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Von Drachen und Zauberern

von

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II.

Auch sechs Monate später fühlte Hermione keinerlei Reue, wenn es um die Trennung von Ron ging. Sicher, es war nicht leicht gewesen. Besonders, wenn sie spät am Abend in ihr eigenes, einsames Apartment heimgekommen war, aber letztlich war es so besser. Sie hatte es sogar geschafft, nicht der Versuchung nachzugeben, die Einsamkeit mit noch mehr Überstunden zu kompensieren. Stattdessen hatte sie sich jenes Teils ihrer Selbst besonnen, den sie für gewöhnlich in der magischen Welt beiseite schob: ihre Muggelherkunft. Zuerst war es nur der eklatante Mangel an Essbarem in ihrem Kühlschrank gewesen, der sie zu reichlich später Stunde noch auf die Straße getrieben hatte. Doch sie hatte bei diesem Abend weit mehr gefunden als nur den nächstgelegenen Fish&Chips-Laden. Etwa einen Buchladen, der auch am Sonntag geöffnet hatte. Oder einen Supermarkt, der erst um zehn Uhr abends schloss. Weshalb sie jetzt Mitglied in einem Buchclub war, der sich alle zwei Wochen am Sonntag zum Brunch traf, um hinterher besagten Buchladen heimzusuchen. Und mit dem netten Supermarktkassierer der Spätschicht tauschte sie fleißig Kochrezepte, die wenig Zeit in Anspruch nahmen und in Mahlzeiten resultierten, die nicht bloß das Prädikat ‚nahrhaft’ verdienten. Hin und wieder flirteten sie auch miteinander, doch war es mehr ein Spiel für sie beide. Denn Aaron, der Kassierer, war schwul. Mit Hermione zu flirten, hielt ihm aber besonders aufdringliche Kundinnen, die ihn ‚bekehren’ wollten, auf höfliche Weise vom Hals. Alles in allem schien es, als habe sie nun, da sie sich endlich von Ron getrennt hatte, ein deutlich ausgefüllteres Leben als zuvor! Dabei hatte sie es nicht einmal darauf angelegt, Ron oder sonst irgendjemandem etwas zu beweisen.

Ein bekanntes Klopfen am Fenster ließ Hermione von ihrem aktuellen Buch aufsehen. Und tatsächlich flatterte vor dem Fenster ihrer kleinen Dachgeschosswohnung eine Eule. Auf den zweiten Blick stutzte sie kurz, denn es war keine Eule aus ihrem Bekanntenkreis, sondern eine jener gewöhnlichen Eulen, wie man sie in Postämtern antraf. Postämter aber zogen es vor, die allgemeine Post am Vormittag auszuliefern, weshalb sie für andere Lieferzeiten Extragebühren erhoben. Gebühren, die die wenigsten Menschen zu zahlen bereit waren, sondern sich für solche Fälle lieber eine eigene Eule leisteten. Wer also mochte ihr um diese Zeit einen Brief schicken?

Als sie den Brief endlich in Händen hielt, konnte sie ein glückliches Quietschen nicht unterdrücken. Er war von Viktor! Und angesichts des Vermerks ‚sofortige Zustellung’ konnte sie erahnen, was für Nachrichten der Brief enthielt.

Hastig brach sie das Siegel auf und überflog die Zeilen. Mit angehaltenem Atem folgten ihre Augen der markanten Schrift, bis sie schließlich jubelnd das Blatt sinken ließ. Sofiya hatte eine gesunde Tochter zur Welt gebracht!

Viktor und Sofiya… Fast drei Jahre war es her, dass Ron und sie auf der Hochzeit des bulgarischen Quidditch-Nationalspielers getanzt hatten… Damals, als sie noch geglaubt hatte, sie hätten eine ähnliche Zukunft wie das Brautpaar. Tatsächlich war Hermione wohl nie näher daran gewesen, Rons Antrag anzunehmen als an jenem Tag. Heute war sie froh, der Romantik des Augenblicks damals nicht nachgegeben zu haben.

Wie so vieles zuvor, hatte ihre über achtjährige Freundschaft mit Viktor auch die Trennung von Ron unbeschadet überstanden. Zwar hatte er in seinen Briefen nie größer darüber gesprochen, aber er hatte ihr zwischen den Zeilen zu verstehen gegeben, dass er ihre Entscheidung unterstützte. Dass er die Entscheidung verstand und ihr Engagement respektierte. Tatsächlich war es der Respekt, den er ihrer Leidenschaft und Hingabe für die Dinge, an die sie glaubte und für die sie eintrat, zollte, der die Grundlage für ihre Freundschaft bildete. Denn Viktor selbst war auch kein Mensch, der halbe Sachen machte. Wenn er Quidditch spielte, gab es für ihn nur das Spiel, nur die Jagd nach dem Schnatz. Auf die Weise war es ihm gelungen, sein Talent bereits in jungen Jahren so zu kultivieren, dass er der jüngste Nationalspieler Bulgariens wurde und bis heute seinen Platz nicht an einen talentierteren Nachwuchsspieler hatte abgeben müssen. Aber den gleichen Fokus hatte er auch dann an den Tag gelegt, wenn er seinen Hausaufgaben in der Bibliothek während des trimagischen Turniers hatte machen wollen, und entsprechend ungehalten war er über die ständigen Störungen durch seine Fans gewesen. Mit Hermione am Tisch aber schien sich so etwas wie eine unsichtbare Sperrzone um sie gelegt zu haben, so dass er endlich in Ruhe hatte lernen können. Sie damals zum Julball einzuladen, war folglich so etwas wie die logische Konsequenz gewesen. Denn wenn Viktor schon ein Mädchen auf den Ball einladen musste, dann wollte er wenigstens auch der Aufmerksamkeitsfokus seiner Begleiterin sein und nicht ständig mit ansehen müssen, wie diese sich nach ihren Freundinnen und Konkurrentinnen umsah, um sich zu vergewissern, dass sie auch ja alle mitbekamen, dass sie es geschafft hatte, sich Viktor Krum zu angeln. Der Abend mit Hermione hatte ihn nur in seiner Entscheidung bekräftigt und so verwunderte es Hermione überhaupt nicht, dass die Frau, die er letztlich heiratete, vom gleichen Schlag war: intelligent, leidenschaftlich engagiert und fokussiert. Ebenso wenig verwunderlich war es daher wohl auch, dass Sofiya und Hermione sich auf Anhieb gut verstanden. Jede war von der Arbeit der anderen fasziniert und so war es Sofiya, die nach Hermiones Trennung von Ron klipp und klar sagte: Wenn er deine Ziele nicht anerkennen kann, verdient er dich nicht!

Dass Viktor und Sofiya jetzt aber ihre Freundschaft in dem Maße zum Ausdruck brachten, dass sie Hermione baten, die Patenschaft für ihre neugeborene Tochter zu übernehmen, damit hatte Hermione beim besten Willen nicht gerechnet. Eine solche Ehre gebührte für gewöhnlich nur nahen Verwandten, zumindest im traditionsbehafteten Zauberbulgarien. Hermione mochte kaum glauben, dass Viktors und Sofiyas Eltern mit dieser Wahl einverstanden wären. Schließlich hatte sie anlässlich der Hochzeit sowohl Gheorgi und Ivanka Krum als auch Hristo und Ana Ristic kennengelernt. Und obgleich alle freundlich, höflich und nett zu den Hochzeitsgästen gewesen waren, hatte man doch deutlich merken können, wie sie zwischen Familie und Freunden unterschieden. Vor dieser Differenzierung traten sogar Nationalität und Blutsstatus zurück.

„Wir haben lange überlegt, wem wir unser Kind anvertrauen wollen, sollten wir nicht in der Lage sein, für es zu sorgen. Traditionell wären unsere Geschwister diejenigen, welche als erste Wahl in Frage kämen. Aber sowohl Sofiya als auch ich sind Einzelkinder. Andererseits bist du wie eine Schwester für uns, eine gute Freundin und Schwester im Geiste. Bei dir, wissen wir, würde der Mensch Mia Viktoria im Mittelpunkt stehen, und nicht die Tatsache, dass sie die Tochter des Quidditchspielers Viktor Krum oder der Magieforscherin Doktor Sofiya Ristic-Krum ist. Daher, Hermione, weil wir das Beste für unsere Tochter wünschen, bitten wir dich, Mia Viktorias Patin zu werden.“



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