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Eva

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Was ich will

Kapitel 2

„Franky hat mir gesagt, dass du schläfst.“

Natürlich schlafe ich.

„Brauchst du ein Bett oder reicht irgendein Platz? Ein Stuhl oder so etwas?“

Was? Was denken die eigentlich von mir?

„Wenn ihr ein Bett über habt?“

Natürlich denken sie so von mir. Wie auch sonst? Sie kennen mich nicht und wissen nur von mir, dass ich nicht so bin wie sie.

„Eins über nicht. Aber du kannst dich zu mir legen, wenn du willst. Du bleibst ja bestimmt ruhig liegen, oder?“

Auf die Frage weiß ich keine Antwort. Nami ist zwar in der Hinsicht nett, dass sie mich bei ihr schlafen lässt, aber was sie von mir denkt, das muss sie noch ändern.

„Ich bin keine Puppe.“, sage ich irgendwann als sie die Tür hinter mir schließt. Ich weiß, dass sie etwas erwidern will. Ich weiß auch, dass sie mich fragen will, was ich denn sonst sei, aber sie lässt es sein.

Gott sei Dank.

Ich hasse es, dass sie alle so über mich denken.

Wenn Vater nicht so über mich denken würde, dann wäre es bestimmt anders.

Ausgerechnet er müsste es doch besser wissen. Aber wahrscheinlich ist er einfach zu sehr in meine Technik vertieft, als dass er noch Augen für meinen Charakter hätte.

Erst als Nami und ich zusammen unter der Decke liegen, ohne uns zu berühren und ich höre, dass sie bald einschläft, traue ich mich etwas zu dem Thema zu sagen.

„Ihr seid die ersten, die von Anfang an wissen, was ich bin.“

Nami zögert, streckt sich kurz und dreht sich auf die Seite, weg von mir. Sie will nicht antworten, aber als ich nichts mehr sage, überwiegt doch ihre Neugier.

„Und was heißt das jetzt?“, murmelt sie so verschlafen, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich wirklich etwas dazu sagen soll. Doch was habe ich schon zu verlieren?

„Ich hoffe wirklich, dass wir alle Freunde werden. Aber so wie heute funktioniert das nicht.“

„Wenn du willst, dass wir Freunde werden, dann werden wir es wahrscheinlich auch. Schlaf gut.“

Bei den Worten kann ich ein Lächeln nicht unterdrücken. Ich nicke vorsichtig, lege mich auf die Seite von Nami weg und schließe die Augen. Das Bett ist so schön warm, alles ist weich und kuschelig, dass es nicht lange dauert, bis ich eingeschlafen bin.

Nur leider kann ich nicht lange schlafen. Die Umgebung ist wohl doch noch etwas zu neu. Verschlafen öffne ich die Augen, starre auf die leuchtenden Zahlen neben dem Bett und sehe, dass es erst drei Uhr morgens ist. Erst will ich noch einschlafen, doch nach einer halben Stunde gebe ich es auf, werfe meine Decke über Nami und schleiche so leise ich es kann aus dem Zimmer.

Die Tür stand offen, weshalb ich sie auch nachher nur anlehne und nicht ganz schließe.

Auch die Türen zu den anderen Zimmern sind nicht ganz verschlossen. In dem Zimmer der Männer schnarchen zwei ziemlich laut, aber zum Glück muss ich nicht daneben liegen.

An Deck spürte ich die Bewegungen der Wellen besonders gut. Bei der Marine hatten die Neulinge immer ein Spiel: Sobald das Boot den Scheitelpunkt einer Welle erreicht hat, musste man springen. Dadurch, dass das Boot die Welle herunterfuhr, und man in dem Moment in der Luft war, schwebte man für einen kurzen Augenblick scheinbar in der Luft.

Ein tolles Spiel, mit welchem man auch ein Gefühl für den Seegang entwickelte.

Vor einer Woche um diese Zeit war noch alles klasse.

Ich hatte meine Freunde und meine Aufgaben. Vor zwei Tagen dann diese dämliche, routinemäßige Gesundheitsuntersuchung und schon hat man keine Freunde mehr.

Aber nochmal wird mir das nicht passieren. Nochmal kann es mir gar nicht passieren.

Unbewusst legt sich meine Hand zwischen meine Beine und erst jetzt, wo ich die Berührung spüre, zucke ich zusammen.

Natürlich.

Ich bin jetzt mehr ein Mensch als je zuvor. Fühle ich es wirklich so, wie die anderen?

Wirklich werde ich es nie wissen können.

Aber wenn meine Reaktion die gleiche ist. Wenn meine Gedanken die gleichen sind, dann muss auch das Gefühl das gleiche sein.

Ich schlucke, atme einmal tief durch und streiche einmal vorsichtig über den Stoff meiner Hose.

Ja, allein diese Berührung fühlt sich ganz anders an.

Nicht besser, nicht schlechter, aber viel intensiver.

Aber mit Sex hat das noch lange nichts zu tun.

Jedenfalls nach dem, was ich so gehört habe.

Ich habe es sogar einmal gesehen. Ein Film. Ich bin nicht sicher, ob es echt war, aber hätte ich es nicht gesehen, würde ich mich weniger Mensch fühlen, als jetzt.

So gesehen hatte die Gesundheitsuntersuchung auch etwas Gutes. So musste mein Vater mich verändern. Er hatte keine andere Wahl.

Vor drei Jahren hat er gesagt, ich sei nicht dafür gemacht. Ich brauche es nicht. Und es sei auch besser so für mich.

Aber es mir zu verbieten, damit, dass ich nicht in der Lage bin, es zu tun. Mich dafür oder dagegen zu entscheiden, bedeutet eine Behinderung für mich, die ich nie überwinden konnte.

Ich war kein Mensch.

Und jetzt, wo ich so viel mehr Mensch bin, sieht niemand, den ich kenne, den Menschen in mir.

Was für eine Ironie.

„Eva.“

Augenblicklich zucke ich zusammen, wirble herum und halte mich an der Reling hinter mir fest, damit ich nicht das Gleichgewicht verliere.

Er hat meinen Namen so kraftvoll ausgesprochen, dass er mich beinahe angeschrien hat. Der Käpten, der mich nicht ohne Aufsicht auf seinem Schiff haben will.

„Was? Erschreck mich ni-„

„Was machst du hier?“

„Was soll ich schon machen? Ich kann nicht schlafen.“

„Wem willst du das denn erzählen? Ich glaube, wenn du schlafen willst, dann kannst du das auch.“

Ich runzle die Stirn, ehe ich weiß, was er damit meint.

„Ich habe keinen Ein- und Ausschalter. Das hast du ja auch nicht.“

„Ich bin ja auch was ganz anderes als du.“

Wenn er wüsste, wie sehr mich das trifft.

Ich kann nicht verstecken, was ich denke, daher wende ich mich so von ihm ab.

„Was hast du hier gemacht? Hältst du Ausschau nach deinen Freunden von der Marine?“

„Meine Freunde von der Marine? Nein, Ruffy. Da habe ich keine Freunde mehr. Im Gegenteil. Wenn hier Jemand auf die Marine warten könnte, dann du auf deinen Großvater. Deine Verbindung zur Marine ist enger als meine Verbindung zu ihr.“

„Meine Verbindung zur Marine? Hast du sie noch alle? Für seine Verwandten kann man schließlich nichts.“

„Nein, das kann man nicht.“, murmle ich und hoffe, dass er es dabei belässt.

„Wenigstens habe ich eine Familie im Gegensatz zu dir.“

Damit hat er genau das ausgesprochen, wovor ich Angst hatte.

Ich beiße die Zähne zusammen, Tränen sammeln sich in meinen Augen aber ich sehe ihn nicht an.

„Ja, das hast du.“, fauche ich leise und spüre, wie sich Wut in mir aufbaut. Ich bin mir sicher, dass er mich als Maschine sieht, nicht als Mensch. Sonst hätte er das nie gesagt. Doch dass ich so reagiere, hätte er nie gedacht. Mehr sagt er nichts. Doch ich kann nicht aufhören zu reden.

„Ich habe keine Familie, ganz genau. Ich habe weder Brüder, noch Schwestern, noch eine Mutter oder einen Vater. Den, den ich Vater nenne hat nichts mit mir gemeinsam. Ich hatte weder eine Kindheit, noch habe ich Erinnerungen die weiter reichen als vor drei Jahren. Ich weiß nicht, was ich bin. Wenn ich einfach nur eine Maschine wäre, dann wäre alles einfacher. Dann müsste ich nichts fühlen. Dann würde ich nicht versuchen das zu werden, was ich nie sein kann!“

Ruffy starrt mich fassungslos an. Er sagt kein Wort, sieht mich nur verwirrt an, während er hinter meinen Tränen immer verschwommener aussieht.

Wieso, verdammt nochmal, sagt er nichts?

„Was hast du erwartet?! Einen Taschenrechner mit Beinen?!“

„Ehm, ich- ich meine..“

„Du hast gar nicht gedacht, kann das sein?! Ihr alle habt kein bisschen nachgedacht! Ja, in meinen Adern fließt kein Blut, sondern Salzwasser! Aber das ist auch der größte Unterschied zwischen uns!“

„Wenn du kine-… was bist du dann?“

„Ich habe keine Ahnung! Aber ich will nicht die ganze Zeit gezwungen sein, darüber nachzudenken!“

„Und was willst du dann?“

„Ich will leben!“

Bei den Worten kann ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Doch bevor ich mich von ihm oder sonst jemanden von denen trösten lassen will, spring ich lieber von Board.

Ich ziehe die Luft zwischen den Zähnen ein, balle die Hände zu Fäusten, stoße Ruffy zur Seite und verschwinde unter Deck.

Leben.

Na klasse.

Ich will leben.

Da hab ich mir ja was vorgenommen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  fahnm
2013-02-24T22:38:04+00:00 24.02.2013 23:38
Deine Story ist klasse^^
Von:  flaschenbaby
2013-02-23T11:53:00+00:00 23.02.2013 12:53
Dein Schreibstil ist genial. Der Streit kommt sehr gut emotional rüber. Ach ja und ich schreibe gern weiter Kommentare. ;-)
Antwort von:  Tikila89
23.02.2013 21:26
Super danke dir:)


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