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Graue Asche, rotes Blut

Der Krieg macht keine Unterschiede.
von

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Rotes Blut.

Ihr Atem geht ruhig, beherrscht. Der Lauf des Gewehrs wackelt kaum, sie ist es sich gewohnt, hat viel Erfahrung. Das Fadenkreuz, der verzerrte, enge Blickwinkel, schiebt sich über das Feld. Da, einer hat den Schützengraben beinahe erreicht. Der Helm ist verloren gegangen, irgendwann, das macht es ihr leicht. Das feuerrote Haar leuchtet wie ein Signalfeuer, er hatte von Beginn an keine Chance, ohne Helm, mit der Farbe. Ein Schuss fällt, geht unter inmitten des ganzen Lärms, der Rückstoss drückt den Lauf ein wenig nach oben, nicht viel, aber genug, dass sie aufsieht. Sogar von der Distanz, getroffen, der Mann sackt zusammen. Sie will nicht länger hinsehen, hat auch gar keine Zeit und wendet sich dem nächsten Opfer zu.

„Hawkeye.“

Es ist kein Ruf, kein Befehl, keine Aufforderung, einfach eine Feststellung. Sie dreht sich nicht um, weiss, dass er es nicht erwartet, doch lässt sie die Waffe sinken. Die Stimme, ihr so vertraut, ist vielleicht das Einzige, was sich hier nicht verändert. Er tritt an ihre Seite, seufzt leise, unmerklich, sieht hinab auf das Schlachtfeld, von hier oben, auf dem Hügel. Der perfekte Ort für jemanden wie sie. Für eine Scharfschützin, den Tod, den man nicht sieht.

Das Gemetzel da unten scheint weit weg zu sein, aber das Blut, das Blut riecht man hier auch noch und das Pulver. Das Donnern der Kanonen, die Schüsse, die Schreie. Die Schreie sind das Schlimmste, die Todesqualen, von den Männern hinausgeschrien, wenn sie alles verloren haben. Alles, jedes bisschen und zuletzt ihr Leben.

Der Mann neben ihr seufzt erneut, tiefer, resignierender, ihr Vorgesetzter, Roy Mustang. Er wird nicht an die Front geschickt, darf es gar nicht, also hat er Zeit. Sie weiss, dass er nachdenkt, worüber er nachdenkt und sie weiss die Antwort auf seine Fragen, jedenfalls auf viele, denn sie beobachtet das Schlachtfeld Tag und Nacht, aber sie schweigt. Er fragt sich, wo seine Leute sind, seine Freunde, all die vielen Bekannten. Sie weiss es, hat es gesehen, sieht alles, fast alles. The Hawk's Eye, so nennt man sie und sie hasst den Namen, hasst ihn, weil sie weiss, wie sie ihn verdient hat. Mit dem Blut der Männer, die keine Chance hatten.

Noch ein einziges Mal seufzt er, denkt an all die Leute. Und wieder schweigt sie, denn sie brauchen ihn besonnen, nicht in Trauer. Sein bester Freund, Hughes, der ist gefallen, ein anderer Scharfschütze hat ihn erwischt. Hat sich dadurch aber verraten, sie hat ihn entdeckt, zur Strecke gebracht, mit einem Schuss. Fury, der ist zu jung, nicht auf dem Feld, zum Glück, Fallman auch nicht, kein Fusssoldat, Breda hat sie die ganze Zeit nie gesehen. Vielleicht tot, vielleicht lebendig, vielleicht an der Front oder hinter den Linien. Sie weiss es nicht. Und Havoc, ja, Havoc, den hat sie beobachtet, wie alle anderen auch, versucht, ihn zu schützen. Im Grunde ist keine Zeit dafür, im Krieg, aber ihre Freunde, sie schützt sie, hofft es zumindest. Irgendwo liegt er, Havoc, eine Granate hat ihn erwischt, die kann man nicht erschiessen. Vielleicht tot, wahrscheinlich sogar. Und all die anderen, wo die sind, das weiss sie nicht, weiss es vielleicht, weiss es mit Sicherheit. Ihre Freundin, Rebecca, sie wurde zurückgebracht, verwundet. Hat Glück gehabt, sie hat den Mann gesehen, der Rebecca mit einem Messer erstechen wollte, hat ihm die Hand zerfetzt mit einer Kugel. Und die Brüder, die Elric-Geschwister, die wollten in den Krieg, vor allem der Ältere. Ob sie durften? Sie hofft es nicht, hofft, dass sie zu jung waren.

Wieder legt sie an, sucht ihr Opfer, zielt, drückt ab. Und wieder schlägt der Tod mit seinen schwarzen Fängen zu und zerfetzt ein weiteres Leben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Rhyo
2012-11-24T22:50:13+00:00 24.11.2012 23:50
Auch das zweite Kapitel ist sehr gut gelungen. Du hast die Gedanken von Hawkeye sehr authentisch wiedergegeben und es bringt einen wirklich zum Nachdenken. Dieser Stil gefällt mir wirklich sehr gut =)
Von:  Pennywise
2012-08-23T16:38:03+00:00 23.08.2012 18:38
Ich weiß nicht ob "Wow" das richtige Wort ist.
Ich bin begeistert, schockiert und überwältigt. Ich mag den Stil in dem du geschrieben hast, auch wenn er anders ist als normalerweise. Ich finde das hat was. ;)
Die Art in der du die Geschenisse des Kriegs beschrieben hast und deine Wortwahl sind großartig. Man bekommt das Gefühl, als würde man daneben stehen, alles selbst miterleben. Alles in allem sehr fesselnd. (:
Ich weiß nicht Recht, was ich noch sagen soll, da ich immer noch geplättet bin.

Liebe Grüße Pennywise (:


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