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Kanon Caulfield

Vergangenheitsgeschichte von meinem One Piece EC
von

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Prolog

Ein ruhiger Morgen kehrte wieder in Dressrosa ein und die Sonne begrüßte die Insel mit ihren ersten Strahlen. An seinem Balkon saß Kanon auf einen Lehnsessel mit einem Buch in der Hand. Auf seiner rechten Seite stand ein Kaffeetisch, worauf ein Stapel anderer Bücher abgesetzt wurde. Im ganzen Schloss war der junge Arzt wohl der Einzige, der um diese unmenschliche Uhrzeit schon wach war. Denn das ganze Reich schlief noch.

Der schwarzhaarige Junge war erst seit zwei Jahren ein Teil der Donquixotte Familie und man sah auf den ersten Blick, dass ein ernster Typ wie er gar nicht in diese schräge, laute und lebensfreudige Gruppe passte. Doch wenn er eine Gemeinsamkeit hatte mit seinen Kollegen, dann war es seine Eigenschaft ‚anders zu sein von den Anderen’.

Kurz lehnte sich Kanon zurück und schaut in den Himmel. Wie kam es noch einmal dazu, dass er sich Doflamingo angeschlossen hatte?

Kindheit

Ein kleiner Kanon saß im Schatten eines Baumes zu derselben unmenschlichen Uhrzeit und las ein dickes Buch, welches seinen Kopf vollkommen versteckte. Es war eine sehr schwere Lektüre, in Gewicht und Schwierigkeitsgrad. Denn nicht jedes vierjähriges Kind hatte in seinem Alter schon ein Werk über Medizin in seinen Händen.

Daher wirkte er für viele schon sehr intelligent und erwachsen. Er konnte schon lesen, vollständige Sätze sprechen und komplizierte Themen verstehen. Jedoch hatte das Waisenkind auch seine eigenen Schwächen. Das Schreiben gehörte eindeutig dazu, vor allem das Schön Schreiben. Seine Werke machten den Poneglyph Schriften richtige Konkurrenz, wenn es darum ging diese zu entziffern. Außerdem war soziales Benehmen, Höflichkeit oder Moral etwas Fremdes für ihn.

„Kanon!“ rief eine Frauenstimme nach ihm.

Der Junge schaute von seinem Buch hoch. Allerdings konnte er das Gesicht der Person so immer noch nicht sehen, weswegen er die Lektüre auch noch senkte. Eine Dame im Gewand einer Nonne kam in seinem Blickfeld. Ihre goldgrünen Augen, die durch lange Wimpern betont wurden, schauten ihn sanft an. Ihre Lippen waren zu einem freundlichen Lächeln geformt. Würde die Nonne ihr Kopftuch nicht tragen, so würde ihr langes, welliges blondes Haar ihre Gestalt noch mehr schmücken und ihre helle Hautfarbe noch mehr zur Geltung bringen.

Kanon kannte sich mit Frauen nicht gut aus, was er immer noch nicht tat, aber bis heute glaubte er, dass die Nonne eine der schönsten Frauen war, die er je gesehen hatte, so wie seine Mutter.

„Die anderen Kinder werden bald aufwachen. Hilfst du mir in der Küche?“ fragte die Dame.

„Wenn es sein muss“, antwortete der Junge schroff, wobei er keinen Anstand zeigte, dass er nicht wollte. Denn in derselben Sekunde, in der man um seine Hilfe bat, hatte er sein Buch schon zugeschlagen und stand auf um die Nonne zurück zur Kirche zu begleiten.
 

Seit einem Jahr lebte Kanon nun im Waisenhaus einer Kirche zusammen mit anderen Kindern und Sister Angela, seine leibliche Tante und ältere Schwester seiner Mutter. Allerdings hatte sie ihr Leben der Religion verschrieben und somit ihre ursprüngliche oder menschliche Herkunft widerrufen. So durfte er sie nicht ‚Tante’ nennen und musste verheimlichen, dass sie eine Familie waren. Jedoch hieß es nicht, dass die Dame ihn ignorierte oder schlecht behandelte. Im Gegenteil, sie zog ihn auf als wäre er ihr eigenes Kind. Nur wegen der hohen Anzahl der lebenden Waisenkinder in der Kirche war sie nicht in der Lage ihm ordentlich Schreiben beizubringen, weil sie sich auch um die anderen Kinder kümmern und ihre geistlichen Pflichten nachgehen musste. Deswegen nutzte Kanon die Zeit, in welcher sie den Haushalt gemeinsam verrichten, um sich mit ihr privat zu unterhalten oder sich über das Gelesene mit ihr zu diskutieren.
 

Laut den Erzählungen stammte die Nonne ursprünglich aus einer sehr angesehenen, reichen Doktorfamilie. Trotz ihrer ausgezeichneten Ausbildung, welche sie in einer teureren Medizinschule und Universität absolviert hatte, wollte sie keine Ärztin werden, sondern eine Nonne.

Auch seine Mutter, die dieselbe Erziehung genoss, verließ ihr Elternhaus um ihr eigenes Leben führen und über dieses alleine entscheiden zu können. So wie die große, so auch die kleine Schwester – beide ähnelten sich in ihren Durst nach Freiheit und Selbstständigkeit. Jedoch rebellierte die Jüngere in einer viel gefährlicheren und illegalen Art als ihre Schwester. Denn beide seiner Eltern waren Piraten – „Mirage Angel“ Cordelia (120 Millionen Berry) und „Blue Eyed Demon“ Milo (310 Millionen Berry). Obwohl sein Vater nicht der Captain war, hatte er das höchste Kopfgeld in seiner Piratenbande, weswegen er so berühmt war. Man sagte, dass seine Schwertkunst selbst des eines Samurais [damit sind nicht die Shichibukai gemeint] übertreffen konnte. Seine Mutter war die Gehilfin ihres Schiffarztes und Captains gewesen. Das Photo von der ganzen Bande, welches seine Eltern wie ein Schatz gehütet hatten, besaß Kanon immer noch, welches er aber immer in seiner Hosentaschen versteckt hielt.

Jahrelang sorgten sie für Chaos und Unordnung in der ersten Hälfte der Grand Line. Doch bevor sie in die Neue Welt aufbrachen, merkte seine Mutter, dass sie schwanger war. Seine Eltern wollten nicht, dass ihr Kind in einer gefährlichen und mörderischen Umgebung aufwuchs, und somit verließen sie ihre Piratenbande mit dem Einverständnis ihrer Kameraden. Jedoch fand die Marine irgendwie den Aufenthalt seiner Eltern als er noch vier Jahre alt war. Bevor seine Mutter auch geschnappt wurde, übergab sie Kanon ihrer Schwester.

Kurz danach starben beide seiner Eltern im Impel Down. Die Zoan Teufelsfrucht „Hito Hito no Mi, Modell: Angel“ gab ihrem Esser zahlreiche Fähigkeiten. Eine davon war ihre Heilkräfte, die dem Anwender erlaubten eine Wunde oder Krankheit ohne Hilfsmittel oder dergleichen zu heilen, aber auf Kosten ihrer eigenen Gesundheit. Seine Mutter hatte ihre Fähigkeiten unzählige Male angewendet um ihre Kameraden, die dem Tode nahe waren und unter normalen Umständen nicht geheilt werden konnten, das Leben zu retten. Ihr permanent geschwächter Körper hatte die „Taufe“ des Gefängnisses nicht überlebt. Die Hitze des Wassers verbrannte sie und nahm schließlich ihr Leben. Sein Vater rastete dadurch aus und schnappte vollkommen über, wodurch er unzählige Wärter tötete. Bis Magellan ihm Einheit geboten und getötet hatte, hatte sein Vater mehr als die Hälfte des Personals ermordet.
 

„Kanon, könntest du den Tisch bitte decken?“

Die Stimme der Nonne riss den Vierjährigen aus den Gedanken. Den Kochlöffel, mit welchem er noch im Suppentopf gerührt hatte, ließ er los und hüpfte von seinem Stuhl, auf welchen er gestanden war um an dem Herd heranzukommen, herunter um die Bitte Sister Angelas nachzugehen.

Ihre Kirche war streng an den Normen und Regeln gebunden. Es gab kein Fleisch und Fisch zu essen. Allerdings benutzen sie auch keine Zwiebel und Knoblauch beim Kochen. Denn diese zwei Lauche verstärkten die Hormone und erregten sündhafte Gelüste. Dadurch ähnelten ihre Mahlzeiten wie die eines Mönches, der in einem strengen Tempel lebte.

Nach ein paar Minuten war der Esssaal gefüllt von unzähligen Kindern. So war der Raum auch dementsprechend laut. Obwohl Kanon der Jüngste im Raum war, war er der Ruhigste unter den Kindern. Ein dumpfes Geräusch erklang in Kanons Ohr und er schaute auf dem Boden, wo er ein Laib Brot wiederfand. Kurz darauf folgte ein lautes Geschrei und Weinen.

„Tom hat mein Brötchen auf dem Boden geworfen!“ kreischte ein kleines Mädchen und heulte, ihre Hände zu Fäusten geballt, welche sie zu ihren Augen hochhob.

Gerade wollte Sister Angela von ihrem Platz aufstehen, da hörte das Mädchen auf zu weinen. Kanon hatte sein Brötchen in ihren Mund gesteckt um das andere Kind ruhig zustellen. „Ich gib dir meins. Also hör auf zu flennen“, gab er grob von sich, bevor er aufstand und das Brot, welches auf dem Boden gefallen war, aufhob. Dieses legte er auf dem Tisch, bevor er Richtung Tür ging.

„Kanon, dein Frühstück“, erinnerte die Nonne den Jungen, aber dieser erwiderte kühl: „Bin nicht hungrig. Kannst es jemanden anderen geben.“

Mit diesen Worten verließ er den Raum und schloss die Tür hinter sich. Kanon kehrte zu seinem Sitzplatz unter seinem Lieblingsbaum zurück, wo er sein Buch wieder aufschlug und weiter las bis auch die Anderen mit dem Essen fertig waren. Danach half er Sister Angela wieder im Haushalt und unterhielt sich mit ihr. Als sie fertig waren, brachte die Nonne ihm in Bereich praktische Medizin-Behandlung neue Sachen bei bis sie sich um die Erziehung der älteren Kinder kümmerte.
 

Um Punkt acht Uhr hieß es im Bett zu sein. Die Kinder schliefen alle zusammen in einem großen Saal während Sister Angela ein kleines Zimmer nebenan besaß. Geduldig wartete Kanon bis alle eingeschlafen waren, bevor er aufstand, sich wieder umzog und die Kirche verließ um in den Wald, welches hinter der Kirche lag, zu gehen.

Jeden Tag versuchte Kanon schneller zu laufen ohne sich an den vorbeigehenden Ästen oder dergleichen zu schneiden. Schließlich kam er an dem Versteck seines Schwertmeisters an. Der Mann saß mit dem Rücken zu ihm vor einem Lagerfeuer, über welchem ein geschlachtetes Wildschwein hing. Als der 19-Jährige Schritte vernahm, drehte sich dieser um und lächelte ihn an.

„Hey, Kanon! Bist schon wieder hier?“ grüßte der Rothaarige und hob seinen einzigen Arm – die Rechte. „Irgendwann kriegst du noch Ärger von der hübschen Sister!“

„Halt die Klappe, Sora“, gab der Jüngere frech von sich..

„So klein, aber schon so ein schlimmes Mundwerk. Ich mach mir echt Sorgen um deine Zukunft. Obwohl ich nicht groß reden sollte“, meinte der Schwertkämpfer, bevor er einem schallenden Lachen verfiel.

Ohne darauf zu antworten, packte Kanon sein Abendessen heraus und gab es dem Älteren. Dies war die Bezahlung für seinen Unterricht, worauf er bestand, auch wenn Sora meinte, dass es nicht nötig war.

„Wie wärst wenn wir zusammen essen, Kanon?“ schlug der Rothaarige vor, aber Kanon lehnte kalt ab. „Jetzt komm schon. Ich kann das Wildschwein doch nicht ganz alleine aufessen!“

„Oh doch, das kannst du. Das hast du mir schon oft genug gezeigt“, erwiderte der 5-Jährige kühl. „Außerdem hab ich keinen Hunger. In Gegensatz zu dir habe ich im Magen kein schwarzes Loch.“

„Stimmt. Du isst wie ein Vögelchen“, stimmte der Ältere zu, bevor dieser wieder begann zu lachen.

Darauf antwortete der Schwarzhaarige nicht und nahm die Zeitung, welche neben ihm am Boden lag. Auf der Titelseite war ein junger Pirat namens Trafalgar Law abgebildet. Sora merkte, wie das Kind die Zeitung fixierte und grinste.

„Magst ihn etwa auch? Die Mädchen in der Stadt fahren voll auf dem Typen ab“, erzählte der Schwertkämpfer, worauf Kanon wütend antwortete: „Ich bin kein Mädchen! Und außerdem mag ich ihm nicht wegen seines Aussehens!“

„Aha! Du magst ihn!“ ärgerte der Schwertkämpfer seinen Schüler weiter. „Wie süß. Wer weiß? Vielleicht hast du Glück und er steht auf Jungs.“ Nach der Aussage begann der Ältere wieder zu lachen, hielt sich den Bauch fest und kippte nach hinten während er laut lachte.

„Red kein Unsinn, du Idiot!!!“ schrie der sonst ruhige Bube. „Ich mag ihn nur, weil er ein Arzt wie Okaa-Sama, ein Schwertkämpfer wie Otou-Sama, und ein Pirat ist. Ich mag seine Stärke als Pirat und Kompetenz als Arzt. Mehr nicht!“

Doch Kanon wurde weiter ignorierte und Sora lachte in Ruhe weiter.
 

Sora war ein verbannter Samurai aus Wa no Kuni. Vor ein paar Monaten hatte Kanon den verletzten Mann am Ufer gefunden. Sofort hatte er Sister Angela gerufen und um Hilfe gebeten. Sein Leben konnte die Nonne retten, aber für seinen linken Arm war es schon zu spät, weswegen der Schwertkämpfer seinen eigenen Arm abschnitt damit der Rest seines Körpers nicht zu verfaulen begann. Zwar half die Dame den Kämpfer, aber sie erlaubte dem Mann nicht mit ihnen in der Kirche zu leben, weil Sora sich weigerte sein Schwert zurückzulassen und Sister Angela erlaubte keine Waffen in der Kirche. So lebte der Ex-Samurai im Wald und verbrachte seinen Tag damit um sich zu erholen oder zu trainieren.
 

„Für was bist du heute hier?“ fragte der Schwertkämpfer als er mit seinem Mahl fertig war. „Willst wieder Geschichten hören, mich als Versuchskaninchen für deine Arztausbildung ausnutzen oder mit dem Schwert trainieren?“

„Ich will auf deinen Umi no Yuube reiten“, antwortete der 5-Jährige.

„Für was bist du heute hier?“ fragte der Schwertkämpfer als er mit seinem Mahl fertig war. „Willst wieder Geschichten hören, mich als Versuchskaninchen für deine Arztausbildung ausnutzen oder mit dem Schwert trainieren?“

„Ich will auf deinen Umi no Yuube reiten“, antwortete der 5-Jährige.

Umi no Yuube war ein schwarzes Ein-Mann-Floß, welches wasserdicht war und die Form eines halben Mondsichel besaß. Im hinteren Bereich war der Motor angebaut, welcher die Energie von einem Kristall bekam, welches immer aufgeladen werden musste, in dem man das Objekt auf eine Oberfläche legte, worauf die Sonne strahlte. Das Schiff besaß auch zwei Räder auf der Seite und einen Mast vor dem Motor. Am Vordersitz befanden sich zwei Pedale, die entschieden wie schnell sich das Floß fortbewegte, abhängig wie fest der Fahrer darauf trat. Durch diese Funktion war die Turbine dieses Bootes sehr schnell und wendig. [Umi no Yuube ähnelt Aces Striker.]

„Kannst du abschminken, mein Lieber“, gab der Ex-Samurai von sich. „Bist noch viel zu klein. Wenn du mit meinem Baby spielen willst, dann musst du mich schon einmal während unseres Sparrings am Kopf treffen.“
 

Nach 9 Jahren…
 

Der Wind blies ihm ins Gesicht und der Geruch von Meersalz drang in seinen Nasenröhren ein. Das Gefühl auf hoher See war unglaublich. Nun konnte Kanon verstehen, warum seine Eltern Piraten wurden und sich in das Meer verliebt hatten. Kurz verlagerte der 14-Jährige sein Gewicht und stieg etwas fester auf einen der Pedale um noch schneller zu fahren. Als der Kristall langsam begann schwächer zu leuchten, machte sich der Teenager auf dem Weg zurück zum Ufer, wo sein Lehrmeister wartete.

„Und? Hast du deinen Spaß für heute wieder gehabt?“ fragte der Rothaarige während er seinen Kopf schmerzhaft rieb. Der letzte Schlag von seinem Schüler hatte nämlich gesessen.

„Hmpf!“ meinte Kanon nur und schaute weg, auf welche Reaktion sein Lehrer nur lachte.

Kurz unterhielten sich die zwei Männer, bevor der Jüngere sich auf dem Weg nach Hause machte. Denn selbst mit 14 Jahren durfte er eigentlich nach acht Uhr nicht außer Bett sein.
 

Innerhalb den neun Jahren hatte er sehr viel von Sister Angela in Sache Medizin und von Sora in Sache Schwertkampf gelernt, nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. So war es nun seine Aufgabe seine Mitbewohner zu verarzten und zu versorgen, wenn diese sich verletzt hatten oder erkrankten. Dieses Können setzte er auch an seinem Schwertmeister ein, welchen er nun endlich während ihres Sparrings manchmal treffen konnte. Allerdings wusste er, dass Sora um vieles stärker war und sich nur wegen ihm etwas zurückhielt. Kanon konnte sich nicht einmal vorstellen, wie stark sein Lehrer war als dieser noch beide Arme hatte.
 

Während seines Heimweges sah er ein großes Marine Schiff am Hafen andocken. In Gedanken fragte er sich, was die Regierung im Jadereich wollte. Allerdings wusste er, dass er durch bloßes Anstarren auf keine Antwort kommen würde, und somit ging er weiter. In der Kirche angekommen, schlich er sich in den Schlafsaal zurück. Geräuschlos zog er sich um und schlüpfte unter die Decke.

Nach ein paar Stunden stand Kanon wieder als Erster auf und las im Schatten seines Lieblingsbaumes ein Buch. Diese Angewohnheit hatte sich all die Jahre nicht verändert. Schließlich hörte er, wie einige Türen leise auf und zu gingen. Sister Angela war wach und es wurde Zeit im Haushalt auszuhelfen. Jedoch war er nun nicht mehr der Einzige. Auch die anderen Kinder waren nun im Geist reif genug und halfen mit. Allerdings hatten sie auch Neuzugang und es war klar, dass die Kleinkinder nicht mitmachten.

Das Buch räumte er weg, bevor er in die Küche ging und die Ärmel seines Pullovers hochkrempelte. Dann begann er das Frühstück zuzubereiten. Schon bald fühlte sich der Esssaal wieder mit lautem Gelächter und Stimmen. Jedoch achtete der Schwarzhaarige nicht auf seine Mitbewohner und las während des Essens weiter. Plötzlich blockierte ein Arm seinen Blick zum Buch und in der nächsten Sekunde wurde ihm die Lektüre entzogen.

„Während des Essens wird nicht gelesen. Du bist ein schlechtes Vorbild für die Anderen, Kanon“, ermahnte Sister Angela ihn streng. „Das habe ich dir schon oft genug gesagt.“

„Ts!“ zischte Kanon nur und schaute beleidigt weg.

„Kanon!“ erhob die Nonne ihre Stimme noch einmal, nur dieses Mal etwas lauter, so dass der Jüngere zusammenzuckte.

Die anderen Kinder, die das Geschehen beobachteten, verstummten kurz bis sie alle begannen die Leseratte auszulachen. Selbst die strenge Dame und der ernste Junge mussten nach ein paar Sekunden mitlachen.

„Du, du, sag mal, Kano-Niichan“, verlangte ein kleiner Bube seine Aufmerksamkeit. „Du hast doch schon so viele Bücher gelesen. Wozu liest du immer noch?“

„Dummkopf. Im Leben lernt man nie aus“, meinte der Ältere. „Es gibt noch so vieles, was ich noch nicht weiß, und das alles will ich noch lernen.“

„Wenn du dann ganz viel gelernt hast, wirst du dann Arzt?“ fragte dann ein anderes kleines Kind.

Auf einen Schlag wurde es ruhig im Raum. Die Älteren schauten etwas traurig zur Seite, auch Sister Angela senkte ihren Blick.

„Was ist los? Hab ich was Falsches gesagt?“ Fragend schaute sich das Mädchen in der Runde um.

„Weißt du, Maria… Um Arzt zu werden braucht man eine Lizenz“, erklärte die Nonne.

„Eine Lizenz?“ wiederholten alle Kleinkinder, wozu die Dame nickte.

„Und um diese zu bekommen ist es sehr, sehr schwer“, setzte Sister Angela fort.

„Aber Kanon-Niichan ist doch so klug. Egal wie schwer es ist, ich bin mir sicher er schafft es!“ meinte einer der Jungs.

„Genau, genau!“ stimmten alle zu und wurden lauter.

„Klug sein reicht nicht“, mischte sich der Angesprochene ein und sorgte dafür, dass die Kinder wieder ruhig wurden. „Man braucht auch Geld und die richtige Ausbildung.“

Sofort wussten sie Kleinen, wo das Problem lag und schauten auch auf den Boden. Sie lernten zwar alle das Nötigste von Sister Angela, aber sie war nur eine Nonne und keine echte Lehrerin, auch wenn sie die Intelligenz einer besaß. Außerdem hatte die Kirche nicht sehr viel Geld. Es reichte nicht einmal komplett aus um ihr Überleben zu sichern.

„Wie dem es auch sei“, erhob einer der älteren Jungs seine Stimme laut um die Aufmerksamkeit von allen zu bekommen. Selbst Kanon schaute zu seinem Mitbewohner. „Egal was in der Zukunft passiert, solange wir ein aufrechtes Leben führen, worauf wir stolz sein können, ist es egal was wir werden. Und außerdem… Selbst wenn Kanon Arzt werden würde, der würde sowieso es nicht weit schaffen. Der würde seine Patienten immer zum Weinen oder zum Rasen bringen!“

Sofort begannen die Kinder alle laut zu lachen and stimmten den Älteren fröhlich zu. Kanon erwiderte nichts dazu, sondern schaute nur beleidigt weg. Diese Reaktion brachte schließlich den ganzen Raum noch mehr zum Lachen. Doch dieses Mal konnte Kanon nicht mitlachen. Denn er wusste, genauso wie Sister Angela, dass die Welt nicht so gnädig, sondern sehr grausam war. Wie schön es doch nur wäre, wenn es nur das Geld und sein Charakter wäre, die die Steine in seiner Karriere legten.
 

Der Rest des Tages verlief friedlich und ruhig in der Kirche. Gerade war Kanon in der Küche und bereitete das Abendessen vor als Sister Angela ihn plötzlich leise zu sich rief. Sofort hob er den Topf vom Herd hoch, legte es auf die Seite und ging zu der Nonne.

„Was ist denn? Ich koche“, gab der Jüngere grob von sich und stemmte eine Hand auf seine Hüfte.

„Kanon, nimm das und verschwinde von hier“, wies die Dame ihm an und hob den Rucksack in ihrer Hand etwas. „Ich habe alles Notwendige hier eingepackt.“

Die Augen des Jüngeren weiteten sich und schauten die Nonne geschockt an. Er wusste nicht, was die Ursache dieser Situation sein konnte. Natürlich wusste er, dass er frech, unhöflich war und kein Respekt zeigte, aber war sein Verhalten so schlimm, dass man ihn hinauswerfen musste?

Sofort erkannte die Dame, was Kanon dachte, und schüttelte den Kopf.

„Es ist nicht so, wie du denkst“, versuchte sie den Jungen zu beruhigen. „Vielleicht hast du es schon bemerkt, aber die Marine ist hier und sie sind hergekommen um dich zu finden.“ Kanons Augen weiteten sich noch einmal vor Schock, aber bevor er ein Wort sagen konnte, setzte Sister Angela fort. „Ich weiß nicht, woher sie herausgefunden haben, dass Cordelia ein Kind hatte, aber irgendwie haben sie es herausgefunden, und ich verstehe auch nicht, warum sie dich jagen müssen, aber sie tun es. Deine Eltern waren zwar Piraten, aber das hat nichts mit dir zu tun. So berühmt waren sie auch nicht, dass sie dich in Gewaltsam nehmen müssen.“ Immerhin war er nicht der Sohn vom Piratenkönig oder dergleichen. Es war unlogisch, warum die Marine ein Kind von zwei zwar mächtigen, aber einfachen und schon verstorbenen Piraten jagen musste. Doch so war es nun mal, auch wenn kein Mensch verstand warum. „Wenn du hier bleibst, wirst du entdeckt, und ich will nicht wissen, was sie mit dir anstellen werden. Daher verschwinde schnell von hier.“ Lange schaute Kanon die Nonne an, bevor dieser nervös schluckte und dann nickend den Rucksack annahm. „Möge Gott dich beschützen“, verabschiedete sich Sister Angela von ihm und gab den Jungen ihre Halskette mit einem silbernen Kreuz, bevor sie Kanon den Rücken zukehrte als würde sie so tun nicht zu sehen, dass er ging.

Der Junge verstand sofort, was ihre Geste bedeutete. Eine Nonne durfte nicht lügen. Denn es war eine Sünde nicht die Wahrheit zu sagen. Wenn die Marine sie nach ihm fragte, dann hätte sie keine andere Wahl es ihnen zu verraten. Doch wenn sie kein Wissen über seinen Aufenthalt hatte, dann konnte sie nichts sagen, selbst wenn sie es wollte. Daher sagte Kanon auch kein Wort des Abschiedes, sondern schulterte sein Gepäck und verließ die Kirche von der Hintertür. Eilig rannte er in den Wald um seinen Schwertmeister zu finden. Der Mann war viel erfahrener als er und dieser wusste vielleicht, was er in dieser Situation tun sollte.

Doch je weiter weg er von zuhause war, desto schwerer wurden seine Beine und Füße bis er keinen Schritt weitergehen konnte. Zögernd und langsam drehte er sich um und schaute in die Richtung, von der er gekommen war. Er machte sich Sorgen, riesige Sorgen um Sister Angela und den anderen Kindern.

Obwohl er im Kopf wusste, dass er nicht umkehren sollte, so konnte er seine Gefühle nicht unterdrücken und rannte zurück. Er konnte nicht alleine weglaufen und seine Familie zurücklassen. Auch wenn sie nicht wussten, wo er war, hieß es nicht, dass die Marine ihnen Glauben schenken würden. Vielleicht würden die Soldaten Sister Angela und die anderen Kinder foltern um sicher zu gehen, dass diese wirklich keine Ahnung hatten.

Als er sich der Kirche wieder näherte, sah er einige Männer in weiß-blauer Uniform vor der Tür. Es waren Soldaten aus der Marine. Sofort verlangsamte er seine Schritte und schlich sich von hinten an das Gebäude heran. Durch ein gekipptes Fenster hörte Kanon Stimmen, weswegen er sich neben diesen hinstellte und lauschte.

„Ich kann mich nur wiederholen Flottillenadmiral Mooren“, ertönte Sister Angelas Stimme. „Derzeit lebt kein Kind namens Kanon in diesem Waisenhaus.“

„Tun Sie nicht so scheinheilig. Ich weiß, dass das Kind von ‚Mirage Angel’ Cordelia und ‚Blue Eyed Demon’ Milo hier lebt“, sprach eine unbekannte Männerstimme. „Die Marine hat verlässliche Information über dessen Aufenthalt erhalten.“

„Und von wo könnte diese verlässliche Information stammen?“ wollte sich die Nonne erkundigen, aber sie bekam als Antwort nur: „Das geht Ihnen nichts an. Also rücken Sie das Kind endlich heraus!“

„Soweit ich weiß befindet sich in diesem Gotteshaus kein Sünder. Hier befindet sich niemanden, der ihrer Beschreibung zutreffen könnte“, erwiderte die Dame selbstbewusst und furchtlos. „Wenn das alles ist, dann würde ich Sie gerne bitten uns zu verlassen. Ich erlaube Waffen in diese Kirche keine Sekunde nicht länger.“

„So, so, Sie erlauben es nicht?“ lachte die Männerstimme. „Wenn Sie nicht kooperieren wollen, dann werden wir Sie und alle Kinder, die hier leben, verhaften wegen illegaler Hilfe eines Kriminellen.“

Schockiert weitete Kanon seine Augen. Er hatte schon einen Verdacht gehabt, dass die Marine zu extremen Methoden greifen konnte um ihr Ziel zu erreichen. Jedoch schockierte ihm dies trotzdem es verbal und live mitzuerleben und zu hören. Da fragte er sich, was seine Eltern waren oder gemacht hatten, dass die Regierung so verzweifelt hinter ihm her war. Doch egal was die Antwort war, er konnte nicht zulassen, dass das Leben Sister Angelas und seiner Geschwistern wegen ihm ruiniert wurde.

Gerade wollte er sich offenbaren, da betrat jemand den Raum und behauptete: „Ich bin es. Ich der Sohn von Cordelia und Milo. Nimmt mich mit, aber lass die Anderen in Ruhe.“

Kanon konnte seinen Ohren nicht trauen und starrte hinein. Da sah er, wie der Älteste der Kinder den Raum betrat. Bevor jemand antworten oder reagieren konnte, betrat einer der Mädchen das Zimmer. „Nein, das ist nicht wahr. Ich bin das Kind von Mirage Angel und Blue Eyed Demon. Ich bin die Person, die Sie suchen!“

Die Marine Soldaten waren geschockt von diesem Geschehen und schauten sich verwirrt an. Es schien als wüssten sie nicht, ob das Kind ein Junge oder ein Mädchen war. Plötzlich kam ein anderes Kind und behauptete auch das Kind der zwei Piraten zu sein. Nach einander kamen die Kinder und sagten alle dasselbe.

Ihr… Ihr alle…“ dachte Kanon überrascht und biss sich die Zähne zusammen um kein Laut von sich zu geben.

Überfordert von der Situation schauten die Soldaten ihren Vorgesetzten an.

„Was sollen wir tun, Flottillenadmiral Mooren?“ fragte einer der Männer.
 

Ein kühles Grinsen bildete sich auf den Lippen des Mannes. „Das ist doch einfach. Diese Kinder sind alle kriminell. Tötet sie alle und die Nonne auch!“
 

Kanon konnte nicht glauben, was er hörte. Auch Sister Angela und die Kinder waren geschockt von der Grausamkeit der Marine.

„Lauft!“ Das waren die letzten Worte der Dame, bevor sie mehrmals erschossen und zu Boden fiel. Auch die Kinder wurden getroffen ohne eine Chance gehabt zu haben wegzulaufen.

„Sister Angela! Ihr alle!“ schrie Kanon verzweifelt und lief ohne nachzudenken in die Kirche hinein.

Kniend setzte sich der Schwarzhaarige herab und schaute in das leblose Gesicht der Frau, die ihm all die Jahre aufgezogen hatte.

„Flottillenadmiral Mooren, ein weiteres Kind ist hier eingedrungen“, berichtete einer der Soldaten unnötiger Weise. „Erschießt ihn auch!“ befahl der Mann herzlos.

Die Untergeben richteten ihr Gewehr auf Kanon, aber ihr Vorhaben wurde durch einen heftigen Windstoß gestoppt.

„Was geht hier vor?“ wollte der Flottillenadmiral wissen, aber bekam keine Antwort.

Als Kanon sich umdrehte, sah er seinen Schwertmeister hinter sich. „Sora, warum-“ Jedoch konnte der Junge nicht zu Ende aussprechen, da wurde er schon am Arm hochgenommen.

„Ich hab mich gefragt, warum du immer noch nicht gekommen bist und wollte nachschauen!“ antworte sein Lehrer während er in den Wald lief.

Allerdings hatte sich die Marine von seinem Angriff erholt und verfolgten sie. Plötzlich landete eine Person vor ihnen und Sora war gezwungen zu stoppen. Es war der Flottillenadmiral.

„Wer hätte gedacht, dass wir dich hier finden würden?“ meinte Mooren belustigt. „’Windcutter’ Howl D. Sora.“

„Halt dein Maul, du Abschaum von Marine“, erwiderte der Ex Samurai angeekelt und ließ Kanon auf dem Boden fallen. „Kanon“, flüsterte er, so dass nur sein Schüler ihn hören konnte. „Du weißt, wo mein Schiff ist. Benutz es und verschwinde von hier!“

„Was?! Du willst mir sagen, dass ich wie ein feiger Hund weglaufen und dich alleine zurücklassen soll? Niemals!“ gab der 14-Jährgie empört von sich. „Entweder zusammen oder gar nicht!“

„Halt's Maul, Kanon!!!“ schrie Sora ihn zum ersten Mal an. Egal wie wütend er seinen Lehrer gemacht hatte, niemals hatte der Schwertkämpfer ihn so angefahren. „Weiß du überhaupt wie viele Menschen sich gerade heute für dich geopfert haben? Nein, nicht nur heute, schon früher. Deine Eltern haben ihr Leben aufgegeben um dich zu beschützen! Dein Leben gehört nicht nur dir alleine! Deswegen darfst du nicht sterben!“ Mit weit geöffneten Augen starrte Kanon seinen Lehrer sprachlos an. „Egal was passiert, egal welche schmutzige Mittel du einsetzen musst, du darfst nicht sterben. Du musst leben! Wenn du es endlich geschnallt hast, dann verschwinde von hier!“ Als sich der Junge immer noch nicht bewegte, drehte sich Sora zu ihm um und schrie: „GEH!!!“

Wie auf Kommando stand Kanon auf und lief weg ohne sich umzudrehen.

„Als würde ich dich laufen lassen!“ meinte Mooren und wollte den Schwarzhaarigen nachlaufen. Doch auch dieses Vorhaben wurde durch einen starken Windstoß verhindert.

„Das kannst du dir abschminken, du dummes Schwein“, erwiderte der Schwertkämpfer. Sora ging ein paar Schritte zur Seite bis er vor dem Flottenadmiral stand. „Wenn du an dem Balg herankommen willst, dann musst du zuerst an mir vorbei.“

„Du verdammter Ex-Samurai!“ schrie der Marine Angehörige und griff den Schwertkämpfer an.
 

Ohne zurückzuschauen floh Kanon auf das Meer. Sein ganzes Gewicht verlagerte er in seinen Füßen um so fest wie möglich auf die Pedale treten zu können. Das kleine Schiff verließ das Ufer so schnell, dass man die Insel fast nicht mehr sehen konnte wenn man sich umdrehte. Auch wenn es nicht möglich war, glaubte der Junge die Schwerthiebe seines Lehrmeisters hören zu können. Obwohl der Junge sonst nicht so leicht seine Gefühle zeigte, dieses Mal konnte er seine Tränen nicht unterdrücken. Seine Finger umklammerten das Kreuz seiner Halskette als würde sein Leben an diesem hängen.
 

In der Zeitung des nächsten Tages stand folgender Artikel: „Der abtrünnige Samurai Howl D. Saulo, der das Gesetz seines eigenen Heimatlandes verstoßen hatte, ist am vorherigen Tag in einem kirchlichen Waisenhaus, welches sich auf der Insel Jadereich befand, Amok gelaufen und hat die lebenden Kinder zusammen mit der Leiterin, auch genannt Sister Angela, massakriert. Der Zustand der Leichen ist so was von unmenschlich und grotesk, dass diese unvorstellbar sind und nicht der Öffentlichkeit gezeigt werden kann. Es ist nur dank der Marine Einheit Flottillenadmiral Moorens, wessen Gruppe sich zufällig an Ort und Stelle befanden, dass der Mörder sich nicht noch an den Rest der Inselbewohner vergriffen hatte. Der König wird in der nächsten Woche in Ehren Flottillenadmiral Moorens und seiner Männer ein Fest veranstalten.“

Der Artikel war ein schlechter Witz, die Welt war ein schlechter Witz. Solch ein Geschehen, welches Kanons Leben vollkommen zerstört und verändert hatte, war nicht nur ein kurzer Absatz in einer kleinen Ecke der Zeitung, sondern entsprach nicht einmal der Wahrheit. Der Schwarzhaarige konnte einfach nicht anders als über seinen Verlust, über die Tode von den Menschen, die ihm teuer waren, über diese bescheuerte Kolumne und über diese unglaublich verrottende Seite der Welt zu lachen und zu weinen.

Auf offenem Meer

Es war nicht so, dass er ein Verbrecher werden wollte. Kanon hatte am Anfang wirklich versucht sein Leben einfach weiterzuleben – im Inneren zu trauern, aber in seinem Herz niemanden zu richten. Allerdings erlaubte man ihm ein einfaches Leben nicht. Niemand wollte einen unbekannten 14 Jährigen ohne Dokumente bei sich arbeiten lassen, selbst wenn dieser kein Geld verlangte, sondern nur eine Unterkunft und tägliche Nahrung. Selbst wenn der Schwarzhaarige doch jemanden fand, der willig war ihn einzustellen, er arbeitete gerade einen einzigen Tag und schon tauchte die Marine auf um ihn zu schnappen.

Langsam ging Kanon das Geld aus, welches er in seinem Rucksack, obwohl er es sehr sparsam verwendete, hatte. Nicht lange ließ sich sein erster Diebstahl warten. Essen, neue Kleidung, alltägliche Notwendigkeiten – sobald der Junge damit begonnen hatte, konnte er nicht mehr aufhören. Auch ein einfaches Schwert ließ er sich mitgehen. Er wurde zwar kein Räuber, der eine Bank überfiel oder in Häuser einbrach, aber der Junge versuchte nicht mehr auf ehrliche Art und Weise weiterzuleben, sondern begann sich alles einfach zu nehmen, wenn er etwas brauchte. Immer wieder bereute er seine Tat und dachte, wie Sister Angela bloß reagieren würde, wenn sie ihn so sah. Doch er wusste, dass er anders nicht überleben konnte und keine andere Wahl hatte als weiterzumachen. In diesem unendlichen dunklen Tunnel sah er einfach kein Licht mehr.
 

Schließlich kam er in einer Insel mit Großstädten an. Die Straßen waren belebt und voller Menschen. Es war also ein guter Platz um Proviant zu ergattern. Gerade wollte er sich an eine Beute machen, da packte jemand ihn plötzlich am Handgelenk. Kanon weitete seine Augen vor Schock. Noch nie hatte jemand ihn dabei erwischt. Langsam drehte er den Kopf zu seinem Fänger. Seine Augen weiteten sich überrascht als er dieses bekannte Gesicht sah. Er kannte diesen Mann. Zwar nicht direkt und der Kerl hatte sich auch etwas verändert, aber diese Person sah genauso aus wie einer von den Freunden seiner Eltern. Das wusste er, weil er von seinem Vater und seiner Mutter oft das Photo ihrer Piratenbande gezeigt bekommen hatten. Dieses Bild befand sich immer noch in seinem Besitz. Immerhin war dies das Einzige, was er noch von seinen Eltern hatte. Auch der Ältere schien zu erkennen, wer Kanon war. Doch statt sich zu freuen, wurde dieser bleich, ließ ihm los und lief weg.

„Warte!“ rief der Jüngere ihm nach und rannte dem Mann hinterher.

Es war nicht so als würde er einen alten Freund seiner Eltern um Hilfe anflehen, aber er wollte wissen, warum der Mann zum Kuckkuck vor ihm weglaufen musste. Das ergab doch keinen Sinn. Doch seit einiger Zeit machte das Leben für ihn gar keinen Sinn mehr.
 

Irgendwie endete die Jagd damit, dass sie in einer dunklen Seitengasse, wo kein anderer Mensch war, landeten. Verwundert schaute sich Kanon um und wand dann seinen Blick fragend zum alten Kollegen seiner Eltern. Doch bevor der Junge nur ein Wort sagen konnte, griff der Mann ihn mit einer riesigen Eisenkeule, die der Kerl wahrscheinlich an diesem Ort versteckt hatte, an. Gerade rechtzeitig wich Kanon dem Angriff aus und sprang ein paar Meter zurück um Abstand zu halten. Sofort legte er seine Hand auf sein Schwert, aber zog es noch nicht heraus.

„Ich weiß wofür du hier bist. Aber glaub bloß nicht, dass ich es dir so einfach machen werde!“ schrie der Ältere ihn an. Kanon konnte nur seine Augen vor Schock weiten als der nächste Schlag kam, und verwirrt hereinschauen. „Als würde ich mich von einer kleinen Made umbringen lassen!“ fuhr der Mann fort und griff immer wieder an.

Zwar mangelte es den Jüngeren an Körperkraft und Erfahrung, aber Kanon war sehr flink und gelenkig, weswegen er den Angriffen gerade noch ausweichen konnte ohne sich zu verletzen. Seine Augen hatte keine Probleme die Bewegungen seines Gegners zu folgen, aber sein Körper konnte noch nicht so ganz mithalten. Auch wenn er dies nicht zugeben wollte, er war vor Schock und Angst etwas gelähmt, wodurch seine Reaktion sich verlangsamte.
 

„Was ist los? Ist das alles, was du kannst?“ fragte der Ex-Pirat und grinste schief. „Glaubst du wirklich mit Herumhüpfen und Laufen kannst du den Tod deiner Eltern rächen?“

Rächen? Worüber redet er?“ fragte sich der Schwarzhaarige in Gedanken. Denn er verstand das A und O in der Sache nicht. Hatte dieser Mann seinen Eltern irgendetwas angetan, wofür er einen Grund hätte den Kerl zu töten? Nun gut, Kanon wollte es wissen, worüber es ging, und er würde es herausfinden.

„Können spielt hier keine Rolle“, behauptete der Jüngere und zog nun seiner Waffe aus seinem Behälter. „Nachdem, was du meinen Eltern angetan hast, habe ich keine Wahl als dich zu töten.“

„Was ich deinen Eltern angetan habe? Jetzt mach mal halblang, Bursche! Ich bin sicher nicht der Einzige, der daran beteiligt war! Die Anderen waren immerhin alle dafür!!!“ versuchte der Ältere sich verbal zu verteidigen.

„Die Anderen?“ wiederholte der Kurzhaarige verwirrt. „Was meinst du damit?“

„Glaubst du wirklich der Captain hätte der Marine den Aufenthalt deiner Eltern verraten, hätte nur ich es vorgeschlagen? Das war nicht einmal meine Idee!“ redete der Mann weiter ohne zu merken, dass er sich selbst verriet.

Kanon konnte seine Augen nur noch einmal und noch mehr weiten. Denn er konnte seinen eigenen Ohren nicht trauen. Die ehemaligen Kameraden seiner Eltern hatten seine Mutter und seinen Vater an die Marine verkauft? Das konnte nicht wahr sein. Immerhin hatte er als Kind immer und immer wieder von ihnen gehört bekommen, wie toll und vertrauenswürdige ihre Freunden waren, dass sie ihr Leben ihnen anvertrauen konnten, wie sehr die Bande sich für seinen Eltern gefreut hatten als sie erfuhren, dass Cordelia ein Kind erwartete und wie verständnisvoll diese Leute waren als Milo um Erlaubnis gebeten hatte die Gruppe zu verlassen, weil sie ihn in Frieden und Ruhe aufziehen wollten.

„Außerdem sind deine Eltern selbst schuld an der ganzen Sache! Hätten sie uns nicht verlassen, wäre das Ganze nicht passiert! Sie wussten ganz genau, dass wir alle in die Neue Welt reisen wollten und dann sind sie so selbstsüchtig und verlassen uns in so einem Moment“, setzte der Ältere weiterhin ahnungslos fort. „Als wären die Gefahren der Neue Welt nicht schlimm genug, aus irgendeinem Grund waren die Marine uns der ganzen Zeit auf den Fersen. Keine Ahnung, was sie von deinen Eltern wollten oder was die der Regierung angetan haben, aber wir hatten kein Bock es für diese blutigen Verräter auszubaden! Sie haben verdient, was sie bekommen haben!“
 

Nun verlor Kanon komplett die Kontrolle über sich selbst und in der nächsten Sekunde landete ein abgetrennter Arm am Boden.

„In anderen Worten… Die Marine haben uns nicht zufällig gefunden… Sie sind nicht Schuld, dass das alles passiert ist“, fasste der Schwarzhaarige ruhig zusammen während sein Blick nach unten gerichtet war und seine Stirnfransen seine Augen bedeckten. „Sondern ihr?!“ Nun hob Kanon seinen Kopf und durchbohrte den ehemaligen Kollegen seiner Eltern mit einem kalten, dunklen und erbarmungslosen Blick.

Der Ältere blickte hinunter zu seiner rechten Seite, nur um zu sehen, dass er blutete und seine Keule nicht mehr neben sich hatte, sondern fest im Griff seiner Hand, welche ein paar Meter hinter ihm lag. Vor Schmerz schrie der Mann auf und fiel zu Boden. Mit seiner linken Hand, drückte er an der Wunde und versuchte damit die Blutung zu stoppen.

Jedoch zeigte der Jüngere kein Mitleid. Er schwang sein Schwert einmal zur Seite um das Blut von der Klinge wegzubekommen. „Meine Eltern haben euch vertraut… Sie haben immer nur Gutes über euch erzählt“, setzte der Schwarzhaarige fort während er seinem Gegner näher kam. „Sie haben geglaubt, dass sie mit euren Segen die Bande verlassen haben. Sie haben geglaubt, dass ihr euch für sie gefreut habt… Und wie wurden sie für ihr Vertrauen bedankt?“ Ohne den Anderen eine Chance zu geben etwas zu sagen, schwang Kanon sein Schwert ein zweites Mal und der Kopf des Älteren landete am Boden.
 

Erschöpft und ausgelaugt atmete er tief ein und aus. Das ganze Blut, das am Boden und an den Wänden klebte, und die entstellte Leiche, lähmte den Jungen und ließ ihm vor Schock den Ort nicht verlassen. Erst als er einen widerlichen Geschmack im Hals wahrnahm, konnte er sich wieder bewegen und flüchten.

An der nächsten öffentlichen Toilette übergab sich der Junge und versuchte sich wieder zu sammeln. Nicht nur hatte er mit Stehlen und Betrügen begonnen, sondern er hatte nun sogar seinen ersten Mord begangen.
 

Die Leiche wurde am selben Abend von einer Gruppe betrunkenen Jugendlichen gefunden, wodurch dieses Geschehen in der Zeitung erschien. Allerdings konnte weder der Mörder noch das Motiv festgestellt werden und die Untersuchung zu dem Fall wurde nach einigen Tagen aufgegeben.

Doch auch wenn der Rest der Welt die Wahrheit nicht wusste, Kanon kannte sie. Denn er trug nun das schwere Gewissen und diese Last für den Rest seines Lebens herum. Jedoch würde er niemals behaupten, dass er seine Tat bereute. Dieser Mann, nein, die ganze Bande hatten seine Eltern verraten und dafür würde er diese Leute niemals verzeihen. Das Leben eines Anderen zu nehmen war eine Sünde. Kanon hatte ein Verbrechen begangen, das er nie wieder gut machen konnte. Mord war Mord. Da war es egal, ob er einen Menschen tötete oder hunderte. Eine Sünde blieb eine Sünde. Also machte es auch keinen Unterschied, wenn er seine Rache auslebte und das Leben weiterer Menschen raubte. Denn er war so oder so ein Mörder.
 

Natürlich war er nicht naiv und wusste, dass er nicht noch einmal so viel Glück haben würde einen ehemaligen Kameraden seiner Eltern zufällig in der Öffentlichkeit über dem Weg zu laufen. Er brauchte Information und zwar Verlässliche so schnell wie möglich; und der einzige Ort, wo man diese fand, war in der Unterwelt der Neuen Welt. Um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen oder aufzufallen, hielt sich Kanon immer im Hintergrund und lauschte den Gesprächen Anderer zu. So erhielt er mehr Information als er brauchte.

Er bekam mit, dass in der Unterwelt der vertrauenswürdigste Geschäftsmann Joker hieß, dass Organe gerade sehr angesagt am Markt waren oder welche Piraten sich welchem Yonkou angeschlossen hatten. Sobald er eine Spur von einem der ehemaligen Freunden seiner Eltern gefunden hatte, begann er selbst zu kramen um noch mehr Information zu finden. Nicht lange und schon fand er seine nächste Zielperson.
 

Die Insel war ein sehr idyllischer Ort. Die Gegend war von Grünes überzogen, die Natur war in Takt und Großteil der Bewohner schienen als Bauern zu leben. Niemand würde verdächtigen, dass ein ehemaliger Pirat dort lebte und niemand hätte erwartet, dass dort jemals eine Tragödie geschehen würde.

In einer dunklen Ecke versteckte sich Kanon und hielt Ausschau nach der gesuchten Person. Nur ein paar Stunden danach erschien auch dieser Mann, aber was der Jüngere sah ließ das Blut in seinen Adern gefrieren. Der ehemalige Kollege seiner Eltern hielt an seiner Hand ein kleines Mädchen, welches ihr Gegenüberstehender ‚Papa’ nannte.
 

Der Himmel verdunkelte sich und die Uhren schlugen eine späte Zeit an. Verunsichert saß Kanon auf einer Wiese und starrte sein Stück Brot an statt dieses zu essen. Das lachende Gesicht des Kindes ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Noch immer verspürte er Hass und den Drang nach Rache, aber konnte er dafür wirklich ein unschuldiges Geschöpf mit in den Abgrund ziehen? Wollte er wirklich zu jemand werden, der das Glück Anderer zerstörte? Wollte er so enden wie die Menschen, die er hasste und an denen er sich rächen wollte? Egal wie lange Kanon darüber nachdachte, er fand keine Antwort.

Innerlich hoffte er, dass der Mann, den er getötet hatte, nur von der Marine angeheuert wurde um ihm diese Lüge aufzutischen. Er wünschte sich, dass die Geschichte über den Verrat nicht der Wahrheit entsprach. Dann würde er auch kein Grund haben den Vater dieses Kindes zu töten und konnte ihn verschonen. Das wollte er wirklich glauben.
 

Das Blut, welches an seiner Klinge klebte, tropfte langsam hinunter. Sein zweiter Mord wog noch schwerer als sein Erster. Die Tat schöpfte ihn vollkommen aus und er fühlte sich als hätte er einen hunderttagelangen Marathon hinter sich. Die Schreie und das Weinen der Frau und des Kindes halfen seinem Zustand auch nicht weiter. Doch diese Geräusche befanden sich im Hintergrund und er vernahm diese nur wie durch einem Filter. Denn er konnte nur sein Gespräch mit seinem letzten Opfer hören.
 

„Ich wollte das wirklich nicht, aber wir hatten keine andere Wahl! Wir hätten in der Neue Welt sonst nicht anders überlebt. Die Marine hat gesagt, dass sie uns verschonen würden, wenn wir den Aufenthalt von Cordelia und Milo verraten würden… Bitte versuch zu verstehen! Milo war unser stärkster Kämpfer und egal wie wir uns verletzt haben oder erschöpft waren, hat Cordelia uns immer geheilt und unsere Müdigkeit genommen. Sie waren der Kernpunkt unserer Mannschaft. Doch beide waren nicht mehr da und wir hatten keine Chance! Wir waren alle verletzt und geschwächt, wir konnten nicht mehr kämpfen! Daher, bitte-!“

„Verstehe… Ihr hattet keine andere Wahl als meine Eltern zu verraten und unser Leben ruinieren. Aber dann hast du auch kein Recht dich zu beschweren, wenn ich deins ruiniere!“
 

„Mika, lauf weg!“

Der Schrei einer Frau holte ihn in die Gegenwart zurück und Kanon sah im Augenwinkel, wie die Mutter des Kindes mit einem Küchenmesser auf ihn zukam. Gerade rechtzeitig reagierte der Junge und schwang sein Schwert, welcher Hieb die Dame tödlich traf und dafür sorgte, dass diese leblos zu Boden fiel. Das Kind konnte vor Schock nicht aufstehen und saß zitternd wie ein Aal in einer Ecke des Zimmers.

Mit einem emotionslosen Blick schaute Kanon das Mädchen an und näherte sich ihr in Ruhe mit seiner Klinge. Sofort sprang sie auf und versuchte wegzulaufen, aber stolperte auf dem Weg und fiel zu Boden.

„Beweg dich nicht“, gab der Schwertkämpfer kühl von sich. „Es ist gleich vorbei.“

Das Kind drehte sich weinend zu ihm um und schluchzte laut.

„Ich hege keinen Groll gegen dich, noch hatte ich etwas gegen deiner Mutter. Trotzdem kann ich dich nicht am Leben lassen“, erklärte der Schwarzhaarige. „Die Chance ist einfach zu hoch, dass du dich eines Tages an mir rächen willst.“ Seine Augen verengten sich erbarmungslos. „Ich kann es mir nicht leisten, dass jemand hinter meinem Leben her ist.“

Das Kind schrie noch panisch auf und versuchte wegzulaufen, bevor Kanon sein Schwert senkte und das Mädchen mit einem Hieb umbrachte. Das Ganze hatte er wohl zu sehr in die Länge gezogen und zu viel Krach verursacht. Denn gerade war er mit dem Kind fertig, ging die Tür auf und eine Gruppe Männer platzte in das Haus hinein. Entsetzt von dem Anblick, starrten die Bauern in den Raum und Kanon an.

„Beeilt euch! Wir müssen diesen Verrückten aufhalten!“ gab einer laut von sich. „Und jemand muss schnell die Marine rufen. Beeilt euch!“

Im nächsten Moment wehte ein starker Wind und vier der Männer fielen tot um. Die Überlebenden weiteten ihre Augen vor Schock, bevor sie Kanon anstarrten, der immer noch am selben Fleck stand. Die einzige Veränderung war, dass seine Klinge nun frei von dem ganzen Blut war.

„Ich lass nicht zu, dass ihr die Marine ruft“, gab er von sich, bevor er in seiner Stellung etwas herabsetzte um den nächsten Schlag zu auszuführen.
 

Ein paar Tage danach…
 

Kanon war auf dem offenen Meer gewesen als er die Zeitung las. Seinen letzten Vorfall konnte er nicht verbergen, was auch kein Wunder war. Immerhin hatte er eine ganze Insel massakriert. Nachdem er die anderen Artikel fertig gelesen hatte, schaute er sich den hinzugefügten Steckbrief an. Es war seines – ‚Cold Glare’ Kanon. Zwar konnte die Regierung die Morde zu ihm zurückführen, aber es schien als hätten sie seinen Nachnamen nicht herausfinden können. Denn sonst würde dieser auch noch abgebildet sein.

Sein Kopfgeld betrug 10 Millionen. Angesicht der Neuen Welt war er nur ein kleiner Fisch, aber um die Summe ging es nicht. Der Schwertkämpfer setzte sich hin und lehnte etwas zurück. Es gab kein Zurück mehr für ihn mehr. Er war nun ein offiziell gesuchter Krimineller.
 

Der nächste Überfall sorgte dafür, dass sich sein Kopfgeld verdoppelte. Er hatte ein weiteren ehemaligen Kollegen seiner Eltern gefunden und getötet. Dieser hatte zwar alleine gelebt, aber schien ein sehr beliebter Mann gewesen zu sein. Denn nachdem er das Leben dieses Ex-Piraten genommen hatte, kamen ein paar Jugendliche herein als wären sie zum Abendessen eingeladen worden. Sie entdeckten das Geschehen und schlugen Alarm, wodurch wieder eine Kettenreaktion entstand. Das Dorf wollte die Marine verständigen und um das zu verhindern, hatte Kanon alle Bewohner getötet.

Allerdings endete sein Rachezug nicht damit, sondern dieser Vorgang wiederholte und wiederholte sich immer wieder. Dadurch erhöhte sich innerhalb eines Jahrs sein Kopfgeld zu 50 Millionen Berry.

Jedoch konnte er nicht behaupten, dass seine Taten immer problemlos verliefen wie seine ersten drei Male. Am Anfang konnte er seine Gegner nur so schnell töten, weil sie überrascht und ahnungslos vor der schwebenden Gefahr, die sie ausgesetzt waren, waren. Doch nun waren die anderen ehemaligen Kollegen seiner Eltern vorgewarnt und konnten sich auf einen Gegenangriff vorbereiten.
 

In seinen letzten Kämpfen zerbrach das Schwert, welches er in der ersten Hälfte der Grand Line gestohlen hatte, und noch vier Weitere. Die Techniken, die Sora ihm beigebracht hatten, schienen nicht für jede Klinge geeignet zu sein. Außerdem trug er viele Wunden davon. Dennoch waren keine von ihnen tödlich und keine Angriffe landeten auf seinen Rücken. So konnte Kanon sich selbst versorgen. Die Verletzungen waren sehr tief und es wäre kein Wunder, wenn diese Narben hinterließen. Allerdings erinnerte sich der Schwertkämpfer an einem Buch, die eine Methode beschrieb tiefe Wunden zu versorgen ohne Narben zu hinterlassen. Sister Angela hatte diese Vorgangsweise bestätigt und ihm auch noch näher erklärt, wie der Vorgang funktionierte, aber betont, dass diese sehr gefährlich war und tödlich enden konnte. Jedoch nahm Kanon dieses Risiko auf sich und versorgte in dieser Weise seine Wunden. Dadurch verheilten sich die Verletzungen ohne Narben zu hinterlassen.

Sein neuestes Schwert hatte er von seinem letzten Opfer gestohlen. Dieses Mal handelte es sich um ein langes, japanisches Schwert. So hielt er es immer mit seiner Hand und ließ diese an seiner Schulter lehnen. Würde er nämlich die Waffe an seinem Gürtel binden, würde die Schwertscheide immer mit dem Boden in Berührung kommen und einen widerlichen Laut produzieren. Außerdem hatte es den Vorteil, dass er seinen Rucksack nicht mehr schultern musste. Denn nun konnte er sein Gepäck an dem Schwert binden und es so mit sich herum schleppen.

In der neuesten Zeitung fand er einen Artikel über den Piraten Trafalgar Law. Der Journalist war in der Lage ein Photo von dem Kriminellen zu schießen, welches auch abgebildet war. Erst dann merkte er, wie ähnlich der Shi no Gekai und er ihr Schwert hielten. Es war zwar nicht seine Absicht sein Vorbild nachzuahmen, aber am Ende kam dies irgendwie heraus. Jedoch fand er keinen Grund seine Haltung zu verändern. Bis er eine pragmatischere Methode gefunden hatte, würde er diese beibehalten.
 

Kanon lagerte sein Gewicht immer wieder nach links oder rechts um Umi no Yuube in eine gewisse Richtung zu steuern und den Kanonenschüssen auszuweichen. Kurz blickte er hinter sich und schnalzte mit der Zunge. Dieses Marineschiff war wirklich mehr als hartnäckig. Wahrscheinlich lag es daran, dass er ein bekanntes Gesicht geworden war. Es schien als würde er nicht mehr so friedlich und problemlos reisen können wie früher.

Schließlich beugte er sich nach vorne und übte mit seinen Füßen mehr Druck aus damit das Schiff unter Wasser tauchte. Dann schloss er kurz seine Augen um genug Kraft zu sammeln und um sich zu konzentrieren. Im nächsten Moment öffnete er diese wieder und sprang hoch während das Schiff von der Oberfläche unter dem blauen Meer verschwand. Die Gewehrschüsse, die die Marine auf ihn richteten, blockte er mit seinem Schwert. Dies verursachte aber, dass ein Sprung sich in seiner Klinge bildete.

„Ts!“ zischte der Junge irritiert. „Was für ein nutzloses Schwert.“

Erfolgreich und unverwundet landete er am Deck. Doch er konnte sich nicht lange ausruhen und schon kamen die ersten Soldaten auf ihn zu. Er senkte seine Haltung, griff mit seiner rechten Hand das Schwert, welches er mit seiner Linken hielt. Im nächsten Moment starrte er kühl nach vorne und ein starker Wind wehte, welches die Soldaten um ihn herum tötete. Für das nackte Auge sah es aus als hätte er die Marine Angehörigen mit seinem Blick angegriffen, aber in Wirklichkeit hatte er innerhalb eines Augenwimper seine Waffe gezogen, ein Hieb versetzt, wodurch er unzählige Luftklingen freisetzte, und das Schwert wieder zurück zur Scheide geführt.

Eine handvolle Anzahl von Soldaten hatte er gerade besiegt und schon kam die nächste Gruppe. Es schien fast kein Ende zu haben. Nach gefühlten Stunden hatte der Junge die Hälfte der Gruppe besiegt. Während des Kampfes zersprangen ihm vier Klingen. Nach seinem letzten Schlag gab auch sein Fünftes nach.
 

„Ein einziger Balg treibt hier sein Unwesen und ihr könnt ihn nicht unter Kontrolle bringen? Das gibt’s doch wohl nicht!“
 

Kanon weitete seine Augen als er diese bekannte Stimme hörte. Langsam drehte er sich zu der Person, die gerade gesprochen hatte. Sein Verdacht war berechtigt und bestätigt worden. Denn es war wirklich dieser Mann gewesen, der sein friedliches Leben ein Ende bereitet hatte. Wegen dieses Kerls waren die Waisenkinder und Sister Angel umgekommen.

„Flottenadmiral Mooren“, gab der Schwertkämpfer ruhig von sich.

„Vizeadmiral“, korrigierte der Marine Anhänger den Jüngeren grinsend.

„Pff! Ach wirklich“, erwiderte Kanon ungläubig. „Ich bezweifle stark, dass du deinen Titel verdienst. Hast ihn wahrscheinlich auch nur durch Lippenbekenntnis bekommen.“

Ohne zu warten, griff der Schwarzhaarige nach einem Schwert, der am Boden lag und setzte zum Angriff über. Jedoch kam er an seinem Gegner nicht nah genug heran und Mooren ging zum Kontern über.

Aus Instinkt wich der gesuchte Junge aus und sprang ein paar Meter zurück. Seine Entscheidung war die Richtige gewesen. Hätte er seinen Angriff fortgesetzt oder hätte er versucht den Angriff zu blocken, dann wäre er in zwei geteilt worden, genauso wie der Boden des Decks und die fünf Männer, die hinter ihm gestanden hatten.

Doch auch er konnte dem Schlag nicht vollkommen ausweichen. Ein tiefer Schnitt hatte sich in seinen Wangen bemerkbar gemacht und fing auch sofort an stark zu bluten. Schmerzhaft verkniff der Kurzhaarige seine Augen, aber hielt sich zurück die Wunde anzufassen. Er wusste, dass dies nur ein kleiner Kratzer war und eigentlich nichts verglichen dazu war, was ein Krieger sonst erlitt. Jedoch pochte der Schnitt und tat ihm wirklich unglaublich weh als hätte man ihm ein Stück Fleisch vom Gesicht herausgeschnitten.

Allerdings spielte er sich nicht absichtlich auf wie eine Mimose. Als er sich zum ersten Mal verletzt hatte, hatte er gemerkt, wie schwach und nicht resistent er zu Schmerzen war. Selbst nach vielem Forschen und Nachschlagen kam er zu keinem Ergebnis, was die Ursache dafür sein konnte. Es war keine Krankheit oder sonst noch irgendetwas. Wie ein Blitz fiel ihm dann die Antwort ein. Er musste den zerbrechlichen Körper seiner Mutter geerbt haben, welcher durch die unzählige Verwendung ihrer heilenden Fähigkeiten der gegessenen Teufelsfrucht permanent geschwächt worden war. Niemals hatte er daran gedacht, dass so etwas vererbbar war, aber dies war nun der Fall.

Jedoch gab er seine Mutter nicht die Schuld dafür, noch irgendjemanden Anderen. Immerhin hatte die Frau ihre eigene Gesundheit geopfert um ihre Kameraden zu retten und für diese Tat war er stolz auf sie gewesen, stolz der Sohn von Cordelia zu sein. Daher würde er mit diesem Körper mit erhobenem Haupt weiterleben können.
 

Derzeit waren diese Gefühle aber zweitrangig. Denn Kanon konnte nicht verstehen, wie der letzte Hieb von seinem Gegner trotz mangelnder Geschwindigkeit so viel Schaden anrichten konnte. Zwar sah er, wie muskulös Mooren war und dass er in Sache Körperkraft um vieles unterlegen war. Trotzdem konnte er nicht vorstellen, dass der Marine Angehöriger solch eine Stärke besaß, dass dieser mit einer langsamen Bewegung eine Luftklinge erzeugen konnte. Wenn es nicht an der Fähigkeit des Anwenders lag, dann musste es sich um das Potential der Waffe handeln. Was für ein Monsterschwert setzte sein Gegner bloß ein?
 

Als Kanon seinen Blick etwas anhob, weiteten sich seine Augen zum wiederholten Male. Ein japanisches, langes Schwert, welches vom Heft, Stichblatt und selbst die Klinge vollkommen pechschwarz war… Dieses Schwert, welches dieser eine Mann immer bei sich trug und hütete wie seinen Augapfel… Das Schwert, welches er niemals in den Händen halten durfte, egal wie oft er danach gefragt hatte…

„Shikkoku… Kamikaze“, flüsterte der Junge ungläubig. Warum zur Hölle hatte dieser Mann das Schwert von seinem Meister? Sicher wusste er, dass Sora schon längst tot war, aber es konnte doch nicht sein, dass dieser von Mooren besiegt wurde, oder?

„Dieses Schwert hat also einen Namen? Hab ich gar nicht gewusst.“ Die Stimme seines Gegners riss ihn wieder aus den Gedanken und er festigte seinen Griff um seine Klinge.

„Wie kommt es, dass du dieses Schwert in deiner Obhut hast? Sora hätte niemals gegen jemanden wie dich verloren“, verlangte der Jüngere zu erfahren. „Welchen schmutzigen Trick hast du angewendet um zu gewinnen?“

„Das glaubst auch nur du. Sagen wir einfach… Dein geliebter Ex-Samurai ist einfach nicht so stark wie du gedacht hast“, antwortete der Vize Admiral lachend.

Kanons Blick verfinsterte sich noch mehr und unbändige Wut war in diesem zu lesen, aber noch beherrschte er sich. Denn er war nicht dumm und wusste, dass ein direkter Angriff nur fatal für ihn enden würde. Immerhin wusste er wie gefährlich das Schwert von seinem Lehrer war. Jedoch hatte er noch nie dessen volles Potential gesehen und er bezweifelte, dass der letzte Schlag diese Grenzen nur annähernd deutete.
 

Der nächste Angriff des Älteren ließ sich nicht lange warten und eine weitere Luftklinge sauste Richtung Kanons. Diese versuchte er mit unzähligen Luftklingen seines Schwertes zu blocken, doch diese verlangsamten den Schlag nur etwas. So musste der Schwarzhaarige hoch in die Luft springen um den Hieb vollkommen auszuweichen. Dadurch wurden das Deck und einige Marine Soldaten wieder getroffen.

„Das Schwert macht wirklich nie das, was man ihn sagt“, gab Mooren von sich und schaute die schwarze Klinge an. „Das schneidet immer mehr als ich will.“ Der Mann schien sich nicht zu kümmern, dass er seine eigene Untergebene getroffen hatte. Kanon konnte sich schon vorstellen, wie dieser den Verlust in seinem Bericht erklären würde. Der Vize Admiral würde die Schuld einfach in die Schuhe des Schwertkämpfers schieben.

Während sein Gegner abgelenkt war, sammelte Kanon seine Kräfte in seinem Schwert, bevor er dieses schwang um eine heftige und starke Luftklinge freizusetzen, wobei seine Waffe zu Bruch ging. Beinahe hätte der Hieb seinem Feind getroffen, aber Mooren schaffte es den Angriff zu blocken, obwohl dieser sehr spät reagiert hatte.

Verdammt“, fluchte der Jüngere wütend in Gedanken. „Normale Schwerter kommen an ihm nicht heran. Nicht solange er diese Klinge in den Händen hat.

Gerade wollte Kanon sich nach einer neuen Waffe umsehen, da bemerkte er im Augenwinkel, wie sein Gegner zum nächsten Schlag ausholte. Obwohl er rechtzeitig zurückwich, konnte er dem Angriff nicht unverwundet entkommen. Der Hieb traf ihn an der rechten Schulter und sorgte für eine stark blutende Schnittwunde. Geblendet von dem Schmerz, fiel der Schwarzhaarige auf die Knie und versuchte die Blutung mit einem Tuch, welches er mit seiner linken Hand aus der Hosentasche heraus geholt hatte, zu stoppen.

Doch er hatte nicht genug Zeit den Stoff fest genug an die Wunde zu drücken. Denn ein Schatten fiel über ihn. Er konnte noch gerade hinaufschauen, bevor er mit einem heftigen Tritt ein paar Metern nach hinten befördert wurde. Hustend spuckte der Jüngere Blut aus und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Doch stattdessen wurde sein Blick unklarer und er hatte das Gefühl sein Bewusstsein zu verlieren.
 

Egal was passiert, egal welche schmutzige Mittel du einsetzen musst, du darfst nicht sterben. Du musst leben!
 

Die Augen, die drohten sich zu schließen, öffneten sich weit. Kanon sammelte so viel Kraft wie er konnte in seinen Armen und versuchte aufzustehen. Doch er schaffte es gerade seinen Oberkörper etwas zu heben.

„Ho? Du bist noch beim Bewusstsein? Ich dachte eine kleine Made wie du wärst schon längst im Land der Träume“, spottete der Vize Admiral während er die scharfe Klinge zurück in ihre Schwertscheide führte. Dann schritt er näher zu dem gefallenen Schwertkämpfer, beugte sich etwas nach vorne, bevor er den Kriminellen am Haar hochhob.

Den Schmerz, den Kanon verspürte, reichte vollkommen aus, dass er aufschreien konnte. Doch er wollte diesen Gefallen seinem Feind nicht tun und presste seine Lippen fest zusammen. Schließlich spürte Kanon, wie Mooren das schwarze Schwert benutzte um mit dem Griff sein Kinn anzuheben damit sie sich direkt in die Augen schauten. Als er bemerkte, wie die Klinge behandelt wurde, biss er seine Zähne vor Wut noch fester zusammen. Wie konnte diese dreckige Ratte es wagen mit Soras Waffe so respektlos umzugehen?

Die nächsten Worte seines Feindes erreichten den Schwarzhaarigen nicht. Zu sehr war seine Aufmerksamkeit an das Schwert gerichtet und zu sehr war er von seiner Wut abgelenkt.
 

Plötzlich biss er ohne Vorwarnung zu. Nicht einer Sekunde länger wollte er sehen, wie das Schwert in diesen unwürdigen Händen verweilte. Schreiend stand der Vize Admiral auf und ließ das Haar seines Gefangenen los. Jedoch gab Kanon nicht nach und biss nur fester zu.

„Du verdammter Balg! Hast du komplett den Verstand verloren?!“ brüllte Mooren wütend und versuchte durch Schütteln seinen Angreifer los zu werden. „Lass sofort los!!!“

Mit einem letzten, heftigen Schwung schaffte der Marine Anhänger den Jungen von sich weg zu stoßen. Kanon flog einige Meter nach hinten, bevor er mit dem Rücken an einer Wand prahlte.

„Dieser verfluchter-“ beschwerte sich der Vize Admiral und schaute seine angebissene Hand an, bevor dieser stoppte und seine Augen vor Schock weitete. Sofort drehte er seinen Kopf in die Richtung, wohin er Kanon befördert hatte.

Der Junge atmete tief ein und aus während er verzweifelt versuchte bei Bewusstsein zu bleiben. Er versuchte mit seiner rechten Hand seine erworbene Waffe zu ziehen, aber seine Schulter pochte heftig und er ließ sein Arm wieder senken. „Verdammt… Ich kann meinen rechten Arm nicht heben. Ich muss mit einer Linken weiterkämpfen. Aber…“ fragte sich Kanon in Gedanken.
 

Ein Tag war gerade vergangen als seine Mutter ihn bei seiner Tante gebracht hatte. Seine Augen waren glasig, aber der Bube weigerte sich zu weinen. Zu wiederholten Male wischte Kanon sich wütend die Träne weg und griff mit der linken Hand den Löffel um seine Suppe zu essen.

„Kanon!“ ermahnte Sister Angela ihn geschockt.

Verwirrt blickte der Schwarzhaarige auf und schaute die der Nonne an. Die Dame schien zu merken, dass er nicht wusste, was er falsch gemacht hatte und erklärte daher: „Kanon, die linke Hand ist die Hand des Teufels. Daher darfst du sie nicht so oft verwenden. Ab jetzt benutze hauptsächlich deine rechte Hand.“


 

Schmerzhaft schloss er seine Augen als er seinen Entschluss fasste. Selbst wenn er eines Tages sein Leben im Kampf verlor, er weigerte sich gegen diesen Typen zu verlieren. Auch wenn er ein weiteres Gebot Sister Angelas brechen musste...

Schließlich hob er sein Haupt und durchbohrte seinen Feind mit einem kühlen und finsteren, aber entschlossenen Blick während er das pechschwarze Schwert mit seiner linken Hand von seiner Scheide herauszog.

Bevor der ältere Mann nur ein fluchendes Wort von sich geben konnte, schwang Kanon mit seiner letzten Kraft die Waffe und setzte eine mächtige Luftklinge frei. Dieser Hieb teilte nicht nur seinen Gegner, sondern das ganze Schiff in zwei. Panisch schrien die Soldaten, die noch am Leben waren, herum und versuchten sich irgendwo festzuhalten. Jedoch beachtete der Schwertkämpfer diese Leute nicht, noch zeigte er irgendeine Reaktion als das Wasserfahrzeug zum Sinken begann.

Sein Blick fiel auf das pechschwarze Schwert, welches er endlich in seinen Händen hielt. Ein Lächeln huschte auf seine Lippen, bevor er seine Augen schloss und bewusstlos zu Boden fiel.
 

Das Heulen der Seemöwen erreichten seine Ohren und der Geruch des Meeressalzes trank in seine Nasenröhren ein. Seine Augen zuckten ein paar Male bis Kanon es schaffte diese vollkommen zu öffnen. Als er erwachte, wusste er nicht, wo er war, was geschehen war, nachdem er bewusstlos wurde oder wie er überlebt hatte.

Dann bemerkte er dieses bekannte Gefühl der kühlen Oberfläche und die Farbe des dunklen Lacks. Sofort erhob er sein Haupt um zu prüfen, ob er mit seiner Vermutung richtig lag. Schließlich bestätigte sich sein Verdacht und er lag ohne Zweifel auf sein Umi no Yuube. Im Augenwinkel merkte er auch das pechschwarze Objekt in seinen Händen. Sofort blickte er hinunter und merkte, dass er immer noch das Shikkoku Kamikaze fest hielt.

Dank Soras Schwert hatte er einen Feind besiegen können, gegen wen er unter normalen Umständen keine Chance gehabt hätte, und es war Soras Schiff, welches dafür gesorgt hatte, dass er nicht im Meer ertrank. Schlussendlich wurde Kanon wieder von seinem Lehrer beschützt und gerettet. Selbst nach seinem Tod wachte der Schwertkämpfer über seinen Schüler.

Kanons Mundwinkel zuckte nach oben und er konnte sein dankbares Lächeln nicht unterdrücken. „Du Idiot“, flüsterte der Schwarzhaarige. „Statt über mich zu wachen, ruhe endlich in Frieden… Sora.“

Die Unterwelt

Seit seinem Sieg gegen Mooren tauchte ein Marinekriegschiff nach dem Anderen auf. Nicht einmal seine Wunden hatten Zeit sich zwischen den Intervallen zu verheilen, bevor sich Neue bildeten. Selbst jemand wie Kanon, der sonst nicht sehr viel Schlaf brauchte, war erschöpft und müde von dem ganzen Kämpfen.

Der Schwarzhaarige wusste, dass er bis jetzt nur durch Glück überlebt hatte und dass er seine Gegner nur besiegen konnte, weil er immer unterschätzt wurde. Doch dies endete damit als sein Kopfgeld sich auf 69 Millionen Berry erhöhte. Die Neue Welt war nicht umsonst als das gefährlichste Meer der Welt bekannt. Er hatte keine Wahl als sich einem starken Verbündeten anzuschließen. Denn alleine hatte er keine Chance zu überleben. Auch wenn er Shikkoku Kamikaze oder seine linke Hand verwendete, er hatte seine Grenzen erreicht.
 

Erschöpft fiel Kanon auf seine Knie und versuchte seinen Atemgang unter Kontrolle zu bringen. Dies war nun das zehnte Marineschiff in dieser Woche, das hinter ihm her war. Es war unglaublich wie schnell die Regierung arbeitete und wie schnell sie herausfanden, wo er sich befand. Als wäre das Unwetter der Neuen Welt oder die Piraten, die er auf hoher See traf nicht problematisch genug, selbst die Marine war ihm dicht an den Fersen. Immer wieder fragte er sich, was seine Eltern wohl getan haben müssen um den Groll der Regierung auf sich zu ziehen. Doch genauso oft musste er eingestehen, dass er selbst keine unschuldige Seele mehr war und auch sehr viel Unheil angerichtet hatte. Wahrscheinlich ging es nicht nur ihm so, sondern allen Kriminellen, die in dieser Hälfte der Grand Line ihr Unwesen trieben und nicht für einen der Yonkou arbeiteten.

Nachdem er sich genug ausgeruht hatte, stand er auf und schwang sein Schwert etwas zur Seite um das klebende Blut von der Klinge wegzukriegen, bevor er diese zurück in die Scheide führte. Der Anblick von zerteilten Leichen juckte ihm kein Stück mehr. Wenn er zurückdachte, wunderte der Goldgrünäugige sich sehr, wie schnell er sich an das Töten gewohnt hatte. Das Piratenblut in ihm war stärker ausgeprägt als er gedacht hatte.

Aus Campen würde es sicher nichts mehr werden. Denn immer wenn er draußen übernachtete, wurde er entdeckt und in der nächsten Sekunde hatte er irgendwelche Kopfgeldjäger am Hals hängen. Alles war wirklich mehr als ärgerlich. Wahrscheinlich wäre es besser, wenn er ein Hotel in Anspruch nahm. Widerrum hatte er nicht sehr viel Geld bei sich. Er steckte seine Hand in seine Hosentasche und holte die kurze Rolle Münzen, die er hatte, heraus. Nein, das Geld reichte von vorne bis hinten nicht aus.

Im Augenwinkel bemerkte er eine Leiche, die ihm einfach zufällig in den Blick fiel. Die Glieder waren abgeschnitten, aber der Oberkörper war nocht im guten Zustand. Nervös und schwer schluckte er als er sich an ein Gerücht, welches er bei seinem letzten Besuch in der Unterwelt gehört hatte, erinnerte.
 

Hast du gehört? Derzeit sind menschliche Organe voll angesagt in der Unterwelt. Damit könnte man richtig viel Geld machen.
 

Lange starrte er die Leiche vor ihm an, bevor er seine Augen schloss um seinen Entschluss zu fassen. Dann schaute er sich die anderen herumliegenden Leichen an um sie zu begutachten.
 

In der Neuen Welt gab es viele unterirdische Gebäuden, in welchen dunkle und illegale Geschäfte hinter dem Rücken der Regierung gemacht wurden. Normalerweise besuchte Kanon diese Fakultäten nur um Information zu sammeln, aber dieses Mal war er als Verkäufer gekommen.

Suchend schaute er sich um bis er die Abtei fand, die er gesucht hatte. Auf dem nächsten Mitglied des Personals kam er zu und sprach: „Ich habe etwas, dass ich verkaufen möchte. Wie viel gibst du mir dafür?“

Der Händler schaute den Jungen auf und ab als wäre Kanon die Ware, die dieser begutachten musste.

„Und mit wem bitte habe ich es zu tun?“ wollte der Mann wissen während dieser sein Kinn fragend kratzte. „Für wen arbeitest du?“

„Was hat es denn damit zu tun? Solange die Ware in Ordnung ist, sollte es kein Problem sein, oder?“ gab der Schwarzhaarige irritierend von sich. „Schau sie dir an und gib mir dann deine Entscheidung.“

„Du hast wohl einen Vogel! Weißt du nicht, wo du bist?! Du bist in der Unterwelt, nicht auf einem Flohmarkt oder Second Hand Shop!“ Der Ältere wechselte seinen Ton und wich etwas zurück. „Wenn du hier Geschäfte machen willst, dann brauchst du zuerst Verbindungen. Ver-bin-dung-en! Bevor hier etwas auf dem Schwarzmarkt landet, muss es erst durch Jokers Hand gehen!“

„Und wo ist dieser Joker?“ konterte er die Aussage des Händlers mit seiner Frage.

„Ha! Das wüsste ich auch gerne!“ Sein Gesprächspartner wurde immer ungeduldiger und unangenehmer. „Wenn der Mann eine Person wäre, die man einfach so treffen könnte, dann wäre er nicht so ein hohes Tier!“

„Du kannst ihn zwar nicht persönlich treffen, aber du kannst die Erlaubnis in der Unterwelt zu arbeiten indirekt bekommen, indem du mit jemanden redest, der für ihn arbeitet“, fügte eine weibliche Stimme hinzu.

Neugierig wer zu seinem Gespräch hinzugekommen war, drehte sich der Schwertkämpfer um und sah eine Dame mit welligem, grünem Haar und gelben Augen hinter ihm stehen.

„Ich kenne zufällig jemanden“, setzte die unbekannte Frau fort. „Wenn du willst, könnte ich dir etwas zur Hand gehen.“
 

Schließlich folgte Kanon der gelbäugigen Dame, wobei er sich keine Blöße gab. Immerhin war er nicht naiv genug zu glauben, dass seine Gesprächpartnerin harmlos war, nur weil diese eine Frau war.

In einem isolierten und menschenleeren Ort blieben beide stehen und die Grünhaarige drehte sich zu ihm um. „Wollen wir nun zum Geschäftlichen kommen?“ bot sie freundlich an, bevor sie den Sack anschaute, welches der Jüngere mit sich schleppte. „Was verkaufst du denn? Fell von geschützten Tiergattungen?“

„Nein, Organe“, korrigierte der Kurzhaarige die Dame mit welcher Aussage er sorgte, dass sie ihre Augen kurz weitete, bevor diese ihre Hand hob um ihren Mund zu bedecken, und ihre Lippen mit der Zunge ableckte.

„Organe, sagst du? Wie interessant“, kommentierte die grüne Frau. „Aber hast du das Fachwissen diese richtig zu konservieren und für ihre Qualität zu bürgen?“

„Wenn du mir nicht glaubst, wie wäre es, wenn du es dir selber anschaust?“ gab Kanon kühl von sich und griff in seinen Sack hinein, wo er ein dichtes und durchsichtiges Glas herausholte. Der Inhalt des Behälters war eine Niere, die sich in einer violetten Flüssigkeit befand. Dieses reichte er dann seiner Gesprächspartnerin, aber die Dame machte keine Anstalt das Objekt an sich zu nehmen.

„Menschliche Organe müssen trocken gelagert oder eingefroren werden um sie noch für medizinische Zwecke nutzen zu können“, erwiderte sie, wobei sie nicht enttäuscht oder wütend klang, sondern amüsiert. „Ich glaube nicht, dass es eine gute Methode ist Organe in Dosen zu stopfen und sie in farbige Flüssigkeiten schwimmen zu lassen.“

„Die Organe müssen legendlich vom Fäulnisprozess, Verwesung und schädlichen Organismen wie Bakterien oder Pilzen geschützt werden. Solange man eine Methode verwendet, die diese Funktionen erfüllen, ist es egal, in welchen Behältern sie sich befinden“, konterte er ihre Aussage. „Die Konservierungsmethoden, die du vorgeschlagen hast, sind zwar die Üblichsten und werden am häufigsten verwendet, aber persönlich finde ich diese Variante schädlich für die Organe. Sie verlieren an Qualität und sind nicht mehr natürlich frisch.“

„In anderen Worten, diese Flüssigkeit sorgt dafür, dass die Organe frisch bleiben als würden sie noch in einem lebenden Körper hausen?“ Die Aussage wurde zwar als Frage formuliert, aber in ihren Ton war es hörbar, dass sie keine Antwort verlangte. „Wie bist du denn über solch einer praktischen Methode gestolpert? Du siehst zwar aus wie ein Schwertkämpfer, aber kann es sein, dass du auch ein Arzt bist?“

„In einer Art und Weise.“ Kanon war kein Arzt, aber dies musste seine Gegenüberstehende nicht wissen.

Medizinische Kenntnisse besaß er immerhin. Schließlich versorgte er seine eigenen Wunden und das noch ohne diese vernarben zu lassen. Schon seit er ein Kind war, hatte er praktische Erfahrungen gemacht, wobei diese nichts verglichen dazu waren, was er seit einiger Zeit tat. Daher log er mit seiner Antwort nicht. Nur verheimlichte er einige Details, damit er sich selbst nicht verriet und sich billiger verkaufte als es nötig war.
 

„Sagen wir mal ich würde die Organe annehmen… Wie viel würdest du dafür verlangen?“ fragte die Langhaarige schließlich nach und schaute den Jüngeren direkt an.

„Genug um ein Dach über dem Kopf zu bekommen, etwas Essbares zwischen den Zähnen zu kriegen und trotz allem noch ein bisschen Geld in der Tasche zu haben“, antwortete der Junge ernst und sachlich.

Lange starrte die Grünhaarige den Schwertkämpfer an, bevor sie begann zu kichern und krampfhaft versuchte nicht laut zu lachen. Etwas empört von ihrer Reaktion, verengte Kanon etwas seine Augen.

„Was ist bitte so lustig?“ wollte er wissen und ballte seine rechte Hand zu einer Faust.

„Nein, nein, verzeih“, entschuldigte sich die Dame als sie sich beruhigte. „Eine Wohnung, etwas zum Essen und ein bisschen Taschengeld. Habe ich es richtig verstanden?“

Mit einem Nicken bestätigte Kanon ihre Aussage, wobei ihre Wortwahl ihm nicht ganz gefiel. Denn er war kein Kleinkind mehr und er brauchte sicher kein Taschengeld.

„Gut, wir haben ein Deal“, meinte die Grünhaarige und kam Kanon etwas näher. „Folge mir. Ich zeige dir ein Apartment.“
 

Nach einem kurzen Fußmarsch kam das Paar an einem unauffälligen Wohnblock an. Kanon folgte der älteren Dame und stieg die Treppen hoch. Schließlich stoppten sie vor einer Tür und die Grünhaarige schloss diese auf.

„Bitte sehr“, bot die Frau den Jüngeren an. „Nach dir.“

Kurz schaute er seine Begleiterin verdächtigt an, bevor er doch als Erster eintrat. Die Wohnung bestand aus einem Wohn/Schlaf/Küchenbereich mit einem angeschlossenen kleinen Badezimmer. Zwar war das Zimmer etwas klein, aber nicht eng, und die eingerichteten Möbel sahen ziemlich gemütlich aus.

„Das ist mein Apartment“, erklärte die Dame während sie weiter in den Raum schritt. „Aber ich benutze ihn kaum. Daher kannst du es verwenden, wie du möchtest.“ Anschließend nahm sie auf einen der zwei Stühle, die sich im Zimmer befanden, Platz. „Ich werde aber trotzdem ab und zu vorbeikommen. Hoffe das stört dich nicht. Ich habe den Kühlschrank auch erst vor kurzem voll gefüllt. Also gibt es genug Essen in der Wohnung.“ Dann drehte die Langhaarige ihren Kopf zu dem Schwertkämpfer. „Wegen des Geldes werde ich mich kümmern. Ich sollte es innerhalb von fünf Tagen zusammenkriegen. Was sagst du?“

Noch einmal schaute sich der Jüngere im Apartment um. Wie es aussah waren keine Fallen eingebaut, noch schien die Frau ihm Schaden zufügen zu wollen. Egal wie er das Blatt drehte und wendete, die Dame schien wirklich nur die Absicht zu haben ihm zu helfen.

„Gut, bin einverstanden“, stimmte er nickend zu, woraufhin die Grünhaarige wieder aufstand und ihm ihre Hand reichte.

Sein Blick wanderte von der Hand zu ihrem lächelnden Gesicht. Kurz überlegte er sich, ob dies doch irgendeine Falle war, bevor er den Gedanken wieder verwarf. Die Frau schien wirklich nichts, was für ihn relevant sein könnte, zu verstecken. Schließlich gab er ihr seine Hand.

„Ich heiße übrigens Mone“, stellte sich die Dame vor. „Darf ich vielleicht deinen Namen erfahren?“

„Kanon“, antwortete der Jüngere einfach.

Auch wenn er noch keinen Grund hatte seine Geschäftspartnerin zu misstrauen, er vertraute der Gelbäugige noch nicht genug ihr seinen Nachnamen zu verraten, welchen nicht einmal die Weltregierung kannte.
 

Wie versprochen erschien die grüne Dame innerhalb den nächsten fünf Tagen wieder. Während der Zeit hatte Kanon es sich in der Wohnung bequem gemacht und sich von seinen leichtesten Wunden erholt.

„Bin zurück, Kanon“, grüßte Mone den Jüngeren als sie ihm näher kam.

Der Schwertkämpfer schaute hoch von der Zeitung, die er las und hob eine Augenbraue. „Erwartest du jetzt von mir, dass ich ‚Willkommen zurück’ sage?“

„Das wäre nur höflich“, merkte die Langhaarige amüsiert an, wobei sie dieses Thema nicht weiter vertiefte, sondern einen schwarzen Aktenkoffer auf dem Tisch legte. „Hier, dein Teil.“

Verwirrt schaute Kanon seine Kollegin an, bevor er die Zeitung auf die Seite legte und das Gepäck öffnete.

„Was soll ich denn bitte mit diesem Papier?“ wollte der Jüngere wissen und schaute die Dame irritiert an.

„Papier?“ wiederholte Mone leicht verwirrt und überrascht, bevor sie in den Koffer schaute und ein Bündel herausholte. „Das sind Banknoten. 500 Tausend Berry Scheine.“

„Scheine?“ sprach Kanon das Wort verwirrt aus, bevor er wieder in den Koffer blickte.

„Kann es sein, dass du Geldscheine zum ersten Mal siehst?“ fragte die Langhaarige vorsichtig nach. Doch auch wenn der Junge nichts sagte, schien die Dame schon die Antwort zu wissen. „Erzähl mir so was Praktisches doch früher. Dann hätte ich dir gefälschte Banknoten bringen können.“

„Hey!“ kam es beschwerend und nicht zustimmend von dem Schwertkämpfer, was nur dafür sorgte, dass Mone zum Kichern begann.

Was konnte er dafür, dass er in seinem ganzen Leben bis jetzt nur Berry Münzen in der Hand hatte? Hätte er gewusst, dass dieser Papierschnickschnack eigentlich Geld war, dann hätte er damals die Scheine mitgehen lassen.
 

Zum ersten Mal in seinem Leben hatte Kanon mehr Geld als er benötigte. Daher wusste er einfach nicht, was er damit anfangen sollte. So begann er Bücher zu kaufen, Gegenstände für medizinische Zwecke aufzutreiben und seine alten Sachen wie Klamotten oder Bürsten zu ersetzen. Außerdem hatte er sich ein neues Hobby zugelegt – Gifte und Drogen zu kaufen und diese einnehmen um gegen diese eine Immunität zu bauen.

Das erste Mal als er ein leichtes, aber nicht tödliches Getränk zu sich nahm, war die Hölle. Er hatte hohes Fieber und konnte nur schwer atmen. Erst nach einer Woche kam er wieder zu sich mit einer amüsierten Mone an seiner Seite.
 

Die Grünhaarige behauptete zwar, dass sie das Apartment nicht oft benutzte, aber seiner Meinung nach tauchte sie ziemlich oft auf als würde sie nach ihm sehen. Dies störte ihm allerdings kein Stück. Immerhin war es ihre Wohnung und sie konnte hineinspazieren, wann sie wollte.

„Du hast immer dein Schwert bei dir“, merkte sie einmal an. „Es muss dir sehr wichtig sein.“ Jedoch gab Kanon ihr keine Antwort, sondern säuberte seine Klinge weiter. „Scheint ein altes Stück zu sein, aber im guten Zustand“, setzte die Dame gut gelaunt fort. „Ich habe aus Neugier in verschiedenen Listen und Registern nachgeschlagen, aber deins habe ich nirgendwo gefunden. Hat dein Schwert einen Namen?“

„Gibst du deiner Lesebrille auch einen Namen?“ konterte Kanon die Frage, stoppte aber nicht in seiner Handlung. Zwar hatte er nicht die Absicht aus den Namen seines Schwertes, Schiffes oder aus seinem Nachnamen ein großes Geheimnis zu machen, aber er sah für sich keinen Vorteil irgendwelche Information kostenlos Preis zu geben. „Man wird anhänglich zu den Dingen oder Wesen, die man einen Namen gibt. Es ist nicht mein Stil mich an materielle Objekte zu binden.“

„Verstehe“, meinte Mone lächelnd und bevor sie sich wieder über die Lippen leckte. „Du bist wirklich ein ganz schön interessanter Bursche.“

Zu dieser Aussage hob Kanon verwirrt eine Augenbraue. Doch genauso wie er verriet die Ältere auch nicht einfach so ihre Gedanken.
 

Manchmal blieb sie auch ein oder zwei Tage. Zu dieser Zeit schlief Kanon auf dem Boden während er Mone das Bett überließ. Denn die Wohnung gehörte immer noch ihr, sowohl die Möbel, auch wenn er ebenfalls in diesem Zimmer lebte. Außerdem machte dies ihm nichts aus und er war es gewohnt auf dem Boden zu schlafen.
 

Gerade wollte er sich bereit zum Schlafen machen, da sprach Mone ihm aus heiterem Himmel an.

„Sag mal Kanon… Willst du dich nicht zu mir aufs Bett gesellen?“ bot die Dame ihm mit einem mysteriösen Lächeln an. Dabei schob sie die Decke etwas zur Seite, wodurch sie ihr Bettgewand frei zur Schau stellte.

Der Schwarzhaarige hatte nichts gegen enge Schlafvoraussetzungen. Immerhin gab es im Waisenhaus, in welchem er aufgewachsen war, nur einen einzigen Schlafsaal und alle Kinder hatten dort geschlafen. Allerdings kannten sich alle Kinder untereinander sehr gut, weswegen es kein Problem war. Doch bei Mone und Kanon war es anders.

„Von mir aus… Aber hast du nichts dagegen?“ wollte Kanon daher sicher gehen. „Mit mir?“

„Wir kennen uns doch schon so lange“, meinte die Grünhaarige und neigte ihren Kopf etwas neckend zur Seite. „Da gibt es doch keinen Grund so schüchtern zu sein… Oder traust du dich nicht?“

„Wenn du meinst“, erwiderte der Schwarzhaarige nüchtern und fühlte sich etwas blöd nachgefragt zu haben.

Anschließend zog er sein Hemd aus um sich umzuziehen. Während er seine Freizeitkleidung sorgfältig faltete und auf die Seite legte, hörte er, wie Mone kicherte, wobei er nicht verstand, was so lustig war. War es so komisch, dass er Acht auf seine Kleidung gab? Nur weil er ein Mann war, hieß es nicht, dass er keinen Wert auf Ordnung legte.

Schließlich kletterte Kanon auf das Bett, wobei die Matratze etwas nachgab. Dann legte er sich hin, schob die zweite Decke etwas höher und schloss seine Augen mit den Worten „Gute Nacht.“

Normalerweise legte der Schwarzhaarige sich nicht sofort zum Schlafen, nachdem er sich auf das Bett zurückgezogen hatte, sondern las immer ein Buch bis er müde war. Allerdings wollte er Mone nicht mit dem Lampenlicht irritieren. Daher entschied er sich sofort seinem Nickerchen nachzugehen. Stille kehrte in der Wohnung an und der Schwertkämpfer war dabei in das Land der Träume einzuwandern als er Mones Stimme vernahm.

„Sag einmal, Kanon… Bist du wirklich ein Mann?“ fragte sie nach als wäre sie verwirrt.

„Wie? Was soll die Frage?“ gab er irritierend von sich. Zwar brauchte er nicht viel Schlaf, aber das hieß nicht, dass er gerne von jemandem abrupt geweckt wurde. „Sehe ich aus wie ein Cross Dresser?“ Nachdem er diese Worte gesagt hatte, ging ihm ein Licht auf.. „Jetzt versteh ich. Habe es eh komisch gefunden als du angeboten hast das Bett mit mir zu teilen.“ Der Schwarzhaarige setzte sich auf und fuhr mit seiner Hand durchs Haar. „Du hast geglaubt, dass ich ein Mädchen sei, das sich aber als Junge verkleidet hat. Muss dich aber enttäuschen. Bin ein hundertprozentiger Mann.“ Schon oft hatten die anderen Jungs im Waisenhaus über seine feminine Züge lustig gemacht, aber er hätte nie gedacht, dass sie so dominant waren, dass man glauben konnte, dass er ein Mädchen wäre.

Anschließend legte er sich mit seiner Decke auf dem Boden und ließ seinen Kopf auf dem hinunter geworfenen Polster ruhen. „Naja… Besser später als nie herausfinden. Gut für dich, dass du es noch rechtzeitig gemerkt hast, nicht wahr?“ setzte er fort ohne die Besitzerin der Wohnung anzuschauen und mit dem Rücken zu ihr gedreht. „Jetzt will ich aber wirklich schlafen. Nacht.“
 

Am nächsten Morgen stand Kanon wie immer früh auf und machte das Frühstück. Nachdem Mone auch aufgewacht war, setzten sie sich zusammen zum Esstisch und aßen einen Eintopf mit Brot. Während des Mahls erhob die Grünhaarige ihre Stimme und fragte: „Sag einmal, Kanon… Kann es sein, dass bei dir kein Fleisch drinnen ist?“

Der Angesprochene stoppte in seiner Bewegung und schaute seine Gegenübersitzende etwas verwirrt an. Seit wann interessierte sie sich an seinen Essgewohnheiten? Kannten sie sich wirklich schon so lange, dass sie sich nah genug waren über so etwas zu reden? Kanon sah keinen Grund ein großes Geheimnis daraus zu machen, weswegen er sich entschied wahrheitsgetreu zu antworten.

„Ja… Wenn es geht, dann esse ich kein Fleisch, Fisch, Zwiebel oder Knoblauch“, erklärte der Schwarzhaarige. „Ei esse ich auch nicht außer in einverarbeiteter Form wie im Brot oder in Nudeln.“

Im Augenwinkel sah er, wie die Dame überrascht ihre Augenbraue hob und ihn anmusterte. Jedoch gab er kein Kommentar dazu und bewegte sich dazu weiterzuessen.

„Warum isst du denn keine Zwiebel und Knoblauch? Schmecken sie dir nicht?“ fragte sie schließlich nach.

Sofort stoppte der Schwertkämpfer beim Essen und senkte den Löffel zurück in Schüssel. Kurz überlegte er, ob er bereit war Mone etwas über seine Vergangenheit zu verraten oder nicht. Auch wenn die Grünhaarige behauptete, dass er ihr vertrauen konnte, hatte er trotzdem noch seine Zweifel. Allerdings wollte er auch nicht unnötig fies sein und sie mit einer kalten Abweisung bestrafen. Als er sein Haupt etwas hob, sah er, wie Mone ihm lächelnd ansah und geduldig auf eine Antwort wartete.

„Ich bin in einer Kirche aufgewachsen, die sehr strenge Regel hatte“, erzählte der Schwertkämpfer schließlich. „Zwiebel und Knoblauch verstärken die Hormone. Deswegen durften wir sie nicht essen.“ Nach diesen Worten tauchte er sein Besteck wieder in seinem Essen und schöpfte etwas von dem Gericht. „Zwar esse ich sie jetzt ab und zu, genauso wie Fleisch, Fisch oder Ei, aber ich bin an ihren Geschmack einfach nicht gewohnt… Ich sehe kein Grund meine Diät zu verändern, also halte ich sie soweit es geht ein.“

„Verstehe. Das erklärt einiges“, kam es dann von der Gelbäugige, welche ihre Ellbogen auf dem Tisch absetzte und ihr Kinn auf ihre zusammengelegten Hände ruhen ließ.

„Was meinst du damit?“ fragte Kanon und schaute seine Geschäftspartnerin verwirrt an.

„Ist nicht wichtig“, kicherte Mone sehr amüsiert.

Ein riesiges Fragezeichen schwebte über den Kopf des Jüngeren. In Gedanken fragte er sich, ob er eine Erklärung haben wollte oder nicht. Am Ende entschied er sich dagegen. Wenn Mone es ihm erzählen würde, dann hätte sie es sicherlich von alleine getan. Da sie es nicht tat, dann war die Information wahrscheinlich irrelevant oder sie wollte es nicht verraten.
 

Die nächsten Monate waren verglichen zu den letzten Zeiten ziemlich friedlich. Neben dem Lesen, Gifte/Drogen ausprobieren und in der Unterwelt illegal als Arzt zu arbeiten, ging Kanon immer noch seiner Rache nach.

Dank Mones Hilfe bekam er auch schneller Information und konnte somit den Aufenthalt der ehemaligen, noch lebenden Kollegen seiner Eltern effektiver herausfinden. Wie immer löste sein Angriff eine Kettenreaktion auf der Insel, auf der sein Opfer lebte, aus und endete damit, dass er jeden Bewohner die Kehle aufschnitt.

Der einzige Unterschied von früher war, dass er nun die gesunden und nützlichen Organe der Verstorbenen noch mit sich nahm und diese an Mone weitergab, die wusste damit umzugehen. Natürlich erwischte ein Marineschiff ihn manchmal oder ein Kopfgelderjäger stolperte ihm über dem Weg, aber der Schwertkämpfer schaffte es immer siegreich davonzukommen. Bevor er es gemerkt hatte, verbesserte sich seine Schwertführung, sowohl seine Kontrolle über die pechschwarze Klinge und er musste nicht mehr seine linke Hand benutzen um zu gewinnen. Seine Kampffähigkeiten waren ziemlich stark aufgestiegen.
 

Kanon hatte seine neuen Beuten in einem Sack auf dem Tisch abgestellt und las gerade ein neues Buch als die Haustür auf und zu ging. Sofort schaute er hoch von seiner Lektüre und sah wie die Besitzerin der Wohnung eintrat.

„Bin zurück, Kanon“, begrüßte sie den Jüngeren. Nach so langer Zeit wärmte sich sein Verhältnis zu der Dame etwas auf. So bekam sie statt Schweigen und Ignoranz ein Nicken. Dann widmete er sich wieder dem Lesen. Immerhin ging Mone meistens immer zuerst ein Bad nehmen, wenn sie zuhause ankam, bevor sie mit ihm über Geschäftliches redete.

„Heute muss ich dir etwas Wichtiges sagen.“

Sofort schaute Kanon wieder weg von seinem Buch und richtete seinen Blick zu der Grünhaarigen. Dies war in der Tat etwas Neues, was seine Neugier etwas weckte. Wortlos legte er das schriftliche Werk zur Seite und gab der Dame seine ganze Aufmerksamkeit.

„Ich habe eine neue Arbeitsstelle und werde daher hier nicht mehr zurückkommen“, verkündigte sie, nachdem sie sich gegenüber den Jüngeren hingesetzt hatte.

Der Schwertkämpfer wusste, was dies nun bedeutete. Ihr Deal würde hiermit enden. Immerhin benutzte er sie als Vertreterin um indirekt Organe zu verkaufen. Wenn sie also nicht mehr herkam, würde er in der Unterwelt auch keine Geschäfte mehr machen können. Es schien als würde er zu den gefährlichen Zeiten auf das offene Meer zurückkehren müssen bis er ein neues, sicheres Nest gefunden hatte, wo er untertauchen konnte.

„Gut, ich werde gleich meine Sachen packen und die Wohnung verlassen“, erwiderte er sachlich und neutral. „Hier ist der Schlüssel, den du mir gegeben hast.“ Das Metallobjekt legte er auf dem Tisch, bevor er aufstand um das zu tun, was er versprochen hatte.

„Was gedenkst du zu tun?“ stoppte Mone ihn mit ihrer Frage. „Hast du einen Ort, wohin du gehen könntest?“

Irritiert verengte er seine Augen. Er war kein kleines Kind, über welches sie sich Sorgen machen musste. Jedoch ließ er sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Denn verglichen zu Mone war er eigentlich ein kleines Kind. Daher konnte er ihr Verhalten gegenüber ihm nicht übel nehmen, was aber nicht änderte, dass es ihm nicht passte. Wenn er rational dachte, merkte er, dass sie ihm eigentlich nie etwas angetan hatte, was er nicht wollte und bis jetzt ihm nur geholfen hatte. Frech und unhöflich war er, aber dies hieß nicht, dass er auch noch undankbar war, auch wenn er seine Dankbarkeit nie wirklich oder nur indirekt zeigte.

„Mal schauen“, antwortete er genauso wortkarg und ruhig wie vorhin.
 

„Wenn du noch keine feste Idee hast, was du machen möchtest, wie wäre es wenn du direkt unter Joker arbeitest?“ Dieses Angebot ließ den Jungen in seiner Bewegung stocken und er drehte sich blitzartig zu der Grünhaarige um. Die Dame schien über seine Reaktion nicht überrascht zu sein. Stattdessen hob sie ihre Hand und kicherte etwas hinter ihrem Handrücken. „Ich habe ihm einiges über dich erzählt und er scheint Interesse an dir zu haben. Deine Organe waren immer in Top Qualität und Zustand gewesen. Ich bin mir sicher, dass du im Handel von Organen eine feste Position haben wirst.“

„Nein, danke“, antwortete er ohne zu zögern und wandte sich von seiner ehemaligen Geschäftspartnerin ab. Als diese nichts sagte und still blieb, merkte er, dass er ihr eine Erklärung schuldete. Nach all der Zeit, die sie gemeinsam hinter sich hatten, war ein einfaches ‚Nein’ nicht angebracht. Selbst jemand wie er, der sonst keinen Wert an Manieren oder Anstand legte, fand es nicht in Ordnung. „Ich habe nicht vor den Rest meines Lebens damit zu verbringen Organe aufzusammeln und zu verkaufen. Ich tue es nur um Geld zu verdienen. Eigentlich habe ich in der Zukunft vor meinen ärztlichen Tätigkeiten nachzugehen.“

Natürlich wusste er, dass dies ein Wunschdenken war, das wahrscheinlich nie in Erfüllung gehen würde. Allerdings verspürte er trotzdem nicht das Bedürfnis sich in der nahen Zukunft auf irgendetwas zu fixieren.

„Wo du es gerade sagst… Du hast ja einmal erwähnt, dass du in einer Art ein Arzt bist“, kommentierte Mone während sie beobachtete, wie Kanon seine Sachen packte. „In welchem Bereich? Internist? Chirurg? Therapeut?“

„TCM – Traditionelle Chinesische Medizin“, beantwortete der Schwarzhaarige ihre Antwort als er seinen Rucksack schloss und begann diesen an seinem Schwert zu binden.

„Als Akupunkturist?“ bohrte die Ältere interessiert weiter.

„Unter Anderem“, gab der Junge gleichgültig von sich als er sein Schwert schulterte. „Danke für deine Gastfreundschaft…“
 

„Junge Leute heutzutage haben es so eilig“, kicherte die Gelbäugige als sie sah, wie Kanon aufbrechen wollte. „Obwohl wir noch mitten im Gespräch sind...“

„Ich habe dir nichts mehr zu sagen. Also endet unser Gespräch hiermit“, konterte der Schwertkämpfer kühl und drehte sich zu ihr. „Ich habe nicht vor den Rest meines Lebens als Händler zu verbringen.“

„Aber als Arzt?“ Diese Aussage sorgte dafür, dass Kanon wieder stehen blieb. Zwar war der Jüngere überrascht über dieses Angebot, aber weder sein Gesicht noch seine Körperhaltung verrieten dies. „Du musst wissen… Joker hat in seinem Team viele Ärzte, aber nur einen, der in TCM spezialisiert ist. Ich glaube, dass er kein Problem hätte, wenn du deine Tätigkeit als Arzt nachgehst und nur manchmal ihm Organe beschaffst… Halt nur als Bonus, wie bisher.“

Jedoch zeigte der Jüngere nicht die Reaktion, die Mone wahrscheinlich erwartet hatte. Denn diese schien überrascht zu sein, als Kanon seine Augen schloss und aufseufzte.

„Ich nehme an, dass alle Ärzte, die für Joker arbeiten, einen hohen akademischen Titel haben“, erwiderte der Schwarzhaarige.

„Natürlich… Du wirst unter den Besten arbeiten“, gab sie etwas überrascht und verwirrt von sich. „Ist das ein Problem?“

„Ja, für mich sehr wohl“, erwiderte der Goldgrünäugige und fuhr mit seiner freien Hand durch sein Haar. „Joker ist schon umgeben von solchen Spezialisten. Der hat sicher keine Interesse an einer kleinen Made wie mir.“

„Wie bescheiden. Das hätte ich von dir nicht erwartet“, kicherte Mone amüsiert. „In der Tat, du bist sehr jung. Aber-“

„Nein, du verstehst nicht“, unterbrach Kanon, drehte sich zurück zu ihr und schaute sie direkt an. „Ich bin noch nie zur Schule gegangen, geschweige zu einer Medizinschule oder Universität. Eigentlich dürfte ich gar nicht praktizieren. Ich habe keine Lizenz.“

Kurz starrten sich beide schweigsam an. Der Jüngere konnte sich vorstellen, dass seine Gegenüberstehende nun sehr enttäuscht von ihm sein musste. Allerdings hatte der Kurzhaarige kein schlechtes Gewissen. Immerhin hatte er nicht gelogen und nie behauptet ein richtiger Arzt zu sein.
 

„Achso. So ist es also. Wie interessant“, gab die Dame plötzlich amüsiert von sich und leckte sich die Lippen.

Kanon hob seine Augenbraue als er ihre Aussage hörte und schaute sie etwas verwirrt an. Seine ehemalige Geschäftspartnerin schien kein Stück enttäuscht oder empört zu sein. Auf einmal holte sie ein kleines Objekt bzw. ein kleines Tier aus ihrer Tasche heraus und schaute dieses an.

„Das hat er gesagt, Joker“, redete sie einfach ungestört weiter. „Was halten Sie von ihm?“

„Joker? Du meinst den Joker?“ wollte Kanon sicher gehen, dass er richtig verstanden hatte, als er der Dame näher kann. Dann nahm er ihr das Wesen aus der Hand und starrte es an. „Das ist Joker? Eine Schnecke?“

Unerwartet musste die Frage gekommen sein. Denn Mone drehte sich zur Seite als würde sie krampfhaft versuchen nicht laut aufzulachen, wobei sie ein Kichern trotz aller Mühe nicht verhindern konnte. Verwirrt schaute der Jüngere die grüne Frau an und fragte sich, ob er etwas Falsches gesagt hatte.

„Das ist eine Den Den Mushi“, erklärte Mone schließlich.

„Den Den Mushi?“ wiederholte Kanon etwas perplex und schaute sich die Kreatur genauer an. „Du meinst dieses Kommunikationsinstrument, womit man mit Menschen reden kann, selbst wenn diese sich meilenweit weg befinden?“

„Genau diese Den Den Mushi“, bestätigte sie ihm. „Übrigens, Joker hört alles, was du gerade sagst.“

Ein einzigartiges Lachen ertönte von der Schnecke, welches dafür sorgte, dass Kanon die Schnecke aufgeregt schnell zu Mone warf. Diese Reaktion schien die Grünhaarige noch mehr zu amüsieren.

„Der Bursche ist wirklich interessant“, brummte eine tiefe Stimme. „Ich will ihn mir mal selber ansehen... Mal schauen, ob er mir gefällt. Fufufu.“

„Jawohl, Joker“, antwortete die Dame respektvoll. „Dann werde ich mich auf dem Weg machen und einige Vorbereitungen treffen.“

„Mach das“, erwiderte der Vorgesetzte, bevor er auflegte.
 

„Ich kann mich nicht erinnern ein exotisches Tier im Zoo zu sein, das man sich einfach ansehen kann“, kam es irritiert von dem Schwertkämpfer, der sich überhaupt nicht freute, wie Mone und Joker sich unterhalten hatten als hätte er in der Sache gar kein Sagen.

„Jetzt sei doch nicht so, Kanon“, kicherte die Gelbäugige amüsiert. „Mit ‚Ansehen’ hat Joker gemeint, dass er dich testen möchte.“ Der Jüngere hob eine Augenbraue und forderte stumm nach einer Erklärung. „In anderen Worten, er möchte sehen, ob du das Talent und die Fähigkeit besitzt unter ihm arbeiten zu können, auch wenn du keine Lizenz hast. Er gibt dir sozusagen eine Chance dich zu beweisen.“

So wie die Grünhaarige die Angelegenheit ausdrückte, klang es gar nicht einmal so schlecht, aber irgendwie hatte er ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Denn er konnte sich nicht vorstellen, dass es ein einfacher Test war, wo er einfach einstieg, wenn er bestand oder einfach nicht aufgenommen wurde, wenn er durchfiel.

„Warum überlegst du es dir nicht einmal, solange ich weg bin? Ich sollte gegen Abend wieder zuhause sein. Bis dorthin kannst du deine Entscheidung fällen, ob du es versuchen möchtest oder nicht.“ Mit diesen Worten wand sich die grüne Frau zur Tür. „Für den Fall, wenn wir uns nicht wiedersehen, verstecke den Ersatzschlüssel der Wohnung unter der Haustürmatratze. Wenn du bleibst, dann sehen wir uns später. Also dann, tschüss.“
 

Kanon sah einfach zu, wie Mone die Wohnung verließ ohne auf eine Antwort seinerseits zu warten. Jedoch wusste er nicht, ob er wütend sein sollte oder nicht. Immerhin zwang die Dame ihn nicht an dem Test teilzunehmen, sondern gab ihm freie Hand zu entscheiden, was er tun wollte.

Irgendwie verlor er jegliche Kräfte in seinen Beinen und er fiel sitzend auf das Bett. Sollte er die Chance nutzen oder lieber eine Nummer sicher gehen und die ganze Sache abblasen? Jedoch wusste er, dass er unter normalen Umständen niemals ein Arzt werden oder als einer arbeiten konnte. Dies war also eine einmalige Möglichkeit für ihn. Immerhin gab es nicht viele Menschen, die so tolerant waren wie Joker einer zu sein schien.

Schließlich lehnte sich der Schwertkämpfer weiter zurück und ließ sich mit dem Rücken auf das Bett fallen. Sein Blick war auf die Decke des Apartments gerichtet. Versuchen oder nicht versuchen?
 

Am Abend kam Mone, wie sie versprochen hatte, noch einmal in die Wohnung. Sie erzählte ihm, dass Joker bereit wäre ihn in ein paar Tagen zu treffen. Er sollte sich an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Zeit auf einer bestimmten Insel aufhalten, wenn er getestet werden wollte. Einen unbeschrifteten Eternal Pose bekam er noch in die Hand gedrückt, bevor die grüne Dame sich wieder verabschiedete. Wenn er rechtzeitig ankommen wollte, dann sollte er sich spätestens am nächsten Morgen auf den Weg machen.

Jedoch hatte er während seiner Reise immer noch die Möglichkeit umzukehren und die Sache aufzugeben. In anderen Worten, es lag daran, wie fest entschlossen er war die Angelegenheit anzugehen. Gehörte dies schon zu seinem Test?

Test

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Die Donquixote Familie

Hinter der Folterzelle war ein kleines Badezimmer. Dorthin hatte sich Kanon bewegt um seine Hände und sein Gesicht zu waschen, aber auch um sich umzuziehen. Denn die Klamotten, die er gerade anhatte, konnte man nicht mehr retten. Das Blut war schon abgetrocknet und würde auch nicht mehr so leichte herunterkommen. So zog der Schwarzhaarige sich ein sauberes Hemd und neue Jeans an, welche er in seinem Rucksack hatte. Anschließend entsorgte er seine alten Sachen.

Nachdem er fertig war, verließ er das Gebäude. Denn Joker hatte gemeint, dass seine anderen Untergebene sich um die Leiche kümmern würden und dass Kanon nichts machen müsste. Als er sich umdrehte, merkte er, dass die Hütte von außen hin ziemlich klein wirkte. Im Inneren des Hauses hatte er das Gefühl gehabt, dass das Gebäude ziemlich groß war oder bildete er es sich ein? Konnte es um eine optische Täuschung handeln? Wenn er aber rational dachte und etwas überlegte, dann war es eigentlich egal, ob die Hütte größer war als sie aussah oder nicht. Immerhin hatte er nicht vor dort noch einmal hineinzugehen oder dort zu übernachten.

Daher machte der Schwertkämpfer sich auf den Weg zu seinem Schiff. Sobald er angekommen war, steckte er den Kristall in den Motor um sein Fahrzeug zu starten. Schließlich stieg er auf die Pedale und fuhr eine Kurve um die Insel bis er Doflamingos Schiff sah, welches noch geankert war. Neben das größere Transportmittel befestigte der Schwarzhaarige das Umi no Yube und holte den Kristall aus dem Motor wieder heraus. Danach holte er aus seinem Rucksack einen Beutel heraus, wo er seine anderen geladenen Festkörper verstaute. Den benutzten Kristall markierte er, indem er eine rote Schnur um diese band. Anschließend legte er ihn in den Beutel zusammen mit seinem Ersatz bevor er das Ganze in seinem Rucksack wieder tat.

Dann landete er wieder auf dem festen Boden der Insel und schaute sich suchend um. Nicht lange musste er Ausschau halten bis er seine neuen Kollegen fand. Die Gruppe war noch nicht am Bord gegangen, sondern schien über irgendetwas Wichtiges im Schatten der Bäume zu diskutieren.

„Was ist denn hier los?“ fragte Kanon die Menge als er auf sie zukam und in Hörreichweite war.

„Oh, Kanon“, wand sich Mone zu dem Jüngeren. „Gratuliere. Ich habe gehört, dass du bestanden hast.“
 

Auch die Anderen schauten ihn an, wobei viele der Blicke ziemlich irritiert und unzufrieden wirkten. Kühl erwiderte er die unwillkommene Atmosphäre seiner Kollegen, bevor er seine Frage der grünen Dame wiederholte.

„Es geht nur darum, dass einige dagegen sind dich sofort mit zum HQ zu bringen“, meinte Mone gelassen als wäre dies kein großes Thema. „Es ist eigentlich nicht üblich, dass wir Neulinge dorthin bringen.“

„Zum HQ?“ wiederholte der Jüngere verwirrt. „Was soll daran so schlimm sein? Ist ja nicht so, dass ihr dort irgendetwas versteckt, was man nicht sehen sollte, oder?“

„Das geht dich nichts an, du dummer Balg“, mischte sich der Mann an, der ihm angeschossen hatte. „Halte dich bei Gesprächen unter Erwachsenen heraus.“

Etwas irritiert verengte der Schwertkämpfer seine Augen. Der Typ schien wirklich ein großes Problem mit ihm zu haben. Dies hieß aber nicht, dass der Goldgrünäugige sich das gefallen lassen würde. Wenn der Andere Streit mit ihm suchte, dann würde der Jüngere ihm einen geben.

„Redest du hier vom körperlichen oder geistlichen Alter?“ Kanon hob provozierend eine Augenbraue. „Denn mir scheint als wäre ich im Kopf um vieles reifer als du.“

„Was sagst du da?“ kam es bedrohlich von dem Älteren als er aufstand. „Suchst du Streit, oder was?!“

„Ich habe vor als Arzt bei euch zu arbeiten“, setzte der Schwertkämpfer fort. „Im Bürgertum ist es zwar normal, dass die Patienten zu der Ordination ihres Arztes gehen, aber bei Piraten ist es doch anders, oder irre mich?“

„Hmpf! Wer würde sich schon von dir behandeln lassen wollen?“, erwiderte der Gewehrschütze. „Also ich würde mich nicht aus freien Stücken von dir untersuchen lassen.“

„Keine Sorge. Es gibt keinen Grund, warum du dich von mir versorgen lassen musst. Denn wie ich sehe bist du kerngesund“, konterte Kanon während er seine Arme verschränkte und sein Schwert zwischen seinen Ellbogen klemmte. „Außer deinem Kopf natürlich, aber selbst ich könnte dir da nicht helfen.“

„Kanon, das reicht aber“, mischte sich Mone ein, bevor sein vorheriger Gesprächpartner noch etwas sagen konnte. „So redet man doch nicht mit seinem Senpai, oder?“

„Er behandelt mich nicht wie ein Kouhai. Also warum sollte ich mit ihm wie mit einem Senpai umgehen?“ wollte der Jüngere wissen. Sicherlich würde er nicht klein Ball geben, nur weil die Grünhaarige es verlangte. „Wahrscheinlich war er von Anfang an dagegen, dass ich einsteige. Die Anderen haben mir nur das Bewusstsein geraubt und mich gefesselt, aber der Typ hat auf mich geschossen mit der Absicht mich zu verletzten.“ Danach schaute er weg von der Gruppe und befreite seine Arme wieder von der Verschränkung. „Mich würde es nicht wundern, wenn er dafür sorgen wollte, dass ich bei dem Test durchfalle oder gar nicht antreten kann.“

„Pass auf, was du sagst, du kleiner Balg.“ Der Schütze kam nun mit eiligen Schritten auf ihm zu. Jedoch hielten die Anderem den Mann fest, damit dieser Kanon nicht am Kragen packen oder sonst physikalisch verletzten konnte. „Bevor du beginnst Anschuldigungen zu machen, solltest du dir überlegen, ob die überhaupt der Wahrheit entsprechen, oder nicht!“

Diesen angedeuteten Angriff beobachtete der Schwertkämpfer unbekümmert vom Augenwinkel. Stattdessen fand er es wichtiger sein Schwert wieder auf seine Schulter lehnen zu lassen und diese mit seiner Hand festzuhalten. Am Ende war diese Haltung doch die Angenehmste und Praktischste.

„Wie ich sehe, bist du sehr gut in Freundschaften schließen“, kicherte Mone amüsiert. „Normerweise ist Gladius ein sehr Ruhiger, weißt du?“
 

Wortlos erwiderte er die Aussage seiner ersten Geschäftspartnerin, bevor er seinen Kopf wieder wegdrehte und auf Doflamingo zuging, der die ganze Sache in Ruhe mit einem breiten Grinsen beobachtete.

„Joker, am Ende ist es deine Entscheidung. Was sagst du?“ wollte er von seinem Boss wissen. „Soll ich mitkommen oder nicht?“

„Sprich Waka-Sama nicht so vertraut an!“ schrie nun die ganze Gruppe.

„Da gebe ich den Anderen Recht, Kanon“, stimmte Mone zu während sie auf dem Jungen zu kam und ihre Hand auf seine Schulter legte. „Außerdem solltest du seinen Decknamen nicht so freizügig verwenden. Wie du gesagt hast, es ist eigentlich ein Geheimnis, wer Joker ist. Solange du in seiner Präsenz bist, solltest du ihn ‚Waka-Sama’ nennen.“

„Waka-Sama? Junger Herr?“ wiederholte der Schwarzhaarige überrascht und schaute die Dame etwas sprachlos an. Als er seine Stimme wieder fand, zeigte er auf den blonden Hünen und fragte: „Sag mal Mone… Siehst du nur so jung aus oder sieht er einfach älter aus als er eigentlich ist?“

Sofort fing der Underworld Broker zum Lachen, so sehr, dass er seinen Kopf nach hinten kippte. Auch einige der älteren Mitglieder schienen sich über seine Frage zu amüsieren, da sie schmunzelten oder auch laut lachten wie ihr Boss.

„Warum musst du immer so kompliziert denken?“ kicherte Mone hinter ihrem Handrücken. „Ich frage mich, ob wir einen Arzt oder einen Komiker angeheuert haben.“

„Danke für die Blumen“, kam es sarkastisch von dem Jüngeren, der die Situation gar nicht lustig fand.
 

„Wechsle nicht das Thema, Bengel“, meinte Gladius, dessen Namen Kanon nun endlich kannte. Dieser schien das Ganze kein Stück komisch zu finden. Was für eine Ironie des Schicksals. Die Person, mit der er sich am wenigstens vertrug, schien am ähnlichsten zu denken wie er. „Wie gesagt, ich finde nicht, dass es gut ist diesen Balg mit zum HQ zu bringen. Wenn wir ihn schon mitnehmen, dann wenigstens bewusstlos.“

„Jetzt reicht es aber. Vor was fürchtest du dich?“ wollte der Jüngere schließlich wissen. Immerhin hatte er den Test bestanden und sollte dadurch ein volles Mitglied der Bande sein. Allerdings behandelten sie ihm als wäre er legendlich ein drittes Rad, welches sie nicht haben wollten, natürlich ausgenommen Mone. „Dass ich nach ein paar Tagen in einer rebellischen Phase verfalle und von Dannen ziehe?“

„Hüte deine Zunge, du dämlicher Bube“, forderte der Ältere ihm auf. „Hör auf hineinzureden, wenn es dich gar nichts angeht!“

„Es geht mich nichts an? Sag mal hast du eine Schraube locker? Ihr redet gerade darüber, ob ihr mich nun bewusstlos oder gar nicht mitnimmt. Wie ich es sehe, geht es mir sehr wohl etwas an“, gab der Schwarzhaarige kühl von sich und hob eine Augenbraue. Es war ja schon schlimm genug, dass Mone und Joker damals sich miteinander per Den Den Mushi über ihn unterhalten haben als wäre er nicht da. Noch einmal würde er sich solch eine Behandlung nicht gefallen lassen. „Außerdem bist du derjenige, der nicht hineinreden sollte. Doflamingo ist hier der Boss und er entscheidet, was geht und was nicht. Wenn er sagt es geht, dann geht es, oder irre ich mich?“

„Adressiere Waka-Sama gefälligst nicht so vertraut mit seinem Namen!“ wies der Schütze dem Schwertkämpfer an. „Du bist nicht einmal einen Tag bei uns und schon erlaubst du dir so frech zu sein?“

„Wenigstens nenne ich ihn bei seinem Namen als ihm irgendwelche Bezeichnungen gegen den Kopf zu werfen“, konterte der Jüngere. „Vielleicht ist es dir nicht aufgefallen, aber mein Name ist in deiner Anwesenheit schon fünf Mal gefallen. Bist du nicht nur dumm, sondern auch noch taub?“
 

„Kinder, Kinder, jetzt ist aber langsam Schluss. Fufufu“, erhob der blonde Hüne nun das Wort. Seine Stimme klang zwar gelassen, aber auch unnachgiebig. „Ihr spielt im selben Team. In meinem Team und da verlange ich Teamwork. Kapiert?“

„Keine Sorge. Ich bin nicht so kindisch und würde etwas Unprofessionelles sagen wie ‚Ich mag den Typ nicht. Daher kann ich nicht mit ihm zusammenarbeiten.’“, versicherte Kanon seinem Boss. „Ich lasse meine persönlichen Gefühle nicht meine Arbeit beeinflussen.“

„Du spuckst da ganz schön große Töne. Ich frage mich, ob da auch was dahinter steckt“, kommentierte Gladius. Denn dieser schien seine Worte kein Stück zu glauben. „Wenn wir jemals zusammenarbeiten müssen, komme mir bloß nicht in die Quere.“

„Keine Sorge, werde ich nicht. Wir werden einfach unsere Arbeit aufteilen“, meinte der Schwertkämpfer unbekümmert und zuckte kurz mit den Schultern. „Ich überlasse dir das Kämpfen und ich flicke dich zusammen, wenn du fertig bist.“

„In anderen Worten du lässt mich schuften während du dich nur versteckst?!“ beschwerte sich der Ältere.

Die Zuhörer, die alles mitbekamen, begannen sofort wieder zum Lachen.

„Was kann ich dafür? Ich bin halt schwach im Kampf. Hast du doch selbst gesehen“, verteidigte sich der Schwarzhaarige. Er war nicht bescheiden, sondern er sah die Situation einfach rational. Bis jetzt hatte er immer nur Feinde seines Niveaus gehabt. Doch dann kamen diese Piraten aus der Donquixote Familie und zeigten ihm wie machtlos er eigentlich im Angesicht der Eliten in der Neuen Welt war. „Ich bin Arzt, kein Krieger. Schieb mich also nicht an die Frontlinie!“

„Das ist keine Ausrede mich alleine arbeiten zu lassen!“ konterte der Schütze energisch und machte ebenfalls keine Anstalt den Kürzeren ziehen zu wollen. „Wenn wir auf Mission gehen, dann machst du gefälligst auch etwas!“

„Werde ich auch. Nur beim Kämpfen halte ich mich halt zurück“, gab Kanon zurück. Er verstand nicht, warum der Ältere sich so aufregen musste. Mit dessen Kampfstärke könnte dieser doch glatt eine ganze Marine Einheit alleine eliminieren. Wozu brauchte der Ältere in einem Kampf bitte Hilfe? Selbst wenn sie gegen einem sehr starken Gegner gegenüberstehen würden, wenn Gladius dem nicht besiegen konnte, dann würde der Schwarzhaarige den Feind noch weniger das Wasser reichen können. „Außerdem hast du nicht gerade gesagt, dass ich dir nicht in die Quere kommen soll? Tue ich es am Besten nicht, wenn ich nicht in deiner Nähe bin? Außerdem will ich nicht von deinen Streifenschüssen getroffen werden. Von denen habe ich genug.“

„Trägst du mir das immer noch nach?“ wollte der Andere schließlich wissen und packte den Goldgrünäugigen dieses Mal erfolgreich am Kragen, bevor ihre Kollegen eingreifen konnten. „Hör auf so eine Mimose zu sein!“
 

Unerwartet kam der Schlag in seinem Magen. Kanon konnte nur seine Augen vor Schock aufweiten und Blut ausspucken. Die Anwesenden schienen überrascht zu sein, welche Folgen der Schlag bei dem Jüngeren hatte. Ohne ein weiteres Wort sagen zu können, verlor der Schwarzhaarige das Bewusstsein und fiel zu Boden.
 

Als Kanon wieder erwachte, lag er auf eine sehr weiche Oberfläche. Noch etwas benebelt schloss der Junge wieder seine Augen um einen klaren Verstand zu bekommen. Erst als er sicher war, dass ihm nicht schwindelig wurde, machte er seine Augen wieder auf und drehte seinen Kopf etwas herum um zu sehen, wo er war.

Zum ersten Mal in seinem Leben sah er so ein großes Zimmer, welches so prunkvoll bestückt war. Außerdem hatte er noch nie auf so ein weiches und großes Bett gelegen. In Gedanken fragte er sich, ob er sich gerade in einem Schloss befand. Suchend schaute er sich weiter um, da er seine Sachen vermisste, die er aber dann angelehnt an der gegenüberliegenden Wand fand.

Sofort wollte er von seiner Raststätte aufstehen. Doch ein heftiges Ziehen in seinem Magen verhinderte ihn und er fiel auf das Bett zurück. Im selben Moment öffnete sich die Zimmertür.

„Bist du endlich wach?“

Der Schwarzhaarige öffnete seine Augen als er diese unbekannte Mädchenstimme hörte. Umgehend wollte er sich erheben und schauen, wer diese Person war. Jedoch spielte sein Körper nicht mit und er fiel vor Schmerzen wieder auf das Bett zurück.

„Geht’s gut?“ erkundigte sich die Dame. „Tut es dir immer noch weh?“

Nachdem die Schmerzen etwas nachließen, öffnete Kanon seine Augen, welche er krampfhaft verschlossen hatte, und schaute die Person, die nah an seinem Bett gekommen war, an. Die Frau schien eine Bedienstete zu sein, da sie die Kleidung einer Maid trug. Sie hatte langes dunkles welliges Haar und eine Zigarette im Mund, welche der Jüngere wütend anstarrte. Er hasste Zigarettenrauch.

„Wenn du in meiner Anwesenheit nicht rauchen würdest, dann würde es mir um vieles besser gehen“, kam es grob von dem Schwertkämpfer.

Jedoch schien die Frau seinen Kommentar nicht böse zu nehmen. Stattdessen holte sie einen kompakten Aschenbecher heraus, drückte die Zigarette aus und machte danach das Fenster auf.

„Besser?“ wollte das Dienstmädchen wissen und drehte sich zu dem Kurzhaarigen. Allerdings belohnte Kanon sie für ihre gutmütige Geste mit stillem Schweigen. „Du hast fast eine ganze Woche geschlafen“, erzählte die junge Dame, bevor sie wieder zu ihm kam. „Übrigens, ich heiße Baby 5. Du bist Kanon, oder? Waka-Sama hat gesagt, dass er mit dir sprechen möchte, sobald du wieder wach bist. Kannst du aufstehen?“

„Bringst du mir meinen Rucksack?“ verlangte der Schwertkämpfer statt auf ihre Fragen zu antworten.

„Deinen Rucksack bringen?“ Die Wangen der Langhaarigen färbten sich rot und ihre Augen schienen hell zu glänzen. Sie legte ihre Hände um ihr Gesicht und schaut Kanon mit einem schwärmenden Blick an. „Klar bring ich es dir. Du brauchst mich, nicht wahr?“

Mit einem Schweißtropfen beobachtete der Goldgrünäugige, wie das Dienstmädchen von seinem Bett sprang und zu seinen Sachen lief. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass die Dame sich freute, dass er sie um einen Gefallen bat. Doch er war sich nicht sicher, ob seine Schlussfolgerung rational war oder ob dieser Eindruck nur entstanden war, weil er noch benebelt von dem Schmerzen war. Nur ein Fall vor klar: Er hatte sicherlich nichts gesagt, worüber sich ein normaler Mensch freuen würde.
 

Mit einem Nicken bedankte er sich bei dem Dienstmädchen als diese ihm enthusiastisch das Schwert und seinen Rucksack brachte. Sofort zwang Kanon sich aufzusetzen, wobei sein Gesicht sich vor Schmerz verzerrte. Allerdings stoppte er dieses Mal nicht und machte weiter bis er endlich hochgekommen war.

„Hey, du siehst aber gar nicht gut aus“, merkte Baby 5 an und stützte ihm sofort. „Vielleicht solltest du noch im Bett bleiben.“ Kanon spürte, wie ihre Augen an ihm geheftet waren und wie sie versuchte seinen Zustand einzuschätzen. „Komisch… Deine Wunden sehen nicht so schlimm aus und ich habe gehört, dass Gladius dir nur einen Schlag in den Magen verpasst hat…“

„Es ist auch nichts“, presste der Jüngere die Worte zwischen seinen Zähnen. „Kein Grund gleich in Panik zu verfallen.“

„Aber du siehst wirklich aus als hättest du riesige Schmerzen. Das ist nicht normal“, konterte das Dienstmädchen und stand wieder auf. „Vielleicht sollte ich den Arzt rufen damit er dir ein paar Schmerztabletten gibt.“

„Nicht nötig“, hielt der Schwertkämpfer sie auf. Zwar war er der Dame dankbar, dass diese sich um ihn kümmerte und Sorgen machte, aber auf der anderen Seite war er doch etwas irritiert und genervt davon. Immerhin war er nicht mehr daran gewohnt so behandelt zu werden. Irgendwie erweckte ihr Verhalten in ihm Erinnerungen aus seiner Kindheit, an denen er gerade nicht denken wollte. „Es ist wirklich nichts Schlimmes. Ich bin nur etwas empfindlich.“ Bevor Baby 5 noch etwas sagen konnte, setzte er fort. „Ich komme gleich. Gib mir eine Minute.“

„Dann… warte ich draußen“, meinte sie zögerlich. Zwar drehte sie sich weg, aber sie schaute ihn immer noch an. „Ruf mich aber, wenn du etwas brauchst.“
 

Mit diesen Worten wurde Kanon schließlich alleine gelassen. Der Schwarzhaarige legte die Decke etwas zur Seite und bemerkte, dass er in einem weißen Schlafgewand umgezogen worden war. Jedoch wusste er nicht, ob er sich darüber freuen sollte oder nicht.

Anschließend zog er das Kleidungsstück langsam und vorsichtig aus damit er nicht noch mehr Schmerzen bekam als nötig. Danach zog er seinen Rucksack näher zu sich und steckte seine Hand hinein um eine bestimmte Salbe herauszuholen. Während er in seinem Gepäck kramte, merkte er, dass jemand seine Sachen angefasst hatte. Dies war etwas, was ihm gar nicht passte.

Schließlich fand er das gesuchte Arzneimittel und cremte seinen Magenbereich damit ein. Langsam schwanden die Schmerzen und er konnte problemlos aufstehen. Dann packte er das Mittel wieder in den Rucksack und zog sich neue, saubere Sachen an.

Als er fertig war, nahm er sein Gepäck und sein Schwert, ging zur Tür und öffnete diese. Niemals würde er sein Hab und Gut irgendwo liegen lassen, wenn er nicht wusste, ob der Ort sicher war oder ob er dort überhaupt zurückkehren würde. Seine Waffe und sein Rucksack waren das Einzige, was er besaß. Gerade wollte er weitergehen, aber blieb abrupt stehen, da er sah, dass Baby 5 direkt vor der Tür im Durchgang auf ihn gewartet hatte.

„Geht’s wieder?“ kam es etwas überrascht von ihr und schaute Kanon auf und ab als hätte sie nicht erwartet, dass er überhaupt aufstehen, geschweige sich gerade aufrecht halten konnte.

„Das siehst du doch“, gab der Jüngere genervt von sich. Zwar war er schmerzempfindlich, aber dies hieß nicht, dass er keine Methoden kannte gegen diese anzukämpfen. Ihm gefiel es gar nicht, wie man ihn unterschätzte. „Bring mich jetzt zu Doflamingo.“

„Waka-Sama für dich“, korrigierte sie ihn, bevor sie losging.

Wortlos folgte er der Dame ohne auf ihren Kommentar einzugehen.
 

Nach einem kurzen Fußmarsch kamen sie im Gartenbereich vor einem riesigen Swimmingpool an. Anwesend war dieselbe Gruppe, die er auf der Insel getroffen hatte, von welcher er nur Gladius beim Namen kannte. Jedoch war weder Doflamingo, noch Mone anwesen.

Bei der grünen Dame wunderte er sich nicht. Denn sie hatte schon vorher gesagt, dass sie eine neue Arbeitsstelle hatte. Wahrscheinlich war sie schon auf dem Weg dorthin. Immerhin hatte er fast eine Woche geschlafen. Allerdings fand er es komisch, dass der Boss nicht im Garten war.

„Ich dachte Doflamingo wollte mit mir reden.“ Mit verengten Augen schaute Kanon nun das Dienstmädchen irritiert an. Irgendwie ahnte er Schlimmes.

„Ich habe ihr gesagt, dass sie dich anlügen soll.“ Kanon drehte seinen Kopf zu der Richtung, wo er diese bekannte Männerstimme gehört hatte. Wie erwartet, wurde er von dem breiten grinsenden Gesicht mit der rinnenden Nase begrüßt. „Ich dachte du würdest sonst nicht kommen.“

„Du bist mir zu nah“, erwiderte der Jüngere genervt, aber bewegte sich nicht vom Fleck. „Hau ab.“

„Ich bin dir zu nah, aber was?“ wollte die komische Fassade wissen. „Ich bin dir zu nah, aber… Magst du es vielleicht?“

„Natürlich, ich stehe vollkommen darauf“, kam es sarkastisch von dem Schwarzhaarigen. „Und jetzt halt Abstand.“

„Hab ich es doch gewusst!“ kam es erfreut von dem Lachgesicht, bevor dieser dem Jüngeren endlich den Gefallen tat und zurückwich.

Es schien als würde diese Fassade weggehen, sobald man behauptet hatte, dass man seine Nähe mochte. Kanon machte sich eine Nebennotiz im Kopf dies zu merken. Je schneller er seine Privatsphäre zurückbekam, desto besser.
 

„Hmpf, glaub bloß nicht, dass ein Neuling wie du Waka-Sama so oft zu Gesicht bekommst“, kam es nun herablassend von Gladius. Egal zu welcher Uhrzeit, der Typ schien immer Streit mit ihm zu suchen. „Außerdem haben wir schon vorher gesagt, dass du Waka-Sama nicht so vertraut beim Namen nennen sollst.“

„Doflamingo schien aber nichts dagegen zu haben als ich ihn so genannt habe“, konterte der Jüngere unbekümmert und gab dem Anderen die kalte Schulter. „Solange er selbst nichts dagegen sagt, werde ich meine Anrede auch nicht verändern.“

„Du ungezogener, kleiner-“

„Ihr habt mich sicher nicht für so was gerufen“, unterbrach er den Älteren. Dieses Mal hatte er keine Lust sich zu streiten. Das Ganze wurde ihm langsam zu kindisch. „Was wollt ihr denn von mir?“

„Eigentlich wollte Waka wirklich mit dir sprechen, sobald du wieder wach bist“, erzählte ein älterer Mann mit einer Glatze, der mit einem anderen Herrn und mit einer älteren Dame ein Kartenspiel spielte. „Aber ihm ist etwas dazwischen gekommen und er musste gehen.“ Wortlos, aber aufmerksam hörte der Schwarzhaarige dem Ältern zu. Der Mann hörte kurz auf und schaute zu ihm. Es schien als hätte dieser irgendetwas von ihm erwartet, aber Kanon hatte keine Ahnung was. Schließlich setzte dieser fort. „Aus unterschiedlichen Gründen ist es dir für eine Weile untersagt das Schloss zu verlassen. Du sollst dich hier zuerst einleben und das Vertrauen der Familie gewinnen, bevor du freie Hand bekommst.“ Irritiert verengte der Schwertkämpfer seine Augen. Jedoch gab er immer noch keinen Kommentar von sich und hörte weiterhin zu. Sein Schweigen schien den älteren Mann etwas zu verwirren. Denn dieser schaute ihn wieder an, bevor dieser weiter sprach. „Wie du sicher schon weißt, haben wir einen anderen TCM Arzt hier in-“ Kurz stoppte der Ältere und räusperte sich. „Hier im Schloss.“ Der Schwertkämpfer merkte, dass der Andere eigentlich etwas Anderes sagen wollte. Allerdings blieb er still und hörte weiterhin zu.
 

Seine Stille schien aber einige zu beunruhigen, da Gladius sich wieder zu Wort meldete: „Sag einmal, wie wäre es mit einer Antwort? Entweder du hast die Klappe soweit offen, dass man sie dir zu kleben will oder du bist stumm wie ein Fisch, dass man den Drang bekommt dir das Maul aufzureißen.“

„Ihr wolltet, dass ich etwas sage?“ Ein riesiger Schweißtropf ruhte auf Kanons Kopf. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er seine Kollegen verärgerte, egal was er macht. „Ich dachte ich sollte einfach still sein und euch zuhören.“

Der Schütze fasste sich an dem Nasenrücken als er diese Antwort vernahm. „Wie konnte Mone bloß mit ihm umgehen.“

„Wie dem es auch sei“ mischte sich der ältere Mann mit der Glatze ein, „ich bin mir sicher, dass du weißt, dass wir einen anderen TCM Arzt hier haben, wie ich es vorhin schon gesagt habe. Geh einfach zu ihm und frage ihn nach Anweisungen. Er wird dir alles erklären, was du wissen muss.“ Nachdem der Herr fertig geredet hatte, schaute dieser zu dem Dienstmädchen. „Baby 5, bringe ihn zu Huy. Er weißt schon, was zu tun ist.“

„Mache ich, Lao G“, antwortete die Dunkelhaarige, bevor sie sich zu Kanon wandte. „Hier entlang.“
 

Nun kam es zu seinem zweiten Fußmarsch. Der Schwertkämpfer nahm nicht an, dass er einen Rundgang durch das Schloss bekommen würde. Daher machte er sich noch eine geistliche Notiz, dass er sich selbst umsehen sollte, sobald er etwas mehr Zeit hatte.

Schließlich blieben sie vor einer Tür stehen. Baby 5 klopfte kurz an, bevor sie diese öffnete. Ein unangenehmer und starker Geruch kam aus dem Raum heraus, so dass Kanon seine Nase und Mund mit seiner Hand bedecken musste. Außerdem packte er mit seiner freien Hand den Arm der Dame und wich mit ihr etwas zurück.

„Alles in Ordnung?“ fragte das Dienstmädchen ihn verwirrt. „Stört dich der Geruch der Räucherstäbchen? Als Arzt benutzt du sie doch auch, oder?“

‚Nicht diese’ wollte der Jüngere sagen, aber hielt sich zurück. Immerhin wusste er nicht, für welchen Zweck dieser Geruch dienen sollte. Auch wenn er nicht bescheiden war und nicht behaupten würde, dass er ein unerfahrener Arzt war, er gab zu, dass es immer jemand existierte, der vielleicht besser oder erfahrener war als er. Daher wäre es gut möglich, dass dieser starke Geruch nicht grundlos in der Luft schwebte. Nachdem der Schwarzhaarige sich geistlich auf den Gestank vorbereitet hatte, ließ er seine Hand herunter und gab mit einem Nicken zu verstehen, dass er nun eintreten konnte.
 

Auf dem ersten Blick konnte Kanon sehen, wie dreckig und unordentlich der Raum war. Dadurch fand er auch heraus, weswegen so ein komischer Geruch in der Luft schwebte. Es lag nicht an den Räucherstäbchen alleine. Der Gestank des Zimmers vermischte sich mit dem Duft der Räucherwerke und produzierte dadurch einen widerlichen Geruch. Hatte er vor kurzem gedacht, dass vielleicht ein Grund dahinter stecken könnte? Nun, hiermit nahm er seine Behauptung zurück.

Jedoch schien Baby 5 dies nicht zu stören. Erst als er genauer hinschaute, merkte er, dass sie eine Maske trug.

Wie unfair“, dachte er und wünschte, dass sie ihn vorgewarnt hätte.

Jedoch erinnerte er sich daran, dass sie verwundert war, dass er solch eine Reaktion gezeigt hatte als sie die Tür geöffnet hatte. Wahrscheinlich hatte sie nicht geahnt, dass Kanon so eine empfindliche Nase hatte oder dachte wohl, dass die Wirkung der Räucherstäbchen normal war.

Hatte sich irgendein Betrüger als Arzt hier eingenistet?

Das konnte nicht sein… Doflamingo war sicher nicht so dumm und würde jemanden Unfähigen anstellen, egal wie schräg dieser auch wirkte und sich verhielt. An dessen Fähigkeiten zweifelte der Schwertkämpfer kein bisschen.
 

„Ist das der Bengel, mit dem ich ab jetzt zusammenarbeiten soll?“
 

Kanon wand sich zu der Männerstimme, die er gehört hatte und erblickte einen älteren, großen Mann, der eher aussah wie ein Boxer als ein Arzt. Auf dessen Kopf war kein einziges Haar zu sehen, aber dafür hatte er einen sehr langen Bart. Eigentlich sah sein zukünftiger Arbeitspartner nicht so schlimm aus, wie er erwartet hatte, aber irgendwie gefiel ihm die Ausstrahlung des Älteren nicht. Ein schlechtes Gefühl verbreitete sich in seinem Körper. Irgendetwas stimmte hier nicht.

Statt das Gespräch zwischen Baby 5 und Huy zu verfolgen, schaute er sich noch einmal im Raum um. Die Mischungen in den Schränken wirkten schon sehr alt und schienen nicht mehr sehr effektiv zu sein. Der Raum wurde auch vollkommen verfinstert, was er nicht verstand. Sonnenlicht war immerhin wichtig für den menschlichen Körper außer die Person litt unter Sonnenallergie. Außerdem war der Ort so dreckig, dass kein Mensch hier freiwillig hineingehen wollte. Nun verstand er, was Gladius meinte, dass dieser sich nicht aus freien Stücken von ihm behandeln lassen wollte. An der Stelle des Schützen würde er auch nicht wollen.

„Gut, dann gehe ich einmal“, hörte Kanon das Dienstmädchen sagen. „Wir überlassen dir den Neuen.“ Mit diesen Worten wand sie sich dann zur Tür und verschwand.
 

„Hey, du“, rief der Ältere nach ihm. „Steh nicht da herum wie angewurzelt und komm her.“

Irritiert verengte er seine Augen. Zwar wusste er, dass der Andere der Dienstältere war, aber dies machte ihm noch lange nicht zu seinem Vorgesetzten, weswegen er sich solch ein Verhalten nicht gefallen lassen musste. Allerdings behielt er vorerst seinen Kommentar für sich und kam dem Mann einfach näher, wobei er einen guten Abstand hielt.

Der Arzt schaute den Jungen von oben bis unten ab. „Was für eine dünne Wurst… Hast du überhaupt genug Kraft jemanden die Schulter zu massieren?“

Als hätte der Kerl einen guten Witz gerissen, begann dieser zum Lachen. Doch dies erwiderte der Schwarzhaarige einfach mit stummem Schweigen.

„Hör gut zu. Solange du in dieser Abtei arbeitest, hörst du auf mich, ob es dir passt oder nicht. Ein falsches Wort und ich werde bei der nächste Gelegenheit Waka-Sama sagen, was für eine Null du bist. Ich glaub ich muss dir nicht sagen, auf wen er mehr hören würde.“ Dann begann der Arzt wieder zum Lachen.

Die Sache schmeckte dem Schwertkämpfer gar nicht, überhaupt nicht. Jedoch wusste er, dass Beschweren nicht helfen würde. Außerdem wollte er sich bei Doflamingo nicht verspielen. Zwar hatte er den Mann schon einmal getroffen und dieser schien auch kein Problem mit seinem frechen Verhalten zu haben, aber der Typ war so unberechenbar, dass er ihn nicht einschätzen konnte. Also würde er sich wohl oder übel fügen müssen – für jetzt.
 

Eigentlich hatte er vor als Arzt zu praktizieren – nicht als Laufbursche, Schleppesel und Putzfrau zu arbeiten. Doch seine derzeitigen Aufgaben überlappten sich mit diesen Berufen, was ihm aber nicht so wirklich störte. Immerhin war er damals so welchen Beschäftigungen nachgegangen als er noch im Jadereich gelebt hatte, oder sogar schlimmere Drecksarbeiten verrichtet.

Doch das Ganze hatte auch seine positive Seite. Dazu gehörte der Fakt, dass sein sogenannter Mentor selten im Büro war, was ein Arzt eigentlich nicht tun sollte. Ob der Ältere schon immer so war oder ob dieser erst damit begonnen hatte seit er auch in der Ordination arbeitete, das konnte der Schwertkämpfer nicht beurteilen. Doch dies konnte dem Jüngeren auch egal sein, ob sein Kollege seine Zeit mit Alkohol, Frauen und Wettspielen vergeudete oder nicht. So hatte er wenigstens Ruhe und konnte etwas Ordnung sorgen – im Arztzimmer und im Kräutergarten.

Als er das Grünhaus betrat, war er vollkommen schockiert, wie viel Unkraut gewachsen und in welchen erbärmlicher Zustand die Beten waren. Normalerweise war Kanon kein sehr emotionaler Mensch, aber selbst ihm taten die Kräuter Leid.
 

Eines Tages besuchte ihm Mone in der Ordination während er ein Buch las. Die Dame schien sehr überrascht mit der Veränderung des Zimmers zu sein, was er ihr aber nicht übel nehmen konnte. Der Raum war auch nicht wieder zuerkennen nach seinem Großputz. Die Ordination wirkte hell beleuchtet, sauber und die Schränke hatten statt nutzlosen Extrakten, verschiedene Topfpflanzen in ihren Fächern stehen. Außerdem schwebte der schwere Duft der Räucherstäbchen nicht mehr in der Luft. Kanon sah keinen pragmatischen Grund dahinter, weswegen er diesen Brauch auch nicht Folge leistete. Sollte Huy doch welche anzünden, wenn er einmal wieder zurückkam.

„Lange nicht gesehen, Kanon“, begrüßte die grüne Damen den Jüngeren schließlich.

„Mone.“ Der Schwarzhaarige schlug seine Lektüre zu und stand von seinem Platz auf. „Ich habe nicht gewusst, dass du zurück bist. Wie ist deine neue Arbeit?“

„Einwandfrei, aber wie ist es bei dir?“ erkundigte sich die Frau neugierig. „Hast dich hier schon eingewöhnt? Wo ist eigentlich Huy? Sollte er sich nicht um dich kümmern?“

„Ich bin doch kein Kleinkind mehr“, erwiderte der Jüngere etwas beleidigt. Jedoch stoppte er, bevor er weiter sprach. Im Hinterkopf erinnerte er sich an dessen Drohung.

Wenn er jemals wagen würde einen der höheren Offiziere zu verraten, was dieser in seiner Freizeit tat, dann würde der Ältere dafür sorgen, dass man ihm kein Wort mehr glauben würde und dass er seinen Job verlor.

„Huy ist gerade berufsbedingt fort. Keine Ahnung wohin. Deswegen bin ich hier und halte die Stellung.“ Seine ehemalige Geschäftspartnerin erwiderte nichts dazu und trat einfach weiter in den Raum um sich genauer umzusehen. „Brauchst du etwas von ihm? Wenn du willst richte ich es ihm aus.“

„Danke, aber das ist nicht nötig“, erwiderte die Grünhaarige, bevor sie sich dem Jüngeren zu wand und lächelte. „Ich möchte dich um einen Gefallen bitten.“ Dann holte sie eine Box heraus und drückte diese in seinen Händen. „Könntest du das bitte einem Mann namens Vergo geben?“

„Vergo?“ wiederholte Kanon verwirrt. „Wer ist das?“

„Einer der Obersten Offiziere der Familie, genauso wie Trebol, Pica und Diamante“, antwortete die Dame. „Ich soll ihm das überreichen. Er wird in ein paar Tagen hier her kommen, aber ich kann nicht so lange bleiben. Kannst du es für mich übernehmen?“

„Klar, aber-“

„Übrigens“ unterbrach Mone ihm, bevor er weitersprechen konnte, „kein Wort an die Anderen. Okay?“

Diese Aussage sorgte dafür, dass es Kanon die Sprache verschlug. Eine geheime Mission war keine Aufgabe, die er in den Anfängen seiner neuer Arbeit erwartet hatte. Was war bloß in dieser Box?

Arzt

Sein Leben unter der Donquixote Familie hatte sich Kanon ganz anders vorgestellt. Er hatte erwartet, dass er von Kopf bis Fuß in Arbeit stecken würde. Allerdings war es das komplette Gegenteil. Er hatte so viel Freizeit, dass es für ihn einfach ungewohnt war. Doch statt sich zu beschweren, nutzte er die Chance und besuchte regelmäßig die Bibliothek des Schlosses. Die Anzahl der vorhandenen Bücher war so überwältigend, dass der Schwertkämpfer sicher war, dass selbst er nicht so schnell mit dem Lesen fertig werden würde.

Meistens ließen seine Kollegen ihn auch in Ruhe. Wenn jemand ihn jemals ansprach, dann übergab die Person ihm nur eine Nachricht, welche er Huy weitergeben sollte. Keiner traute seinen Fähigkeiten. Wahrscheinlich war es im ganzen Schloss verbreitet, dass er keine akademische Ausbildung hatte. Nicht jeder schien so offen und tolerant zu sein wie Doflamingo, aber damit konnte der Schwarzhaarige leben.

Da er die Ordination schon fertig geputzt hatte und im Kräutergarten das Unkraut gejätet hatte, schaute er sich im Schloss etwas um. Für die Anderen musste es wohl so wirken als würde er legendlich nur Spazieren ging, aber eigentlich suchte er nach jemandem. Immerhin hatte er nicht vergessen, um welchen Gefallen Mone ihm gebeten hatte. So kombinierte er seinen Rundgang und seine Suche.

Jedoch wünschte er sich, dass die Grünhaarige ihm eine Beschreibung von diesem Vergo hinterlassen hätte. Denn er hatte vollkommen vergessen sich zu informieren, wie dieser aussah, weil er so überrascht war, dass sie ihm irgendeine geheime Aufgabe anvertraut wurde. Trotz Neugier hatte er aber die Box nicht geöffnet und er würde es auch dabei lassen. Er verabscheute Verrat und er wollte Mones Vertrauen nicht missbrauchen.

Schließlich kam er in einem Bereich des Schlosses an, wo keine Menschenseele zu sehen war. Etwas perplex schaute sich der Schwertkämpfer den Ort etwas genauer an. Dadurch entdeckte er einen kleinen Gang, der nach unten führte. Neugierig, was sich dort befand, näherte er sich den Treppen. Gerade wollte er diese herabsteigen, da wurde er von hinten am Hemd gepackt und hochgezogen.
 

„Wohin des Weges?“ verlangte eine unbekannte Männerstimme zu wissen.
 

Etwas irritiert, dass er hochgenommen wurde wie eine Straßenkatze, drehte sich Kanon so weit wie möglich zu der Person. Der Mann war hochgewachsen, hatte schwarzes Haar, welches dieser kürzer trug als er, und hatte eine Sonnenbrille aufgesetzt. Eigentlich würde der Ältere sehr seriös und ernst wirken, würde sein Gesicht nicht so komisch beschmückt sein.

„Ich hab dir eine Frage gestellt“, merkte dieser Herr an.

„Ich hab kein Grund dir irgendetwas zu sagen“, erwiderte der Jüngere. „Lass mich also runter.“

„Du frecher Balg.“ Trotz der Sonnenbrille konnte Kanon durch dessen Augenbraue erkennen, dass der Andere seine Augen wütend verengte. „Du scheinst keinen Respekt vor den Älteren zu haben.“

„Es ist schwer Respekt vor jemanden zu haben, der mit einer Tasse im Gesicht herumläuft“, meinte der Goldgrünäugige und deutete mit seinem Handrücken auf die linke Wange.

Kurz schwieg der Ältere, bevor dieser Kanon auf dem Boden wieder herabsetzte und seine eigene linke Wange abtastete. Der Mann schien nicht so überrascht zu sein, dass sich wirklich eine Tasse dort befand.

„Wie kommt es, dass du so etwas nicht bemerkt hast?“ fragte Kanon mit verschränkten Armen. „Oder eher, wie kommt es, dass es dort kleben geblieben ist?“

„Liegt an der Teufelsfrucht, die ich gegessen habe“, antwortete der Ältere.

„Achso“, gab der Schwertkämpfer unbeeindruckt von sich. Auf der Grand Line gab es viele Menschen mit speziellen Fähigkeiten. Daher war er nicht überrascht, dass es viele Mitglieder in der Donquixote Familie gab, die eine Teufelsfrucht gegessen hatten. Selbst ihr Boss hatte eine vernascht.
 

Als er seinen Gegenüberstehenden etwas genauer anschaute, verengte er seine Augen. Schließlich streckte er seine Hand aus, welche der Ältere etwas verdächtigt beäugte.

„Kann ich einmal deinen Puls haben?“ fragte der Schwertkämpfer.

„Für was?“ wollte der Sonnebrilleträger wissen, aber reichte ihm seine Hand.

Anschließend legte Kanon seine linke Hand unter dem Gelenk des ausgestreckten Armes und legte zwei Finger seiner rechten Hand auf eine bestimmte Stelle des Unterarms des Anderen um dessen Pulsschlag zu kontrollieren.

„Sag einmal… Kann es sein, dass dein Hals sich etwas trockener anfühlt als sonst?“ erkundigte er sich, nachdem er dessen Puls gemessen hatte. „Und dass du ein kratzendes Gefühl hast, welches durch ein bisschen Husten verschwindet, aber wiederkommt?“

„Woher weißt du das?“ gab der Ältere überrascht von sich. „Genauso ist es. Deswegen habe ich auch heute eine Tasse Tee statt Kaffee getrunken.“

„Dann geh jetzt am Besten zu deinem vertrauten Arzt. Du bist dabei eine Erkältung zu kriegen“, meinte Kanon und schaute die Person ernst an.

„So ein Unsinn“, erwiderte der Andere und befreite sich aus dem Griff. „Ich war in meinem Leben noch nie erkältet.“

„Es gibt für alles ein erstes Mal“, versuchte der Schwertkämpfer seine Diagnose glaubwürdig zu machen. „Wenn du jetzt nicht etwas dagegen unternimmst, dann brich die Krankheit in zwei Tagen aus.“

„Als ob“, kam es ungläubig von dem Älteren, bevor dieser sich wegdrehte und ging.

„Ich weiß von nichts“, murmelte der Goldgrünäugige gleichgültig, bevor er den Gang ebenfalls, aber in der entgegengesetzten Richtung verließ.
 

Nach 2 Tagen…
 

Gerade machte Kanon seinen täglichen Rundgang als Baby 5 ihm aus heiteren Himmel ansprach. Sofort blieb er stehen und drehte sich zu der Dame, welche er wortlos anschaute und stumm fragte, was sie wollte.

„Ich dachte ich sollte dich lieber vorwarnen“, begann das Dienstmädchen zu reden. „Seit vorgestern ist Vergo-Sama hier. Du kennst ihn vielleicht nicht, aber er ist ein hoher Offizier.“

Nickend gab der Jüngere ihr zur Kenntnis, dass er zugehört und verstanden hatte. Jedoch atmete er kein Wort, dass er die Person auf Mones Bitte suchte. Denn es sollte ja geheim bleiben.

„Verscherze dich nicht bei ihm. Er ist unglaublich streng und kennt kein Pardon mit frechen Kindern wie dir“, warnte sie ihm und schaute kurz hinter sich als würde sie aufpassen, dass niemand die beiden hörten. „Zwar wirkt er harmlos, aber er ist unglaublich stark. Ein Schlag von ihm und ich glaube er könnte dich ins Jenseits befördern. Deswegen ein Tipp von mir: Wenn du einen großgewachsenen Mann mit Sonnenbrille siehst, zeige dich nur von deiner besten Seite.“

Kurz weiteten sich die Augen des Schwarzhaarigen als er sich an seinem Treffen mit diesem Unbekannten erinnerte.

„Kann es sein, dass dieser Vergo… eine Teufelsfrucht gegessen hat?“ erkundigte sich der Schwertkämpfer.

„Vergo-San für dich, und nein, hat er nicht“, versicherte sie ihm und betonte ihre Verneinung mit einem Kopfschütteln. „Er ist aber sehr gewandt im Haki, vor allem im Busoshoku.“

Erleichtert atmete der Junge auf als er dies hörte. Dann konnte der Mann, welchem er damals getroffen hatte, nicht der hohe Offizier sein.

„Wie dem es auch sei, mach ihm bloß nicht wütend und hüte dich etwas vor ihm“, wies sie ihm an. „Bei deinem plumpen Mundwerk muss man sich Sorgen machen.“

„Danke für die Blumen“, gab der Schwarzhaarige sarkastisch von sich.

„Das war kein Lob!“ schrie die Dame ihn an, die die Ironie nicht herausgelesen hatte.
 

Als er seine Suche fortsetzte hörte er ein lautes Niesen. Dieses Geräusch folgte er und wie erwartet stand dort der Mann, wen er vor zwei Tagen getroffen und gewarnt hatte. Dieser schien seine Präsenz zu merken, da der Ältere sich zu ihm umdrehte.

„Hast du ein Taschentuch?“ fragte der Mann ohne zu grüßen.

„Wie wäre es, wenn du die Packung benutzt, die an deiner Wange klebt?“ schlug der Jüngere vor als er mit seiner Hand auf die rechte Seite seines Gesichts deutete.

Kurz starrte der Ältere ihn überrascht an, bevor dieser seine rechte Wange abtaste und fündig wurde. Kanon fragte sich wirklich, was für eine komische Teufelsfrucht der Andere gegessen hatte, dass die Sachen an ihm hängen blieben ohne dass dieser es merkte.

„Du bist also wirklich nicht zum Arzt gegangen und hast dich erkältet“, schlussfolgerte der Goldgrünäugige.

„Ich bin nicht erkältet“, behauptete der Sonnenbrillenträger. „Meine Nase rinnt nur etwas.“

Etwas irritiert verengte der Jüngere seine Augen. Wie konnte dieser Mann nur so stur sein? Auf dem ersten Blick sah der Typ sehr erwachsen und vernünftig aus, aber im Inneren war er wohl noch ein Kind.

„Wie du meinst“, sagte Kanon, bevor er in seiner Hosentasche kramte und ein kleines Fläschchen herausholte, welches er dem Anderen überreichte. „Hier. Nimm ein Löffel von diesem Sirup nach jeder Mahlzeit. Dann solltest du in ein paar Tagen wieder gesund sein.“

„Solltest du mir nicht irgendwelche Tabletten oder Medikamente verschreiben?“ wollte der Ältere wissen.

„Wenn du welche haben willst, dann geh zu einem anderen Arzt“, erwiderte der Schwertkämpfer. „Das ist nicht mein Gebiet.“

„Nicht dein Gebiet? Bist du ein TCM Arzt?“ fragte der Ältere schließlich nach.

„In eine Art und Weise“, gab der Goldgrünäugige mit Schulterzucken von sich. Dann wand er sich ab. „Gute Besserung.“
 

Einige Tage später fand er denselben Mann vor seiner Ordination wieder. Dieses Mal nieste er nicht nur, sondern hustete noch heftig.

„Wie ist es soweit gekommen?“ wollte Kanon wissen. „Deine Erkältung wird nur schlimmer und schlimmer.“

„Ich bin nicht erkältet“, behauptete der Ältere immer noch. „Ich fühle mich nur etwas unwohl.“

Kopfschüttelnd seufzte der Schwertkämpfer auf und schloss kurz seine Augen. Der Mann war ja sturer als ein Esel.

„Dann warum hast du den Sirup nicht genommen?“ erkundigte er sich und schaute den Anderen wieder ernst an.

„Ich hab’s verloren“, antwortete der Sonnenbrillenträger sachlich als würde dieser die komplette Wahrheit sagen.

„Wie kannst du es verloren haben, wenn die Flasche dir an der Backe klebt?“ knurrte der Jüngere wütend, aber immer noch beherrscht und ruhig.

Wie immer starrte der Mann ihn kurz überrascht an, bevor dieser dessen Gesicht abtastete und fündig wurde. Kanon konnte wirklich nicht glauben, wie dumm dieser komische Kauz war. Diese gegessene Teufelsfrucht war wirklich mehr problematisch als hilfreich.

„Komm herein“, meinte der Goldgrünäugige und betrat das Arztzimmer.

Dieses Mal folgte der Ältere seine Anweisungen und schloss die Tür hinter sich. Danach schaute der Mann sich interessiert um.

„Sag einmal, wo bin ich eigentlich?“ wollte er wissen. „Ich war noch nie hier.“

„Du bist hier in der TCM Abteil“, antwortete der Schwertkämpfer ruhig, wobei in seiner Stimme hörbar war, wie gereizt er war. „Bist du nicht von alleine hierher gekommen?“

„Aja, stimmt“, meinte der Andere dann. „Ich bin ja hergekommen, weil ich gewusst habe, dass du als TCM Arzt hier sein solltest.“

Kanon ballte seine Hand zu einer Faust und senkte sein Haupt um seine Wut zu kontrollieren. Denn er konnte nicht glauben, wie dumm sein Gegenüberstehender sein konnte. Zwar wusste er, dass der Andere nicht der Hellste war, aber das übertraf alles, was er in seinem Leben gesehen hatte und Kanon war schon vielen dummen Menschen begegnet. Diese Donquixote Familie war doch wohl der reinste Zoo voller verrückten Tieren.

„Sollte hier nicht noch jemand sein?“ erkundigte sich der Sonnenbrillenträger. „Wo ist Huy?“

„Woher soll ich es wissen?“, gab der Jüngere gleichgültig von sich. Denn er war derzeit nicht in der Stimmung auf seine Wortwahl aufzupassen oder Acht zu geben, was er dem Sonnenbrillenträger erzählte. „Der ist wahrscheinlich wieder irgendwo draußen Alkohol trinken, Wetten oder mit Frauen flirtet wie jeden Tag.“

„Ist es in Ordnung so etwas über deinen Abteilleiter zu sagen?“ fragte der Ältere nach. „Oder willst du nur, dass er Ärger bekommt?“

„Selbst wenn ich es dir sage, ist es kein Problem“, gab Kanon seine Meinung Kund. „Nur die Offiziere dürfen davon nichts erfahren und du bist keiner. Selbst wenn ich es dir sage, wird nichts passieren.“

Denn er bezweifelte, dass Doflamingo auf die Worte von niederrangige Untergebenen achtgeben würde. Daher war es kein Unterschied, ob er dies dem Anderen sagte oder nicht. Denn dieser wirkte nicht wie ein hohes Tier und dieser widersprach ihm auch nicht als er diese Behauptung äußerte.

„Übrigens… Hast du nicht gesagt, dass du noch nie hier warst?“ wollte der Goldgrünäugige wissen. „Woher kennst du dann Huy?“

„Aja, stimmt. Wo du es sagst, ich war doch schon einmal hier“, korrigierte sich der Ältere. „War aber schon lange her.“

Der Typ macht mich wahnsinnig!“ fluchte der Schwertkämpfer in Gedanken.
 

„Ist jetzt auch egal“, meinte der Jüngere, nachdem er seine Ruhe wieder gefunden hatte. „Komm mit.“ Ohne zu achten, ob der Andere ihm folgte oder nicht, ging er in das angeschlossene Badezimmer und füllte die Wanne mit warmem Wasser. Danach griff er in den stehenden Schrank, holte ein Fläschchen mit türkiser Flüssigkeit heraus und goss ein paar Tropfen in die Wanne, bevor er noch ein sauberes Tuch hineinwarf.

„Nimm zuerst ein warmes Bad. Trink das Wasser nicht und pass auf, dass dir nichts ins Auge kommt“, wies der Goldgrünäugige an und drehte sich zu dem Anderen um, der ihm den Gefallen getan hatte ihm zu folgen. „Dann gebe ich dir eine Heilmassage. Ich warte draußen und sag dir in einer halben Stunde Bescheid, dass du herauskommen sollst. Wenn dir aber schwindelig wird, kannst du ruhig früher aufstehen.“
 

Dreißig Minuten vergingen schnell, welche Zeit Kanon für das Meditieren verwendet hatte. Schließlich stand er auf und klopfte an der Tür.

„Eine halbe Stunde ist um. Zieh dich an und komm heraus“, wies er den Anderen an. Als er keine Antwort bekam, klopfe er noch einmal an der Tür. „Ist alles in Ordnung? Ist dir etwa schwindelig?“

„Ich komm gleich“, kam nun endlich die Antwort, wobei diese schroff klang.

Jedoch ließ sich der Jüngere von dem Älteren nicht mehr irritieren. Als der Mann aber dann nur mit einem Tuch um seiner Hüfte und seiner Sonnenbrille herauskam, riss Kanon den letzten Geduldsfaden.

„Bist du wahnsinnig?! Zieh dich gefälligst an!“ schrie Kanon seinen Patienten an. „Willst du dich noch mehr erkälten?!“

„Hast du nicht gesagt, dass du mir eine Massage geben wolltest?“ fragte der Andere verwirrt nach.

„Ich werde nur einige deiner Akupunkturpunkte drücken um den Heilprozess zu beschleunigen“, erwiderte der Schwertkämpfer. „Dafür brauch ich dich nicht nackt!“

„Sag das doch gleich“, meckerte der Ältere als er wieder ins Badezimmer ging und die Tür hinter sich schloss.

„Ich habe doch gesagt, dass du dich wieder anziehen sollst!!!“ rief der Jüngere ihm nach.

Hinter der Tür hörte er dann dessen Worte: „Aja, stimmt. Das hat er gesagt.“
 

Als der Sonnebrillenträger wieder herauskam, hatte Kanon sich schon wieder beruhigt und führte die Massage aus, wie er versprochen hatte. Nach einigen Minuten war er fertig und stand auf.

„Das sollte reichen“, meinte er und reichte dem Älteren einen Tee zum Trinken.

„Ich bin beeindruckt“, äußerte sich der Patient. „Ich fühle mich um vieles Besser.“

„Unsinn. Wenn man Krankheiten so schnell heilen könnte, dann bräuchte man keine Ärzte mehr“, erwiderte der Jüngere, für welche Aussage er einen Schlag auf dem Kopf bekam. „Itai! Das tut weh! Sag einmal spinnst du? Ist das eine Art jemanden zu behandeln, der dir gerade eine Massage gegeben hat?“

„Ist das eine Art zu antworten, wenn jemand dir ein Kompliment gemacht hat?“ konterte dieser irritiert. „Übrigens, du benutzt keine Öle beim Massieren?“

Kurz war Kanon über den Themawechsel überrascht. Jedoch zeigte er dies nicht und drehte sich weg.

„Öle verwende ich nur, wenn ich nicht nur die Akupunkturpunkte, sondern auch die Energiebahnen massieren muss“, antwortete er wahrheitsgetreu. „Du bist erst gerade von einem warmen Bad gekommen und hast einige Bakterien ausgeschwitzt. Daher war es nicht nötig.“

„Eine Massage wäre mir lieber als ein Bad“, erwiderte der Ältere als er seinen Tee austrank.

„Im Sommer hätte ich es gemacht, aber nicht zu dieser Regenzeit“, gab der Schwertkämpfer als Antwort zurück. „Zu jeder Jahreszeit gibt es eine andere Heilmethode.“

Als es plötzlich still im Zimmer wurde, drehte sich Kanon zu dem größeren Mann fragend um. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass sich die Atmosphäre um den Älteren herum etwas verändert hatte. War das legendlich seine Einbildung?
 

„Übrigens“ versuchte der Jüngere die eisige Stimmung zu brechen, „ich hab da was für dich.“

Neugierig stand der Andere von seinem Platz auf und folgte Kanon zu dem Schrank. Dann legte der Goldgrünäugige zwei Fläschchen auf dem Tisch. Eines beinhaltete den Sirup, den der Sonnenbrillenträger schon kannte, und der andere war eine durchsichtige Flüssigkeit. Um die beiden unterscheiden zu können, waren die Behälter in verschiedenen Formen. Während der Sirup in einer breiten Flasche war, befand sich das andere Mittel in einer Langen und Schmalen.

„In der“ bei der Aussage hob Kanon den Behälter mit der durchsichtigen Flüssigkeit, „ist ein ätherisches Öl drinnen. Schmier dir ein paar Tropfen davon unter die Nase und an den Schläfen. Wenn deine Nase zu sehr rinnt, dann gib ein paar Tropfen auf ein Stofftuch und halt dir es unter die Nase. Dadurch sollte es aufhören und du solltest besser atmen können.“

Dann holte er zwei weitere Fläschchen heraus, die genauso aussehen wie die Vorherigen. „Das erste Set ist für den Fall, wenn sie dir wieder im Gesicht kleben. Das Zweite ist dafür da, wenn du es vielleicht verlegst“. Im nächsten Moment holte er weitere Sets heraus. „Das Dritte ist für den Fall, wenn du es verlierst. Das Vierte ist dafür da, wenn du es unabsichtlich ausschüttelst. Das Fünfte dient als Reserve. Das Sechste soll dafür sorgen, dass du es wirklich nimmst.“ Nachdem er sein Handeln erklärt hatte, drehte er sich zu seinem Patient. „Keine Ausrede mehr, warum du es dieses Mal nicht genommen oder benutzt hast.“

„Sag einmal“ gab der Ältere etwas provoziert von sich, „du hältst mich für sehr dumm, was?“

„Bei dir weiß man es nicht“, erwiderte Kanon, wofür er einen weiteren Schlag auf dem Kopf bekam. Am Ende scheuchte er den Erkrankten aus der Ordination nur um zu merken, dass er wieder vergessen hatte nach dessen Namen zu fragen.
 

Eine Woche verging und der Schwertkämpfer war immer noch nicht in der Lage diesen Vergo zu finden. Die Regenzeit war um und der Frühling stand schon vor der Tür. Trotzdem war er immer noch nicht fündig geworden. Das konnte ja nicht wahr sein.

Vom Garten aus hörte er laute Stimmen und Geräusche. Als er aus dem Fenster schaute, sah er, dass viele Menschen um den Swimmingpool versammelt waren. Gerade wollte er weggehen, da sah er im Augenwinkel eine grünhaarige Dame im Garten.

Mone“, dachte er und holte aus seiner Hosentasche die Box heraus, die sie ihm anvertraut hatte. „Am Besten ist sag ich ihr gleich, dass ich diesen Vergo nicht gefunden habe. Besser jetzt als später.

Mit diesem Entschluss machte er sich auf dem Weg zum Erdgeschoss.
 

Unten angekommen wollte er aus der Tür schreiten, da blockten ihm zwei Männer den Weg.

„Wer zur Hölle bist du?“ wollte einer von ihnen wissen. „Ich habe dich hier noch nie gesehen.“

Kanon starrte die Türsteher mit verengten, kühlen Blick an. Eigentlich hatte er gedacht, dass alle ihn als unwissenschaftlichen und ungeschulten Balg kannten. Doch wie es aussah, hatte er sich geirrt.

„Hey, mein Kumpel hat dir eine Frage gestellt“, zog der zweite Mann seine Aufmerksamkeit auf sich. „Wer bist du?“

„Kanon“, antwortete der Schwertkämpfer schließlich wortkarg. „Arzt.“

„Arzt?“ wiederholten die zwei älteren Männer, bevor sie sich anschauten. Dann kam einer von den Türstehern auf ihn zu und umkreiste ihn. „Weder deine Klamotten hat das Zeichen, noch scheinst du ein Tattoo zu haben. Ein Neuling?“ Zu dieser Frage nickte der Jüngere legendlich. „Dann können wir dich hier nicht durchlassen. Das hier ist eine Party nur für Offiziere.“

„Na gut. Dann ruft Mone hierher“, wies der Junge sie an. „Ich muss mit ihr reden.“

„Sag einmal für wen hältst du dich? Kommst einfach her und gibst uns Befehle“, beschwerte sich einer der Türsteher. „Und noch dazu willst du einfach mit Mone-Sama reden? Du hast sie wohl nicht alle! Als würde sie mit einer kleinen Wurst wie dir reden wollen!“

„Es ist nicht mein Stil Kollegen zu verletzen“, sprach der Schwarzhaarige ruhig, aber bedrohlich während er seine Gegenüberstehende mit seinem kalten Blick durchbohrte. „Entweder ihr lässt mich hier durch oder ihr ruft sie her. Entscheidet euch.“
 

„Was geht denn hier vor?“ verlangte eine tiefe, bekannte Männerstimme zu wissen.
 

Sofort wanderte sein Blick zu dem weinroten Sofa, auf welchem der blonde Hüne saß. Der Rücken des Bosses war zu ihnen gewendet, aber der Broker hatte seinen Kopf etwas zur Seite gedreht um sie anzuschauen.

„Waka-Sama, es tut uns schrecklich Leid“, kam es sofort von einem der Türsteher.

„Dieser Junge hier möchte unbedingt zur Pool-Party und hört nicht auf uns“, gab der Andere von sich.

„Das hab ich nicht gesagt“, kommentierte Kanon gelassen und schloss kurz seine Augen. „Ich habe gesagt, dass ich mit Mone reden will und dass man sie entweder herholen soll oder mich kurz hinein lassen soll. Mehr nicht.“

Anschließend stand Doflamingo von seinem Platz auf und ging auf den Jüngeren zu. Die Türsteher wichen sofort zur Seite, aber der Schwarzhaarige blieb furchtlos auf seinem Fleck stehen.

Obwohl Kanon dies nicht offen zeigte, er empfand großen Respekt vor diesem Mann. Er kannte Joker noch nicht lange und dieser hatte seine Macken, inklusive einen schrecklichen Modegeschmack. Doch trotzdem konnte der Schwarzhaarige nicht anders als die Überlegenheit und Charisma des Anderen anzuerkennen. Wahrscheinlich lag es an dessen Ausstrahlung, die er spürte. Doch in Gegensatz zu Huy, gab Doflamingo ihm das Gefühl, dass er diesen Mann respektieren musste.

Laut einem Buch über Kulturwissenschaft, welches er als Kind gelesen hatte, würde er diese Ausstrahlung Aura nennen – Autorität, Einzigartigkeit, Distanz, Authentizität, etwas was man nicht reproduzieren oder kopieren konnte. Er hatte dies noch nie bei jemandem Anderen verspürt als bei seiner Mutter und bei Sister Angela bis er auf den Shichibukai traf. Der Schwarzhaarige selbst wusste nicht, ob er sich diese Ausstrahlung nur einbildete oder ob diese wirklich existierte. Doch es änderte nicht den Fakt, dass er so etwas spürte und für ihn real wirkte.

Der Jüngere merkte erst wie lange sie sich angestarrten hatten als der blonde Hüne plötzlich sein typisches Lachen erschallen ließ.

„Du willst also Mone sehen“, sprach sein Boss und schaute auf ihm herab. Das konnte Kanon ihm nicht übel nehmen. Immerhin war der Mann um vieles größer als er. „Hast du sie so sehr vermisst, dass du sie jetzt unbedingt sprechen musst?“

„Eigentlich geht es um etwas Berufbedingtes“, erwiderte der Schwertkämpfer. Sein Griff um sein Schwert verfestigte sich etwas. Denn irgendwie ließ Doflamingo ihm dastehen als wäre er ein kleines Kind, der gekommen war um seine beschäftigte Mutter in der Arbeit zu sehen. Allerdings war Mone nicht seine Mutter und er war auch kein kleines Kind. Nur der Gedanke alleine ließ ihm eine Gänsehaut bekommen. „Etwas worüber ich mit ihr unter vier Augen sprechen muss.“

„Nicht einmal mir kannst du es verraten?“ wollte der Shichibukai wissen. Seine Stimme klang wie immer gelassen, aber trotzdem bestimmend und unnachgiebig.

Auf diese Frage wusste Kanon aber keine Antwort. Zwar hatte sie gesagt, dass er dies ‚den Anderen’ nicht verraten sollte, aber war Doflamingo auch darin inkludiert? Ohne zu antworten schaute er weg und blieb schweigsam.

Jedoch erlaubte der Ältere ihm dieses Verhalten nicht. Denn dieser packte ihn am Kinn, drehte seinen Kopf zurück und hob sein Haupt etwas damit sie sich wieder in die Augen sahen.

„Nun, ich warte, Kanon“, verlangte der blonde Hüne nach einer Antwort und tippte mit einem Finger auf seine Wange. Auch wenn der Andere nichts sagte wusste der Jüngere, dass sein Boss ungeduldig wurde.
 

„Waka-Sama, ist irgendetwas nicht in Ordnung?“
 

Sofort schaute der Broker über seine Schulter und grinste breit als dieser die grünhaarige Dame hinter sich sah.

„Mone, du kommst wie gerufen“, meinte Doflamingo und deutete ihr näher zu kommen. „Unser Problemkind hier vermisst dich und möchte dich sehen.“

„Ach wirklich?“ kam es amüsiert von der Dame. „Wie süß.“

„Er behauptet, dass er mit dir etwas Berufbedingtes besprechen müsste, worüber selbst ich nicht wissen darf“, setzte der Boss fort in einem Singsang sprechenden Ton. „Weißt du vielleicht etwas davon?“

„Ich glaube Kanon hat da etwas missverstanden“, kicherte die Dame und neigte ihr Kopf etwas zur Seite. „Ich habe gemeint er solle es den Anderen in der Familie nicht verraten, aber von Ihnen war nicht die Rede, Waka-Sama.“

„Dann kann ich ja zuhören“, schlussfolgerte der blonde Hüne und schaute den jüngeren Mann an. „Also, um was geht es?“

„Ich habe diesen Vergo nicht gefunden und daher die Box, die sie mir gegeben hat, nicht weiterreichen können“, berichtete Kanon. „Daher wollte ich Mone die Box zurückgeben, da sie wieder hier ist.“

„Vergo? Der ist ja auch hier. Wie wäre es, wenn wir ihm herrufen, hm?“ meinte der Ältere, bevor dieser Kanon wieder los ließ und sich Richtung Garten drehte. „Hey, Vergo, komm mal her! Jemand braucht hier etwas von dir.“
 

Nun trat der Schwarzhaarige etwas zur Seite um zu sehen, was für eine Person dieser Offizier war. Immerhin musste diese Person eine besondere Persönlichkeit sein, wenn er ihn all der Zeit nicht finden konnte. Seine Augen weiteten sich vor Schock als er den bekannten, großgewachsenen Mann mit Sonnenbrille und schwarzem Haar traf.

„Du? Was machst du zur Hölle hier?“ fragte Kanon verwirrt und wich einen Schritt zurück. „Ich dachte du bist kein Offizier.“ Immerhin hatte der Andere nicht reagiert als er behauptet hatte, dass er nur den Hochrangigen nichts über Huys Freizeit erzählen durfte. Erst dann bemerkte er, was er getan hatte und schluckte etwas schwer.

„Ich bin ja auch keiner“, meinte der Angesprochene und verschränkte seine Arme hinter den Rücken.

„Ah, aber du gehörst doch zu den vier Obersten Offizieren der Familie“, kommentierte Mone amüsiert. „Oder etwa nicht, Vergo?“

„Aja, stimmt. Wo du es sagst“, korrigierte sich der zweitgrößter Mann der Gruppe. „Ich bin ja einer der vier Obersten Offizieren der Donquixote Familie.“

„Du hast mich also angelogen. Warum-“ Dann stoppte Kanon in seinem Satz als er registrierte, wie Mone den Mann genannt hat. „Du… Du bist Vergo? Hast du nicht gesagt, dass du eine Teufelsfrucht gegessen hast?“ Denn er konnte sich gut erinnern, dass Baby 5 behauptet hatte, dass der Oberste Offizier keine Teufelsfrucht gegessen hatte, aber spezialisiert in Haki war. Jedoch hatte der Mann mit dem schwarzem Haar und Sonnenbrille ihm erzählt, dass dieser eine Teufelsfrucht konsumiert hatte.

„Ja, habe ich“, versicherte Vergo ihm. „Was ist damit nicht in Ordnung?“

„Du hast doch gar keine gegessen“, korrigierte Doflamingo seinen Untergebenen schmunzelnd.

„Aja, stimmt. Wo du es sagst, Dofy“, stimmte dieser seinem Boss zu als wäre es keine große Sache. „Ich habe ja gar keine gegessen.“

„In anderen Worten, du hast mich von Anfang an angelogen“, meinte der Jüngere mit verengten Augen und wütendem Blick, obwohl seine Stimme noch sehr ruhig war.

Er konnte nicht glauben, wie unvorsichtig er war. In dessen Anwesenheit hatte er vieles gesagt, was er nicht hätte sollen und vieles getan, was er vielleicht nicht hätte tun sollen. Obwohl Baby 5 ihm gewarnt hatte, hatte er sich Blöße gezeigt. Doch über ausgeschüttelte Milch trauerte er nicht nach. Da es schon soweit gekommen war, hatte es kein Sinn sich zu verstellen. Es würde keinen Unterschied mehr machen. Der Offizier hatte ja schon seinen wahren Charakter gesehen. Wiederum bezweifelte er selbst, dass er sich absichtlich anders verhalten hätte nur um seinen Vorgesetzten zu gefallen, auch wenn er die Identität seines Gegenüberstehenden vorher gewusst hätte. Das war nicht sein Stil.

„War das auch ein Art Test oder bist du einfach so, Vergo?“ wollte er wenigstens wissen, wenn er schon vollkommen hereingelegt wurde.

„Jetzt spiel dich nicht so auf. Außerdem, korrigiere dich“, verlangte Vergo, bevor dieser Kanon wieder einen Schlag auf dem Kopf verpasste. „Es ist Vergo-San für dich. Hab mehr Respekt vor deinen Vorgesetzten.“
 

„Itai!“ gab der Schwertkämpfer von sich. Sofort legte er seine freie Hand auf dem Kopf und rieb die Stelle etwas, wo er geschlagen wurde. „Hör auf mich zu schlagen.“

„Dann zeig mehr Respekt, du Balg“, wies der Angesprochene ihm einfach an als hätte dieser überhaupt nichts Falsches getan.

„Mich nennst du Balg? Du musst gerade reden“, konterte Kanon kühl. „Wer hat sich wie ein trotziges Kind verhalten und bis zum bitteren Ende geweigert einzusehen, dass er eine Erkältung hatte?“

„Ich hatte nie eine Erkältung“, behauptete der Ältere und blickte zur Seite. „Mir ging es nur nicht gut.“

„Und du verneinst es immer noch!“ verlor der Goldgrünäugige nun endlich seine Geduld und Ruhe. „Und dann willst du noch Respekt, Vergo?“

„Vergo-San für dich“, wiederholte der Oberste Offizier sich und wollte ihm noch einen Schlag auf den Kopf verpassen, aber dieses Mal konnte der Jüngere ausweichen.

„Jetzt hör auf mir auf den Kopf zu schlagen!“ verlangte Kanon wütend. Bevor er weiter sprach, schulterte er sein Schwert etwas, da dieses sich bei seiner schnellen Bewegung von seiner üblichen Position weggerutscht war. „Was ist, wenn ich wertvolle Gehirnzelle verliere? Wenn du mich schon schlagen musst, dann schlag mich in den Magen oder schleudere mich durch die Wand, aber verschon meinen Kopf!“

„Ist ja schön dass du etwas reflektierst“ erhob Mone nun das Wort, „aber findest du nicht, dass deine Denkweise in die falsche Richtung geht?“
 

Das Lachen ihres Bosses sorgte dafür, dass alle drei verstummten und den blonden Hünen anschauten.

„Wie dem es auch sei, wolltest du Vergo nicht etwas geben, Kanon?“ erinnerte der Boss ihm. „Wo ist denn die Box?“

„Einen Moment“, antwortete der Jüngere. Er steckte seine Hand wieder in seine Hosentasche und holte die Box heraus. „Hier ist sie.“ Mit seiner nächsten Bewegung überreichte der Schwertkämpfer Vergo das Objekt. „Damit wäre ich hier auch fertig. Tut mir Leid für die Störung.“

Gerade wollte Kanon weggehen, da wurde er an der Schulter festgehalten. Sofort blieb er stehen und drehte sich zu seinem Vorgesetzten fragend um.

„Ja, Doflamingo?“ fragte er mit einer hochgehobenen Augebraue, was dieser von ihm wollte.

„Nenn Dofy nicht so vertraut“, kam es sofort von Vergo, der ihm dieses Mal am Ohr hochzog.

Kanon knirschte seine Zähne zusammen um nicht aufzuschreien, aber seine Augen verengten sich schmerzhaft. „Waka-Sama für dich!“

„Jetzt lass doch den armen Jungen, Vergo“, befahl der blonde Hüne wie immer gelassen, aber unnachgiebig. „Solange er Respekt zeigt, ist es mir egal, wie er mich nennt.“

Schließlich ließ der Oberste Offizier Kanon los und trat zur Seite. Sofort rieb der Schwertkämpfer an sein verletztes Hörorgan und gab den Schuldigen einen wütenden Blick, bevor er sich wieder zu seinem Boss wandte.

„Du wolltest was von mir?“ wiederholte sich der Schwarzhaarige. „Willst du mich etwa bestrafen, weil ich meinen Job nicht ordentlich gemacht habe?“

„Fufufu! Das wäre sicher auch lustig, aber dieses Mal nicht“, meinte Joker schmunzelnd und beugte sich etwas hinunter zu dem Jungen. „Da du schon hier bist, warum gesellst du dich nicht zu uns?“

„Die Feier ist doch nur für Offiziere. Ich habe da doch gar nichts ver-“ Doch bevor der Goldgrünäugige seinen Satz vollenden konnte, wurde er schon durch die Tür in den Garten geschoben.

„Jetzt sei doch nicht so“, gab sein Boss belustigt von sich und drückte ihn mit wenig Mühe, aber erfolgreich weiter hinaus. „Je mehr Leute in einer Party sind, desto besser.“
 

Egal wie er das Blatt drehte und wendete, Kanon glaubte nicht, dass er noch entkommen konnte. Seufzend nickte er und blieb bei dieser lauten Gruppe. Er konnte nur hoffen, dass keiner seiner älteren Kollegen, die keine Offiziere waren, herausfand, dass er trotz seines niedrigen Status in der Familie an einer Feier für Hochrangige teilgenommen hatte und ihn deswegen lynchen wollte.

Dann sah er im Augenwinkel eine Dame, die er nicht erwartet hatte.

„Baby 5 ist ja auch hier“, merkte er ruhig, aber etwas überrascht an. „Also ist die Feier doch nicht nur Offiziere.“

„Doch, ist die Party“, korrigierte Mone ihm als sie zu den Jüngeren näher trat. „Baby 5 gehört ja zu den Offizieren. Sie ist ein Mitglied der Pica Armee.“

„Sie… ist gar kein Dienstmädchen?“ fragte er etwas perplex und geschockt.

„Doch, aber eigentlich ist sie eine Offizierin wie ich“, kicherte die grüne Dame amüsiert.

Der Schwarzhaarige konnte es nicht glauben. Ohne zu merken hatte er mit zwei Offizieren geredet als wären sie gleichrangige Kollegen. Doch er konnte sich auch selbst nicht die Schuld geben dies nicht bemerkt zu haben. Denn weder Baby 5, noch Vergo hatten sich entsprechend ihres Ranges verhalten. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass logisches Denken ihm in dieser Familie nicht weiterhelfen würde. Er konnte nur diesen einen Gedanken wiederholen: Diese Donquixote Familie war der reinster Zoo.
 

„Übrigens, Kanon“, brachte Mones Stimme ihm wieder zurück zur Gegenwart. „Ich habe hier etwas für dich.“ Sie streckte ihre verschlossene Hand aus und wartete bis Kanon seine geöffnet vorstreckte. Dann ließ sie eine Kette mit einem ausgestrichenen Smiley in seine Handflächen gleiten. „Willkommen in der Donquixote Familie, Kanon.“

Epilog

Seine Hand glitt zu der Kette, welche er um seinen Hals trug. Es war dieselbe, die ihm Mone an dem einen Tag geschenkt hatte. Das Schmuckstück, welches Sister Angela ihm gegeben hatte, hatte er sicher in einem Fach seines Rucksacks verstaut. Die Kette gehörte nicht an diesem Ort und er bezweifelte, dass er diese jemals wieder umlegen würde.

Am selben Tag fand er auch heraus, dass er sich auf der Insel Dressrosa befand als er die Tänzerinnen im Garten sah. Seine Mutter hatte eine Vorliebe am Tanzen gehabt, vor allem die spanischen Tänze hatte sie gerne ausgeführt. Sie hatte ihm auch erzählt, dass sie diese in einem Königreich namens Dressrosa gelernt hatte. So hatte Kanon einfach eins und eins zusammengezählt. Viele waren entweder irritiert oder erstaunt, dass er die Lokalisierung des HQ so schnell herausgefunden hatte. Mone, Vergo und Doflamingo waren legendlich darüber amüsiert als hätten sie gewusst, dass es nur eine Frage der Zeit war bis der Junge selber darauf kam, wo er sich befand.
 

Nach einigen Tagen hatte er gelernt, was Baby 5 gemeint hatte, dass Vergo kein Pardon kannte. Am Anfang hatte er gedacht, dass der Ältere nett war als er ihm anbot ihn zu trainieren. Dadurch fand er auch heraus, dass die Kraft, die er verwendete, wenn er seine Augen schloss und Energie sammelte, Haki war, sogar derselbe, in welchen der Oberste Offizier spezialisiert war. Daher lag der Fokus seines Trainings darin sein Busoshoku zu verbessern, welche harte Arbeit auch Früchte trug. Doch trotzdem konnte er nicht anders als es ein wenig zu bereuen das Angebot angenommen zu haben. Denn immer wenn Vergo nach Dressrosa für ein paar Tage kam, suchte dieser den Jüngeren auf und jede Trainingseinheit endete damit, dass Kanon eine Woche bewusstlos war und eine weitere Woche mit großen Schmerzen im Bett lag. Der Mann war nicht nur ein komischer Kautz, der dumm wirkte. Dies lernte Kanon auf die harte und schmerzhafte Art und Weise.

Selbst Gladius, mit wem er sich am Anfang nicht sehr vertragen hatte, hatte Mitleid mit ihm. Zwar waren beide immer noch nicht die engsten Freunde, aber mit der Zeit konnten sie miteinander reden ohne sich gegenseitig an die Gurgel gehen zu wollen. Auch die anderen Familienmitglieder schienen ihm endlich zu akzeptieren und vertrauten ihm soweit, dass sie sich von ihm versorgen ließen. Jedoch gab es eine Kleinigkeit, die Kanon immer noch stutzig machte: Huys Verschwinden. Schon öfters hatte er seine Kollegen gefragt, ob sie wussten, wo der Andere war. Doch entweder wussten die Gefragten die Antwort selber nicht oder sie waren der Meinung, dass er es nicht zu wissen brauchte.

Mone sah er seit der einen Swimmingpool Party nicht mehr so oft wieder. Denn sie musste auf einer anderen Insel namens Punk Hazard bleiben und auf irgendeinen Wissenschaftler aufpassen. Zwar hätte er gerne mehr über irhe neue Arbeitsstelle erfahren, aber Details waren ihm vorenthalten. Allerdings hatte die grüne Dame angeboten, dass Kanon sie immer Besuchen kommen konnte, wenn er wollte. Sein Stolz erlaubte ihm nicht seine Freude offen zu zeigen, aber im Inneren freute er sich, dass er immer zu ihr gehen konnte, wenn er etwas von ihr brauchte oder sie einfach wiedersehen wollte.

Obwohl sein Verhältnis zu dem Rest der Bande sich verbesserte, dasselbe konnte er aber nicht bei Doflamingo behaupten. Eigentlich hatte er vorgehabt sich zu hüten und sich bei seinem Boss nicht zu verspielen. Jedoch schien er mit der Zeit die Linie zwischen akzeptiertes Frech-Sein und respektloses Vergehen nicht mehr sehen zu können oder die Toleranz seines Bosses gegenüber seines Verhalten nahm ab. Schon oft wurde er für seine Art zu Recht gewiesen. Er konnte von Glück reden, dass der blonde Hüne schnell vergab und vergaß. Sonst wäre er schon längst ein Kopf kürzer.

Auf dem ersten Blick würde man behaupten, dass sein Boss und er ein schlechtes Verhältnis miteinander hatten. Doch irgendwie stimmte das auch wieder nicht. Solange Kanon nämlich nicht vorlaut wurde, behandelte Doflamingo ihm nicht um vieles anders von seinen anderen Untergebenen und dieser schien mit seiner Arbeit immer zufrieden zu sein, so dass der Jüngere ziemlich oft Bonuszahlungen bekam.
 

Seit seiner zweijahrelangen Mitgliederschaft hatte sich sein Kopfgeld nicht mehr erhöht trotz den Taten, die er immer noch beging. Dies war wohl Jokers Einfluss als Shichibukai. Genau darauf hatte Kanon auch Ausschau gehalten. Daher war es für den Schwarzhaarigen ein einfacher Deal: Er gab dem Mann sein ärztliches Fachwissen und Organe, dafür bekam er von ihm Schutz vor der Marine und Kopfgeldjägern.

Doch es wäre gelogen, wenn er behaupten würde, dass er keine Loyalität gegenüber Doflamingo verspürte. Denn er bezweifelte, dass er den Anderen jemals verraten würde, egal wie schwer oder heftig dieser ihn auch bestrafte. Solange sein Leben und Stolz in Takt war, würde sich Kanon nicht beschweren. Vor allem weil er wusste, dass er meistens im Unrecht war und es verdient hatte diszipliniert zu werden, auch wenn er sich nicht freute diese Schmerzen ertragen zu müssen.

Schließlich erhob er sich von seinem Sitzplatz und betrat sein Zimmer um sich eine neue Lektüre zu holen, da er mit seinem Buch fertig war. Der Raum war wirklich riesig groß und Kanon konnte sich an dem Ort einfach nicht gewöhnen. Einmal hatte er Doflamingo gebeten ihm ein anderes Zimmer zu geben, für diese Äußerung Vergo ihn disziplinieren wollte. Jedoch hielt der blonde Hüne seinen Gefolgsmann mit einer Handgeste zurück und erkundigte sich amüsiert, weswegen der Jüngere mit seinem Zimmer nicht zufrieden war. Als er sagte, dass er ein Kleineres haben wollte, wurde auch der Oberste Offizier neugierig. Dieser wollte wissen, welche Größe der Arzt bevorzugen würde. Kanon versuchte zu erklären, dass er durch sein Büro eigentlich zwei Zimmer besäße und deswegen seine Schlafstätte nicht so groß sein müsste. Ein Raum, wo ein Schrank und ein Futon hineinpassten, würde ihm vollkommen reichen. Nachdem er dies gesagt hatte, gab Vergo ganz ehrlich und sachlich von sich, dass nicht einmal die Zellen für die Gefangene im Schloss so klein waren, welche Aussage alle Anwesenden zum Lachen brachte.

Das Läuten der Den Den Mushi, welche auf seinem Nachttisch stand, brachte ihn zurück zur Gegenwart. Auch dieses Kommunikationsgerät hatte eine kleine Geschichte bei dem Arzt. Bei einer weiteren Swimmingpool Party hatte Vergo ihm eine gestylte Den Den Mushi überreicht. Um zu testen, ob diese wirklich funktionierte, rief Baby 5 ihn einmal an. Das Läuten der Schnecke erschreckte ihn so sehr, dass er mit weitaufgerissenen Augen sie wortlos in das Wasserbecken warf, welches Handeln ihm ein Ohrenziehen von Vergo, ein lautes Schreien von der Familie und ein amüsiertes Lachen von Doflamingo bescherte. Selbst zu dem heutigen Tag hatte er sich an diese Den Den Mushi nicht gewohnt, weswegen er oft vergaß diese mitzunehmen, wofür er auch immer noch geschellt wurde.

Mit zügigen Schritten näherte Kanon sich seinem Nachttisch und hob ab.
 

„Ich bin’s“, ertönte die tiefe Stimme seines Bosses. „Ich brauch etwas von dir. Komm zu mir, Kanon.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Rookie123
2015-10-11T07:09:01+00:00 11.10.2015 09:09
Die FF fängt etwas Low an wird aber bis zum Ende hin immer spannender. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.


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