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Der Weg aus dem Kampf

Wenn Träume Berge versetzen
von

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Zwei Fronten

Kapitel 70

Zwei Fronten
 

Man beschloss, am nächsten Morgen weiterzureisen, ohne auf die Rebellen zu warten. Diese würden sie schon wieder finden, zumal sie von sich ja behauptet hatten, dass sie über das ganze Land verstreut waren. Und längere Zeit an einem Ort zu bleiben, war zu gefährlich. Es könnte die Armee zu nahe an sie heranlassen. Dhaôma hinterließ nur einen Brief: ‚Überlegt, welche Möglichkeiten ihr außer kämpfen habt, vielleicht kommen wir dann auf einen gemeinsamen Nenner.’

Einen halben Tag später landeten sie in der nächsten Stadt. Diesmal rief Dhaôma die gelben Blumen, kaum dass seine Füße die Erde berührten. Zu diesem Zweck hatte er extra die Schuhe ausgezogen, weil das seine Magie effektiver in die Erde um ihn herum leitete. Sie hatten diesmal die Mittelschicht gewählt, um ihre Überzeugungsarbeit zu leisten, und waren auf Widerstand gestoßen. Diese Leute wollten nichts davon wissen, Frieden mit den Hanebito zu schließen. Als sie Hals über Kopf aus diesem Chaos flohen, waren es diesmal die Wachen, die sie verteidigten. Die Männer, die die Stadt beschützten, stellten sich mit einigen aus den Armenvierteln gegen jene, die ihre Hoffnungsträger angriffen, und verhalfen diesen damit zur Flucht. Grinsend beobachtete Dhaôma das aus der Luft, bevor sie weiterflogen. Überall keimte der Same, den sie pflanzten. Es war schön zu wissen, dass er in jedem Menschen eine Chance hatte.
 

Es zeigte aber auch, dass ihnen noch immer ein langer Weg bevorstand. Dennoch ließen sie sich nicht von solch einem Zwischenfall aufhalten. Schon die nächste Siedlung flogen sie wieder an. Eigentlich wollte die Gruppe erst eine Stadt später wieder mit Magiern reden, aber der bunte Fleck in der Mitte des kleinen Dorfes machte sie neugierig.

Es hatte sich herumgesprochen über welche Arten von Magie Dhaôma verfügte und die Bewohner wollten ihre Unterstützung den Drachenreitern gegenüber demonstrieren, indem sie Unmengen an blühenden Pflanzen zusammengetragen und arrangiert hatte. Schließlich waren Pflanzen Dhaômas erste Kraft gewesen.

Begeistert sah sich Mimoun um. Von seinem Freund war er ja einiges gewohnt, aber was diese Leute hier ohne die entsprechende Magie aufboten, verschlug ihm den Atem.
 

Volta begann zu lachen, als die Menschen auf sie zuströmten, jubelnd und den bekannten Namen rufend, weil das Dhaôma erröten ließ. Er hatte das nicht erwartet und wich zurück, bis er gegen Juuro stieß, der hinter ihm abgestiegen war.

„Keine Angst.“, brummte der in Felle gehüllte Mann und schob ihn zurück, so dass sein Anführer zu allererst von dem Chaos verschluckt wurde. Aber diesmal machten die Menschen auch vor den Halblingen oder dem Hanebito nicht halt. Nur Lulanivilay war noch immer furchterregend genug, dass man ihm nicht zu nahe kam.

Jemand bot ihnen Kuchen an, der sogar noch warm war, es gab Milch und Wein. Dhaôma sah sich genötigt, mit einigen von ihnen anzustoßen. Schon oft hatte er Wein trinken müssen, um seiner Familie keine Schande zu machen, und diese Erziehung zog nun. Und wie schon damals bemerkte er den Alkohol recht schnell, als er ihm zu Kopf stieg. Es besserte seine Laune, öffnete ihn gegenüber den Menschen. Volta begann gerade, mit einem Mädchen zu tanzen, als Dhaôma schwindelig wurde. Vielleicht wurde ihm aber auch von dem Gedrehe schwindelig.
 

Das Gebräu schmeckte ungewohnt und ein wenig seltsam. Aber die Wärme, die in dem Geflügelten aufstieg, war angenehm. Kein Grund also damit aufzuhören.

Nicht nur der Wein versetzte ihn in eine Hochstimmung. Die Magier hier zeigten keine Berührungsängste, was seine gute Laune noch weiter steigerte. Mit gelöster Zunge und redseliger als sonst unterhielt sich Mimoun mit den Menschen um sich herum.

Vielleicht war es der Instinkt des Geflügelten, vielleicht auch nur eine Erfahrung aus jahrelangem Zusammenleben, der Mimoun verriet, dass es Dhaôma schlecht ging. Schneller als es ihm gut tat, trat er einen Schritt auf seinen Freund zu und fand sich plötzlich auf dem Boden wieder. Verdutzt blinzelte der Drachenreiter in die Runde und fing aus unerfindlichen Gründen an zu Kichern. Der Rest seines Becherinhaltes ergoss sich über sein rechtes Hosenbein.

„Oh je.“, murmelte er amüsiert und mit schwerer Zunge. „Das war wohl nichts.“ Er hob den Becher, um sich nachschenken zu lassen, aber Xaira nahm ihm das Trinkgefäß mit gerunzelter Stirn ab.

„Du hattest definitiv genug.“, bestimmte sie und winkte Juuro, der dem noch immer am Boden Sitzenden hochhob und wie eine Puppe auf die Füße stellte. Die Hände ließ der Halbling noch auf den Schultern ruhen, um im Notfall nachzugreifen, doch fürs Erste stand der Geflügelte halbwegs sicher. Die Frau drückte ihm einen Becher mit klarem Wasser in die Hand. „Du kannst mir später danken.“

Mimoun verstand nicht. Aber es lag auch nicht in seinem derzeitigen Ermessen, das zu hinterfragen. Ihm fiel wieder ein, dass er nach Dhaôma hatte sehen wollen und er näherte sein Gesicht ganz dicht dem seines Freundes. „Alles gut?“
 

Dhaôma lächelte verkrampft. „Zu viel Wein.“, erklärte er, grinste im nächsten Moment. „Genau wie du.“

Hinter Mimoun seufzte Xaira auf und viele um sie herum lachten. Das Straßenfest, in das die Begrüßung ausgeartet war, verlief fröhlich und ausgelassen. Die Menschen feierten nicht nur die Ankunft der Drachenreiter, sondern gleich den Frühlingsanfang mit, der gerade hier in der Luft lag. Außer Dhaôma hatten auch andere Pflanzenmagier damit begonnen, Löwenzahn wachsen zu lassen. Die Bedeutung war für die meisten Menschen einleuchtend, nachdem Xaira einen der neugierigen aufgeklärt hatte, dass Dhaôma die Freiheitskämpfer als widerstandsfähiges Unkraut bezeichnete, das immer wieder kam, egal wie man es zu vernichten gedachte. Und weil ihnen der Gedanke gefiel, wollte jeder helfen, indem auch er Löwenzahn beim Wachsen unterstützte. Ihre Magie wurde unbemerkt von Lulanivilay um ein Vielfaches gestärkt. Die meisten schoben das dem neuen Freiheitsgefühl und der Hoffnung zu.

Ein hellblondes, zwölfjähriges Mädchen, das mit ihrer Macht bisher unzufrieden gewesen war, weil sie nichts großartiges bewirkte, schloss derweil mit Lulanivilay Freundschaft, der sie dazu überredete, die Pflanzen vor seiner Nase wachsen zu lassen, damit er nicht so weit laufen mussten, um sie zu fressen. Es war für sie äußerst erstaunlich, dass ihre Kraft so viel stärker war als sonst, deshalb machte es ihr umso mehr Spaß, dabei zuzusehen, wie ihre Werke von dem Drachenmaul zerrissen und gefressen wurden. Es bedeutete, dass wieder Platz für neue war.

Eine ganze Gruppe Musiker spielte auf, so dass der Tanz des Halblings mit inzwischen vier Mädchen und einem Kind umso wilder wurde und sich auch noch andere anschlossen. Man brachte mehr Getränke und Essen, einige machten zwei große Feuer an, damit die Kälte nicht mehr so leicht zu spüren war. Zwei junge Männer luden zum Würfeln und Wetten ein, ein paar Kinder jagten ein Ferkel durch die Menge. Und in all diesem Tohuwabohu schlossen sich die Augen Dhaômas und er fiel fest schlafend in die Arme seines überraschten, geflügelten Freundes.

Tyiasur war sofort hellwach und suchte nach einer Ursache, einer Droge, einem dunklen Gedanken, konnte jedoch nichts finden. Offenbar war der Braunhaarige wirklich nur eingeschlafen.

„Nie wieder Wein für Dhaôma.“, murrte Xaira seufzend.
 

Mit einem ebenso erstickten wie erschrockenen Aufschrei war Mimoun unter dem Gewicht Dhaômas zu Boden gegangen. Unruhig und fahrig strich der Geflügelte immer wieder eine Haarsträhne seines Freundes aus dessen Gesicht, die genauso hartnäckig wieder zurückfiel.

Juuro kniete sich neben die beiden, um den Schlafenden an einen ruhigen Ort zu bringen, doch unversehens sah er sich mit einer Klinge konfrontiert.

„Nisch.“, nuschelte Mimoun. „Nisch wechnemn. Is mena.“ Beschützend legte er Arme und Flügel um Dhaôma und begann langsam vor und zurück zu wippen. Nur mit sehr viel gutem Zureden ließ er schließlich zu, dass Dhaôma zu Lulanivilay gebracht wurde. Mimoun selber strauchelte mehr schlecht als recht hinterher, immer darauf bedacht, nicht zu viel Abstand zu haben. Der Magier wurde an die Flanke des Drachens gebettet und in eine Decke gewickelt. Der Geflügelte hockte sich wie ein Hund daneben und starrte auf die entspannten Gesichtszüge. Schließlich dämmerte er im Sitzen weg und wurde von Tyiasur mit einem sanften Stoß in die Waagerechte befördert.

Der Feier tat das Verschwinden der beiden Hauptgäste keinen Abbruch. Sie ging munter weiter, solange noch jemand stehen und fröhlich sein konnte. Xaira und Juuro waren nun die Redensführer, während Volta eher soziale Kontakte knüpfte.
 

Am nächsten Morgen erwachte Dhaôma, weil ihn jemand rief. Es war die Art Anrede, die er nicht leiden konnte. Sie verursachte ihm Kopfschmerzen. Als er sich aufsetzte, sah er einen alten Mann ein wenig entfernt stehen, der ihn zahnlos anlächelte.

„Pius von den Rebellen, Mylord.“

Seufzend erhob er sich. „Ich bin kein Mylord. Ich besitze kein Land und keine Menschen.“

„Ihr besitzt viele Menschen. Und die ganze Welt.“

Augenrollend wollte er widersprechen, was sich als großer Fehler herausstellte. Ihm wurde schwindelig. „Ich bin frei.“, sagte er und tat endlich etwas gegen seine Kopfschmerzen. Wenn er sich recht entsann, hatte er getrunken. Schwerer Fehler. Würde er nie wieder machen. „Ich bin nicht mehr an Länder oder Menschen gebunden, über die ich herrschen muss.“ Aber das würde zu nichts führen. Alte Menschen dachten anders. „Was willst du?“

„Die Antwort der Rebellen überbringen.“, nuschelte der Grauhaarige und wieder zeigte er seine löchrigen Zahnreihen. „Sie haben beschlossen, Euch zu folgen. Euch und Eurem Gefolge. Kein Kampf, nur Überzeugung. Das haben sie beschlossen. Ihre Augen zu öffnen für neue Wege und friedliche Handlungen.“

Sein Gefolge… Dhaôma unterdrückte ein genervtes Seufzen. „Das freut mich.“ Es ließ ihn sogar lächeln. Sie waren erneut einen Schritt weiter, hatten wieder einige überzeugt. „Richte ihnen meinen Dank aus.“

„Jawohl.“ Eine abgehakte Verbeugung folgte, was Dhaôma lachen ließ.

„Ich bin kein Lord. Ich bin ein Mensch. So wie alle anderen auch. Es besteht kein Grund, sich vor mir zu verbeugen oder mich hochherrschaftlich anzureden. Entspann dich.“

Stirnrunzelnd nickte der Alte. „Wie Ihr wünscht. Wohin werdet Ihr als nächstes gehen?“

„Das wissen wir noch nicht. Lulanivilay wird das entscheiden, da er uns beinahe alle zu tragen hat.“

„Guter Drache.“ Pius machte auch eine Verbeugung vor dem Drachen, dann winkte er zum Abschied und schlurfte davon. Um sie herum erwachte langsam die kleine Stadt und mit ihr die vielen Schnapsleichen auf dem Dorfplatz. Dhaôma wandte sich seiner kleinen, schlafenden Gesellschaft zu und weckte seine Freunde, indem er auch ihnen die letzten Überbleibsel des Alkohols aus den Venen löschte. Volta fehlte und auf Anfrage deutete Xaira hin, dass der junge Mann die Nacht außerhalb verbracht hatte. Offenbar hatte eines der Mädchen sehr viel Gefallen an ihm gefunden.
 

Mimoun war mehr als dankbar für die Hilfe. Das Aufwachen ging nicht so leicht wie sonst vonstatten. Es war eher begleitet von quälenden Kopfschmerzen, die aufgrund der kühlen Finger auf seiner Haut und der damit einhergehenden Wohltat sofort verschwanden. Zurück blieben ein trockener Mund und ein pelziger Geschmack auf der Zunge. Dies ließ sich halbwegs mit jeder Menge Wasser beheben.

Mimoun ließ sich von Dhaôma über Alkohol und seine Wirkung aufklären, solange sie auf den verschollenen Halbling warten mussten, denn finden ließ er sich nicht so einfach. Für sich beschloss er, das Zeug nicht mehr anzurühren. Jedenfalls nicht solange sein Magier nicht in der Nähe war, um ihn vor den schlimmsten Nebenwirkungen zu bewahren.

Sie wurden genauso begeistert verabschiedet, wie sie begrüßt worden waren, wenngleich Alkohol und Kuchen wegfielen und durch ein ausgiebiges Frühstück ersetzt wurden. Musik wurde aufgespielt und den Reisenden einige Blumen als Andenken und Glücksbringer in die Hand gedrückt, die von dem Geflügelten gleich in die langen Haare Dhaômas geflochten wurden.

Volta fiel es schwer, sich von diesem Dorf zu trennen, und selbst als sie schon lange in der Luft waren, glitt sein Blick immer wieder zurück.

„Sobald das hier vorbei ist, kannst du ja wieder zu ihr zurück.“, lächelte Mimoun. Es war eher ein Schuss ins Blaue, aber er traf, denn der junge Halbling ließ sich tiefer in den Korb sinken und grummelte unverständliches Zeug vor sich hin. Nach einem verständnisvollen Schulterklopfen ging Mimoun wieder auf Abstand.

Der Flug des großen Grünen führte sie nicht auf direktem Wege tief in Magiergebiet, sondern wand sich über Tage hinweg in Schlangenlinien über das Land, folgte Flüssen, überflog dichte und unzugängliche Wälder. Der Grundton der besuchten Städte zeigte deutlich die Bereitschaft zum Frieden auf, doch es gab noch immer Leute, die hartnäckig an der Tradition des Mordens festhalten wollten. Es war nicht immer nur der Hass auf Geflügelte, der sie so denken ließ, sondern auch die Angst vor der Zukunft und Veränderung, auch wenn diese Besserung versprechen würde. Aber Mimoun gab die Hoffnung nicht auf, dass auch sie, sollte es dann soweit sein, Gefallen an dem Gedanken des Zusammenlebens haben würden.
 

An einem Tag wurde Tyiasur außerhalb seiner Routine wach. Gerade noch hatte er an Dhaômas Brust geschlafen, eingehüllt in warme Felle und weiche Haut, als er aufschreckte. Er hörte eine Stimme. Eine Stimme, die er nicht kannte, die ihm dennoch vertraut vorkam. Allein ihr Grundton deutete ein hohes Alter an, ihre Worte versetzten ihn in Schrecken.

„Ihr müsst euch weiter Richtung Sonnenuntergang halten. Es ist von unbedingter Wichtigkeit, dass ihr dem Bruder Freiheits dort begegnet. Findet denjenigen, der eure Gesinnung teilt und bringt ihn hierher.“

Tyiasur wusste, wer ihm diese Aufträge erteilt hatte, auch wenn er sie nur ein paar Mal als wirklich kleines Würmchen gesehen hatte. Es war die Mutter der Drachen. Diejenige, die sich sonst immer aus allem heraushielt, deren Wort und Wille unter ihnen Gesetz war. Und sie wollte eine Konfrontation mit Dhaômas Bruder? Das konnte sie unmöglich ernst meinen!

„Es ist von unbedingtem Interesse für eure Sache, dass ihr Lesleys Worten Glauben schenkt. Zögere nicht, es ihnen zu sagen.“, erklang die Stimme wieder in seinem Kopf und unbehaglich gab er ihre Worte an seine Reisegefährten weiter. Lulanivilay hatte eh schon zur Landung angesetzt. Offenbar hatte auch er die Befehle vernommen und konnte sich denken, dass seine zweibeinigen Begleiter erst einmal ausgiebig darüber diskutieren würden – wie sie immer über alles diskutierten.
 

„Beeindruckend.“, war Mimouns erstes Wort, nachdem er sich die Anweisungen noch einmal durch den Kopf hatte gehen lassen. „Das waren für ihre Verhältnisse mal ziemlich genaue Anweisungen. Nach Sonnenuntergang. Radarr treffen, jemanden finden und zu ihr bringen.“, zählte er auf.

„Und wer dieser Jemand ist, wurde nicht gesagt?“, fragte Xaira sicherheitshalber noch einmal nach und erhielt nur ein Kopfschütteln von dem kleinen Wasserdrachen. „Es grenzt an Selbstmord jetzt schon zu unseren Verfolgern zu gehen. Wir sind noch nicht soweit.“ Die Frau schälte sich aus ihrem Tragekorb und ging ein paar Schritte, um wieder in Schwung zu kommen.

Mimoun musste ihr da zustimmen, aber das Wort der Mutter war Gesetz. Das hatte auch er schon auf der Insel der Drachen erleben dürfen.
 

Dhaôma hatte sich ausgiebig gestreckt, bevor er darüber nachdachte, was ihre Aufgabe war. Er hatte sowieso zu seinem Bruder gehen wollen. Weil dessen Macht einfach nicht zu unterschätzen war und sie nicht immer davonlaufen konnten. Radarrs Ambitionen waren höher als die der meisten. Wenn er es sich in den Kopf gesetzt hatte, ihn und seinen Drachen zur Strecke zu bringen, dann würde er sie verfolgen, bis er das geschafft hatte. Also war es nur sinnvoll, ihn möglichst bald zur Raison zu rufen, um ihn nicht irgendwann im Rücken stehen zu haben, wenn man es absolut nicht brauchen konnte.

„Ist es nicht gut, wenn wir von uns aus zu ihm gehen? Dann zeigen wir den Soldaten, dass wir keine Angst vor ihnen haben.“, meinte Volta achselzuckend. „Und wenn eure Mutter der Meinung ist, dass es das Beste ist, dann ist es das. Sie wird euch schon nicht in den Tod schicken.“

Hinter ihnen begann Lulanivilay in der Erde nach Mäusen zu graben. Die Nase pflügte unterstützt von seinen dolchartigen Klauen durch die reichlich vorhandenen Löcher und legte die Tunnel und Höhlen frei, um dann die wegspritzenden Bewohner zu fangen und zu fressen. Dhaôma rollte mit den Augen. Er zeigte ihnen mal wieder auf beeindruckende Art, wie egal ihm das alles war.

„Ich würde auch gern dorthin. Es erleichtert mir die Rückkehr an den Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Wenn er erstmal verstanden hat, dass er nicht gegen uns kämpfen muss, dann kann ich dorthin gehen, um ein paar Dinge abzuholen.“ Ein Erdklumpen traf ihn und aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie der lange Schwanz des aufgeregten Drachen knapp an Juuros Kopf vorbeizischte. Sie sollten ein wenig Abstand gewinnen. Wortlos zog er den großen Mann von dem Drachen weg.
 

„Es ist deine Familie.“ Ein Achselzucken begleitete die Worte des Geflügelten. „Du musst für dich den richtigen Zeitpunkt finden.“ Mimoun bewegte sich langsam von dem grünen Schuppenberg weg, aber nicht aus einem Sicherheitsempfinden heraus, sondern um in Dhaômas Nähe zu bleiben. Er wusste selbst, wie anstrengend Geschwister sein konnten und auch, dass es für manche Dinge einfach keinen richtigen Zeitpunkt geben konnte.

„Lesley hat uns diese Anweisungen übermittelt?“, fragte er in die nur vom Schnauben, Schaufeln und Schmatzen Lulanivilays unterbrochene Stille. Es war eher eine rhetorische Frage und die Antwort blieb dementsprechend auch aus. „Er hat sich also wieder in der Zukunft herum getrieben. Meinst du, seine Voraussage stimmt?“, fragte er den einzigen Menschen, der den Zeitmagier ebenfalls persönlich kannte.
 

„Ich bin kein Zeitmagier.“, lautete die Antwort des Braunhaarigen. „Ich kann es dir nicht sagen. Ich weiß nur, dass er vermutlich eingegriffen hat, damit seine Voraussage eine höhere Wahrscheinlichkeit hat, einzutreten.“ Seine Stirn zog sich in bekümmerte Falten. „Ich hoffe wirklich, dass er noch bei klarem Verstand ist. Wir sollten ihm wirklich bald einen menschlichen Gefährten vorbeibringen, der ihn davon abhält, in die Zukunft zu sehen, damit er sich nicht doch noch in seinen Visionen verliert.“

„Also steht es fest und wir gehen Richtung Sonnenuntergang?“, wollte Xaira pro forma wissen. Die beiden Anführer ihrer Gruppe schienen diesem Befehl gehorchen zu wollen und Lesley zu vertrauen. Wenn es nach ihr ginge, würden sie die Begegnung mit den Berufssoldaten möglichst lange hinausschieben. „Nur damit ihr es wisst: Ich bin dagegen. Und wie. Aber ich weiß auch, dass wir nicht ewig weglaufen können. Wir…“ Sie unterbrach sich. Lulanivilay hatte aufgehört zu graben und lauschte jetzt. Die Hautstacheln um seinen Kopf zitterten, seine Nüstern blähten sich, sein ganzer Körper wirkte angespannt. „Was ist jetzt?“, wollte sie unzufrieden wissen. „Sag mir jetzt nicht, sie sind schon da.“

„Hanebito.“, war des Grünen einzige Antwort, bevor er zu ihnen trabte, Dhaôma entgegen, der bei der Warnung sofort reagierte und ihm schon entgegenkam.

„Alle aufsteigen!“, wies er sie an, schwang sich auf seinen Platz zwischen Lulanivilays Flügel hinauf und hielt Juuro schon eine Hand hin. Er war der schnellste gewesen, der reagierte.

Volta hielt sich wie immer mit Fragen auf. „Was wollen Geflügelte hier? Die wollten doch erstmal abwarten?“

„Du kannst sie selbst fragen, wenn wir bei ihnen sind!“, rief Dhaôma ungeduldig. „Los jetzt, oder ich lasse dich hier.“
 

Der Einzige, der nicht auf die Hilfe des Drachens angewiesen war, hatte sich längst in die Lüfte erhoben und hielt von weit über seinen Freunden bereits Ausschau nach den Störenfrieden. Nichts anderes waren sie für ihn im Moment. Störenfriede, die vielleicht sogar ihre Mission gefährdeten. Was wollten sie nur hier?

Sie waren noch weit entfernt, so dass man die kleinen schwarzen Punkte gerade so als Angehörige des Luftvolkes erkennen konnte, aber schon jetzt war deutlich, in welcher Stärke sie sich hierher gewagt hatten.

Leichtsinn, purer Leichtsinn, fluchte Mimoun lautlos. Hier über Magiergebiet mit einer Armee aufzumarschieren, grenzte schon an Blödheit. Kurz huschte der Gedanke durch sein Gehirn, dass ihn gerade solch ein blöder Leichtsinn in die Hände von Dhaôma getrieben hatte. Damals wurde der Angriff auch nahe der Hauptstadt geführt. Aber das war Vergangenheit und bekanntlich sollte man aus Fehlern lernen. Nach über vierhundert Jahren Krieg wäre das wirklich langsam mal angebracht.

Unwirsch schüttelte der Geflügelte den Kopf, um weitere unsinnige Gedanken zu vertreiben. Sein Blick wanderte kurz nach unten, wo Lulanivilay gerade startete. Mimoun wartete nicht, bis die Freunde bei ihm angelangt waren, sondern strebte denen entgegen, die nun ein wenig die Richtung korrigierten. Zumindest der Drache war jetzt gesehen worden und die Geflügelten hielten auf ihn zu.

Mimoun flog so schnell er konnte und traf eine gute halbe Stunde später auf die Gruppe. Er korrigierte seine anfängliche Schätzung noch nach oben. Sein Wutpegel stieg noch ein wenig mehr an. Sein Blick glitt über das wahre Waffenarsenal, das sie mit sich führten. Gut, sie befanden sich in Feindesland und mussten sich ja auch verteidigen. Es sprach nur ein Punkt dagegen: Sie hätten gar nicht hier sein dürfen.

„Was tut ihr hier?“ Er gab sich nicht einmal die Mühe, höflich und ruhig zu bleiben, geschweige denn den Befehlshaber dieser kleinen Armee ausfindig zu machen. „Der Rat hatte beschlossen, abzuwarten. Ihr habt hier nichts verloren!“

Mimoun musste sich auch nicht die Mühe machen, den Redeführer dieses Aufgebotes zu suchen. Dieser löste sich ohne weitere Aufforderung aus der ersten Reihe des sich in Halbkugelform um den Drachenreiter ausbreitenden Schwarmes und hielt sich mit der Gelassenheit eines Veteranen vor dem offensichtlich wütenden jungen Mann in der Luft. „Wir haben gute Gründe hier zu sein.“ Unwillkürlich musste Mimoun schlucken, als er seinen Blick angefangen bei dem Kahlkopf über den kurzen Hals weiter hinabwandern ließ. Über die breite Brust, die kurz davor stand, den Harnisch zu sprengen. Die muskelbepackten Arme, die einen Umfang wie Mimouns Oberschenkel zu haben schienen, und sich nun lässig verschränkten, um dem Jungspund Zeit für seine Musterung zu geben. Zwar war der Befehlshaber nicht sonderlich viel größer als sein Gegenüber, wirkte aber allein durch seine Breite ungleich massiger. Jeder Zentimeter seiner Armschienen war mit Dornen anstatt einer Klinge bewehrt, ebenso die Beinschienen.

„Mimoun!“ Der helle Ruf erklang. Eine blasse Gestalt schoss auf Besagten zu und brachte ihn durch die schiere Wucht des Aufpralls ins Trudeln. „Ich hab es geschafft!“
 

Lulanivilay hielt sich ein paar Meter über Mimoun und schlug jetzt mit den Flügeln, dass die unter ihm in der Luft stehenden Geflügelten Probleme hatten, ihre Position zu halten. Ein paar taumelten tatsächlich tiefer, weil sie mit dem Windstoß nicht gerechnet hatten. Er war nicht dafür gemacht, wie ein Falke auf einer Stelle zu bleiben. Unwillig grollte er und Dhaôma ließ ihn aufsteigen, damit er Kreise ziehen konnte. Jeder von ihnen hatte das Albinomädchen gesehen und erkannt, das gerade mit Mimoun zusammen ein wenig an Höhe verlor, weil sie sich gegenseitig die Beweglichkeit nahmen. Keithlyn. Wie war sie nur hierher gekommen? Xaira, Volta und Juuro jedenfalls konnten sich kaum entscheiden, ob sie sich freuten oder wütend sein sollten.

Es war sein Drachengefährte, der ihn darauf aufmerksam machte, dass etwas nicht stimmte, und ihn von dem Geschehen unter sich ablenkte, wo jetzt auch ein paar andere bekannte Gesichter auf den Plan traten. Entgegen seiner Art richtete sich das stille Interesse seines Freundes nicht auf die Geflügelten, sondern immer wieder drehte sich sein Kopf mehr Richtung Sonnenuntergang. Unter ihnen war überall Wald. Es war… Wald. Die Warnung. Sie sollten Radarr hier begegnen!

„Tyiasur. Warne Mimoun, dann hilf mir, sie aufzuhalten!“ Angst schwappte in Dhaôma hoch. Wenn dort unten wirklich die Magierarmee auf sie wartete und hier oben die Hanebito sich sammelten, dann konnte das niemals ohne Blutvergießen enden. Es würde wieder einen Kampf geben. Krieg! Das würde er verhindern. Irgendwie!

Lulanivilay reagierte auf die winzige Berührung der Fußspitze an seinem Hals und der mächtige Drachenkörper drehte ab, beschrieb einen weiten Bogen, fort von den Geflügelten. Beinahe wäre Juuro von seinem Rücken gerutscht bei dem unerwarteten Manöver und er klammerte sich an Dhaôma.

Da, in etwa zehn Kilometer Entfernung, konnte er winzige Gestalten zwischen den noch nicht ganz belaubten Bäumen erkennen, wenn sie sich bewegten. Sie waren tatsächlich da.

Von unten kam ihnen der erste Feuerball entgegen. Die Magier fühlten sich entdeckt und griffen an. Dhaômas Training bei Lesley zog, als er beinahe ohne nachzudenken den Wind bündelte, verdichtete und den Feuerball darin erstickte.
 

Davon bekam Mimoun nichts mit. Er schob das Mädchen auf Armeslänge von sich, damit sie zumindest nicht weiter an Höhe verloren. Auch er schwankte noch zwischen Wiedersehensfreude und Zorn. Kurz gab er sich ersterem hin, zog sie in seine Arme und drückte sie fest an sich. Schnell schob er Keithlyn wieder von sich und funkelte sie zornig und mit drohend erhobenem Zeigefinger an. „Was tust du hier?“, verlangte der Drachenreiter zu erfahren.

„Euch helfen.“ Der ehemalige Halbling ließ sich nicht in seiner guten Laune beirren. „Ihr habt gesagt, ich kann euch nicht begleiten, weil ich zu langsam bin. Aber das stimmt nicht. Ich hab euch schließlich eingeholt.“

Energisch schüttelte Mimoun den Kopf. „Ich habe aber auch gesagt, dass ich dich holen komme, wenn alles vorbei ist. Willst du uns mit aller Macht Kummer bereiten? Was hast du dir nur dabei gedacht? Selbst in ihrer Begleitung ist es nicht gesagt, dass du alles unbeschadet überstehst.“ Mit diesen Worten deutete er auf die Krieger um sie herum. Für Sekundenbruchteile gewahrte er die Tatsache, dass der Schwarm sich auffächerte. Dann sickerte die Erkenntnis in sein Bewusstsein, dass etwas nicht stimmte. Es dauerte noch Sekunden, bis er sich der Situation, in der sie sich befanden, wirklich bewusst wurde, denn sein Verstand weigerte sich einfach, es als Realität zu betrachten.

„Nein, nein, nein.“ Jedes Wort war lauter und voller Furcht und Verzweiflung gesprochen als das davor. Das durfte nicht wahr sein. Nicht nur, dass die Krieger sich in der Luft verteilten, sie gingen auf kurze, präzise Befehle in den Sturzflug und zum Angriff über.

„Hört auf!“ Mimouns Worte gingen im Rauschen der unzähligen Schwingen unter. „Ihr dürft sie nicht angreifen! Steigt höher, raus aus ihrer Reichweite.“

Es war sinnlos. Falls er gehört wurde, wurde er schlichtweg übergangen. Mochte die Einstellung der Geflügelten auch tatsächlich Frieden sein, so war das hier und jetzt doch eine ganz andere Situation. Sie wurden angegriffen, der Drache und der Friedensbringer wurden attackiert. Mimoun konnte ihnen ihre Reaktion nicht einmal verübeln.

Er spürte eine Berührung am Arm und fuhr herum. In Keithlyns Blick standen Unverständnis und Unsicherheit. Sie war hier in unmittelbarer Gefahr und sie schien noch nicht begriffen zu haben, was nun geschehen würde. Doch er konnte sie nicht weg bringen, wenn er dort unten sein musste, um das Schlimmste zu vermeiden.

Sanft löste er ihre Finger und fuhr herum, ließ sich fallen. Durch seine Magie war es ein Leichtes, den Kriegern zu folgen und einen von ihnen am Kragen zu packen und zurückzureißen. Röchelnd löste sich der Junge aus seiner Formation und funkelte ihn wütend an.

„Bring sie in Sicherheit!“, verlangte Mimoun in einem eisigen Tonfall, der keinen Widerspruch duldete, und deutete auf das Mädchen. Es vergingen wertvolle Sekunden, bis der Krieger sich mit einem Nicken einverstanden zeigte und auf sie zuhielt.

Der Drachenreiter schenkte Keithlyn ein aufmunterndes Lächeln und ließ sich dann wieder Richtung Erdboden fallen, um wenigstens Schadensbegrenzung zu betreiben.
 

Tyiasur hatte die Macht der Magier mithilfe von Lulanivilay unterbunden, kaum dass der erste Angriff erfolgt war. Er hatte keine Zeit gehabt, Mimoun zu warnen. Es waren so viele da unten, dass er seine ganze Kraft darauf konzentrieren musste, Magie einzusperren. Und schon waren die Hanebito um sie herum.

Dhaôma wäre fast verzweifelt. Bitte nicht! Er suchte nach Mimoun mit seinen Augen, konnte ihn auf die Schnelle jedoch nicht entdecken. Und Lulanivilay war zu eingeschränkt mit seiner vierköpfigen Last. Er probierte es mit Rufen, genau wie Xaira, Volta und Juuro, aber die Hanebito hörten nicht. Sie formierten sich drohend. Unter ihnen waren einige, die versuchten, die Befehlshaber umzustimmen, darunter Aylen und Rai, die Dhaôma auf einen kahlköpfigen Muskelprotz einschreien sah, aber ihnen wurde kein Gehör geschenkt. Schon erfolgte der Befehl zum Angriff.

Dhaômas Gedanken begannen vor Angst zu fliegen. Wenn er den Magiern weiter ihre Kraft verbat, waren sie definitiv im Nachteil. Eine solch unfaire Vernichtung aller Krieger würde unweigerlich zu einer Verhärtung der Fronten führen. Wenn er die Magie freiließ, dann waren die Hanebito geliefert. Er musste etwas tun. Irgendwas, damit sie aufhörten. Irgendetwas!

„Tyiasur, halt sie auf!“

„Wie?“

Warum war der kleine Drache nur immer so ruhig? „Sie hören mich nicht. Lass sie mich hören!“

„Alle?“

„So viele du kannst!“

Blaue Augen glommen still, er wusste, dass der Braunhaarige damit auch die Magier meinte, dann blieb Dhaôma keine Zeit mehr, um sich noch etwas zu überlegen. Der schlangenhafte Drache löste den Magiebann, um der Bitte nachzukommen. Beinahe sofort kamen Feuer, Eis, Blitze geflogen. Gegen letztere konnte er nichts tun, gegen erstere…

Lulanivilay war es so sehr gewohnt, mit Dhaômas Launen mitzuziehen, dass er ihm automatisch jede Verstärkung gab, die er konnte. Seine volle Kraft ließ die Luft um die Hanebito erstarren, unbeweglich werden wie zäher Sirup. Feuer erstickte, Eis verlor an Schwung, Blitze trafen. Eine ernüchternde Stille vor dem unausweichlichen Sturm. Und dahinein hallte Dhaômas atemlose, angsterfüllte Stimme.

„Kein Kampf! Hört mich an! Wir sind hier, um für Frieden zu kämpfen, nicht für Blutvergießen. Warum greift ihr an? Wollt ihr alles für immer zunichte machen? Wollt ihr alle unbedingt sterben? Lasst uns um Himmelswillen reden.“

Natürlich konnte keine Antwort kommen, aber zumindest hatten die Magier ihre Angriffe zum größten Teil eingestellt. Noch immer kamen vor allem Funkenregen und Feuerbälle geflogen, aber es war nur noch ein Bruchteil dessen, was an Dhaômas Magie zerplatzt war. Und seine Kraft schwand rapide. Er musste sich etwas überlegen.

„Radarr! Ich will mit dir sprechen. Von Angesicht zu Angesicht.“ Seine Gedanken fuhren Achterbahn, ließen sich nicht klar fassen, so sehr strengte ihn sein Zauber an. „Ich will endlich FRIEDEN!“ Das letzte Wort brüllte er so laut, dass die Menschen, die mit Tyiasur in Kontakt standen, der alles wort- und emotionsgetreu weiterleitete, vor Schreck taumelten. Das Wort dröhnte in ihren Ohren und ihrem Geist nach, während Dhaôma langsam den Wind wieder freigab, bevor die Hanebito erstickten. „Geflügelte, zieht euch zurück. Ich werde nicht zulassen, dass ihr Asams und Addars Worte so schändlich übergeht, die euch sagten, ihr sollt euch zurückhalten.“ Seine Magie versiegte und einige Hanebito sackten ab, fielen. Zwei wurden von aufmerksamen Gefährten aufgefangen, drei weitere verschwanden zwischen den Bäumen. Es waren diejenigen, die von den Blitzen getroffen worden waren.

Bange wartete Dhaôma ab. Würden sie gehorchen? Er fühlte sich schwach. Wo war Mimoun? Und wo Radarr? Er musste das hier irgendwie beenden, egal wie.

„Mimoun ist da drüben.“, zeigte ihm Juuro und erleichtert lächelte Dhaôma ihm entgegen, während er verzweifelt versuchte, die Schwäche nicht zu zeigen. Kurz schloss er die Augen, spürte, wie seine Kraft sich langsam erholte. Viel zu langsam.
 

Taumelnd fand er sein Gleichgewicht wieder. Das hatte Mimoun lange nicht mehr gehabt, dass er inmitten von Dhaômas Verteidigung steckte. Dennoch gab es Wichtigeres zu tun. Eine endgültige Beendigung dieses Kampfes zum Beispiel. Doch wie es anfangen? Derzeit war es ruhig um sie herum, aber wie lange würde es dauern, bis Magier und Hanebito sich erholten und lieber weiter kämpften, als den Worten der Drachenreiter zu lauschen?

Sein Blick suchte Lulanivilay und fand ihn auch auf Anhieb. Er sah Dhaôma, sicher von Juuro gehalten, und lächelte erleichtert. Sein Magier war in Sicherheit. Nun musste er nur noch dafür sorgen, dass das auch für die anderen Magier galt.

„Du musst den Angriff stoppen.“, bat er den Befehlshaber der geflügelten Streitmacht, als er bei diesem ankam.

„Die Magier haben zuerst angegriffen und sie bekommen nur die Quittung dafür!“ Schon hob sich der Arm, um erneut zum Angriff zu rufen, doch Mimoun hielt den Arm fest. Dabei war es schwer, eine Stelle zu finden, die nicht mit Dornen besetzt war.

„Dann sind wir halt die Ersten, die klug genug sind, nicht an Vergangenem festzuhalten. Man kann Feinde auch besiegen, indem man sie zu Freunden macht. Auch Frieden bedeutet den Sieg.“

„Wir müssen uns zurückziehen, bevor es ein sinnloses Gemetzel gibt.“, versuchte Aylen zu helfen, doch Mimoun sah sofort, dass dieser Mann sich nichts sagen ließ. Erst recht nicht von einer Frau.

Also wandte sich der Drachenreiter direkt an die Krieger und redete auf sie ein. Mit gemischtem Erfolg. Es gab solche wie Aylen und Rai, die von Anfang an auf seiner Seite standen und bereits die Botschaft von Frieden in die Reihen der Kämpfer getragen hatten. Und es gab jene, die noch immer an dem alten Hass festhielten. Diese waren nicht bereit, das Feld zu räumen, als sich die Magier wieder zu rühren begannen. Noch hielt Tyiasur sie gut in Schach, aber Mimoun spürte die Erschöpfung seines Drachens beinahe körperlich. Lange konnte es nicht dauern, bis die Magier wieder uneingeschränkt über ihre Fähigkeiten gebieten konnten.

„Machen wir es doch anders.“, schlug Mimoun vor, als ihm langsam die Argumente ausgingen und sich noch immer keine Einigung abzielte. Er ließ sich ein wenig nach unten gleiten und breitete die Arme aus. „Jeder, der den Magiern Schaden zufügen will, muss erst an mir vorbei.“

„Also, das dürfte kein Problem darstellen.“, befand der Muskelberg und ballte schon einmal kampflustig die Fäuste.

Eine Gestalt löste sich aus der Masse der Geflügelten, dicht gefolgt von einer zweiten. Aylen und Rai. Die beiden hielten etwa auf Mimouns Höhe und starrten nach oben, der Armee der Geflügelten entgegen. Es vergingen noch mehrere Sekunden und wieder löste sich eine Gestalt und reihte sich neben dem Drachenreiter ein, dann eine weitere und plötzlich ging es ganz schnell. Der Schwarm spaltete sich auf in solche, die bereit waren, den Krieg zu beenden und die Magier zu schonen, solche, die noch nicht für Frieden bereit waren und noch zögerten, und solche, die vielleicht nie für Frieden bereit sein würden.

Das war so ziemlich das Letzte, was Mimoun hatte bezwecken wollen. Er wollte nicht, dass sich sein Volk spaltete. „Haltet die Stellung, aber vermeidet bitte einen Kampf mit unseren eigenen Leuten.“, bat er seine Kindheitsfreunde.
 

Dhaôma beobachtete, wie sich Mimoun um die Hanebito kümmerte, und beschloss, dass er ihm vertrauen musste. Wenn sie wirklich etwas erreichen wollten, wenn sie diesen Kampf verhindern wollten, dann reichte es nicht, sich auf die Seite der Hanebito zu stellen. Er musste seinen Bruder davon überzeugen, dass dieser Kampf sinnlos war.

„Los.“, knurrte er entschlossen.

Entsetzt starrte Volta zu den Hanebito zurück. „Ist das dein Ernst?“

„Dhaôma. Das kann nicht dein Ernst sein! Ohne Mimoun in die Höhle des Löwen? Er wird wütend werden!“, versuchte Xaira ihn zur Vernunft zu bringen, aber sie sah an seiner Haltung, dass ihre Einwände nichts bringen würden. „Was, wenn sie nicht auf uns hören? Du hast so viel Magie aufgebraucht und Tyiasur sieht auch so aus, als würde er es nicht mehr lange machen.“

„Xaira, sei still.“, ließ sich Juuro vernehmen. „Lass ihn machen.“ Unter seinen Händen spürte er die Anspannung, die den braunhaarigen jungen Mann erfüllte, und er wusste, dass es ihm schwer fiel, überhaupt zu handeln. Er wollte nicht, dass Dhaôma ins Schwanken geriet, denn er war häufig nur dann stark, wenn er von einer Sache voll und ganz überzeugt war, wenn er in sich und seinen Entscheidungen ruhte.

Der Drache zog über die Bäume, nahe genug an den Magiern vorbei, dass sie den Wind seiner Flügel abbekamen. Dhaôma suchte nach seinem Bruder und fand ihn auf einer Art Lichtung, umgeben von einigen Männern, die die traditionellen Kleider seiner Berater trugen. Das Militär war, seit er denken konnte, ein Ort gewesen, an dem man sich profilieren konnte. Diese Männer da unten hatten lediglich starke Magie, aber ihre Persönlichkeiten wollte Dhaôma lieber nicht näher kennen lernen.

Lulanivilay zog eine Schleife, bevor er zur Landung ansetzte. Tyiasur war auf Dhaômas Schultern geklettert, wickelte sich dort um seinen Hals. Die Erde bebte, als der große Grüne seine Schwingen einfach einklappte und sich fallen ließ. Viele der hohen Magier fielen zu Boden. Radarr stand.

„Bruder.“ Dhaôma sah auf den Mann unter sich. Radarr hatte sich verändert. Seine Haare und Kleider waren noch immer genauso gepflegt und überkandidelt wie früher, aber sein Körper hatte sich entwickelt, war muskulöser, sein Gesicht war kälter geworden, seine Miene verdrossen, sein Ausdruck hart.

„Du wagst dich tatsächlich allein hierher.“ Er hatte sich Zeit gelassen, zu antworten, hatte den Anblick seines Bruders in sich aufgenommen, wie dieser auf dem riesenhaften Drachen thronte, einen zweiten Drachen um die Schultern, umgeben von drei krüppligen Hanebito. Egal, was er sagen wollte, Dhaôma wirkte erhaben, wie er dort saß. „Du bist mächtiger geworden, aber noch genauso dumm wie früher.“

„Ich bin nicht allein.“

„Das ist wahr. Du hast die Hanebito mitgebracht, du Verräter. Selbst, die die nicht fliegen können, bringst du hierher.“ Plötzlich war das Gesicht nicht mehr so entspannt, sondern versprühte puren Hass.

„Das ist nicht meine Schuld. Sie sind von allein gekommen. Mimoun hält sie auf. Der Kampf muss ein Ende haben.“

„Das sagtest du vorhin schon einmal. Wie hast du das gemacht, in den Köpfen anderer zu sprechen, sie damit zu betäuben? Ich muss sagen, eine nützliche Form der Magie hast du da entwickelt.“

Nützlich sagte er. Sein Bruder teilte immer noch alles in nützlich und unnütz ein. Er war es leid.

„Hast du nichts zu sagen? Du verkündetest großkotzig, du wolltest mit mir reden. Oder war das vielleicht nur ein Vorwand, um mich umzubringen? Deinen Drachen auf mich zu hetzen?“

Dhaôma seufzte. „Du hast wieder nicht zugehört. Ich will Frieden. Du bist derjenige, der dazu in der Lage ist, Frieden zu befehlen.“

„Und deswegen störst du mich? Um mir so einen Unsinn vorzuschlagen?“

„Tyiasur.“, murmelte Dhaôma leise und der kleine Drache holte sich aus den Gedanken des Freundes die Bitte, die dieser nicht laut aussprechen würde: Übersetze, was er sagt, an jene, die ihm folgen.

„Was bringt uns Frieden mit den Hanebito? Das, was ihr den Leuten aus den Städten erzählt habt? Handel? Felle? Seltene Pflanzen oder Vögel oder geflügelte Plüschtiere? Das ist lächerlich! Wozu brauchen wir so etwas, wenn wir es uns selbst holen können, sobald diese Monster ausgelöscht sind?“ Zustimmendes Gemurmel erhob sich aus dem Wald um sie herum und Radarr wirkte für kurze Zeit irritiert. „Du machst es schon wieder.“, bemerkte er dann mit einem hinterhältig wütenden Glimmen in den Augen, dann riss er die Arme hoch. „Schön, sollen es alle hören: Ich pfeife auf deinen Frieden! Diese Monster haben so viele von uns getötet. Sie verdienen nur den Tod!“ Diesmal erklangen Jubelrufe.

„Und was ist mit denen, die zuhause warten? Die so viele geliebte Menschen verloren haben, dass ihre Herzen zersplittert und zerbrochen sind?“

„Was kümmern mich die? Im Gegenteil, ist doch gut, wenn sie trauern. Vielleicht entschließen sie sich, ihnen in den Tod zu folgen. Wieder ein paar weniger.“

Mitleidig schüttelte Dhaôma den Kopf. „Ich rede nicht von den Hanebito. Ich spreche von deiner Frau. Mutter. Von all den Frauen und Kindern, die zuhause warten, die sehen, wie ihre Männer und Väter und Geschwister in einem Krieg fallen, der nicht notwendig wäre, weil längst beide Seiten Frieden wollen.“

„Niemals! Wage es nicht, mir Worte in den Mund zu legen. Niemals will ich Frieden mit diesen Monstern!“, fuhr Radarr auf. „Sie haben mir alles genommen, was wichtig war. Vater, Larton, Seiya, dich! Ich werde ihnen nie verzeihen!“

Erstaunt blinzelte Dhaôma. Zuerst hatte er nur verachtend auf seinen Bruder herabgesehen, fassungslos, wie verblendet er war, dass er nicht bemerkte, dass der Jubel irgendwann geendet hatte und selbst seine Berater um ihn herum zweifelten, dann hörte er die Worte, die ihm sagte, dass er verletzt war, dass er ihn verlassen hatte. Nie hätte er zu träumen gewagt, dass sein Bruder ihm genügend Gefühl entgegenbrachte, um ihn zu vermissen.

Vorsichtig löste er den Griff Juuros um seinen Bauch, schlug sein Bein über Lulanivilays Hals und ließ sich von dessen Klaue herab heben. Alles nur Schau, denn er konnte genauso gut ohne ihn absteigen, aber es machte immer Eindruck und Lulanivilay hatte Spaß daran, Menschen einzuschüchtern. Kaum berührten seine Füße den Boden, rief er die Blumen. Im Wald gab es keinen Löwenzahn, aber andere gelbe Blumen, die nun zu wachsen begannen, überall um die Soldaten herum. Die Stille verriet Dhaôma, dass sie es nicht bemerkten.

„Weißt du, Radarr, ich bin gegangen, weil ich nicht mochte, wie ihr Hanebito foltert. Weil ich es schrecklich fand, dass so viele Waisen und Witwen zurückblieben, dass begabte Kinder von ihren Eltern getrennt wurden, weil man sie in den Krieg einzog. Es ist also nicht ihre Schuld, dass ich ging, sondern deine.“ Dhaôma sah, dass sein Bruder auffahren wollte, aber er ließ ihm keine Zeit dafür, schnitt ihm mit einer schnellen Geste das Wort ab. „Ich habe es gehasst, wie ihr mich weggesperrt habt, weil ich nur die Pflanzenmagie in mir trug. Wie ihr gesagt habt, dass ich unfähig und ein Schande wäre, weil ich eure Erwartungen nicht erfüllen konnte. Ich habe es gehasst, dass ihr mir verboten habt, mit anderen zu sprechen oder zu spielen. Wenn ich ehrlich bin, war das Leben in diesem Haus einfach nur unerträglich. Nie hat auch nur einer von euch versucht, mich zu verstehen. Genau wie jetzt. Du bist so engstirnig, dass du nicht einmal verstehst, dass du hier mit Diplomatie so viel mehr erreichen kannst als mit Gewalt. Ich habe mich geändert. Ich lasse nicht mehr einfach nur den Dingen ihren Lauf, ich habe mich entschieden, selbst einzugreifen, um die Dinge dem Positiven zuzuwenden. Ich habe erkannt, dass meine Macht stark ist, dass sie nützlich ist, weil sie Leben bedeutet. Es gibt Menschen, die mich dafür mögen, dass ich sie habe. Es gibt Menschen, denen ich Hoffnung bringen ka…“

„Sei still, du undankbarer Wurm!“, brüllte Radarr dazwischen, aber das letzte Wort kam bei Dhaôma nicht mehr an, denn seine Berater unterbrachen wiederum ihn mit lauten Protestrufen. Sie wollten hören, was der Drachenreiter zu sagen hatte.

Der Befehlshaber war empört. Nie hatte man ihn auf so unflätige Weise unterbrochen! Nie aus so einem lächerlichen Grund, dass man lieber den Lügen eines naseweisen Kindes Glauben schenkte als ihm. Wütend jagte er eine Salve Eisnadeln zu den Unverfrorenen, doch sie trafen nicht. Aus den Augenwinkeln sah er eine Bewegung Dhaômas, der die Arme hochriss, seinen Körper ein wenig drehte. Die Eisnadeln beschrieben einen Bogen, um dann auf ihn zurückzufliegen. Wenige Zentimeter vor ihm bohrten sie sich in den Boden, blieben dort wie die Stacheln eines Igels stecken. Unfähig etwas zu sagen angesichts der für ihn unglaublichen Tatsache, dass es jemand geschafft hatte, seinen Zauber zu brechen und zu modifizieren, dass derjenige auch noch so dreist war, diese Waffe gegen ihn zu richten, drehte er sich um und starrte seinen Bruder hasserfüllt an. Dhaômas ruhige Haltung und das weiche Lächeln schürte seinen Zorn nur noch.

„Das kannst du also auch.“, stellte er eisig fest. „Deine Zeit bei den Monstern scheint wirklich etwas gebracht zu haben.“

„Ja, das kann ich jetzt auch. Hondaran und Lesley Han haben es mir netterweise beigebracht. Aber solltest du es noch einmal wagen, mich zu unterbrechen oder jemanden in meiner Gegenwart anzugreifen, werde ich nicht mehr so nett sein, den Angriff in den Boden zu lenken.“

Radarr wurde weiß vor Zorn. „Du kleiner…“

Mit einem überaus liebenswürdigen Lächeln hob Dhaôma die Hand und formte eine Blase stehender Luft um seinen Bruder. Es war eine Wohltat, die Beschimpfungen nicht hören zu müssen. Und es war befriedigend, dass seine Männer verhalten zu lachen begannen. Einer von ihnen trat vor.

„Erzählt uns mehr. Ist es wirklich wahr, was Ihr den Menschen erzählt, dass eine dritte Partei der Grund für diesen Krieg ist?“

„Blumen!“, erklang da der erstaunte Ruf aus dem Wald und eine Welle von Freude folgte. Sie hatten letztlich seine Botschaft bemerkt.

Auch der Berater Radarrs musste lächeln. „Wir haben wirklich viele Gerüchte vernommen.“, nahm er den Faden wieder auf. „Wir möchten es aus erster Hand erfahren. Was habt Ihr herausgefunden, Dhaôma en Finochinu en Regelin?“

„Wie heißt Ihr?“, stellte Dhaôma die Gegenfrage. Es freute ihn wahnsinnig, dass ein so hochgestellter Mann tatsächlich Interesse für die Wahrheit aufbrachte.

„Genahn, Herr. Genahn en Voka en Gemmon.“ Er vollführte eine ehrerbietige Verbeugung, was Dhaôma zum Lachen brachte. Neben Genahn traten Radarr beinahe die Augen aus dem Kopf. Er konnte nicht hören, was gesagt wurde, wahrscheinlich dachte er, Genahn lief zum Feind über. Dhaôma entließ ihn aus seiner Stille.

„Also hört, was Xaira zu erzählen hat, ein ehemaliges Mitglied der Herrscher aus dem Schloss der Wahren Stimme.“, rief er und half der jungen, braunhaarigen Frau aus dem Korb. Um sie herum traten immer mehr Menschen an den Rand der Lichtung, um dem Schauspiel offen beizuwohnen.

Natürlich hatte Radarr etwas dagegen einzuwenden. „Ein Hanebito aus dem Schloss der Wahren Stimme? Dazu ein krüppliger? Noch mehr Lügen! Erwartest du, dass wir das glauben?“

„Ich erwarte von dir, dass du still bist!“, zischte Dhaôma. Langsam machte ihn sein Bruder wirklich wütend. Dazu kam die Wut der sechzehn Jahre, bevor er weggelaufen war. „Du warst es, der jahrelang die Lügen verwirrter, hasssüchtiger Menschen geglaubt und ihre wahnwitzigen Befehle ausgeführt hat, also halt dich ausnahmsweise mal zurück und versuche einmal im Leben nicht nur deine beschränkte Sichtweise wahrzunehmen, sondern das große Ganze, das du bisher immer ausgeblendet hast!“

Xaira lachte leise. Wenn sie sich vorstellte, wie viel Angst Dhaôma immer vor seinem Bruder gehabt hatte, konnte man diese Situation als große Verbesserung auffassen. Sie richtete sich auf, sah einmal in die Runde, bevor sie sich an Radarr wandte. „Eines wollen wir gleich festhalten: Ich bin nur ein halber Hanebito. Meine Mutter war Magierin.“ Damit begann sie ihre Geschichte. Aus dem Ekel in den Gesichtern wurde schnell Unglaube, Fassungslosigkeit, Zorn. Einer der Berater wandte sich wütend an Radarr, packte ihn am Kragen und schüttelte ihn.

„Hast du davon gewusst, du Hund?“, schrie er wütend.

Aber Radarr war selbst verwirrt. Er bekam seine Befehle vom König der Magier, der in diesem Schloss wohnte, nicht von hässlichen Halblingen. Xairas Erklärung, dass es ein Magierkind war, das schon in Kindesalter gebrochen und mit Drogen gefügig gemacht wurde, stürzte ihn in Verzweiflung. Ja, ihm war manchmal aufgefallen, dass der König seltsam abwesend oder sogar depressiv-schläfrig gewirkt hatte, wenn er Befehle empfangen hatte, beichtete er flüsternd, vergessend, dass Tyiasur noch immer alles, was gesprochen wurde, an viele Magier weiterleitete. Immer war er davon ausgegangen, dass der König krank wäre und deshalb unpässlich. Aber konnte es wirklich sein, dass er unter Drogen gestanden hatte? Das konnte er nicht glauben. Aber wie war dann zu erklären, dass der König überhaupt keine Diener in seiner Nähe duldete? Dass die Wachen niemals in den Thronsaal gehen durften? Dass der König niemals geheiratet hatte, aber immer wieder Frauen, die er für eine oder mehrere Nächte zu sich rief, verschwanden? Für die lauschenden Magier klang es beinahe so, als wolle ihr Heerführer die Geschichten der Halblingsfrau bestätigen. Sein Berater ließ ihn los und Radarr sank zu Boden, als wäre er plötzlich zu schwach, um zu stehen. Er starrte auf seine Hände, während Xaira berichtete, wie Hanebito und Magier in den Kerkern gehalten wurden, um Nachkommen zu zeugen, und dann dazu überging, zu erzählen, was sie sonst noch wusste. Irgendwann verstummte sie.

„Ich kann nicht glauben, dass das wahr ist.“, murmelte ein Soldat am Waldrand und erschrak, weil Tyiasur auch seine Stimme verstärkte. Und weil er nun eh schon mal die Aufmerksamkeit hatte, trat er vor. „Drachenreiter, könnt Ihr das bestätigen?“

„Um das herauszufinden sind wir auf dem Weg zum Schloss der Wahren Stimme, um dort den Zirkel der Geteilten Geister zu finden, vor dem uns der Zeitmagier Lesley gewarnt hat. Er ist auch Drachenreiter und noch dort, wo die Drachen leben.“

„Angenommen, es wäre so, was gedenkt Ihr dann zu tun?“, fragte ein anderer und wieder waren alle Blicke aufmerksam auf Dhaôma gerichtet.

„Ich möchte mit ihnen reden und sie fragen, ob es wirklich nötig ist, um für die Beantwortung ihrer Fragen einen Krieg am Laufen zu halten. Wenn sie davon absehen, weiter kämpfen zu lassen, ist es gut, wenn nicht, beabsichtige ich, den Kampf auf andere Weise zu beenden.“

„Und welche wäre das?“, wollte Genahn wissen. Er sah misstrauisch aus, aber nicht abgeneigt, alles zu glauben.

Vor Verlegenheit begann Dhaôma zu lachen und kratzte sich hinter einem Ohr. „Das weiß ich noch nicht. Das werde ich dann sehen. Ich will keinen Kampf, soviel ist klar.“
 

_________________________
 

Arg! Ich hasse diesen Querkopf.

Und warum sind nur alle immer so erpicht darauf, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen???
 

Und ja, ich weiß, dass ich das hier geschrieben habe. Zumidnest zum Teil.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KuroMikan
2015-03-08T07:36:32+00:00 08.03.2015 08:36
Hallö :)

haaaaa... XD wundervolles kapitel <3

also ich kann dhao´s bruder echt nicht leiden -.- was für ein ekel :( aber scheint als hätten sie ihn geknackt ^^
bin ja mal echt gespannt was jetzt passiert.... nachdem ja sogar die berater des werten bruders von dhao überzeugt wurden... und was macht mimoun? hmmm echt packend XD

ein wirklich super duper tolles kapitel :) man kann so richtig die wut kribbeln spüren ^^
es ist wirklich super krank zu sein... chilln, tee schlürfen und lesen <3
und es gibt gleich ein weiteres kapitel für mich ^^ yay!!!!! *freu, und sich drauf stürz*

lg Mikan


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