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Träume erzählen die besten Geschichten

von

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Die Angst auf einem neuen Level

Der folgende Traum war der seit langer Zeit schrecklichste, den ich durchleiden musste.

Nur die Todesuhr, die unerklärlicher Weise den exakten Todeszeitpunkt meines Haustieres zeigte, war noch verstörender.
 

Ich stand auf einem Steg, mitten im Nirgendwo. Nebelfelder kreisten um mich herum, das scheinbar endlose Wasser spiegelte den weißen Himmel wieder.

Mein Vater war bei mir.

Ich fühlte mich wohl, vertraute ihm, aus tiefsten Herzen.

All die Zeit und der viele Spaß, den wir hatten. Mein Gefühl verriet mir eine glorreiche Vergangenheit, Kindheit und Geborgenheit.

Ich lächelte zu dem Mann hoch, der meine Hand hielt. So sanft und doch so fest, dass ich keine Angst verspürte. Gleichzeitig fürchtete ich mich vor dem, was mir bevor stand.

Mein Vater meinte, er führe mich an einen Ort und ich solle ihm folgen. Aus mir noch unauffindbaren Gründen wusste ich bereits, was gleich passieren würde. Ich sagte mir: „Oh nein. Ich weiß, was gleich kommt.“, und sah dabei Stücke, Fetzen und Szenen aus einem scheinbar längst vergessenen Traum.

Nein.

Es stimmte so nicht. Mein Kopf versuchte mir einzureden, ich hätte dies schon einmal geträumt. Wie schon oft zuvor. Er konnte mich nicht austricksen, denn ich wusste, diese Szenen kannte ich noch nicht... und dennoch hatte ich das Gefühl, das Ereignis bereits zu kennen.

Die Fetzen zeigten den Blickwinkel eines Skeletts. Die schwarzen, knochigen Zehen, bewegungsunfähig. Vor dem Skelett ein Rückspiegel eines Fahrzeugs, der das Antlitz des grässlich entstellten, verdorrten Gesichts zeigte.

Schon allein diese Bilder trieben in mir die Angst hoch. Ich drückte die Hand meines Vaters, mit dem ich weiter voranschritt. Eine andere Wahl hatte ich nicht: weglaufen ging nicht, war nicht erlaubt. Es gab keine andere Richtung.

Als wir am Ende des Stegs, zum Wasser hin, stehen geblieben waren, presste ich meine Augen zusammen. Ich ergab mich der Situation, meinte: „Bringen wir es hinter uns.“

Den nächsten Satz meines Vaters hatte ich mir leider nicht ganz gemerkt. Doch schien er genau das zu sagen, was ich erwartete. Der letzte Satz endete mit: „Du blutest noch.“, und obwohl ich wusste, dass dies das groß gefürchtete Ereignis lostreten würde, antwortete ich. „Wo denn?“

Und mein Vater zeigte auf den Boden – dort, wo ein paar Holzplanken fehlten, ins Wasser. „Sieh selbst.“

Und ich sah es... nein, ich erlebte es.

Unter dem Steg, am dunklen, verlassenen Meeresgrund ein versunkenes Auto. Die Kabine vollgefüllt mit dunklen, grün-bläulichen Wasser, die einzige Person darin: ich, am Beifahrersitz.

Schwerelos und doch durch den engen Gurt an meinem Körper gefangen. Mein Körper bis auf die schwarzen Knochen zerfressen und ohne jegliches Gefühl. Oh doch. Ein Gefühl hatte ich: angst, große angst. Ich fühlte mich einsam, verlassen, - vergessen.

VERGESSEN.

Niemand erinnerte sich an mich. Ich existierte nicht. Eine längst vergessene Gestalt am Meeresgrund, nicht gefunden und aufgegeben.

Ich fühlte mich so schrecklich einsam...

In mir stieg die Panik hoch, als mich mein Vater zwang in den Rückspiegel zu sehen. Nein. Nein! Verzweifelt presste ich wieder meine Augen zu und verdeckte den Spiegel. „Ich weiß! Ich weiß es! Ich weiß es ja, ich will es nicht sehen! Bitte, ich will es nicht sehen!“

Der Mann ließ Gnade walten: zwar blitzte in diesem Rückspiegel mein Gesicht auf, doch verzerrte es sich nicht in diese schrecklich entstellte Fratze... auch, wenn ich sie mir richtig gut vorstellen habe können.
 

Langsam öffnete ich meine Augen. Tief verstört und erschrocken blickte ich im dunklen Schlafzimmer umher. Man sollte meinen, nach so einem Traum hätte man starkes Herzklopfen und verschwitzte Kleidung. Doch dem war nicht so.

Erst nach gefühlten zwei Minuten wurde mir klar, dass ich nicht mehr Träumte. Dass ich immer noch am Leben war und in meinem Bett lag.

Meine gerade erlebte Reise löste in mir eine Paranoia aus, die mich glauben ließ, an meiner Bettkante, rechts neben mir, stand der Tod.

In dieser Panik umschnürte mich immer noch das starke Gefühl der Einsamkeit. Alleine zu sein und längst vergessen.

Ich rutschte weit hinüber, zur Bettseite meines Freundes und umgriff seine Hand. Ich brauchte sie. Das Gefühl, nicht alleine zu sein.

Zeitgleich spürte ich den Hauch des Todes in meinem Nacken, als mir anfingen die ersten Tränen über meine Wangen zu laufen.

Es sollten noch zehn weitere Minuten vergehen, ehe meine Paranoia langsam nach ließ und ich anfing klar zu denken.

Meine erste überlegte Tat war, auf die Uhr zu sehen: 3.40 Uhr. Verdammt früh für einen so lebhaften Traum. Für normal zeigten sich Träume, an die ich mich stark und in jedes Detail erinnern konnte, erst in den späten Morgenstunden.

Ich raffte mich langsam auf und griff nach meinem Handy. Es war mir egal, ob ich in knapp drei Stunden aufstehen musste: ich durchsuchte das Symbol-Lexikon nach „Vater“ und „Tod“. Es brachte mir nicht mehr Klarheit, doch Beruhigung. Dass der Tod im Traum eine notwendige, brutale Darstellung einer Veränderung der Persönlichkeit sei. Ob dem nun wirklich so war, kann ich nicht sagen. Noch heute suche ich nach der richtigen Deutung. Danach, was mir mein Unterbewusstsein, mein Ich mir sagen wollte.

Vielleicht wollte es mir schlicht sagen, dass mir langsam die Zeit davon lief und ich mit dem weiter machen musste, was mir wichtig war: etwas in dieser Welt zu hinterlassen. Ein Werk, welches noch in fünfzig Jahren sagen kann, dass es von mir stammt.
 

Nun werden vielleicht einige Leser sagen „Ich hatte schon viele Träume vom Tod.“ - dieser hier war mein persönlicher erster. Und wenn es nach mir ginge, mein einziger. Höchstwahrscheinlich aber, werden im Verlauf meines Lebens noch viele solche Träume passieren. Davor verschließen kann und darf ich mich nicht... denn wenn ich mir selbst zuhören will, muss ich offen sein, für jeden Traum. Egal wie schmerzhaft er auch sein möge.



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