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Raven Southmore

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Sieben


 

Sieben
 

 

Viel zu früh weckte mich Cecily aus meinen Träumen. Ich lag in einem Meer aus zuckernden Wildblumen, neben mir eine gigantische Schokoladentorte mit saftig süßen Erdbeeren darauf. Und vor mir floss ein Bach aus Vollmilch. Mürrisch tauschte ich diese leckere Welt gegen die magische Welt ein. Mir fehlte die Motivation mich zu bewegen, also verkroch ich mich wieder unter meiner Bettdecke, als Cecily nicht auf mich achtete.

„Du Faulpelz…“, grinste das blauhaarige Mädchen und zog mir die Decke weg.

Ich protestierte, doch sie nervte mich solange, bis ich murrend und total verschlafen vor ihr stand. Sie betrachtete mich kritisch und nickte schließlich. „Kalte Dusche.“

Noch verwirrt blinzelt zog sie mich an meinem Handgelenk aus unserem Zimmer heraus und zu dem Badezimmer auf dem Flur. Als ich einen Blick auf mich in der Spiegelwand erhaschte, erschrak ich. Auf den ersten Blick wirkte es so, als ob um mich eine dunkle, schwärzliche Masse schweben würde. Beim zweiten Hinsehen war diese aber verschwunden.

Wahrscheinlich schlief ich doch noch, meinte meine Kopfstimme. Im nächsten Moment wurde sie eines besseren belehrt.

Cecily hatte mich unter eine der Duschen geschubst und das Wasser auf kalt gestellt. Ich schrie vor Schreck stumm auf und japste nach Luft. Das kalte Nass durchtränkte meine Kleidung und ließ meine Haare zu Berge stehen. Das blauhaarige Mädchen grinste mich schadenfroh an und wünschte mir einen guten Morgen. Triefnass blickte ich sie sauer an und wrang mein T-Shirt aus. Innerlich verfluchte ich sie und schlüpfte aus den nassen Sachen in trockene hinein. Cecily beäugte mich und wippte mit ihrem Fuß. „Frühstück ist nur noch anderthalb Stunden. Komm jetzt.“

„Wieso machst du dann so eine Hektik?“, fragte ich sie und band mir die Krawatte.

„Hast du mal auf den Stundenplan für heute gesehen?“, meinte sie schnippisch und ich schüttelte den Kopf. „Ja, siehste? Also beeil dich und mach hinne.“

Ich nickte genervt und schlüpfte in meine Schuhe hinein. Meinen Blazer hatte Cecily in unserem Zimmer gelassen. Draußen schien schon hell die Sonne und wärmte alles auf. Auf ihren hatte sie darum auch verzichtet.

Nachdem Cecily aus meinen nassen Sachen das Wasser gesogen hatte und wir sie auf unser Zimmer gebracht hatten, verließen wir durch den Feuerturm die Außenverkleidung Nerias und schritten in die Cafeteria im Hauptgebäude. Wir stellten uns in der Reihe der Essensausgabe an und bestellten uns etwas – Cecily das selbe Menü wie am Vortag, ich stellte mir diesmal selbst etwas zusammen. Mit unserem Essen und Säften beladen suchten wir uns einen freien Platz im Raum.

„Cecily! Raven!“

Shanes blauschwarzer Wuschelkopf stach aus der Menge der Schülerschaft hervor. Er winkte uns freudig zu und deutete uns zu ihm zu kommen. Wir schlängelten uns zwischen vollbesetzten Tischen und Neriaschülern vorbei bis wir endlich bei Shane angekommen waren. Stöhnend ließ sich Cecily neben den Jungen auf einen freien Platz fallen. Ich nahm gegenüber den beiden Platz.

„Mein Gott! Wieso sind schon so viele um diese Uhrzeit hier?“, maulte Cecily genervt.

„Der dritte Jahrgang hatte heute schon um sieben Uhr Unterricht und versammelt sich nun hier zum Frühstück.“, antwortete ihr nicht Shane, sondern ein Mädchen, dass sich neben mich an unseren Tisch setzte.

„Miharu!“, meinte ich und das Mädchen lächelte mich an.

„Morgen, Raven.“, antwortete sie mir und steckte einen Löffel voll Haferflocken in ihren Mund.

„Wer’s denn die?“, wisperte Cecily zu Shane und biss in einen Baconstreifen.

„Das ist Miharu.“, antwortete ich ihr. „Von ihr hab ich die Bücher bekommen.“

„Ach, die mit dem Feath!“, sagte Cecily und blickte die Rosahaarige an. „Nette Haarfarbe.“

„Danke gleichfalls. Echt?“, konterte Miharu und blickte das blauhaarige Mädchen herausfordernd an.

„Selbst redend. Und deine?“

„Nein. Problem damit?“, grinste sie fies und aß von ihren Flocken.

„Nö.“, lächelte Cecily gemein und widmete sich ihrem Essen.

Shane blickte die beiden Mädchen verwirrt an. „Okay?“

Ich räusperte mich und wandte mich Miharu zu. „Sag mal, wo ist denn das Federknäul?“

„Cessila?“, fragte das rosahaarige Mädchen und blickte mich aufmerksam an. „Sie darf nicht in die Cafeteria. Wahrscheinlich fängt sie sich gerade Drachenfliegen.“

„Drachenfliegen? Du meinst Libellen, oder?“, meinte ich und biss in mein Käsebrötchen mit Ei.

„Nein, ich meine schon Drachenfliegen.“

„Drachenfliegen sind so etwas wie Cousinen der Libellen. Gleicher Körper, nur mit kleinen Drachenflügeln.“, gab Shane mir als Antwort und Cecily klopfte ihm auf die Schulter. „Gut gemacht, Lexikon.“

„Ihh“, entfuhr es mir angweidert.

„Nenn mich nicht Lexikon.“, brummte Shane sie an und schüttelte ihre Hand von sich. Dann wandte er sich an Miharu. „Du hast tatsächlich einen Feath?“

„Ja. Ein Feath mit Luftelement.“, antwortete diese und trank die Milch aus ihrer Schüssel.

„Luftelement?“, wiederholte ich fragend.

„Mensch, Raven! Ich hab dir doch die Bücher gegeben!“, meinte Miharu und blickte mich mit einem Milchbart an. „Hast du sie noch nicht gelesen?“

Ich schüttelte den Kopf. „Leider nein.“

„Sie war beim Lesen eingeschlafen.“, grinste Cecily und aß ihr Rührei.

„Nicht dein Ernst!“, lachte Miharu auf.

„Bekomme ich jetzt eine Antwort?“, warf ich wehleidig ein und zog einen Schmollmund.

„Feaths sind drachenartige Wesen. Sie können Bezug zu einem der vier Elemente haben.“, belehrte Shane mich und erntete ein Lächeln von Miharu. „Richtig.“

Seine Wangen färbten sich leicht rosa und er widmete sich seinem Salamitoast zu.

Stumm biss ich wieder in mein Käsebrötchen und beäugte die anderen. Cecily und Miharu waren in ein intensives Gespräch über fremde Haarfarben gefallen und Shane aß wie ich stumm sein Essen. So verging das Frühstück und Miharu verabschiedete sich von uns. Gemeinsam verließen Cecily, Shane und ich das Hauptgebäude und schritten über den Innenhof. Als wir das Gelände des Internates verlassen wollten, blickte ich die beiden fragend an. „Sag mal, wo gehen wir hin?“

„Zum Unterricht natürlich.“, antwortete mir Cecily, als ob es ganz normal wäre außerhalb des Internats Unterricht zu haben.

„Was haben wir denn jetzt?“, brummte ich verstimmt. Ich hatte mir zwar den Stundenplan gestern Abend angeguckt, doch das nur flüchtig.

„Pflege magischer Geschöpfe.“, antwortete mir Shane und ich bekam große Augen.

„Wirklich?“

„Ja.“, lächelte er und ich war versucht vor Freude Luftsprünge zu machen.

„Was’n mit dir los?“, fragte Cecily mich schräg von der Seite. „Ich hab noch nie jemanden gesehen, der sich über das Fach freut. Immerhin macht man da nur Kacke weg und so.“

Ihre Worte prallten an meiner Freude ab. Egal wie schlimm sie über das Fach sprach – es würde mir bestimmt viel Spaß machen.

 

Das Fach Pflege magischer Geschöpfe wurde ein großes Stück weg von Neria unterrichtet. Unser Weg setzte sich über die Wiese und am Waldrand entlang. Als ich meinen Blick durch den Wald schweifen ließ, träumte ich von dem großen Baum mit dem farbigen Blätterdach.

Wir kamen zum Halten und ich wurde jäh aus meinem Traum gerissen, als Cecily und Shane vor mir ohne Vorwarnung stehen blieben.

„Könnt ihr nicht Bescheid geben, wenn ihr Stehen bleibt?“, maulte ich die beiden an.

„Ach halt die Luft an.“, gab Cecily mir im gleichen Ton zurück. „Schau mal dahin, da haben wir Unterricht.“

Mein Blick folgte ihrem ausgestreckten Arm. Er deutete auf eine Art kleinen Pferdestall, vor dem bereits vor einem, von einem Zaun abgegrenzten Bereich Schüler standen.

„Was ist das?“, fragte ich die beiden neben mir.

„Ein Stall.“, antwortete Shane mir fachkundig und Cecily begann zu lachen.

„Super, Sherlock!“, grinste sie und zog mich mit zu der Gruppe Schüler. Wir drängelten uns hindurch bis wir ganz vorne standen, damit wir genug sehen konnten.

„Hey Mischlinge. Stellt euch hinten an.“, ertönte die helle Stimme Allisons.

„Ach, halt die Luft an, Feuermelder.“, grunzte Cecily das Mädchen an und verdrehte die Augen. „Keiner interessiert sich für deine Kommentare.“

Die Rothaarige rümpfte die Nase und warf ihre Haare über die Schulter. Sie schenkte Cecily noch einen herablässigen Blick und takelte auf hohen Absätzen zwischen die Jahrgangsschüler.

„Blöde Kuh.“, brummte Cecily und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.

„Ach beruhig dich, Füchschen.“, lächelte Shane und legte dem Mädchen seine Hand auf die Schulter.

„Wie-hast-du-mich-genannt?“ Jedes einzelne Wort zischte die Blauhaarige durch zusammengebissene Zähne.

„Ehh…“, begann Shane und er begriff, was er zuvor gesagt hatte. Ein leichter Schein von Angst machte sich auf seinem Gesicht breit. „Das war keine Absicht, Cec!“

„Rache!“, schrie sie und sammelte das Wasser aus einem Trog hinter dem Zaun über sich. Shanes blaugraue Augen weiteten sich, als die Welle aus Wasser über ihn nieder regnete. Sein betröppelter Gesichtsausdruck ließ mich auflachen. Shanes blauschwarzen Haare klebten in Strähnen in seinem Gesicht und er blickte mich erst sauer, dann verschmitzt grinsend an. „Du findest das witzig? Komm, lass dich kuscheln.“

Lachend schrie ich auf, als er, klitschnass, versuchte mich zu umarmen. „Bleib weg, du Wasserleiche.“

Cecily grinste und musste sich ein lautes Lachen verkneifen. „Shamy, lass Raven trocken.“

„Sie sieht aber so durstig aus.“, gab Shane zurück und begann aus seinem Hemd das Wasser auszuwringen. „Cec, zieh das Wasser wieder heraus.“

„Und wenn ich nicht will?“, gab das Mädchen fies grinsend zurück.

Er blickte sie mit seinen großen blaugrauen Augen an und zog einen Schmollmund. Jeder, der diesem Blick nicht nachgegeben hätte, besaß ein Herz aus Stein. Diesem Welpenblick konnte man ganz einfach nicht widerstehen!

„Na gut! Nur hör auf mich so anzusehen.“, grummelte Cecily und begann aus seiner Kleidung das ganze Wasser zu ziehen.

Ich blickte die beiden schmunzelnd an. Wie stolz Cecily war und wie gut Shane sie kannte. Die beiden sind wirklich gute Freunde.

„Magienutzer und –nutzerinnen!“, ertönte eine klare Stimme und ich wand meinen Blick in die Richtung der Stimme.

Eine Frau, etwa Ende Dreißig, trat aus dem kleinen Stall heraus und kam direkt auf uns zu. Bei ihrem Anblick verstummten jegliche Gespräche zwischen den Schülern meines Jahrgangs. Nur Allison erlaubte sich einen spöttischen Kommentar. „Wieder so eine mit komischer Haarfarbe.“

Sofort fixierte die Frau mit ihrem Blick Allison, der sofort der Mund zuklappte.

„Miss Gardener nehme ich an? Ich habe bereits von Ihrer vorlauten Zunge gehört.“, gab die Frau zurück und stellte sich lässig vor uns. Ein Kichern ging durch unsere Reihen. Allison verzog den Mund und rümpfte die Nase. Die Lehrerin ignorierte ihre Geste und wandte sich an den gesamten Jahrgang.

„Wie Ihr wisst, habt Ihr jetzt Pflege magischer Geschöpfe. Glaubt bloß nicht, dass Ihr hier nur mit Tierchen kuscheln könnt.“, sagte sie und stemmte die Hände in die Hüfte. Ein hohes „Ooooh!“ ging durch die Reihen.

„Hier werdet Ihr arbeiten. Auch die Prinzessinnen unter euch.“ Der Blick der Frau ging zu Allison, die mit der Zunge schnalzte. Dann wandte sich die Frau  wieder uns allen zu. „Ich heiße Leana Amera, für euch Ms. Amera.“ Sie machte eine kurze Pause und fixierte jeden mit ihren dunklen Augen. Mich übersprang sie. „Ihr wurdet von Mr. Hayles bereits euren Partnern zugewiesen, nehme ich an? Gut, dann finden Sie sich mit Ihrem Partner sowie einem anderem Duo zusammen und aus der Vierergruppe schicken Sie dann einen nach vorne zu mir.“

Ms. Amera warf ihren Pferdeschwanz zurück und verschwand geschwind Richtung Stall. Die ganze Zeit hatte ich mich irgendwie nicht getraut die neue Lehrerin richtig anzusehen. Ihre ganze Art wirkte irgendwie komisch. Sie hatte einen dunklen Teint, ähnlich der Farbe von Milchkaffe, und violett schimmernde Augen. Ihre Haare hatten dieselbe Farbe mit einem Rotstich darin und sie hatte ihre Powerlocken zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden gehabt. Wenige Strähnen fielen ihr nur ins Gesicht, der Rest war streng nach hinten gebunden. Am Auffälligsten an Leana Amera war jedoch ein Pigmentfleck auf der dunklen Stirn. Ein hellerer Fleck in Form einer Mondsichel.

Ich spürte wie sich Cecilys Hände um meinen Arm schoben. „Raven? Wir bilden doch eine Gruppe, oder?“, fragte sie und blickte mich mit einem ähnlichen Gesichtsausdruck wie Shane an.

Ich nickte. „Klar.“

„Und mich lasst ihr wieder alleine.“, grummelte Shane und warf demonstrativ die Arme über seinen Kopf. „Ja ja, mit mir kann man es ja machen. Lasst mich nur mit dieser Allison alleine.“

„Du kommst halt gut mit solchen klar.“, grinste ich und deutete mit einem kurzen Blick auf Cecily. Shane verzog die Mundwinkel zu einem Lächeln. „Auch wahr, Raven. Na ja, dann bis später.“, seufzte er und machte sich auf den Weg zu Allison Gardener.

„Der kommt schon drüber hinweg.“, meinte Cecily und zog mich in Richtung Alexey. „Hey Alexey, wir machen mit Raven eine Gruppe.“

Der Kopf des Angesprochenen fuhr herum und er blickte Cecily an. „Okay.“

Zufrieden lächelte Cecily Alexey an und fuhr ihm mit der Hand über das Haar. „Braver Junge.“

„Ich bin kein Hund!“, schnaubte der Orangehaarige und schüttelte ihre Hand von sich.

„Beruhigt euch, ihr zwei.“, brummte da Zeo, der hinter Alexey an dem Zaun lehnte. Als er mich sah murmelte er ein „Morgen Raven“ und fuhr sich mit der Hand durch sein braunblondes Haar.

„Wenn Ihr die Gruppen habt, schickt wen her!“, ertönte die gereizte Stimme der Lehrerin vom Stall.

Zeo drehte sich mit dem kleinen Finger im Ohr und murrte genervt. „Kann die Alte nicht leiser sein? Ich geh ja schon.“

Ein wenig verwirrt sah ich ihm hinterher, wie er sich geschmeidig über den Zaun schwang und dann, mit vier weiteren Schülern, zu der Lehrerin herüber trat.

„Hör auf meine Haare anzufassen!“, schrie Alexey, doch Cecily dachte gar nicht daran. Ich blickte die beiden an. Cecily stand neben dem etwas größeren Jungen und fuhr ihm immer wieder mit den Händen durch das orangene Haar. „Ist die Farbe echt?“

„Nein, verdammt!“, meckerte der Junge und schob das Mädchen von sich. „Du nervst, Blaufuchs.“

Oh oh, dachte ich mir und umschloss Cecilys Arm mit meinen. „Cecily, bleib ruhig.“ Ihre blaugrünen Augen fixierten mich und ich erschrak, wie kalt sie waren. Dann wandte sie ihren Blick Alexey zu. „Nenn-mich-nie-wieder-Blaufuchs!“ Sie hob eine Hand und war kurz davor wieder das Wasser aus dem Trog über Alexey niederrasseln zu lassen, da züngelten bereits Feuerzungen um Alexeys Körper. „Du weißt, dein Wasser verdampft an mir, Füchschen.“, gab er kund und schenkte ihr ein freches Lächeln. Das Mädchen stemmte die Hände nach Unten und gab ein verärgertes Geräusch von sich.

„Lass gut sein, Cecily.“, meinte ich und versuchte sie von Alexey wegzuziehen, der sich vor Lachen den Bauch hielt.

„Jetzt benehmt euch doch mal.“, erklang die genervte Stimme Zeos hinter mir und ich blickte ihn an. Er sah ziemlich angepisst aus und ging auf seinen Freund zu. „Alex, lass diese Kinderkacke. Nimm lieber den Flammus.“ Er setzte dem Jungen ein kleines rotes Tierchen auf die Handfläche und ließ sich im Schneidersitz auf den Boden sinken. „Man, bin ich müde!“

Verwirrt blickten wir drei den Jungen mit den braunblonden Haaren an.

„Kiki Ki.“, gab das kleine Tierchen in Alexeys Händen von sich und begann über seinen Arm zu balancieren.

„Ist das niedlich!“, begann Cecily zu quietschen und blickte auf das kleine tänzelnde Tierchen. „Gib es mir mal, Alexey.“

„So schnell ist sie abzulenken.“, grinste Zeo, als Alexey der freudigen Blauhaarigen das kleine Tier auf die ausgestreckten Hände setzte. Er blickte mich von unten an. „Willst du ihn nicht nehmen, den Flammus?“

Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Ich hatte gestern schon das Vergnügen mit den kleinen Tieren. Sie erinnern mich stark an Eichhörnchen. Also heißen die Tiere Flammus.“

Grinsend blickte Zeo mich an. „Eichhörnchen ist gut. Flammus sind entfernte Verwandte von den Streifenhörnchen in der normalen Welt.“

„Ist doch fast ein Eichhörnchen.“, gab ich zurück und er prustete los.

„Ist das niedlich!“, ertönte Cecilys Stimme. Sie drückte sich den kleinen Flammus an die Wange und kuschelte mit ihm. „Kann ich es mitnehmen?“

„Das würde seiner Mama nicht gefallen, Miss Fox.“

Erschrocken fuhr Cecily herum und blickte in die dunklen Augen Ms. Ameras. „Ms. Amera!“

Die Lehrerin erschlich sich direkt die gesamte Aufmerksamkeit des Jahrgangs und die kleinen Gruppen sammelten sich um uns herum.

„Passt gut auf die kleinen Flammus auf. Ihre Mutter wird sonst sehr böse werden.“, sagte die Lehrerin und deutete auf den kleinen Stall. Ich war mir nicht sicher, aber ich meinte dort Bewegungen eines großen Tieres zu sehen. Es hatte etwa die Größe eines Schäferhundes.

„Ist da drin die Mutter?“, fragte ich leicht ängstlich.

„Aber natürlich. Das hier sind alles nur Babys.“, gab die Lehrerin barsch zurück und ich zuckte zusammen. Sie blickte mich kalt an und wandte sich dann an den Jahrgang. „Ihr habt jetzt die zwei Stunden Zeit um den Lebensraum der Flammus zu finden. Außerdem will ich nachher die Lieblingsspeisen der Flammus von euch wissen. Bringt mir einfach etwas von ihrem Lebensraum und ihrer Nahrung mit. Alle, die es nicht schaffen kriegen eine schlechte Note.“

Ms. Amera warf ihren Pferdeschwanz über die Schulter und stapfte wieder zum Stall – zur Mutter der Flammus.

 

Müde ließ ich mich in mein Bett fallen. Meine Füße brannten und schmerzten. Zwei Stunden waren wir durch den Wald gewandert. Ohne Erfolg.

Eigentlich dachte ich zu wissen, wo die Flammus lebten. Ich hatte ja gestern welche im Wald gesehen. Doch die Stelle wo die kleinen Flammus über den Boden gehuscht waren hatte ich nicht wieder gefunden. So sind wir zwei lange Stunden durch den Wald gestapft ohne was zu finden. Das kleine rote Eichhörnchen mit den Flammenohren, was wir bei uns hatten, war irgendwann eingeschlafen und so mussten wir erfolgslos zurück zu Ms. Amera. Natürlich bekamen wir für die Stunden schlechte Noten aufgebrummt.

Mühselig trat ich die Schuhe von meinen schmerzenden Füßen und kuschelte mich in mein Kopfkissen. Wie weich es doch war.

Durch die dünnen Vorhänge strahlte die Sonne beinahe ungebremst durch die Fensterscheibe und hinderte mich am Einschlafen. Murrend drehte ich mich auf die andere Seite, aber fand auch dort keinen Schlaf. Wieder wälzte ich mich auf die andere Seite. Und wieder zurück.

„Das hat doch keinen Sinn!“, maulte ich laut rum und griff mir eins von Miharus Büchern.  Es war das Buch „Zauberei für Anfänger“. Diesmal übersprang ich direkt das Vorwort und begann das erste Kapitel anzulesen. Es hieß um als Anfänger die Magie effektiv zu bündeln brauchte es einen Stab. Einen Stab, der aus dem Zweig eines besonderen Baumes gefertigt wurde. Durch ihn könnte man seine magischen Kräfte auf einen Punkt bündeln und so Magie anwenden.

Ich schlug im Buch weiter und fand Abbildungen diverser Stäbe und ihre Herstellung. Sie werden in einem Feuer aus der Erde in Form gebracht und durch das Wasser der Luft abgekühlt.

Verwirrt blickte ich auf die skizzierten Bilder der Herstellung. „Bitte was?“

Das mit dem „Zweig eines besonderen Baumes“, das konnte ich ja noch irgendwie verstehen. Oder einordnen. Aber in „einem Feuer aus der Erde – durch das Wasser der Luft“ verwirrte mich. Soll das heißen der Zweig wird in Lava gehalten und dann durch Luftfeuchtigkeit abgekühlt?

Da mir die Grübelei nichts anderes als Kopfschmerzen bereitete, schlug ich das Buch zu und griff nach dem anderen. Hier würde ich wohl eher was verstehen.

Gleich die erste Seite war voll magischer Wesen gestaltet. In kleinen goldenen Monumenten zierten sie die Ecken und Ränder der Seiten. Ich schlug weiter und stoppte irgendwo bei F. In der linken Ecke der Seite war ein Bild von einem Drachenvogel zu sehen. Er war hellblau und hatte einen fedrigen Körper. Ein Feath mit dem Luftelement. Wie Cessila.

Ein Feath, auch „Featheron“ genannt, ist ein drachenähnliches Wesen, welches über verschiedene Elemente verfügen kann. Sein Körperbau, der sich durch einen kleinen Schädel, einen langen, dünnen Hals sowie einem dickeren Torso mit lediglich einem Krallenpaar kennzeichnet, ist immer gleichartig.

Feaths , die dem Luftelement entspringen, tun es in ihrer Erscheinung dem Drachenvogel gleich. So sind, an Stelle von Schuppen, jene Körper mit hellblauen bis mittelblauen Federn besetzt. Des Weiteren besteht der Schwanz des Luftfeaths aus einer langen, dünnen und meist dunklen Feder, dessen Ende dicker zuläuft. Die Flügel, wie auch der Rest des Körpers, sind mit Federn besetzt. Diese unterscheiden sich aber in ihrer helleren Farbe von diesem.

Ich blätterte weiter und betrachtete das Bild eines anderen Feaths – dem, des Feuerelements. Dieser war ähnlich dem Luftfeaths aber doch anders.

Der Feath des Feuerelementes sieht aus wie ein Wyvern. Sein Körper ist von großen Schuppen bedeckt, die von rostbraun bis hin zu hellrot gefärbt sind. Der Schwanz ist eine verlängerung des Torsos und wird zur Verteidigung eingesetzt. Der Feuerfeath schlägt mit ihm um sich. Diese Verteidigungstechnik wird mit einem Peitschenschlag verglichen. Das Flügelpaar des Feuerfeaths besteht aus hohlen Knochen, die untereinander durch eine dünne Haut verbunden sind.

Auf der nächsten Seite war ein Feath mit Erdelement. Er wahr ähnlich dem Feuerfeath, nur war sein Schwanz genau so breit wie der Torso und er besaß keine wirklichen Flügel und kein Krallenpaar, sondern Krallenhäute links und rechts von seinem Körper. Es waren Hautabsonderungen, die an den Enden Krallen besaßen. Sein schuppiger Panzer war olivgrün und oft mit Erde beschmiert, da der Erdfeath am Boden umher kroch – laut dem Buch.

Der Wasserfeath sah einem Seepferdchen beängstigend ähnlich, fand ich. Der Schädel sah genauso aus wie der eines jeden anderen Feaths, er war klein und schmal. Doch der lange Schwanz rollte sich zu einer dicken Spirale zusammen. Die kleinen Schüppchen, die seinen ganzen Körper bedeckten, schillerten in allen Farben des Regenbogens, aber eigentlich waren sie weiß. Das Krallenpaar saß an den Seiten des Torsos und war durch Schwimmhäute zwischen den Krallen eine Art Flosse. Die Flügel glichen auch eher einer einzigen riesigen Flosse.

„Vier verschiedene Feaths…“,  murmelte ich anerkennend. Doch ich musste zugeben, dass mir Miharus Cessila, der Luftfeath, am besten gefiel. Sie sah so flauschig aus durch die ganzen Federn. Wie ein gigantisches Federknäul.

Mein Magen begann zu grummeln und ich schlug das Buch zu. Mein Blick flog zuerst zum Stundenplan. Von Ein bis Zwei Uhr war dort die Mittagspause aufgeführt. Dann sah ich aus dem Fenster, zu dem goldenen Ziffernblatt am Hauptgebäude. Es zeigte halb eins. „Menno!“, grummelte ich bei dem Gedanken noch eine halbe Stunde warten zu müssen, bis es Mittagessen gab. Ich überlegte, wie ich die Zeit noch sinnvoll nutzen konnte und entschloss mich dazu, verschiedene Frisuren mit meinem neuen Haarschnitt auszuprobieren. Ich probierte erst einen normalen Pferdeschwanz, dann zwei Zöpfchen. Dann versuchte ich was zu flechten. Immer wieder löste ich die Haare wieder und probierte eine andere Frisur. Am Ende hatte ich auf jeder Seite einen dünnen Flechtzopf und alles zu einem aufgebauschten Pferdeschwanz hochgebunden. Aber es war endlich nach ein Uhr – Mittagszeit!



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