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The Final Curtain Fall

BBC Sherlock
von

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Prolog

Der Alltag hatte ihn wieder, ein neuer Alltag hatte ihn wieder. John Watson streifte sich die blutigen Gummihandschuhe von den Fingern und warf sie in den roten Plastiksack. Er starrte auf seine Hände und stieß einen langen Seufzer aus. Das Kind hatte es nicht geschafft, aber die Mutter hatte überlebt, nur zu welchem Preis, fragte er sich. Kein Ehemann, keine Angehörigen, keine vernünftige Versicherung, nur ihr eigenes Leben und das Kind hatte die junge Frau gehabt; und das hatte sie nun nicht mehr. Ein Psychologe musste sich dringend um sie kümmern und Molly würde eine neue Leiche auf den Tisch bekommen.

Die Sanitäter schoben den abgedeckten Körper der Siebenjährigen an ihm vorbei, aus dem OP heraus und den Gang hinunter. John schüttelte den Kopf und wartete, bis auch die Mutter an ihm vorbeigeschoben wurde, die noch immer in Narkose lag und noch gar nicht wusste, dass ihre Tochter den Autounfall nicht überlebt hatte. Der Unfallchirurg griff sich seinen Gehstock, der wie üblich vor dem OP stand und humpelte dem Bett der Frau nach. Er konnte sie nicht allein aufwachen lassen – er hatte es nicht geschafft, das Leben ihrer Tochter zu retten, da war er es ihr schuldig, bei ihr zu sein, wenn sie die Nachricht bekam, das ihr eigenes Leben nun nie wieder so sein würde wie zuvor.
 

Eine Schwester drückte ihm den Bericht in die Hand und eilte weiter, der nächste Krankenwagen fuhr vor der Tür vor, zwei Unfallsanitäter eilten mit einer Trage an ihm vorbei in den Schockraum, die Lampe über ihm flackerte, ein Kind schrie… das alles zog an ihm vorbei, ohne dass er sich rührte. Er mochte Stress, er sehnte sich nach Stress, aber nicht nach dieser Art von Stress. Nein. Er wollte durch London hetzen, nicht schlafen oder essen können und den ganzen Tag und die ganze Nacht auf Abruf sein und nicht fein säuberlich zugeteilten Schichten schieben, selbst wenn man auch während derer kaum etwas Essbares zu sich nehmen konnte. Er wollte keine weinenden Kinder, Eltern, Ehepartner, Verwandte sehen, keine hektischen Krankenschwestern, Ärzte, Psychologen… er wollte Sherlock Holmes wiederhaben, der nun schon seit mehr als einem Jahr tot war. Sein bester Freund war tot, sein bester Freund hatte sich vom Dach dieses Krankenhauses gestürzt, in dem er nun versuchte, Menschenleben zu retten. Er wollte keine sich immer wiederholenden Verletzungen sehen, keine Betrunkenen behandeln, keine Junkies zusammenflicken, keinen Suizidfällen den Magen auspumpen, keine grausamen Verletzungen von Messerstechereien, Bandenkriegen und Familienfeiern mehr vor sich auf dem Tisch haben – er wollte nicht die Opfer sehen, er wollte die Täter, die das alles verbrochen hatten fassen und einbuchten, sie überführen… nein, nicht er wollte sie selbst überführen, er wollte dabei sein, wenn Sherlock es auf seine einzigartige und faszinierende Weise tat, wie er alles genau beobachtete und „deduzierte“.
 

John war Arzt geworden, aus dem Wunsch heraus, Menschen zu helfen. Doch inzwischen definierte er dieses „Helfen“ etwas anders. Seine Kollegen merkten davon nichts, sie sahen in ihm den kleingewachsenen sympathischen und immer freundlichen Militärarzt, der selbst bei einer Gasexplosion in einem Hochhaus noch ruhig blieb und dem auch bei einem Amoklauf in der Notaufnahme nicht das Zittern in den Händen bekam, doch befreundet war er aus gutem Grund mit niemandem der anderen Ärzte. Sie sollten nicht sehen, wie es ihm eigentlich ging, wie er sich verhielt, wenn er allein zu Hause in seinem Sessel saß und ja, vielleicht wollte er auch tatsächlich keine Freunde, sondern in seinem Selbstmitleid ertrinken und niemandem die Möglichkeit geben, ihn vor dem Ertrinken zu retten. Nur Molly konnte in etwa einschätzen, wie es ihm ging, dem Rest war es größtenteils egal, sie waren zu sehr auf sich fixiert.

John atmete durch und betrat das Zimmer der jungen Frau, die nun absolut allein war auf dieser Welt war. Sie bewegte sich schon, atmete bereits allein, doch wirklich wach war sie noch immer nicht. Er zog sich einen Stuhl zu ihrem Bett, ließ sich darauf nieder, lehnte den Gehstock an sein Bein und legte die Patientenakte auf den Beitisch. Drei Stunden noch bis Schichtende.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  MrsTime
2012-06-19T13:00:57+00:00 19.06.2012 15:00
Eine sehr schöner Prolog, der in die Geschichte einleitet. Man spürt sein Leid und seinen Willen, dass er das alles nicht will und viel lieber mit Sherlock zusammen arbeiten würde. Das das einizige ist, was ihn interessiert, er es aber nicht kann, da er ja tot ist.
Du hast sehr gute Beispiele gefunden, um zu beschreiben, was er alles nicht mag und in welchen Situationen er völlig ruhig bleibt.
Bin schon gespannt wie es weiter geht. ^^
Von:  little_prince_Yugi
2012-05-30T16:56:27+00:00 30.05.2012 18:56
John Watson streifte sich die blutigen Gummihandschuhe von den Fingern <- erster Gedanke: Was hat John angestellt? Und dann: Achso die Dinger sind gemeint.

Gehstock <- Warum wollt ich da immer Gehrock lesen?

Sehr schöne Einleitung^^
Du weißt ja schon, dass ich deinen Schreibstil mag, aber ich sage es gern nochmal: Schöner Schreibstil, gefällt mir super. Kann man schön mit John mitfühlen (und will ihn am liebsten herzen und drücken und mit Mitgefühl überschütten).
Besonders diese Aufzählungen z.B. von seinen Fällen im Krankenhaus oder wie Gelassen er reagiert, haben mir gefallen. Ich hätte dafür sicherlich unendlich lange überlegt.


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