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Second Place Victory

von

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Großer Bruder, kleiner Bruder

Der kalte Boden des Wagen ließ jede noch so kleine Unebenheit der Straße durch. Dennoch beschwerten die beiden sich nicht. Sie schwiegen sich gegenseitig an. Immer wieder versuchte das Mädchen mit ihm zu sprechen, doch bevor auch nur ein Wort aus ihrem Mund kam, ließ sie es doch bleiben. Sie wusste nicht, wie sie anfangen sollte.

»Wie heißt du eigentlich«, schallte es leise aus seiner Richtung. Sie brauchte einige Momente, um zu realisieren, dass er sie ansprach.

»Eevi.«

»Eevi? So wie Eve?«

»Ja, Eevi ist die alte Form davon. In der alten Sprache heißt es so viel wie 'atmen' oder 'leben'. Dein Name zum Beispiel bedeutet 'Dunkles Rot'.«

Phoenix dachte, sein Name wäre ungewöhnlich. Wahrscheinlich war er es auch, zumindest in Lae-Bai. Denn wenn er ihre Ausführungen hört, schien es in Nat-Isa, wo die alte Sprache teilweise noch gelehrt wurde, ein gängiger Name gewesen zu sein. Er hatte ja sogar eine Bedeutung.

Es war eine kurze Unterhaltung. Wieder schweigen beide. Eine seltsame Atmosphäre lag zwischen den beiden. Erst nach einigen Minuten unterbrach Eevi jenes Schweigen.

»Ich habe seine Aufgabe übernommen ...«, fing Eevi an, »also Noëls Aufgabe. Sie ist meine Abschlussprüfung zur Söldnerin auf eine gewisse Art und Weise.«

»Also eine Söldnerin, wie Noël. Wenn auch noch nicht fertig gelehrt.« Er pausierte kurz, bevor er weitersprach: »Und stimmt es, was diese Kumi sagte?«

Er wollte es wissen, nein er musste es wissen. Er musste es wissen, um die Situation, in der die beiden steckten, einschätzen zu können. Allein das sie mit Noël, was zu tun hatte, hieß nichts Gutes. Das Fahrzeug fuhr bereits zu lange, als dass sie sich noch in Coraque befinden konnten. Würden sie die beiden bis zur Hauptstadt bringen, wäre es vorbei. Die Hauptstadt Tenrouka war eine einzige Festung ohne Entkommen.

»Es stimmt, zumindest aus ihrer Sicht. Es war keine Revolution, die in Nat-Isa stattfand. Revolutionen kommen vom Volk aus, aber das ... Das kam nicht von uns aus. Ich habe die Überlegungen nicht ohne Grund getroffen. Ich habe meine Gründe das zu denken, auch wenn sie dir vielleicht nicht ausreichen werden.«

Sie sah ihn an. Eevi meinte es ernst, das sah er ihr an.

Sie sprach weiter: »Du hast die Wahl: Flieh mit mir und lass uns zu Noël gehen. Ich bin mir sicher, er kann das alles erklären. Oder bleib hier und zieh deine Sache durch.«
 

»Noël ... Ich hab ihn seit Jahren nicht mehr gesehen,« sprach der junge Mann zu sich selbst.

Sein Bruder ging vor sieben Jahren fort, um seine Arbeit als Söldner zu vertiefen,wie er es nannte.

Söldner sind hoch angesehen, gerade weil sie stark und loyal sind. Theoretisch schafft es jeder Söldner zu werden, doch nur die Wenigsten gehörten zur Elite, unter ihnen Noël. Loyal ... es widersprach sich, wenn man teils ihre Aufträge sah. Er wusste nur, dass wenn man sich für diesen Weg entschied, es kein zurück gab. Dafür sorgte ebenfalls die Elite und somit auch sein Bruder.

»Dennoch ich habe mit dieser Sache nichts zu tun und ich will es auch nicht. Ich mag mein Leben so, wie es ist,« antwortete er, laut genug damit sie ihn verstand.

Das Fahrzeug stoppte. Die Tür wurde aufgerissen und die beiden Männer von vorhin gingen zu den beiden, verbanden ihnen die Augen und zogen sie nach draußen. Die beiden Männer führten die beiden weiter in ein Gebäude, doch welche Richtung konnten sie nicht ausmachen. Lange schon hatten sie die Orientierung verloren. Alles, was sie hörten, waren ihre eigenen Schritte auf dem Betonboden. Das Ende der Reise waren zwei Zellen, getrennt voneinander mit einer Mauer.

Endlich wurden ihre Augenbinden abgenommen. Sie hatten jeder eine Zelle, nicht sehr groß. Es war nicht viel mehr als ein eingezäunter Raum. Die Männer, die sie herbrachten, waren weg. Niemand war hier, außer die Wachen, die an den Ecken der Wände standen.

»Wir sollen nicht lange hier bleiben«, sagte er zu seiner benachbarten Zelle, »Hier ist nichts drin. Kein Bett, kein Waschbecken, wir werden nicht lange hier bleiben.« Phoenix war angespannt. Er wusste, dass das alles hier auch in einer Hinrichtung enden konnte.

»Ich habe nicht vor lange hier zu bleiben. Wenn ich nur die Handschellen los werden könnte ...«

»Vergiss es. Wenn du nicht den Schlüssel oder den Code besitzt, gehen die nicht auf. Zumal was würden dir deine Schatten hier nützen? Soweit ich weiß, kannst du damit nicht durch Wände gehen.«

»Lernt man das alles in dieser Akademie?« Auch wenn Eevi nicht verwundert klang, so war sie es doch. Schattenmagie war Runenmagie und gehörte damit zur alten Magie. Sie sollte in Lae-Bai eigentlich nicht bekannt sein.

»Spielt das denn eine Rolle? Hast du eigentlich eine Ahnung, in was für einer Situation wir stecken? Die könnten uns hinrichten lassen!«

»Ich dachte, du hast damit nichts zu tun?«, schmunzelte Eevi. Es war ihr bewusst, dass er aus dieser Situation nicht rauskam. Sie wartete nur, dass er es auch einsah.
 

»Wie gesagt«, fing Eevi an, »ohne Handschellen könnten wir hier raus. Die Gitterstäbe sehen nicht stabil aus. Wenn wir beide uns zusammentun, kriegen wir die auf. Ich meine, du bist doch auch ein Beschwörer wie Noël, oder?«

»Ja, schon aber ...«, zögerte er. Es gab kein zurück, würde er sich mit ihr zusammentun. Andersherum hatte er überhaupt eine Wahl? Phoenix bezweifelte, dass man ihm glauben würde, er hätte nichts mit ihr zu tun. Dafür weiß sie zu viel über Noël, und es stimmt leider. Er war ihre erste Adresse, weshalb auch immer.

»Ich bin nicht so talentiert wie er. Ich habe nur einen Elementargeist, Noël hat über fünf. Er kann sie materialisieren, ich schaffe es lediglich, das Element hervorzubringen, in dem ich den Geist in ein Objekt transferiere. Ich habe mich nicht ohne Grund auf Kampfkunst spezialisiert und nicht auf Magie.«

»Und? Dann hat Noël eben mehr Übung. Noël ist nicht hier. Wenn alles, was du brauchst, ein Objekt ist, müsste meine Kette doch reichen, oder? Einziges Problem ist nur, meine Kette ist in den Schatten verborgen. Ich komme mit den Handschellen nicht an sie ran.«

»Was uns wieder an den Anfang bringt ...«, fügte Phoenix hinzu. Er lehnte sich gegen die Wand, die ihn von Eevi trennte. Alles war grau, die Wände, das Gitter, der Boden. Fenster waren nicht vorhanden. Einzige Lichtquelle war eine Lampe an der Decke, dessen Licht öfters zu flackern begann und ein dumpfes Geräusch aus der Nachbarzelle. Anscheinend versuchte Eevi die Handschellen mit Gewalt zu öffnen, ohne Erfolg, wenn er ihr leises Fluchen richtig aufnahm.

»Wir sollten schlafen. Heute wird nichts mehr passieren und wir werden morgen alle Energie brauchen, die wir haben.« Phoenix Stimme war gelassen. Es überraschte ihn selbst. Schließlich war er es, der sie immer darauf aufmerksam machte, in was für einer Situation sie doch steckten.

Das Fluchen hörte auf und mit ihm anscheinend die Versuche die Handfesseln zu öffnen.
 

»Konzentrier dich, so schwer ist das nicht, Phoenix«, seufzte er, während er dem kleinen Jungen wieder auf die Beine half, »Du brauchst nur etwas mehr Konzentration. Schau.« Der Ältere streckte eine Hand aus und murmelte etwas, das der kleine Junge nicht verstand. Eine Art Wasserblase entstand in seiner Hand. Das Wasser in der Blase drehte sich immer um den Mittelpunkt. Es war in Bewegung.

»Siehst du? Mit einem Wasserelementar an deiner Seite ist so etwas kein Problem. Natürlich ist das hier nicht so effektiv, wie den Geist komplett zu materialisieren. Dafür kostet es aber weniger Energie. Vielleicht versuchen wir bei dir erst einmal die einfachste Form: Den Geist in Objekte hinein zu transferieren.«

»Aber Noël«, zögerte der kleine Junge, »Bei dir sieht das so einfach aus. Ich krieg das aber nicht hin. Ich habe wahrscheinlich nicht mal so einen Geist ...«

»Phoenix,« lächelte er ihn an, »Jeder Beschwörer hat einen von Geburt an. Meiner war ein Feuerelementar und deiner ist es auch . Du bist genau wie ich oder unser Vater ein Beschwörer, auch wenn du mehr nach Mom kommst«, sagte Noël, während er ihm in die Wange kniff. Jeder Versuch sich davon zu lösen scheiterte, ganz zu Noëls Erheiterung. Er liebte es, seinen kleinen Bruder zu ärgern.

»Du musst stark werden, ich bin schließlich nicht immer hier, um dich zu beschützen. Dein Big Bro geht auch irgendwann einmal weg,« zwinkerte er ihm zu.

Phoenix setzte sich zu Noël, seine Beine angewinkelt, während seine Arme diese hielten.

»Wie meinst du das, du gehst?« Er sah Noël an, doch dieser blickte nur gerade aus in die Ferne.

Er lächelte, doch antwortete er seinem kleinen Bruder nicht ...
 

»Wach endlich auf!« Sie hockte sich auf ihn, verpasste ihm einige Ohrfeigen, doch mehr als ein Murren bekam sie nicht.

»Wie fest schläft der?! Phoenix, steh endlich auf, verdammt!« Noch einmal ohrfeigte sie ihn, doch dieses Mal schien es endlich zu wirken.

»Au, was soll das? Warum schlägst du mich?« Er pausierte kurz, bis es ihm auffiel, dass Eevi auf ihn saß.

»Wie bist du aus der Zelle gekommen?« Eevi stand auf. Die Handschellen waren noch immer an ihren Händen, doch die Zellen waren auf. Erst jetzt fielen ihm die dumpfen Geräusche der Alarmanlage auf.

»Ich weiß nicht, was passiert ist. Aber das spielt keine Rolle. Die Zellen sind auf, die Wärter abgelenkt beziehungsweise ausser Gefecht, wir müssen diese Chance nutzen.«

Wer ist denn so verrückt, hier einzubrechen, fragte sich Phoenix insgeheim. Doch Eevi hatte recht. Sie mussten diese Chance einfach nutzen.

»Ich werde Noël treffen, wenn ich mit dir mitgehe, oder?«

»Ja, wirst du. Ich habe selber so einige Fragen an ihn mittlerweile.«

»Dann lass uns gehen.«

Phoenix stand, so schnell er konnte, auf. Sie durften keine Zeit verlieren. Diese Verwirrung wird nicht lange anhalten.

»Woher der Sinneswandel? Doch keine Lust einen sinnlosen Tod zu sterben?«

Er lächelte, doch antwortete er ihr nicht, denn es war nicht nötig.
 

~ ~ ~
 

»Ich hoffe, du bist jetzt glücklich. Wenn das rauskommt ...«.

»Wird es nicht, Avent.« Seine Stimme war ruhig wie immer.

Die Frau seufzte. Es brachte nichts, ihm Vorwürfe zu machen. Er hatte ja doch immer eine Gegenantwort parat. Von dem Felsen aus hatten sie das Gebäude gut im Überblick. Es war ein Grenzgebäude, welches nahe am Gebirgsfuß stand, das Nat-Isa und Lae-Bai trennte. Es wäre nur eine Zwischenstation für die beiden gewesen, dennoch verstand Avent nicht, warum er unbedingt darauf bestand, so eine Unruhe hier zu verursachen.

»Sind die beiden denn so wichtig, dass wir gleich das gesamte Gebäude infiltrieren mussten, Noël?«

»Alleine wären die beiden da nicht lebend rausgekommen. Und ich will sehen, wie weit sie kommen«, lächelte er Avent an, »Ausserdem muss ich meinen kleinen Bruder doch beschützen. Hast du den drei Trotteln das Mittelchen gegeben?«

»Ja, habe ich. Wenn die nach der Dosis noch klar denken können, stelle ich mich freiwillig.«

Er lächelte sie an. Noch immer sah er in die Ferne.

»Wir sollten uns auf dem Weg machen. Der Wind hier oben ist unausstehlich.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  RhapsodosGenesis
2013-02-19T15:28:24+00:00 19.02.2013 16:28
Oh, wow!! Noël ist ja tital cool drauf! Echt so toll, wie ich ihn mir vorgestellt habe <3

Das Kapitel war sehr gut und sehr schnell zu lesen, da man bei deinem lebhaften Stil gerne und schnell weiterkommt. :-)
Ich werde mich sobald wie moeglich um die naechsten kuemmern!

Sehr schoenes Kapitel :-)
Aber eine Frage: wie spricht man Eevi aus? xD
Durch das mit "Eve" war ich etwas verwirrt °^°
Antwort von:  kyouto
19.02.2013 18:49
Eevi ist die finnische Form von Eve. Ich spreche es es Eeve aus, ob es aber die korrekte Aussprache ist kann ich dir leider nicht sagen.


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