit mäßigem Interesse die Notizen, die auf dem Schreibtisch herumlagen. „Scheint fast so, als habe unser Nachwuchsclown keine anderen Hobbys....“, flüsterte er lächelnd und zog ein paar Papiere aus dem Durcheinander.

Wenn er nicht seinen Namen darauf fand, dann war das Blatt meist unbeschrieben. Sie war völlig besessen von ihm und auch, wenn er es nicht wirklich bemerkte, so schmeichelte ihm das doch sehr. Vielleicht würde er sie ein wenig länger behalten als die anderen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kerstin-san
2016-01-03T18:09:29+00:00 03.01.2016 19:09
Hallo,
 
ich finde, dass du den Joker echt gut getroffen hast. Allein dieses charakteristische Schmatzen, das du immer wieder mit eingebaut hast, fand ich sehr authentisch.
Ich hab keinen Zweifel daran, dass er regelmäßig aus seiner Zelle ausbrechen kann, wobei mich natürlich interessiert hätte, wie genau er es gemacht hat.
 
Die Faszination für die Psychaterin, die er ganz gegen seinen Willen empfindet, fand ich klasse. Damit hast du mal eine andere Facette des Jokers näher beleuchtet, auch wenn er natürlich jetzt schon seine eigenen Pläne mit ihr hat.
Bei der Bürostuhlszene musste ich kurz grinsen. Ich fand das unglaublich stimmig und hab förmlich vor mir gesehen, wie er gegen den Schreibtisch donnert und dem Stuhl anschließend einen saftigen Tritt verpasst.
 
Liebe Grüße
Kerstin


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