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Im nächsten Leben

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Im nächsten Leben

Kommentare, Kritik - Erwünscht

Viel Spaß beim Lesen ^^
 

Im nächsten Leben
 

... Wenn nicht in diesem... dann vielleicht im nächsten Leben...
 

Die Worte hallten in meinem Ohr. Ich kniff die Augen zusammen, schirmte die Sonne mit meinem Arm ab. Ich war geblendet, verwirrt und spürte einen dumpfen Schmerz, als irgendein Trampel gegen mich stieß. Ich merkte wie der Ärger langsam, schleichend mein Knochenmark empor kroch, jede Faser meines Körpers infizierte, nur um sich wie ein Geschwür in meinem Hirn auszubreiten. Ich merkte wie sich die Wut in mir aufbaute und mein Mund dazu ansetzen wollte wirklich schlimme Dinge zu sagen. Und ich merkte wie leer mein Kopf wurde, als meine Augen sich an die Helligkeit gewöhnten und ich den Grund meines Ärgers erblickten. Ich sah hinab. Zwei blau funkelnde Diamanten, meeresgleich, blickten in meine schmutzig braunen Augen, schienen den aufkommenden Ärger wegzuspülen und nichts übrig zu lassen, als matschiges Ödland. Mir blieb die Luft weg ob dieser Naturgewalt.

Im nächsten Moment hörte ich diese Stimme, diese vertraute Stimme...

"Du blöder....",

Sie drang an mein Ohr...

"... kannst du Ar...",

Brannte sich in mein Hirn...

"... hörst du mir überhaupt zu, du Spa...",

Ich verstand ihre Worte nicht, doch ihr zärtlicher Klang berührte mich, ließ mein Herz um mein Leben schlagen und das Blut durch meine Adern jagen. Ich konnte nicht anders als sie anzustarren, mein Ödland von ihren tiefblauen Augen erfrischen zu lassen und das erste Mal in meinem Leben spürte ich, dass sich Leben in meinem Körper regte.

Ich reichte ihr meine Hand, wollte ihr aufhelfen, wollte sie in einem Anflug von fremden Erinnerungen an mich drücken und nie wieder loslassen, ich wollte sie halten, ich wollte sie für immer halten, bis über den Tod hinaus, doch sie schlug meine Hand aus, sah mich an, als wäre ich es nicht wärt sie zu berühren.

Noch mit dem Ärger auf den Lippen raffte sie sich und ihre Handtasche samt Inhalt auf und stolzierte an mir vorbei. Und wieder sah ich ihr hinter her, starrte sie an, ihr Anblick in voller Gänze raubte mir den Verstand und ehe ich mich versah folgte ich ihr.

"Darf ich dich einladen...?"

"Nein!"

"Als Entschuldigung?"

"Nein!"

"Als Wiedergutmachung?"

"Nein!"

"Auf einen Kaffee?"

"Nein!"

"Darf ich deinen Namen wissen...?"

"Nein!"

"Meinst du, du magst mich irgendwann...?"

Sie blieb auf einem Zebrastreifen stehen, drehte sich zu mir um und fast wäre ich in sie gerannt.

"Nein!"
 

... Wenn nicht in diesem... dann vielleicht im nächsten Leben...
 

Die Worte hallten in meinem Ohr. Ich schreckte auf. Ich sah mich um. Tastete neben mich und spürte den warmen Körper neben mir, er atmete gleichmäßig und ruhig. Es war dunkel. Irgendwas ließ mich furchtbar aufschrecken, doch ich konnte mich nicht mehr erinnern was es war. Ich atmete tief ein und ließ mich wieder in die Kissen zurück fallen. Ich sah neben mich, das schwache Mondlicht, dass durch die halb geschlossenen Jalousie drang, ließ nur erahnen welch wunderschöne Gestalt neben mir lag und schlief. Ich drehte mich zu ihr, legte sanft einen Arm um sie und drückte ihren zierlichen Körper an meinen. Ich vergrub mein Gesicht in Ihren Haaren und sog ihren süßen Duft, der mir immer wieder jeden klaren Gedanken raubte, in meine Lungen. Ich wollte in ihr aufgehen. Wollte die Sonne in ihrem Leben sein, wollte die Sterne sein, die ihr in ihren dunkelsten Stunden den Weg wiesen, wollte die frische Brise an einem warmen Sommertag für sie sein. Ich wollte sie halten. Ich wollte sie für immer halten, über den Tod hinaus.
 

Es war ein warmer Sommertag. Der warme Wind wehte ihr spielerisch durch das lange, braune Haar, tanzte mit ihm, neckte es, ließ sie resignieren. Verzweifelt versuchte sie ihre Haare mit einer Hand zu richten, doch es gelang ihr nicht und sie gab auf.

"Ich bin hässlich..."

"Nein", sagte ich und lächelte sie an.

"Lügner", sagte sie zufrieden und zog mich schwatzend an der Hand weiter. Ich hätte daran gewöhnt sein müssen, an ihre Berührungen, doch spürte ich immer dieses Kribbeln auf der Haut, es elektrisierte mich immer wieder aufs Neue und gleichzeitig vermittelte es mir das Gefühl sie nicht verdient zu haben, ihr verderben zu sein.

Wir erreichten unser Ziel. Sie öffnete die gläserne Eingangstür und sah mich strahlend an und wieder mal sah ich in diese wunderschönen, strahlend meerblauen Augen, die mir den Atem raubten, mich in ihren Bann zogen und auch zu ertränken drohten. Doch dieses Mal schien das Strahlen von einem unbekannten Makel bedeckt, sie lächelte mich genauso liebevoll an wie sonst auch. Ehe ich größere Bedeutung in diesen Kontrast interpretieren konnte drehte sie sich um und ging auf die gläsernen Tresen zu.

Der Verkäufer redete mit ihr, fragte nach ihren Wünschen und ich schien nur wie ein Zuschauer, fasziniert von ihrer Begeisterung. Sie probierte viele Ringe, doch keiner schien ihr wirklich zu gefallen, bis sie ihn sah. Sie nahm ihn in die Hand und sah ihn an wie einen alten Freund. Sie probierte ihn an und es schien als gehörte er schon immer ihr. Sie drehte sich zu mir um und das strahlende Meer verlor eine Träne, die langsam ihren Weg ihre Wange hinab fand, über ihre vollen, roten Lippen, die sich zu dem traurigsten Lächeln verzogen, dass ich je gesehen hatte. Ich sah sie verwirrt an. Als ihre Hand meine Wange fand und leicht darüber streichelte ging alles sehr schnell, doch mir kam es wie eine Ewigkeit vor.

Die Glastür würde aufgetreten, die Scherben flogen auf den Boden, alle sahen wir auf, wollten wissen, was den Lärm verursachte und dann Passierte es. Ein lauter Knall durchbrach die Harmonie, die bis dato herrschte. Ein leises Keuchen neben mir riss mich erst aus meinem Bann. Wie in Zeitlupe blickte ich neben mich, sah ungläubig das Blut, dass langsam aus ihrer Brust sickerte. Ich sah wie der Körper der Frau, die ich mehr als alles auf der Welt liebte, die ich über den Tod hinaus liebte, langsam anfing zu taumeln und den ich wie automatisch auffing, als er schlaff gen Boden sank. Ich hielt sie fest und sah in diese tiefblauen Augen, sah wie ihr Glanz gänzlich erlosch und die einst so lebendigen Augen wie die einer Puppe ins nichts starrten. Das tiefblau zog mich in seine unergründliche Tiefe, ließ mich ertrinken. Die Sekunden in denen dies alles geschah betäubten mich, ich spürte nichts als die unglaubliche Leere, die sich erst in meiner Brust, dann in meinem ganzen Körper ausbreitete. Ich merke nicht die Tränen, die mein Ödland verlor, ich merkte nicht das Zittern meines Körpers, ich merkte nicht die Schreie, teils der Menschen um mich herum, teils meine eigenen.

In den Sekunden, in denen dies alles geschah und mit der Wucht, mit der die Kugel ihre Brust durchbohrte überkamen mich alle Erinnerungen, die ich je hatte und auch nicht hatte. Ich sah Leben, die ich führte und ich sah Leben, die ich noch führen würde und in jedem dieser Leben verlor ich mein Leben. Noch einmal sah ich ihr Lächeln vor mir, hörte ihre Stimme, roch ihren Duft, spürte ihre Arme um meinen Nacken liegen und ihre wundervollen Lippen auf meinen.

Um mich herum war es laut, doch es drang nichts an meine Ohren. Behutsam legte ich sie auf den Boden, berührte ihre Lippen sanft mit meinen. Ich stand auf, sah in das Gesicht, dass mir das Leben nahm und ging auf es zu. Es schrie irgendwas, doch ich verstand es nicht. Ich sah ihn an und lächelte, als eine Kugel meine Brust durchbohrte...
 

... Wenn nicht in diesem... dann vielleicht im nächsten Leben...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: haki-pata
2013-10-02T21:18:21+00:00 02.10.2013 23:18
Diese Geschichte zu lesen ist... Wundervoll.
Eine Geschichte von Liebe, die selbst den Tod zu überleben scheint.
Liebe ist immer das Wichtigste.

Habe ganz herzlichen Dank für diese wundervolle Geschichte, die mich zu Tränen rührt.
Liebe, liebe Grüße
haki


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