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Nur zwei

[Misfits]
von

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Etwas bedröppelt standen sie am Bahnhof und sahen sich an; Kelly hatte sich bei Seth eingehakt, während Curtis die Hände in den Taschen vergraben hatte und Rudi wie immer ein blödes Gesicht zog.

„Und ihr wollt jetzt echt einfach weg?“

„War schon länger geplant. Hat sich nur erst jetzt umsetzen lassen. Wegen der Zombieinvasion und dem ganze Scheiß.“ Bei dem Gedanken daran, wie sie den Cheerleadergruppe die Gehirne herausgeprügelt hatten, verzog Kelly den Mund. „Klingt doch logisch, nicht?“

Curtis nickte nur knapp; die Situation fühlte sich unwirklich an, wie sie hier so standen und gleich definitiv nur noch zu zweit wären, er und Rudi, während Kelly sich mit Seth auf den Weg nach ganz weit weg machte.

„Das letzte Mal, als ich hier am Bahnhof war, hätte ich fast die Schaffnerin gevögelt.“ Rudi konnte es mal wieder nicht lassen, sie mit pikanten Details seines durchwachsenen Sexlebens zu belästigen. „Leider ist ihr klar geworden, als ich ihr schon fast alles ausgezogen hatte, dass sie hätte mitfahren müssen. Naja, Zug war weg, sie voll am Schreien und zum Sex nicht mehr zu gebrauchen. Das war ein Scheiß, sag ich euch. Ich geb euch einen Tipp: Treibst nur mit denen, wenn ihr in den Zügen mitfahrt.“

„Aha, toll.“ Kelly wippte auf den Fußballen hin und her. „Bringt mir auch viel, ich steh nicht so auf Frauen, du Volltrottel.“

„Der Zug kommt gleich.“ Seth war schon die ganze Zeit geistig nicht wirklich anwesend, sondern starrte in einem fort das Display seines Handys in Grund und Boden. „Wir sollten uns verabschieden.“

„Ich hasse Abschiede!“, krähte Rudi dazwischen, klappte aber schnell den Mund zu, als er Kellys bitterböse Miene sah. „Bin ja schon still. Chill mal.“

„Wehe, wenn irgendeiner zu flennen anfängt, dann mach ich euch fertig, ihr Penner.“ Sie verschränkte ganz lässig die Arme, aber man merkte ihr trotzdem an, dass der bevorstehende Abschied ihr doch näher ging, als sie tatsächlich zugeben wollte. „Macht nicht so viel Scheiße, wenn wir nicht mehr da sind. Bringt weniger Bewährungshelfer um die Ecke. Und lasst euch nicht von irgend so einem Freak mit Superkräften töten, würde mir nur den Tag vermiesen.“

„Wir werdens probieren“, versprach Curtis, ohne sicher behaupten zu können, es wirklich einhalten zu können.
 

***
 

„Wir werden immer weniger“, stellte Curtis fest und trat nach einer Coladose, die wie aus reiner Provokation auf dem Bahnsteig lag. „Jetzt sind nur noch du und ich da.“

„Du hast mein zweites Ich vergessen“, korrigierte Rudi ihn eifrig. „Und die ganzen kleinen Schnecken, die hier in der Stadt rumlaufen und sich von mir nageln lassen können.“

„Ich gebs auf.“ Ein Seufzen schlich sich aus Curtis Kehle. „Wir müssen los, so tun, als würden wir arbeiten und uns wundern, dass kein Mensch uns beaufsichtigt.“

„Wir könnten schwänzen“, schlug Rudi vor, schloss sich ihm aber an, als sie sich in Richtung Gemeindezentrum aufmachten. „Merkt doch keiner. Dann könnten wir was trinken gehen und Mädchen aufreißen oder uns einfach zu zweit langweilig. Irgendwas halt.“

„Mir ist nicht nach Abhängen.“ Zuerst musste er erst mal damit klarkommen, dass sie nicht mehr zu fünft, sondern nur noch ein mickriges Zweiergrüppchen waren. „Tu, was du willst, aber ohne mich.“

„Dann halt nicht. Allein ist voll daneben. Psych!“

Sie betraten das Gebäude und zogen sich in der Umkleide alibimäßig die überaus hässlichen und nicht zu übersehenden orangefarbenen, unförmigen Overalls an.

„Erst wird Alisha von dieser Psychgeisterbraut kaltgemacht, dann macht Simon diese abgefuckte Zeitreise in die Vergangenheit, und jetzt tuckert Kelly mit ihrem Macker auf Nimmerwiedersehen davon. Von eurem Kumpel aus Las Vegas habt ihr auch nie wieder was gehört, seitdem er im Knast sitzt und da sicher von irgendwelchen Typen durchgefickt wird.“ Einen Augenblick überlegte Rudi. „Ich glaub, die finden dich alle scheiße, mein Freund.“

„Halt die Klappe.“Curtis funkelte ihn an. „Du kannst froh sein, dass du noch nicht draufgegangen bist.“

„Bin ich auch, kannst du mir glauben. Hab Besseres zu tun als sterben. Drogen nehmen, saufen, vögeln, dir auf den Sack gehen… geht alles nicht mehr, wenn du krepiert bist. Pech gehabt. Außer natürlich, wenn so ein krasser Geisterbeschwörungsvogel auftaucht und dich irgendwie in unsere Welt zurückholt.“ Er gähnte laut und nicht unbedingt unauffällig. „Schade, dass du dich nicht mehr verwandeln kannst, sonst hätten wir jetzt poppen können; also rein theoretisch, wenn mir danach jemand das Gedächtnis löschen könnte. Oder fällt dir was Cooles ein, was man hier machen kann?“

„Du hast sie doch nicht mehr alle.“ Curtis wusste nicht genau, ob er lachen oder weinen sollte. „Kannst auch einfach gehen und dir irgendeine abgreifen, wenn du es gerade so nötig hast. Falls doch jemand hier vorbeikommet und kontrolliert, ob wir überhaupt noch leben, sag ich, dir gings nicht gut.“

„Danke, Mann!“ Für Rudi schien die Welt nun schon gleich viel besser zu sein, als er das Hasskleidungsstück des Jahres zurück in den Spind verbannte. „Dafür denk ich an dich, wenn ich von ihr einen geblasen bekomme!“

„Du bist so abartig! Zisch ab und tu das, was du am besten kannst.“ Als ob es nicht gereicht hätte, dass er einmal unter Drogeneinfluss was mit Rudi gehabt hatte, als er in seiner mädchenform gesteckt hatte. Solche bescheuerten Kommentare konnte sich Rudi echt sparen.
 

Als Rudi mit dem üblichen dümmlichen Grinsen, das er gerne aufsetzte, wenn er den Checker raushängen ließ, sich davon gemacht hatte, blieb Curtis noch eine ganze Zeit an seinem Spind angelehnt stehen und dachte darüber nach, was ihm und den anderen in den letzten Monaten so alles Verrücktes wiederfahren war.

Irgendwie war es krass, wenn er sich überlegte, wenn er alles kennen gelernt und danach auch recht schnell wieder verloren hatte; Alisha, Nikki, irgendwie auch Sam und Emma.

Eigentlich konnte es jetzt nur besser werden, es musste besser werden, weil er ansonsten ausrastete und etwas total Dummes anstellen würde; Rudi eine reinhauen oder aus reiner Verzweiflung Alisha wiederbeleben, obwohl er genau wusste, dass er damit keinem einen Gefallen tat.

Hoffentlich kam wenigstens bald ein neuer Bewährungshelfer und gab nicht gleich wieder den Löffel ab. Nur zu zweit und ohne Seths Auto ließen sich Leichen so schwer verstecken und vergraben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Asteroidea
2017-08-08T01:00:18+00:00 08.08.2017 03:00
Extrem schön und realistisch geschrieben :) Vor allem toll, dass es hier auch mal um Freundschaft geht :) richtig klasse!


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