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Der Weg aus dem Kampf

Wenn Träume Berge versetzen
von

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Zusammenprall

Kapitel 18

Zusammenprall
 

Die erste, die das sah, war eine Frau mit fast weißblondem Haar und olivfarbener Haut. Sie wurde bleich, als sie ihren Sohn so nahe dem Magier liegen sah, und ihre erste Reaktion war der Wunsch, hinzurennen und ihn von dort fortzuzerren. Doch gleich zwei Dinge versagten es ihr: die Tatsachen, dass die Kinder einschließlich Mimoun dalagen wie tot, und dass sie dazu zu dem Magier hingehen müsste. Ihre Angst war so groß, dass sie schon nach den ersten zwei Schritten zitternd stehen blieb. Was, wenn sie ihn mit ihrer unbedachten Reaktion weckte und er aus Gewohnheit doch die Kinder tötete, falls sie noch am Leben waren?

Entsetzt wich sie zurück. Tränen rannen über ihre Wangen, als sie den Weg zu Mimouns Mutter Cerel wählte. Neugierig geworden, was sie denn zum Weinen gebracht haben könnte, folgten ihr einige der anderen Geflügelten.

Cerel saß in der Sonne vor ihrem Haus und besserte einige Felle aus. Nichts, wobei man sie nicht stören durfte! „Cerel, was hat dieser Magier mit unseren Kindern gemacht?“, platzte sie heraus. Wut, Angst und Sorge spiegelte sich in ihrer lauten Stimme wider.

Die Zuschauer begannen zu flüstern. Was war denn mit den Kindern? Wenn sie ehrlich darüber nachdachten, hatten sie sie heute gar nicht viel gesehen. Oder waren sie nur nicht auffällig gewesen?
 

Cerels Kopf fuhr hoch. Verwirrt sah sie in das tränennasse Gesicht Aulees. Dieser Magier hatte selbst zu viel Angst vor ihnen, um irgendetwas zu tun, was die Dorfbewohner provozieren konnte. Vor allem, wenn ihm hier keine Fluchtmöglichkeiten blieben. Mimouns Mutter hatte es an diesem Morgen selbst erlebt, als er völlig verschüchtert auf ihre Einladung zum Frühstück reagiert und Zuflucht bei ihrem Sohn gesucht hatte.

„Wo?“, fragte sie nur. Bevor sie ein falsches Urteil fällte, würde sie sich mit eigenen Augen überzeugen. Zwar fiel es ihr selbst schwer, einen Feind nun in ihrer Mitte zu wissen, doch wenn ihr Sohn ihm vorbehaltlos zu vertrauen schien, sollte sie ihm zumindest eine Chance geben.

Cerel ließ sich von Aulee zu den Bäumen führen. Auch die Zuschauer schlossen sich an, so wie jeder andere, der bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Stumm oder hinter vorgehaltener Hand ängstlich flüsternd schaute die Gruppe auf das Bild, das sich ihnen bot und das Aulee in Panik versetzt hatte. Auch in Cerel begann Sorge zu nagen. Aber ihr Sohn hatte die letzten Wochen in seiner Gegenwart verbracht. Warum sollte ihm der Magier ausgerechnet hier, zwischen all den Geflügelten Schaden zufügen?

Dhaôma lag mit offenen Augen im Gras. Langsam näherte sie sich ihm und sah auf ihn herab, dann schlich sie um die reglosen Körper herum und näherte sich Mimoun. Sanft strich sie ihm über die Stirn.
 

Dhaômas Ruhe war dahin, als sich das Gesicht von Mimouns Mutter vor die Blüten schob, die er betrachtet hatte. Auch die entspannte Sorglosigkeit hatte sich verflüchtigt. Mit verkrampften Muskeln setzte er sich auf, während sie zu Mimoun ging. Aus den Augenwinkeln sah er die Hanebito, deren Gesichter mehr Abneigung denn je ausdrückten, und er wusste, dass es irgendwelche unangenehmen Folgen haben würde, dass die Kinder hier bei ihm waren. Er hätte gehen sollen, als er es bemerkt hatte.

Unbewusst strich er über den Kopf des Fanra, das nicht gewillt war, seine Beine zu verlassen, spiegelte damit die Geste Cerels bei ihrem Sohn.
 

Schon wieder waren da störende Finger. Grummelnd wischte Mimoun sie weg. Konnte man denn nirgends in Ruhe schlafen?

„Steh auf.“, verlangte eine leise Stimme ernst und unnachgiebig. Seine Mutter.

Sofort war er schlagartig wach. Er spürte die drückende Stimmung um ihn herum und ruckartig setzte er sich auf. Schnell überflog er die Szene. Die Kinder schienen nichts von alledem mitbekommen zu haben. Da keiner die Stimme erhoben hatte, schlummerten sie noch friedlich in der Sonne. Dhaôma saß verkrampft neben ihm und streichelte das Fanra. Seine Mutter hockte vor ihm und sah ihn voller Sorge an, die er nicht verstand. Und dann die Dorfmitglieder. Ihre Haltung zeigte nun offene Ablehnung und große Angst.

Seufzend griff sich der junge Geflügelte an den Kopf. Das konnte doch nicht wahr sein. „Geht nicht immer sofort vom Schlechtesten aus. Versucht wenigstens, ihm eine Chance zu geben.“ Er langte zu Dhaôma hinüber und pflückte das Tierchen am Nacken von ihm herunter. Nachdem er sich erhoben hatte, streckte er seinem Freund hilfreich eine Hand entgegen. „Gehen wir.“
 

Nickend griff der Junge sie, doch Mimouns Worte schienen die Leute nicht beruhigt zu haben.

„Was machen sie dann hier?“, rief eine Frau. Sie klang schrill und anklagend.

„Sie schlafen bei einem Feind! Wer sagt uns, dass er sie nicht verzaubert hat?“

„Was hast du getan, damit sie zu dir kommen?“ Ein Mann baute sich hinter Aulee auf, die kaum stehen konnte vor lauter zittrigen Knien. „Hast du sie bezaubert?“

„Nein.“, antwortete Dhaôma ruhig, wollte sich aber auch nicht wirklich verteidigen. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es nichts bringen würde. Diese Masse aus Ablehnung konnte mit ein paar Worten nicht durchbrochen werden.

Langsam begannen die Kinder sich zu regen. Die lauten Stimmen hatten sie aufgeweckt. Das Mädchen mit dem roten Haar setzte sich auf und rieb sich verschlafen die Augen. Und fing angesichts der Stimmung und des wütenden Gesichts, das die Mutter machte, zu weinen an.
 

Mimoun sah ein, dass es das Beste wäre, die Konfrontation hier und jetzt durchzuführen. Beschützend und eindeutig in aggressiver Haltung stellte er sich neben den Magier und spannte in einer eindeutigen Geste einen Flügel um ihn. „Wenn er in der Lage wäre, jemanden in dem Maße zu verzaubern, so dass dieser ihn als Freund betrachtet und seine Nähe sucht, warum habt ihr mich damals gehen lassen? Warum glaubt ihr, dass er mich nicht auch mit solch einem Zauber belegt hatte?“

Zögerliche, unsichere Blicke wurden getauscht. „Du bist erwachsen. Du kannst dich im Notfall verteidigen. Das da sind Kinder.“

Triumphierend grinste Mimoun. Es war wirklich erstaunlich wie einfach man ihm in die Hände spielte. „Richtig.“, erwiderte er in einem ausgesprochen heiteren Tonfall. „Es sind Kinder. Neugierige, kleine Kinder, die alles tun, nur nicht auf ihre Eltern hören. Erinnerst du dich noch daran, Laru? Weißt du noch, wie Elin sich fort geschlichen hatte, kaum dass sie fliegen konnte. Du hattest ihr so viele Geschichten von den weiten Ebenen unter uns erzählt, dass sie es selbst mit eigenen Augen aus der Nähe sehen wollte. Wie häufig hast du ihr gepredigt, dass sie noch nicht kräftig genug sei, wie häufig ihr gesagt, dass es gefährlich wäre? Weißt du noch was geschehen ist?“
 

Sie war abgestürzt und einer der Jäger hatte sie durch Zufall gefangen. „Aber das tut hier gar nichts zur Sache!“

Das Brüllen weiterer Kinder gesellte sich zu dem des rothaarigen Mädchens. Das braune Fanra fauchte sie an, bevor es eindeutig beleidigt abzog. Eines der Kinder stand daraufhin auf und lief zu seiner Mutter, die anderen blieben, wo sie waren.

„Es kann nicht angehen, dass ihr die Kinder in diese Gefahr bringt! Sie wissen noch nicht, wie gefährlich diese Magier sind. Wie könnten sie auch? Sie haben sie nie gesehen!“, ereiferte sich eine andere Frau.

Dhaôma schloss schmerzlich die Augen. Inzwischen bereute er es wirklich, dass er nicht doch fliegen könnte, dann könnte er jetzt einfach davonlaufen und diesen Ort meiden.

„Einen Wolf würdest du auch nicht frei auf der Insel herumlaufen lassen, egal wie zahm er ist. Belian hat es versucht. Jeder hat gesehen, was daraus geworden ist!“
 

„Du kannst Dhaôma nicht mit einem Tier gleichsetzen! Er hat genauso Gefühle wie ihr!“, fuhr Mimoun auf. Er zitterte heftig vor Wut. „Und bei dem Wolf habt ihr es versucht, weil ihr Belians Worten Vertrauen geschenkt habt. Gilt mein Wort weniger als seins?“ Er wartete die Antwort darauf gar nicht erst ab. Mimoun wandte sich Dhaôma zu und hob ihn auf seine Arme. Bevor jemand reagieren konnte, hatte er sich schon abgestoßen. Fest drückte er seinen Freund an sich.

„Ich suche uns eine angenehmere Unterkunft.“, versprach er und hielt Ausschau nach einer unbewohnten Insel, die zwar in der Nähe lag, aber dennoch Abstand zu seinem Dorf bot. Dort sollte auch Wasser vorhanden sein und die Möglichkeit eine Hütte darauf zu errichten. Für die Pflanzen würde Dhaôma schon selbst sorgen. Des Weiteren sollte sie niedriger schweben als die üblichen, um wärmer zu sein.
 

Diese Aktion hatte unterschiedliche Reaktionen zur Folge. Dhaôma hoffte, wieder hinunter auf festen Boden zu dürfen. Cerel runzelte die Stirn. Sie war nicht einverstanden damit, dass ihr Sohn ging. Es war nicht die richtige Methode, um diesen Konflikt zu lösen. Einige andere waren froh darüber und taten dies mit Anfeuerungsrufen kund. Andere waren erleichtert, wieder andere fühlten sich nicht gut und wollten die beiden aufhalten. Immerhin hatte Mimoun von höchster Stelle die Erlaubnis bekommen, den Magier bei sich zu behalten. Eigentlich sollte man sich da nicht dagegenstellen.

Dann plötzlich stieß sich der Junge ab, der als erstes den Mut aufgebracht hatte, zu Dhaôma zu gehen. Er streckte seiner Mutter Aulee die Zunge raus, dann folgte er mit wildem Geflatter Mimoun und Dhaôma. „Wartet!“, rief er. „Ich wollte doch fragen, ob sie mit uns spielen will!“
 

Mimoun hörte das Kind hinter sich rufen und flog eine Schleife, um zurücksehen zu können. Er sah, wie Haru auf ihn zu flatterte und wie sich die anderen Kinder nach einigem Zögern anschlossen. Einige wurden von ihren Eltern sofort eingefangen und festgehalten, doch auch Elin flatterte in Mimouns Richtung. Sofort drehte er wieder zur Insel um. Diese Kinder waren noch lange nicht stark genug für lange Flüge.

„Du musst sie halten. Ich hab keine Hand mehr frei.“, bat er den Magier und erreichte die Kinder noch vor Aulee, die ihren Sohn sowie das Mädchen zurückholen wollte.
 

Dhaôma nickte und drehte sich in den Armen so, dass er zupacken konnte. Angst stand in seinen Augen. Hatte Mimoun nicht gerade noch gesagt, dass sie nicht lange fliegen konnten?

So schlimm war es dann nicht. Haru erreichte sie, dann klebte er förmlich an Dhaôma und Mimoun. Es war das erste Mal, dass er sich ohne seine Mutter über den Rand gewagt hatte. Jetzt kribbelte alles in ihm.

Elin war schon geübter im Fliegen und landete geschickt auf Mimouns Schultern und klappte die Flügel zusammen, um denen von ihrem Reittier nicht im Wege zu sein. Jetzt lachte sie. Der Schrecken über die harten Worte waren vergessen. „Ist sie dein Mädchen?“, wollte sie wissen und hielt sich an Mimouns Kinn fest. „Ist sie dir wichtiger als wir?“

Dann stürzte Ramon ab. Der Junge mit dem dunklen Haar war das jüngste der Kinder und hatte erst vor ein paar Wochen mit den Flugübungen begonnen. Jetzt schrie er entsetzt auf.

„Nein!“, keuchte Dhaôma und versuchte sich vorzulehnen, um ihn zu erreichen, aber er war immer noch viel zu weit weg.
 

„Festhalten.“, verlangte Mimoun von den Kindern und drückte Dhaôma fest an sich. Dann ließ er sich fallen. Durch das höhere Gewicht stürzte er schneller als das Kind. Und es zehrte an seinen Kräften, sich wieder abzufangen und dabei eine leichte Kurskorrektur vorzunehmen. Nun war es seinem Freund möglich auch den Jüngsten einzufangen. Doch das war zu viel für Mimoun. So viele konnte er nicht tragen und keuchend strauchelte er tiefer und tiefer. Sein Blick suchte die Umgebung ab und entdeckte eine für die Kinder einfach zu erreichende Insel.

„Elin, Haru. Rüber.“, verlangte er mit dem bisschen Atem, den er dafür erübrigen konnte. Diese hatten schon gemerkt, dass es Probleme gab, und folgten ohne zu Murren der Anweisung. Nun von einem Teil seiner Last befreit, war es auch Mimoun wieder möglich, seine Höhe zu halten und folgte den Kleinen. Im Notfall würde er sie wieder auffangen. Doch es ging alles gut.

„Entschuldige.“, murmelte er und ließ den Magier einfach fallen, bevor er in die Knie brach und vornüber kippte.
 

Der Braunhaarige landete auf den Füßen, stolperte und fiel auf den Allerwertesten. Den Kleinen hielt er noch immer fest in den Armen, Kopf unter. Jetzt drehte er ihn vorsichtig um.

„Alles okay?“, fragte er besorgt. „Nicht verletzt?“

Ramon schüttelte den Kopf. Rotz und Tränen liefen aus seiner Nase und Dhaôma lachte leise.

„Du musst tapfer sein. Dir ist schließlich nichts passiert.“

Und als er nickte, stellte er ihn auf die Füße und krabbelte zu Mimoun. „Danke.“, flüsterte er, legte die Hände auf seinen Rücken und initiierte die Magie. Er hatte das Knirschen der Gelenke hören können, genau wie Mimouns Ächzen. Es war leicht vorstellbar, dass das doppelte Gewicht nicht so einfach zu kompensieren war.

Die anderen Erwachsenen kamen an. Ramons Mutter landete direkt bei ihm, keinen Meter von Mimoun und Dhaôma entfernt, doch sie beachtete die beiden nicht. Ihre Sorge galt ganz dem Jungen, der wie hypnotisiert den Magier anstarrte, seine Wangen gerötet. Sie schüttelte ihn sachte, wollte wissen, wie es ihm ging, da grinste er sie an.

„Ich bin tapfer. Mir ist nichts passiert!“ Mit dem Ärmel wischte er sich den Rotz ab und strahlte sie stolz an.

Elin begann zu lachen, genauso Haru, doch das war schnell vorbei, als ihre Eltern ankamen. Wie Gewitterwolken schwebten die beiden auf sie zu und ließen den Kindern das Herz in die Hose rutschen.
 

Mimoun wollte sich hochstemmen. Es war so gut wie sicher, dass es ein Unglück geben würde, wenn er es nicht verhinderte. Die Kinder waren beinahe abgestürzt. Und die Erwachsenen hatten sich sicher schon einen Schuldigen ausgesucht. War ja auch einfach, wenn hier ein Magier hockte. Die Gemüter waren aufgrund der Anfangssituation der friedlich nebeneinander Schlafenden schon ziemlich erhitzt. Niemand konnte vorhersagen, was geschah, sollte Dhaôma jetzt anfangen zu zaubern. Und das schien er vorzuhaben, wie er aus dem Augenwinkel erkennen konnte.

„Dhaôma. Nicht.“, wisperte er schwach. Er war nicht fähig sich zu bewegen. Nur sein Gesicht offenbarte die große Sorge, die in ihm schwelte.
 

„Doch.“, sagte dieser fest. „Du kannst dich nicht einmal bewegen.“ Er lächelte amüsiert. „Also echt. Seit wann rennst du einfach davon?“, wollte er leise wissen.

Unter seinen Fingern begannen überstrapazierte Sehnen und Muskeln sich zu erholen.
 

„Dummkopf.“, flüsterte er und in seinem Inneren krampfte sich etwas zusammen. Doch es war ein angenehmes Gefühl wie nach und nach der Schmerz und die Schwäche vertrieben wurde. Fast war er versucht, sich dem Gefühl hinzugeben, doch dafür blieb keine Zeit.

„Was tust du da?“, bellte eine Stimme außerhalb von seinem Blickfeld und eine Hand schnellte auf den Magier zu.

„Nicht.“, bat Mimoun und sein Blick füllte sich mit Furcht. Trotz der Hilfe Dhaômas fühlte er sich noch immer nicht stark genug, um diese Hand abzuwehren.
 

„Was?“, fragte Dhaôma und sein Gesicht war finster, als er den Hanebito mit den hellen Haaren anfunkelte, der jetzt seinen Oberarm gepackt hielt. „Soll er so bleiben und sich nicht bewegen können? Ist es das, was Ihr wollt?“
 

„Wärst du nicht gewesen, wäre es erst gar nicht so weit gekommen. Du bist Schuld, dass es ihm jetzt so schlecht geht. Also nimm gefälligst deine Drecksfinger von ihm. Tu nicht so, als würdest du ihm helfen können.“ Ruckartig wurde die Hand zurückgerissen und damit der Magier von Mimoun fortgezogen.

„Hört auf.“, bat dieser leise und wälzte sich auf die Seite. „Dhaôma. Bitte.“ Der junge Geflügelte hatte doch nichts dagegen, von seinem Freund geheilt zu werden. Aber es konnte auch später geschehen, wenn die Dorfbewohner nicht mehr in unmittelbarer Reichweite waren.
 

Das Leuchten auf Dhaômas Wangen erlosch. Wut erwachte in seinem Inneren und für einen kurzen Moment war er versucht, seine Magie gegen diesen Mann einzusetzen, doch das verebbte recht schnell. Er gab die Gegenwehr auf und von seinem Gesicht verschwanden alle Emotionen. Nur noch in seinen Augen war ein stiller Vorwurf zu lesen. Hatte er es sich vielleicht ausgesucht, hier oben zu sein?
 

Der Mann stieß den Magier von sich und wischte sich in einer angeekelten Geste die Hand ab.

Mimoun schloss kurz die Augen. Es war ein Anfang diese Situation zu entspannen. Als er die Augen aufschlug, sah er seine Mutter neben ihm hocken. Ihre ganze Körperhaltung und ihr Gesicht sprachen von großer Sorge. Beruhigend lächelte er sie an und drehte sich ein Stück weiter, um gegen sie gelehnt tief durchzuatmen. Vorsichtig fuhren ihre Hände seinen Körper entlang. Er bat sie, ihm hoch zu helfen, doch das lehnte sie mit einem entschiedenen Kopfschütteln ab.

„Du musst dich ausruhen. Wir bringen dich nach Hause.“, erklärte sie, doch nun war es Mimoun, der den Kopf schüttelte.

„Bitte geht erst einmal.“, bat er leise. „Ich muss noch etwas mit Dhaôma klären, das nicht warten kann. Es ist wichtig.“

Man sah der Frau an, dass sie damit nicht einverstanden war, doch sie nickte. Die Eltern hatten ihre Kinder schon vor Augenblicken wieder hoch zum Dorf gebracht. Nun wandte sich Cerel an den letzten verbliebenen Mann, der sich Mimoun zuwandte, um ihn ebenfalls zur Insel zu tragen. Doch mit einer entschiedenen Bewegung zwang sie ihn weg.

Kaum hatten sie abgehoben, drehte der junge Geflügelte seinen Kopf zu Dhaôma und streifte ihn mit einem sanften Lächeln.

„Du bist nicht mehr allein.“, begann er langsam und stockend. „Du musst nun mehr auf deine Umgebung achten und einfach deine Zeit abwarten. Versteh doch. Sie hatten gerade schreckliche Angst um ihre Kinder. Ich bin außer Gefecht gesetzt, dabei bin ich in ihren Augen der einzige, der dich unter Kontrolle halten kann. Und dann versuchst du zu zaubern. Das war zu viel auf einmal.“ Erschöpft schloss er die Augen und entspannte sich völlig. „Sie sind nicht böse. Sie machen sich nur Sorgen.“
 

Ja, das hatte Dhaôma gesehen. Auch bei Mimouns Mutter.

„Warum bist du weggeflogen? Hast du nicht gesagt, ich soll es schaffen, Frieden zu starten?“ Seine Stimme war tonlos. Noch immer stand er an der Stelle, an der der Mann ihn losgelassen hatte.
 

„Ja.“, resignierte Mimoun. Müde sah er zu seinem Freund auf. „Aber vielleicht war es zu viel verlangt, dich ohne Vorwarnung und Vorbereitung in ein Dorf zu bringen, das gar nicht gewillt ist, es zu versuchen. Vielleicht muss man die Sache langsam angehen.“ Sein Blick wurde betrübt. „Bist du sauer auf mich?“
 

„Nein.“ Seine Arme schlangen sich um seinen Körper. „Du kannst nichts dafür, dass ich hier oben sein muss.“ Langsam sank er in die Knie und drückte die Stirn darauf, machte sich ganz klein. „Ist es wirklich schlecht, wenn ich versuche, jemandem zu helfen, der Schmerzen hat?“, fragte er erstickt.
 

„Dummkopf.“ Natürlich konnte er was dafür. Es war seine Schuld gewesen. „Sie haben sich doch nicht die Mühe gemacht, dich kennen lernen zu wollen. Woher sollen sie wissen, dass du über Heilkräfte verfügst und mir tatsächlich nur helfen wolltest? Du hast das gegenüber dem Hohen Rat erwähnt, aber nicht im Dorf.“ Seine Hand kroch ein Stück auf Dhaôma zu, doch der Arm war nicht lang genug, um ihn berühren zu können. „Aber was hält dich eigentlich davon ab, mir zu helfen?“
 

Noch ein wenig enger kauerte Dhaôma sich zusammen. „Er hat gesagt, ich soll dich nicht anfassen.“, sagte er in die Tiefen seiner dünnen Kleider. „Weil ich Schuld daran bin, dass es dir schlecht geht.“
 

„Und das glaubst du ihm? Du bist nur Schuld daran, dass ich überhaupt wieder hier sein kann.“ Mimoun lachte leise. „Und ich sagte doch: Lerne zu erkennen, wann deine Zeit gekommen ist.“ Er grinste schelmisch. „Punkt eins. Nun ist niemand hier, der dich hindern kann. Punkt zwei. Sie hätten uns nach oben gebracht, damit ich mich ausruhen kann. Und auch in meinem Raum wären wir ungestört gewesen.“
 

Dhaôma sah auf und schüttelte nach kurzem Nachdenken sachte den Kopf. Er glaubte ihm nicht. Aber Erwachsene tendierten dazu, alles was sie sagten, zur Wahrheit zu machen.

Vorsichtig krabbelte er zu Mimoun und legte ihm wieder die Hände auf den Rücken. Es dauerte gar nicht lange, bis der junge Mann genügend Kraft hatte. Es war nur eine kurze Kraftanstrengung gewesen, da brauchte er nicht viel tun, außer den Muskeln Linderung zu verschaffen.

Als der Junge spürte, dass nichts mehr zu tun war, lehnte er sich vor und drückte seine Stirn gegen Mimouns Schulterblätter. „Die Kinder waren mutig heute. Meinst du, sie kriegen viel Ärger?“
 

Der Geflügelte spürte die Hände und das angenehme Gefühl. Als die Finger von seinem Rücken verschwanden, wollte er sich aufsetzten, unterließ es aber, als Dhaôma sich an ihn lehnte.

„Nein.“, lächelte Mimoun. „Das Glück, dass ihnen nichts passiert ist, wird schnell überwiegen. Doch man wird ihnen einschärfen, nicht noch einmal in deine Nähe zu kommen. Aber wie ich sie kenne, hören sie sowieso nicht.“ Kurz kicherte er, bevor er wieder ernst wurde. „Möchtest du dich noch eine Weile hier ausruhen oder kehren wir gleich nach oben zurück?“
 

„Es ist kalt hier.“, war die Antwort und Dhaôma erhob sich langsam. „Ich will in dein Haus. Da sieht mich keiner, keiner kann sich aufregen und es geht kein Wind.“ Dass Mimouns Schwester dort durchaus sein konnte, verdrängte er eben mal. Wahrscheinlich würde er von ihr auch noch diese Todesblicke ernten, wenn sie erfuhr, dass er Mimoun gefährdet hatte. Aber in der Hütte konnte er sich dem Drachenzahn widmen. Das einzige, das ihn in diesem Moment noch mit seinem Traum verband.
 

Auch Mimoun erhob sich und nickte. Gern erfüllte er seinem Freund diesen Wunsch.

Gerade als Cerel sich wieder nach unten schweben lassen wollte, um nach ihrem Sohn zu sehen, erschien dieser über dem Rand der Insel. Er hielt sich nicht lange mit Erklärungen und Worten auf und landete so dicht es ging vor seiner Hütte. Ihm waren die erstaunten Blicke nicht entgangen. Aber darum würde er sich gleich kümmern. Erst einmal setzte er Dhaôma ab und schob ihn in die Hütte und gleich weiter in seinen Raum. Dort würde er seine Ruhe finden. Schnell brachte er seinem Freund noch etwas Wasser. Essen würde es bald geben, wie er am Stand der Sonne hatte erkennen können. Mimoun verabschiedete sich mit einem aufmunternden Lächeln und wandte sich wieder nach draußen. Schadensbegrenzung.
 

In der Hütte war es warm und leicht stickig. Immerhin hatte die ganze Zeit über die Sonne darauf geschienen. Sich seine Tasche nehmend verzog er sich in die hinterste Ecke, zog die Decke über sich und wühlte dann in seinem Rucksack. Den Beutel mit den Samen fand er recht schnell, aber dann das winzige Körnchen herauszufiltern, das zu dem Leuchtmoos werden würde, war nicht mehr so einfach. Irgendwann gab er es auf, nahm sich seinen Drachenzahn und suchte sein Messer. Es war nicht mehr da. Sie hatten es weggenommen. Natürlich.

Deprimiert ließ er sich tiefer rutschen, bis seine Nase auf Höhe der Decke war. Niemals fühlte er sich allein im Wald so einsam. Seit er beschlossen hatte, dass seine Familie nichts bedeutete, hatte er sich nicht mehr so einsam gefühlt. Nicht einmal in der Höhle ganz allein im Winter.

Irgendwann griff er wahllos in den Beutel, fischte irgendeinen Samen heraus und ließ ihn wachsen. Eine Sonnenblume bohrte ihre Wurzeln in den seit Jahren festgetretenen Boden, nachdem er die Felle beiseite geschoben und das Wasser dorthin gegossen hatte, wuchs und blühte. Als sie ihr schweres Gesicht ihm zuwandte, fühlte er sich schon besser. Fast war es, als wäre er wieder alleine unterwegs, nur mit seinen Pflanzen zusammen.
 

Draußen vor der Hütte lehnte sich Mimoun mit geschlossenen Augen erst einmal aufatmend gegen die von der Sonne erwärmten Steinwände. Er spürte die Blicke seiner Dorfgemeinschaft um ihn herum. Sie waren verwirrt. Wie konnte es sein, dass dieser völlig Erschöpfte nun wieder fit war?

Als er die Augen wieder öffnete, sprühte sein Blick voll ungebändigter Wut. Dies veranlasste seine Mutter ihre Hände wieder zurückzuziehen, die sie ihm eben auf die Schulter legen wollte. Gemessenen Schrittes näherte er sich Zhanal, dem Mann, der Dhaôma so grob angepackt hatte und sah den größeren Mann an. Sein Schlag erfolgte ohne Vorwarnung, traf das Kinn und schmetterte den Kopf zurück. Keuchend ging Zhanal zu Boden. Mimoun trat einen weiteren Schritt vor und stand nun genau über ihm, die Faust noch immer drohend erhoben.

„Wage es nie wieder, Dhaôma anzurühren.“, zischte er unheilschwanger. Und an den Rest gewandt fuhr er fort: „Solange ihr ihn nicht kennt, solltet ihr euch kein Urteil über ihn bilden.“ Er spreizte seinen linken Flügel und schlug den Handrücken leicht gegen die Stelle, die eigentlich zerstört sein müsste. „Nicht alle Magie, die sie wirken, ist schädlich. Er hat diesen Flügel geheilt. Und dort unten wollte er mir auch nur helfen.“ Kopfschüttelnd wandte er sich von dem noch immer am Boden hockenden Mann ab. „Habt ihr wirklich so wenig Vertrauen in mich und mein Urteilsvermögen, dass ihr glaubt, ich würde unsere Jüngsten absichtlich einer potenziellen Gefahr aussetzen? Glaubt ihr wirklich allen Ernstes, ihr würdet mir so wenig bedeuten?“

„Er ist ein Magier.“, wandte Cerel sanft ein. „Du kannst nicht verlangen, dass wir ihm von Anfang an vorbehaltlos vertrauen.“

Der Blick von Mimoun wurde weich und seine Wut verrauchte wirkungslos. „Das habe ich doch nie getan.“, erwiderte er. „Ich habe euch nur darum gebeten, ihm wenigstens eine Chance zu geben. Auch ich hatte anfangs meine Schwierigkeiten mit ihm. Warum solltet ihr anders handeln als ich? Aber ich habe den Eindruck, nicht einmal diese kleine Bitte wollt ihr mir erfüllen.“ Er seufzte einmal tief und griff sich an den Kopf.
 

„Wir wollen Sicherheit! Deshalb sind wir hier oben und nicht unten, wo alles besser wachsen würde!“, schnaubte eine Frau, die Zhanal jetzt aufhalf. „Und nur weil er Bäume wieder zum Leben erwecken und offenbar auch heilen kann, bedeutet das nicht, dass er nicht auch schädliche Magie beherrscht!“

Zustimmendes Gemurmel wurde laut.
 

Mimoun ließ sich auf den Boden sinken und deutete an, dass sich auch die anderen setzen sollten. Es schien ein langwieriges Gespräch zu werden.

„Soweit ich weiß, kann er Pflanzen wachsen und verdorren lassen. Er kann tote Gewächse wieder zum Leben erwecken, Schnee schmelzen und heilen. Darüber hinaus hat er auch gelernt, Leder zu zersetzen.“, gab Mimoun offen zu. „Doch als ich ihn kennen lernte, konnte er Pflanzen gerade mal wachsen lassen. Das heißt er lernt noch. Niemand kann vorhersagen, welche Fähigkeiten er noch erwerben könnte. Die meisten seiner Fähigkeiten hat er gelernt, um mich zu beschützen.“ Nachdenklich runzelte er die Stirn. „Glaub ich.“, schränkte er ein. „Wahrscheinlich braucht es bestimmte Auslöser, um Magie zu erlernen. Wenn das stimmt, so genau kenn ich mich auch noch nicht damit aus, würde er nur schädliche Magie lernen, wenn ihm oder mir hier Gefahr drohen würde.“
 

„Das klingt ja sehr beruhigend!“, empörte sich Zhanal. „Was ist, wenn die Kinder mit ihm spielen und ihn erschrecken?“
 

„Dann beschmeißt er sie mit Gänseblümchen.“, gab Mimoun sarkastisch zurück. „Ein kleiner Schrecken wird ihn nicht in Todesangst versetzen. Seine Magie gerät nur dann außer Kontrolle, wenn er Angst hat. Außerdem hatte er vorhin, als die Kleinen abstürzten, genauso große Angst um sie wie ihr. Er würde ihnen nie Schaden zufügen. Dhaôma hatte sich sogar gefreut, weil sie sich zu ihm getraut hatten. Aber wenn es euch beruhigt, werde ich dann immer dabei sein.“, bot er an.
 

„Als wenn wir unsere Kinder in die Nähe von diesem Kerl lassen würden!“ Aulees Augen waren Furcht erregend. „Selbst wenn du dabei bist, man sieht ja, was dabei herauskommt! Du hast sie genauso zu Unsinn verleitet!“
 

Verständnislos blinzelte er sie an. Ihm war nicht bewusst, dass er irgendetwas in der Richtung getan hatte. „Wann?“
 

„Vorhin. Du bist weggeflogen und die Kinder sind dir hinterher! Du hättest wissen müssen, dass so etwas passieren kann! Das war unverantwortlich!“ Langsam wurde offensichtlich, dass sie Mimoun dafür die Schuld gab. Entweder das oder der Magier hatte die Kinder doch verzaubert. Eigentlich war das doch ziemlich wahrscheinlich. Warum sonst sollten sie zu ihm gehen, wenn er sie nicht dazu gezwungen hatte? Und dass Mimoun behauptete, dass er nicht verzaubert war, hieß noch lange nicht, dass es stimmte.
 

Mimoun seufzte ergeben. Ach, diese Situation.

„Ich wollte Dhaôma aus eurer Schussbahn bringen. Woher bitte sollte ich wissen, dass sich die Kleinen so offensichtlich euren Zorn zuziehen wollen?“ Aber wenn er darüber nachdachte, war es schon verlockend, sich mit einem Fremden zu beschäftigen. Also nickte er. „Aber du hast Recht. Es war meine Schuld. Ich hätte nachdenken müssen und ihn besser in die Hütte schaffen sollen, damit ihr nicht weiter auf ihm rumhacken konntet. Verzeih bitte.“
 

Zufrieden mit dieser Entschuldigung nickte sie.

„Aber das klärt immer noch nicht, was wir jetzt mit ihm machen!“, mischte sich ein Mann mit langem, blondem Haar ein.

Ein anderer Mann trat hinzu. Neben Oldon, dem Dorfvorsteher, wirkte er groß und hünenhaft. Er war es, der meinte: „Ist er es nicht, der uns nicht kennen lernen will?“, fragte er und die fast schwarzen Augen des Alten neben ihm wandten sich ihm zu. „Er hat Oldon ignoriert und ist ins Haus gegangen, ohne uns zu begrüßen.“

„Das ist so nicht ganz richtig.“, wandte Oldon ein. „Er hat meinen Gruß zur Kenntnis genommen. Ich würde sagen, er war einfach zu verstört, um etwas zu erwidern.“

„Dennoch hat er auch heute keinen Versuch unternommen, mit einem von uns zu reden.“
 

„Es tut mir Leid. Das ist etwas unglücklich gelaufen.“, nickte Mimoun. „Wir waren am Morgen gerade erwacht, als fünf Geflügelte in unsere Richtung hielten. Es ist verständlich, dass er Angst bekam und sich versteckte. Es ging ein bisschen drunter und drüber. Sie drohten, mir meine Flügel zu nehmen, sollte ich meinen Freund nicht ausliefern. Er versuchte durch den Fluss zu entkommen, wurde aber eingefangen. Und ohne Pause wollten sie uns zum Hohen Rat hetzen. Magier sind empfindlich. Sie reagieren schneller auf Temperaturschwankungen. Er wäre beinahe erfroren und als ich eine Pause erzwang, verprügelten sie mich und stießen mich von der Insel. Und ohne ihm eine Chance zu geben, sich mit den Leuten bekannt zu machen, wurde er in den Ratskreis gestoßen. Und mich wollten sie fortschicken. Dabei war ich doch der einzige Halt, den er hatte. Das war zu viel für ihn. Er brauchte Abstand. Er brauchte eine Pause. Dass er euch damit vor dem Kopf stieß, ist ihm wahrscheinlich nicht einmal bewusst gewesen. Darüber hinaus ist er in Einsamkeit aufgewachsen. Dhaôma weiß nicht, wie man sich anderen gegenüber richtig verhält. Er lernt es gerade erst. Bitte habt ein wenig Nachsicht. Er meint es nicht böse.“
 

Unglaube spiegelte sich auf ihren Gesichtern. Das klang ziemlich seltsam. Hieß es nicht, dass Magier immer zu mehreren unterwegs waren und auch in Gruppen Angriffe führten? Wie sollte da ein Junge ganz alleine aufwachsen? Und sie waren temperaturempfindlich? Seit wann? Konnten sie nicht Eis aus bloßer Luft hervorbringen? Oder Feuer? Noch dazu die Tatsache, dass ein Geflügelter einem anderen die Flügel ausreißen wollte. Das war am unglaublichsten.

„Erzähl uns das genauer.“, bat nun Oldon. „Langsam und der Reihe nach.“ Sie hatten ja nichts davon mitbekommen und Mimoun hatte bisher auch nichts gesagt.
 

Der junge Geflügelte nickte und streckte sich erst einmal ausgiebig. Dann begann er zu berichten. Er fing wieder ganz am Anfang an. Doch diesmal erzählte er nichts von seiner eigenen Rettung sondern alles, was er damals über Dhaôma erfahren hatte. Davon, dass er aufgrund seiner Fähigkeit als wertlos erachtet und nicht beachtet wurde. Dass er einsam durch die Wälder streifte. Soviel er von dessen Familie wusste, gab er preis. Dass seine Mutter jeden, der es wagte, Freundschaft mit ihrem Sohn zu schließen, bestrafte. Auch dass Dhaôma nicht gerne über seine Familie sprach, ließ er nicht unerwähnt.

Er berichtete alles, was er über die Magie wusste. Dass die Zeichen leuchteten, wenn die Magie wirkte. Dass man an den Zeichen erkennen konnte, welche Art von Magie gewirkt wurde oder zu der der Träger fähig war. Und dass die Zeichen erst erschienen, wenn die entsprechende Kraft das erste Mal eingesetzt wurde. Auch dass die magischen Fähigkeiten keine Auswirkungen auf die körperlichen Fähigkeiten hatten. Lange der Kälte ausgesetzt zu sein, barg Gefahr für sie. Darum war es hier oben so unangenehm für den Magier.

Mimoun berichtete als Letztes von dem Wunsch des Magiers, den Krieg zu beenden und seiner tiefen Furcht, durch seine Einmischung alles nur zu verschlimmern oder gar Mimoun in Gefahr zu bringen. Darum war auch ihr Aufgreifen so furchtbar gewesen. Die Geflügelten hatten ihre Wut und Abneigung an einem Vertreter ihres eigenen Volkes ausgelassen, nur weil dieser es wagte, sich mit einem Feind anzufreunden.

Er redete fast zwei Stunden und erwähnte wirklich alles, was den Magier und seine Gefühle betraf und an das er sich erinnern konnte. Immer wieder erwähnte er Abschnitte ihrer Reise, um bestimmte Dinge zu untermalen und zu verdeutlichen.
 

Am Ende herrschte nachdenkliches Schweigen. Das war alles ziemlich ungeheuerlich. Einerseits passte die Beschreibung von Dhaômas Familie zu ihren Vorurteilen, andererseits schien der Braunhaarige so gar nichts von seinem Volk zu haben. Dass sie nun viel mehr über die Magier wussten, über deren Magie und wie man sie erkennen konnte, gab ihnen etwas Sicherheit, nur…

„Was sagt dir, dass er dich nicht belogen hat? Immerhin könnte er einen Vorteil daraus gewinnen, wenn er dir das erzählt. Keiner von uns kann nachprüfen, ob er die Wahrheit sagt oder nicht. Wir müssen uns auf sein Wort verlassen, das nicht viel wert ist, wie ich denke.“
 

„Ich weiß nicht, ob es die Wahrheit ist.“, gab Mimoun offen zu. „Aber er hat mir nie einen Grund gegeben, an seinen Worten zu zweifeln. Im Gegenteil. Er war völlig verzweifelt, als ich nach einem dummen Streit für einen Nachmittag nicht da war. Er hat mich unter Tränen angefleht, ihn nicht allein zu lassen.“ Er lächelte milde, als er sich wieder an diese Szene erinnerte, an den Regen, der so wunderbar zu der Stimmung gepasst hatte. „Es war nicht gespielt, wenn ihr das anmerken wollt. Diese Angst war echt. Er würde alles tun, damit ich ihn nicht verlasse.“
 

Blicke voll Unglaube und Verwirrung wurden getauscht, dann erhob Nobu, der Mann mit den langen blonden Haaren, wieder das Wort. „Wenn es stimmt, dass er immer allein war, dann wundert mich das zumindest nicht.“

Jadya hob den Kopf. Sie hatte bisher nicht einen Ton gesagt, aber jetzt erschien es ihr passend zu sein. Sie mochte Mimoun und dieser schien den Magier zu mögen, also könnte man es ja versuchen. „Könnte man ihm nicht eine Aufgabe geben, damit er aufgehoben ist?“, fragte sie. „Du sagtest, dass das Wirken von Magie ihn erschöpft. Wenn man ihn also dazu brächte, sie gerichtet einzusetzen, dann hätte er doch nicht mehr genug, um einen Angriff zu führen, selbst wenn er erschreckt würde. Ist das keine Lösung?“ Fragend sah sie in die Runde.
 

Mimoun nickte zu den Bäumen hinüber. „Es wäre gut, wenn er etwas zu tun hätte.“, pflichtete er ihr dankbar bei. „Und momentan kann er sich wunderbar an unseren Bäumen austoben. Es würde mich nicht einmal wundern, wenn sie nicht die einzigen bleiben, die hier gedeihen würden.“, kicherte er. „Bitte gestattet es ihm.“

Das Dorf sah sich grübelnd an. Wenn der Magier nicht mehr seine volle Kraft zur Verfügung hatte, ging wohl kaum noch Gefahr von ihm aus. Und es brachte einen Vorteil mit sich: sie hätten wieder Früchte aus eigenem Anbau.

„Was ist mit unseren Kindern?“, fragte Aulee. Sie war noch immer nicht so ganz überzeugt.

„Solange ich nicht anderweitig benötigt werde, werde ich in seiner Nähe sein. Ich werde ihn im Auge behalten und wir werden die Insel ohne eure Erlaubnis nicht verlassen. So könnt auch ihr noch einen zusätzlichen sichernden Blick auf die Kleinen haben.“, gab er ihr sein Wort und sah sie offen an. Sie schwankte noch immer. Doch der Rest schien sich mit diesem Gedanken anfreunden zu können. „Wenn ihr wollt, können wir das Vorstellen und Kennen lernen nun nachholen.“, begann er und erhob sich bereits.

„Es wäre das Beste, wenn wir einen erneuten Versuch starten.“, pflichtete Oldon ihm bei und Mimoun betrat wieder sein Heim und schlüpfte in den Raum. Der junge Geflügelte staunte nicht schlecht, als er seinen Freund vor einer großen gelben Blume sitzen sah.

„Dhaôma?“, fragte er zaghaft.
 

Der Junge sah auf. Er hatte Mimoun schon kommen hören. „Ihr habt lange geredet. Sind sie noch böse?“
 

Lächelnd streckte dieser eine Hand nach seinem Freund aus. „Komm mit. Wir holen nach, was wir bisher versäumt haben. Ich stell sie dir vor.“
 

Zögernd ergriff er die Hand und ließ sich hochziehen. Langsam zog er den Pelz an, während er sich innerlich wappnete, wieder mit einer Meute Menschen konfrontiert zu werden. Letztlich lächelte er Mimoun an. „Weißt du, es tut mir Leid, dass du jetzt zwischen mir und deinen Leuten stehst. Mir wäre es lieber, wenn du kein Prellbock sein müsstest.“ Einmal atmete er tief durch. „Ich werde nichts mehr machen, okay?“
 

Mimoun lächelte nur wieder sanft und zog seinen Freund ins Freie. Dort hatten sich alle erhoben und sahen nun erwartungsvoll den beiden entgegen. Wieder war es Oldon, der sich aus der Menge löste und auf den Magier zutrat.

„Verzeih bitte den unglücklichen Start, den wir hier hatten. Wenn du es gestattest, würden wir es gerne noch einmal probieren.“ Wieder neigte er höflich den Kopf. „Willkommen in unseren Dorf, Dhaôma.“
 

Es brachte den Braunhaarigen zum Lächeln. Zwar war noch immer Angst in ihm und schnürte ihm wie ein großer Knoten die Luft ab, aber diese Geste war freundlich. „Vielen Dank.“, antwortete er deutlich und verbeugte sich, wie es ihm anerzogen worden war. „Ich freue mich, hier sein zu dürfen.“ Nicht einmal gelogen. Wenn sie nett waren, würde er gerne bleiben.
 

Mimoun nickte anerkennend. Das war eine gute Reaktion gewesen und er hatte dabei nicht einmal nachhelfen müssen.

Nacheinander begann er jeden einzelnen von ihnen vorzustellen. Jeder der Geflügelten neigte dabei leicht das Haupt.

Als Mimoun mit allen durch war, wandte er sich wieder Dhaôma zu. „Da du ja nun auf unbestimmte Zeit hier sein wirst, würden wir uns freuen, wenn du dich in der Zeit um unseren Pflanzenbestand kümmern könntest. Oh. Und eine wichtige Regel, die du unbedingt zu beachten hast: Spielen mit den Kindern immer und ohne Ausnahme nur unter Aufsicht eines Erwachsenen.“, erklärte er lächelnd.
 

Aufmerksam hatte Dhaôma gelauscht und versucht, sich die Namen einzuprägen. Schon nach den ersten zehn hatte er den Überblick verloren. Nur die der Kinder behielt er. Und den Cerels. Hoffentlich waren sie nicht böse, wenn er die Namen nicht aus dem Stehgreif wieder parat hatte.

Als es zu den Pflanzen kam, leuchteten seine Augen. „Was für Pflanzen wollt Ihr haben?“, fragte er und verdrängte den Gedanken ganz schnell, dass er wieder nur mit Erlaubnis Freundschaften schließen durfte. Solange sie nicht dafür bestraft wurden, dass er mit ihnen spielte, war es okay.
 

Mimoun lachte herzhaft. Ja, das war sein Magier. Nun war er wieder in seinem Element. Verlegen kratzte er sich am Ohr. „Na ja. Gestern wolltest du mir Erdbeeren anbieten, aber es war was dazwischen gekommen. Meinst du, die überleben hier oben? Hast du dafür überhaupt noch Samen? Auf jeden Fall Pflanzen, die die Witterungsbedingungen hier auch überleben können. Du kennst dich damit am besten aus. Ich vertrau dir da voll und ganz.“
 

Erdbeeren würden hier oben nur bedingt überleben, aber wenn er ihnen Magie spendete, dann zumindest in diesem Sommer. Dhaôma nickte. Seine Wangen färbten sich rot, als er im Kopf seinen Samenbestand durchging. „Regnet es hier oft?“, fragte er nebenbei, bevor er plötzlich zusammenschreckte, weil er sich wieder bewusst wurde, dass noch andere da waren. Schüchtern sicherte er sich mit Blicken. War das zu offensiv gewesen?
 

Als er diesen Blick sah, legte Mimoun seinem Freund die Hand auf den Kopf, wuschelte kurz durch die Haare. Bevor er etwas sagen konnte, kam ihm Oldon zuvor.

„Wir haben einstimmig beschlossen, dir diese Aufgabe zu übertragen. Wir verlassen uns auf dich.“

Erstaunt sah der junge Geflügelte den Dorfvorsteher an. Ihm schien es mit dem zweiten Versuch wirklich ernst zu sein und das erfüllte ihn mit unbändiger Freude. Dankbar nickte er ihm zu und wandte sich wieder seinem Freund zu. „Es gibt fast zwei Monate im Sommer so gut wie keinen Regen. Sonst hält es sich hier gut in der Waage.“, beantwortete er die gestellte Frage.
 

Dhaôma starrte ihn ungläubig an. So lange? Das war eine Katastrophe. „Ich würde euch mit den Pflanzen das Wasser nehmen.“, sagte er entsetzt. Aber es würde erklären, warum die Obstbäume vertrocknet waren. Sie hatten nicht genügend Wasser, um wirklich Anbau betreiben zu können.
 

Nachdenklich kratzte sich Mimoun am Kinn. Das war tatsächlich ein Problem. Er zuckte nur hilflos mit den Schultern. Ihm selbst fiel auf die Schnelle nichts ein.

„Du bist ein schlauer Kopf. Dir fällt sicher etwas ein.“ Dann fiel ihm selbst wieder etwas ein. „So wie mit den Fischen.“ Verständnislose Blicke des Dorfes veranlassten ihn dazu, Dhaôma anzustupsen. „Es ist deine Idee.“, ermunterte er ihn.
 

Er sollte vor so vielen Leuten sprechen und einen Vorschlag machen, der aus dem Lager kam, das sie hassten? Plötzlich kam er sich vermessen vor, das Leben dieser Menschen ändern zu wollen. Dennoch konnte er keinen Rückzieher machen.

Innerlich spannte er sich und wappnete sich schon mal gegen Beschimpfungen, als er ihnen sagte, dass man in den Teichen unten bestimmte Fische aussetzen könnte, wenn man einen übrig ließ, aus dem man Trinkwasser gewinnen konnte.
 

Kurz herrschte angespannte Stille, doch dann begannen hitzige Diskussionen. Einer der Seen wurde sowieso zum Baden benutzt. Und Fische störten dabei sicher nicht. So tief gingen sie ja nie rein dafür. Und es wäre eine neue Nahrungsquelle, die sicher zu erreichen war.

Mimoun stupste dem Magier freundschaftlich den Ellenbogen in die Rippen und deutete mit dem Kopf auf die Geflügelten. Aus der Diskussion klärten sich immer mehr die entscheidenden Fragen heraus. Es blieb nur noch die Überlegung, welche Fische man nutzen konnte, welche waren untereinander verträglich. Und wie kümmerte man sich um diese Tiere? Niemand kannte sich darin aus. Niemand war je auf solch eine Idee gekommen.

„Möchtest du ihnen von dir aus helfen oder wartest du, bis sie dich fragen kommen?“
 

„Ich will ihnen schon helfen.“, sagte Dhaôma zögerlich. Aber wie sollte er das machen? Fischbabys sahen alle gleich aus. „Wenn sie sich beeilen, können sie vielleicht laichreife Tiere fangen und hier aussetzen. Wenn sie dann noch welche nur aus einem See holen, der recht weit oben liegt, wo es kalt ist, dann haben sie doch alles, was sie brauchen. Dort leben nur Tiere, die die Kälte vertragen, sie vertragen sich untereinander und leben von alleine. Oder nicht?“ In seiner Unbedachtheit hatte er das alles Mimoun gesagt, ohne darauf zu achten, ob sonst wer mitkam oder zuhörte. Eigentlich war es nicht einmal für ihre Ohren bestimmt, denn er wusste nicht, ob sie seine Hilfe wollten.
 

„Und warum sagst du das nicht ihnen direkt?“, fragte er lächelnd, doch er schüttelte schnell den Kopf. „Schon okay. Du hast heute bereits Großartiges geleistet.“, wiegelte er ab. „Ich kümmere mich um den Rest.“ Schon trat er zwischen die Diskutierenden und zog so ihre Aufmerksamkeit auf sich. Mit knappen Worten schilderte er Dhaômas Vorschläge und Hinweise, fügte selbst hinzu, dass es für den heutigen Tag vielleicht schon zu spät war, um einen solchen See zu finden und man noch eine Möglichkeit finden musste, die Tiere unbeschadet hierher zu bringen.

Der Tag neigte sich bereits seinem Ende und so beriet sich die Dorfgemeinschaft über eine mögliche Vorgehensweise, während sich Mimoun wieder um seinen Freund kümmerte. Dankbar lächelte er ihm zu. „Sehr gut gemacht.“, lobte er ihn leise. Mit einer fragenden Geste deutete er auf die Hütte hinter ihnen. „Die Sonne ist bald verschwunden. Es dürfte nun noch kälter werden. Oder möchtest du noch eine Weile draußen bleiben?“
 

„Wir können auch reingehen.“ Kälte und Aufregung hatte er heute schon genug gehabt. „Sag ihnen aber noch, dass sie mit gewachstem Leder Fische und Wasser transportieren können.“ Wie das von Mimouns Rüstung. Das war auch wasserfest, auch wenn es schwer vorstellbar war. „Haut war ursprünglich dazu gedacht, kein Wasser in den Körper zu lassen.“ Aber das müssten sie eigentlich wissen, schließlich waren die Dächer auch aus solchen schweren Lederbahnen gemacht.

„Morgen wird sicher ein schönerer Tag.“, murmelte er leise mit einem Blick auf die diskutierende Menge. Sie hatten ihn alle vergessen. Alle bis auf Haru. Als Dhaôma jetzt Anstalten machte, ins Haus zu gehen, lächelte er ihm zu und winkte, was ein zurückwinken zur Folge hatte. Er hatte schon einen Freund gewonnen. Schon am ersten Tag, auch wenn er vorsichtig sein musste, damit man ihm diesen kleinen Freund nicht wegnahm.
 

Darauf würden sie auch alleine kommen, befand Mimoun und folgte Dhaôma in die Hütte. Auch für ihn war es zu viel Stress heute gewesen. Und mehr als einmal war er unsanft aus seinem wohlverdienten Schlaf geweckt worden. Darum streckte er sich auch gleich auf seinem Lager aus. Nur um gleich wieder hochzuschrecken. Mutter würde ihn doch nur wieder wecken, wenn sie zum Essen rief. Es war nicht mehr lange bis dahin. Es brachte nichts, jetzt zu schlafen.

Also versuchte er sich mit der Blume abzulenken, die noch immer in seinem Zimmer wucherte. Neugierig stupste er sie an. Wippend balancierte sie die Schwankung wieder aus. „Tut mir leid, wie der Tag heute verlaufen ist. Ab jetzt wird es besser. Versprochen.“
 

„In Ordnung.“ Dhaôma hockte sich neben ihn und stützte das Kinn auf die Hände. „Du, darf ich wirklich mit ihnen spielen?“
 

Mimoun lachte leise.

„Ja. Aber ich fürchte, sie werden mich in dem Fall nicht als Erwachsenen zählen. Aulee meinte, ich würde den Kindern genauso Flausen in den Kopf setzen. Besser, du weist vorher jemanden diskret darauf hin. Oder du schickst die Kinder vor, wenn du unsicher bist.“
 

Nickend bestätigte er, dass er verstanden hatte, dann grinste er. „Sie wird hier drin sterben, denn sie hat kein Licht. Machen wir Kerne draus, die sind Ölhaltig und schmecken lecker.“ Und mit nur einer kurzen Berührung verwelkte die Blume, verlor ihre Blätter und ließ den Kopf noch weiter hängen, schwer mit ihrer kernigen Last.

Dhaôma zupfte einen heraus, pellte ihn und hielt ihn Mimoun hin. „Probier.“
 

Dankend nahm der junge Geflügelte den Kern entgegen und schob ihn sich in den Mund. Nachdenklich kaute er darauf herum. Dann nickte er. Lecker waren sie.

„Bereiten wir ein paar davon für unser Abendessen vor.“, schlug er vor und pflückte den nächsten Kern aus der welken Blüte. In einer beiläufigen Bewegung zog er ein Fell heran und drehte es um. Darauf konnten sie die Reste dann einfach aus der Hütte entfernen.
 

Sie fuhren damit fort, bis Cerel zum Essen rief. Halleluja, es gab frisches Fleisch. Von der Jagd am Vormittag. Etwas hilflos nahm Dhaôma entgegen, was ihm die Mutter reichte und biss ein Stückchen ab, kaute, schluckte, bevor er seine Hand sinken ließ. „Cerel, ich möchte helfen. Kann ich was tun?“
 

„Hast du doch bereits.“, erwiderte sie und deutete auf die Kerne, die ihre Mahlzeit heute erweiterten.

Mimoun sah wie der Magier lustlos auf dem Fleisch herumkaute und schalt sich selbst. Er wusste, wie ungern dieser so etwas aß. Da hatte er extra Holz geholt, damit Dhaôma sich das Fleisch braten konnte, und nun hatten sie es völlig vergessen. Nun war es zu spät, aber morgen würde er ihn gezielt noch einmal darauf hinweisen.
 

Das war es nicht, was er gemeint hatte. Das war keine Arbeit. Aber er sagte nichts mehr dazu, sondern schwieg und aß brav auf.

Als sie fertig gegessen hatten, war die Sonne schon weg und es war Schlafenszeit. Dhaôma war dankbar dafür. Silia konnte ihn nicht leiden und dementsprechend unangenehm war es, ihr gegenüberzusitzen. Sie schaute ihn immer an, als wäre er eine Spinne in ihrer Suppe. Und weil er Bauchweh bekam von dem rohen Fleisch, das sein Magen nicht gewöhnt war, ließ er an dem Abend noch eine heilende Pflanze wachsen, die er einfach aufaß.

So schlief er relativ gut, bis am nächsten Morgen die Sonne rief. Er hatte sich vorgenommen, den Sonnenaufgang wieder anzusehen, doch als er aus dem Haus schlich, war der Himmel bewölkt und die Dämmerung war nur in der Ferne durch einige zarte Farben zu erahnen. Enttäuscht blieb er am Ostrand stehen. Dabei hätte er so gerne die Sonne auf den Blüten gesehen. Stattdessen würde es Regen geben. Die Luft schmeckte schon feucht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kaori-mori_08
2014-08-24T13:12:50+00:00 24.08.2014 15:12
Hallo! ^^
Das Kapitel war richtig spannend.
Ich hab mir schon sorgen gemacht, dass sie Dhaôma etwas tun würden.
Bitte schreib schnell weiter! :)
Lg
Antwort von:  Shirokko
25.08.2014 09:11
^^
freut mich


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