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Nach dem Essen 'n Spaziergang zu machen ist schlecht für den Kreislauf!

If You Eat Too Much Spicy Food, You Will Get Hemorrhoids
von

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Nach dem Essen sollte man ein Nickerchen machen - auch wenn man dadurch eventuell fett wird!

"Sou-chan?"

  "Hm." Sonst nichts.

"Sou-chan?"

  "Hmm." Sonst nichts.

"Sou-chan, jetzt hör doch mal."

  "Jetzt nicht, Ane-ue!"

"Aber Sou-chan, du -"

    Genervt sah Sougo von seinem Handy auf. "Was?!"

"Du sabberst."

  Schnell mit dem Handrücken über den Mundwinkel gewischt. Tatsache, er sabberte.

"Was tust du da eigentlich, Sou-chan?"

  Ein nervöses Kichern. "N-nichts, Schwester!" Der genervte Unterton von eben war verschwunden, und der Sougo, der sich selbst mit "Boku" statt mit "Ore" bezeichnete, war wieder da.

"Sou-chan, in letzter Zeit bist du mir gegenüber sehr pampig." Sie seufzte. "Ist irgendwas vorgefallen?"

  Er schluckte. Keine Chance, dass er ihr das sagen konnte.

"Schreibst du vielleicht gerade..." Sie stockte. "... mit deiner Freundin?"

  Ein Ausspucken sämtlicher sich im Mund befindlicher, flüssiger Substanz - inklusive einiger Bazillen. "QUATSCH. Ich hab keine Freundin! Ich werde niemals eine Freundin haben!"

"Das wäre aber vielleicht gar nicht so verkehrt."

  "Wie ... wie meinen?", war die etwas gestammelte Antwort darauf. Er verstand nicht so ganz.

"Sou-chan, ich glaube, dass du wirklich ein paar Freunde brauchst. Und damit meine ich richtige Freunde." Sie sah von ihren Näharbeiten auf und ihm ins Gesicht.

  Er stockte. Das Thema kam nicht zum ersten Mal auf den Tisch. Aber für gewöhnlich gab sie sich mit dieser Antwort zufrieden. "Ich habe Freunde, und sogar einen richtig guten."

    Dieses Mal nicht.

"Wirklich? Wen denn?"

  "Ehm." Halt. "Yorozuya" aka Gintoki Sakata konnte er nicht vorschicken, denn der "Yorozuya"-Meister war in dieser Welt ja Ginpachi-Sensei. - Käme dumm, wenn er sagen würde, er ist mit seinem Klassenlehrer befreundet. "Niemanden, den du kennst."

"Das kann man ändern. Kann ich ihn kennenlernen?"

  Verdammt. Davor hatte er immer Angst gehabt. Aber wenn er dem nun gegensprechen würde, würde seine Schwester erkennen, dass er gelogen hatte, und ihm wieder eine stundenlange Predigt über den Wert einer guten Freundschaft halten. Und bei aller Liebe, die Sougo für seine Schwester emfpand, aber das wollte er nicht ein einziges Mal mehr durchleben.

    Blieb nur eine Möglichkeit: "E-ehm ... klar. Da lässt sich bestimmt was einrichten."

Mitsuba wollte schon Luft nehmen, als sie plötzlich zu verstehen schien. Ihre Gesichtszüge erhellten sich. "Wirklich, Sou-chan?"

  "Natürlich, Schwester." Dann stand er auf. "Komm, lass uns einen Spaziergang machen."

    Kurz darauf verließen die beiden das Zimmer. Das Handy ließ Sougo auf dem Stuhl liegen; er wollte nicht, dass er aus Versehen auf eine Taste kam, die das Spiel beendete.

Auf dem Monitor waren als Pausebildschirm die Worte "How to tortur Hijikata - wie man einen Dämonen-Vize so richtig quält" zu lesen.
 

"Und das ist die ganze Geschichte, Danna."

  "Nein, nein, nein, nein. Nein, das geht nicht, Okita-kun.

    Und es heißt nicht "Danna", sondern Ginpachi-Sensei, oder Sensei - wann lernt ihr das endlich?" Ginpachi widmete sich wieder dem Stapel von Blättern vor ihm. Die Blätter selbst waren leer. Aber Ginpachi war der Meinung, dass ihn das beschäftiger aussehen ließ. Ein Lehrer musste beschäftigt aussehen, sonst taugte er nichts.

  "Aber Danna, ich brauche unbedingt deine Hilfe!"

  "Ignorier mich nicht, Okita-kun. Es heißt Sensei, Lehrer, "Teacher", aber nicht "Danna". Ich bin nicht dein Meister, und noch weniger dein Ehemann, also hör auf mich so zu adressieren! Außerdem sollten wir in dieser FF aufhören, mit soviel Japan-Lingu um uns zu werfen. Die Leser mögen das seltsamerweise nicht."

  Sougo zog einen gespielten Schmollmund. "Du ignorierst mich, Danna."

  "NEIN, du ignorierst mich, Okita-kuuun, nicht ich dich! Hörst du mich? Ich steh direkt vor dir, du musst mich hören!

- Hey, wohin gehst du? Okita-kun? Okita-kuuun?"

  Der weinerliche Tonfall von dem Silberhaarigen ging Sougo bereits jetzt auf den Piss. Nun, aber er hatte sich eigentlich schon von Anfang an keine Chancen erhofft.

    So, und was nun? Er konnte niemanden aus der Shinsengumi fragen, denn seine Schwester kannte alle Mitglieder der Shinsengumi. Yamazaki als jemand anderen zu verkleiden würde wohl auch nichts bringen. Zaki würde sich bestimmt ganz dämlich verplappern.

  Alle anderen hatte er schon abgecheckt. Die meisten aus der Klasse kannte er nicht einmal gut genug, um außer den regelmäßig verwendeten Namen einen anderen zu wissen. Wie hieß Madao eigentlich mit richtigen Namen? Oder hatte dieses Maso-Weib überhaupt noch einen anderen Namen?

  Nun, es kam von denen also keiner in Frage. Er musste die Person ja zumindest vom Namen her kennen, damit es halbwegs klappen konnte.

    In dem Moment kam China-Girl herein, schmuddelig wie immer, mit einem Berg von Fressalien.

Ein Plan ward geboren.
 

"Also, das ist meine Schwester Mitsuba, und das hier ist Chi - ich meine Kagura...-chan." Das "-chan" setzte Sougo erst nachträglich an, als er merkte, dass "Kagura" alleine vielleicht zu vertraut oder seltsam klang.

  Kagura verbeugte sich in einem kurzen Anflug von guten Manieren, murmelte ein "Freut mich dich kennen zu lernen, Onee-chan!", aber im nächsten Moment war sie bereits am Fenster und rief: "Wow, was für eine tolle Aussicht du dort hast." Sougo konnte dem Reflex, einen "Facepalm" einzusetzen, nur knapp wiederstehen. Der wäre in diesem Moment wohl eher "defective".

  Mitsuba winkte ihren Bruder zu sich, mit einem verschmitzten Lächeln. "Ein Mädchen, Sou-chan." Als dieser sie nur verwirrt anblinzelte, holte sie aus: "Du hättest mir das letzte Mal ruhig sagen können, dass du doch eine Freundin hast!"

  Sougo zuckte erschrocken zurück. Da waren gerade zwei Dinge in einem Zusammenhang gefallen, die einen Kurzschluss in ihm wachruften, nämlich die Dinge "Kagura" und "Freundin" Sein Handy klingelte in dem Moment einen uninteressanten Klingelton runter - er ignorierte es. "Oh, nein, Schwester, da missverstehst du was. Wir sind nicht zusammen. Wir sind nur ... ehm ... gute Freunde." Und das war schon schwer genug, auszusprechen.

  "Ach, er ist nur schüchtern.", hörte er da China-Girl sagen, und als er wieder von seinem Handy aufsah - Kondo hatte angerufen, warum auch immer - sah er, wie sie seiner Schwester ein Stück Papier reichte. "Was ... was ist das?"

  "Die Geschichte unserer Liebe.", war Kaguras Antwort, während sie sich gelangweilt in der Nase popelte.

  "Bitte WAS?!" Sougo trat der Schweiß aus. Was redete sie da? Was war das für ein Zettel? Aber er konnte seiner Schwester den Zettel jetzt auch nicht einfach entreißen, das würde sie skeptisch machen, und -

  "Was, ihr habt euch sogar geküsst?" Mitsuba warf Sougo einen ungläubigen Blick zu. "Oh Gott, Sou-chan, du..." Den Rest ließ sie offen.

Sougo starb.

  "Sogar zweimal.", warf Kagura ein, als würde sie darüber reden, wie oft sie in der letzten Nacht aufs Klo gegangen war.

Sougo starb².

  "Oh, ich les es gerade. Aber Sou-chan, du kommst hier echt rüber, als wärst du ein totales Arschloch. Und was soll diese ganzen "Sadist"-Nummer? So kenn ich dich gar nicht, Sou-chan."

Und Sougo starb³.

    Dann sprang er auf und fischte seiner Schwester den Zettel aus der Hand. Oben stand in Groß "Wenn Zwei sich streiten, mischt sich immer jemand Drittes oder Viertes mit ein!" - diese billige FF von dieser Mitsuru da. "Ah, unser altes Theaterstück.", log Sougo emotionslos, ehe er den Zettel in der Tasche verschwinden ließ. Er würde schon heraus finden, wo die Autorin wohnte, und der dann einen netten Besuch abstatten, das schwor er sich.

  "Hm? Das ist aber ein seltsames Theaterstück", gab Mitsuba zu bedenken, aber Sougo zuckte nur mit den Schultern. "Genau deshalb wurde es ja auch nicht aufgeführt."

  Es klopfte an der Tür, und eine Krankenschwester kam herein. "Zeit für Ihre Medizin.", flötete sie, und Mitsuba folgte ihr mit den Worten "Wenn ihr mich kurz entschuldigt? Bin gleich wieder da."

  Sougo setzte sich neben Kagura, die sich auf Mitsubas Bett geworfen hatte. "Was sollte das eben, Drecksbratze?", fragte er, während sein Gesicht immer noch lächelte.

  "Rache für den Aufzug hier.", antworte Kagura tonlos. Mit "Aufzug" war das gemeint, was Otae in seinem Auftrag aus ihr gemacht hatte: Statt irgendeinem Joggingsanzug trug Kagura ein ordentliches Set der Schuluniform mit Oberteil und Rock. Die Schleife war ordentlich gerichtet. Auch trug sie keine Sporthose unter dem Rock - einen Fakt, der Sougo auf dem Hinweg schon den ein oder anderen Blick auf ihre Unterhose gewährt hatte, ohne dass er ihn gewollt hätte. Die Haare waren zu zwei Pferdeschwänzen gebunden. Keine Hornbrille.

Man konnte sie kaum wiedererkennen.

  Leider war diese Veränderung nur äußerlich. Innerlich war sie immer noch das ungesittete, kindische Drecksgör mit Hang zum in Ohren oder Nasen bohren. "Was soll eigentlich dieser Aufzug?"

  "Damit sie dich nicht wieder erkennt. Immerhin hattest du mich ja in dem Cafe angegriffen - schon vergessen?"

  Ja, das hatte Kagura wieder vergessen. Beziehungsweise: Ihr war nicht klar gewesen, dass das hier immer noch dasselbe Universum war. Es war schwer, ein Charakter zu sein, zu dem es viele FFs und Doujins gab - irgendwann verlor man einfach den Überblick, in welcher Welt man gerade war und was einem dort passierte.

  "Hör mal, wir sind übrigens..." nicht zusammen, wollte er sagen, aber in dem Moment kam Mitsuba rein. Verdammt!

  "Und, seid ihr schön..." - Mitsuba zörgerte kurz - "... artig gewesen?"

  Sougo wollte schon ein "Wir sind nicht zusammen" loswerden, aber da rief Kagura bereits: "Er wollte über mich herfallen." Mitsuba wurde nur kurz rot, ehe sie lächelte. "Ach, so weit seid ihr also schon?"

  "Hör nicht auf sie, Schwester, sie hat einen eigenartigen Humor!" Langsam wurde es für Sougo unerträglich. Unerträglich, dem Drang nach Gewalt nicht nachzugeben.

  Mitsuba nahm wieder in ihrem Bett Platz, während Sougo und Kagura mit den beiden Stühlen vorlieb nahmen. Und ohne große Umschweife fragte sie: "Wie seid ihr zusammen gekommen?"

  Sougo lächelte nur brav. "Wir sind nicht zusammen, Schwester." Doch der Blick seiner Schwester wanderte sofort zu Kagura, die nur ein "Ach, er ist nur schüchtern" von sich gab.

  Jetzt reicht's! "Schwester, schau mal da, ein seltener Vogel!", rief Sougo mit seiner zuckersüßen Bruder-Stimme und zeigte nach draußen. Als Mitsuba dem Wink nachkam, schlug er Kagura eins über die Rübe. Diese schaffte es, keinen Ton von sich zu geben, trat ihm aber im nächsten Moment mit voller Wucht auf den Fuß. Sougo biß sich auf die Lippen, um keinen Ton von sich zu geben.

  "Wow, ich hätte nie gedacht, dass ich mal so einen Vogel sehen würde." Sie wandte sich wieder zu Sougo und Kagura, die selig am lächeln waren, als wäre nie was passiert.

  Gut, die letzte Frage schien vergessen. Doch die nächste kam sogleich: "Was für ein Mensch ist Sou-chan eigentlich in der Schule?"

  Und dieses Mal kam Sougo nicht einmal dazu, Luft zu nehmen, als Kagura auch schon antwortete: "Naja, er pennt die ganze Zeit, und wenn er wach ist, pöpelt er rum, und -"

  "Schau mal Schwester, ein noch viel seltenerer Vogel!" Diese zog daraufhin die Augenbrauen zusammen. "Sou-chan, willst du vielleicht vom Thema ablenken?" Doch als seine Gestik hektischer wurde, folgte sie seinem Blick. Im nächsten Moment hatte Kagura seinen Ellebogen in die Rippen bekommen, woraufhin sie ihn an Kragen packte und mit der Faust auf ihn eindreschen wollte. Und weil aller guten beziehungsweise auch schlechte Dinge drei sind, küsste er sie, denn mittlerweile hatte er schon verstanden, dass er sie damit zumindest kurzfristig ruhig stellen konnte.

  "Wow, hier fliegen ja echt tolle Vögel rum. - Hm, Kagura-chan, wieso bist du denn so rot?"

  Sougo antwortete an Kaguras Stelle. "Ihr ist warm. Deshalb geht sie sich nun schnell abkühlen, nicht wahr?" Und Kagura kam diesem Vorschlag auch nach - niemand wusste, was in ihr gerade vorging.

  Und sobald die Tür zum Bad zufiel, meinte Sougo: "Wie wär's, wenn wir kurz an die frische Luft gehen?" Auf den Einwand von Mitsuba hin, was mit Kagura wäre, meinte er nur, dass sie bestimmt nachkommen würde.

  Sie waren kaum aus dem Zimmer, hörte man von innen ein lautes Scheppern. "Ach, ihr ist bestimmt nur was runtergefallen." Viel wahrscheinlicher war aber, dass sie den Spiegel zerdeppert hatte.
 

Kagura beließ es dabei, den Spiegel zu zerstören. Am Rest der Badezimmereinrichtung vergriff sie sich nicht - obwohl die Versuchung groß war.

  "DIESER DREIMAL VERFLUCHTE SADIST!", schrie sie, ehe sie in einen Schwall aus Schimpfwörtern überging, den ich aus Jugendschutzgründen nicht wiedergeben möchte.

  Er hatte es schon wieder getan! Hatte sie schon wieder einfach so ... ge... geküsst, als wäre sie sein Privat-Eigentum, mit dem er tun konnte, was er wollte! Was fiel dieser dreckigen Ausgeburt der Hölle ein?! Und vor allen Dingen: Wieso immer das? Wenn er sie quälen wollte, gäbe es doch genug andere Wege, wie zum Beispiel ihren Lieblingssnack Sukonbu direkt vor ihren Augen zu essen, ohne ihr etwas abzugeben; oder sie an einen Stuhl festzuschnallen, während man ein Festmahl verdrückte, oder sowas in der Art.

    Wieso also musste dieser Satansbraten immer ausgerechnet das tun? Was wollte er damit erreichen?

  Ein Blick in den zerbrochenen Spiegel zeigte, dass sie immer noch rot vor Zorn war. Zumindest ging sie davon aus. Außerdem schlug ihr Herz im dreifachen Tempo. "ARGH!" Sie beschloss eher unwillkürlich, dass sie noch irgendwas zerstören musste, um wieder runterzukommen.
 

"Kagura-chan, nicht wahr? Sie ist wirklich ein nettes Mädchen. Vielleicht nicht gerade die besten Manieren, aber in ein paar Jahren wird sie bestimmt zu einer wahren Schönheit geworden sein.

  Du solltest dir vielleicht echt überlegen, mit ihr auszugehen, Sou-chan." Mitsuba lächelte dasselbe Große-Schwester-Lächeln wie fast immer. "Ihr seid doch nicht wirklich zusammen, oder?"

  Sougo schüttelte den Kopf und antwortete einsilbig: "Nein." Hatte er auch nie behauptet.

  Daraufhin lachte Mitsuba. "Echt schade. Aber ich denke, dass sie dich wirklich sehr gern hat. Wahrscheinlich hat sie es selbst noch nicht bemerkt, aber ich vermute, dass da aufkeimende Gefühle mit im Spiel sind.

  "Schwester, ich hab dir doch eben gesagt, dass wir nicht zusammen sind. Wir sind nur befreundet." Eigentlich nicht einmal das. Sie war sein Spielzeug, mehr nicht.

  "Na und? Das allein verhindert nicht, dass sie sich in dich verliebt. Und was nicht ist..." Ein wissendes Lächeln, als hätte Mitsuba alle Geheimnisse der Welt entschlüsselt. "Immerhin sprechen die Blicke, die sie dir zuwirft, und die Art, wie sie mit dir redet, Bände."

  Sougo ließ kurz Revue passieren, wie sich China-Girl ihm gegenüber verhielt: Wenn sie ihn ansah, dann entweder mit unverhohlenem Hass oder mit abartiger Schadenfreude - letzteres immer dann, wenn sie es mal geschafft hatte, ihm ein Schnippchen zu schlagen. Und wie sie mit ihm redete? Wann immer sie ihn ansprach, fanden sich in ihrer Aussage Wörter wie "Arschloch", "Bastard" und "Spast" wieder; kombiniert mit irgendeinem Begriff, der aussagte, er solle sterben.

    Sougo bezweifelte, dass ein verliebtes Mädchen so reden würde.

  Mitsuba lächelte nur ob seines offensichtlich verwirrten Gesichtsausdrucks. Dann aber wurde es eine Nuance trauriger. "Sou-chan?", fing sie an, und auf sein "Hm?" meinte sie dann nach einer Weile des Schweigens: "Ich glaube, ich bin soweit. Ich möchte ihn sehen."

  "Wen?" Sougo wusste es bereits.

    Und trotzdem fragte er. Vielleicht irrte er sich ja?

  "Ah, du weißt es doch bestimmt eh schon." Sie kicherte leicht verlegen, wie ein junges Schulmädchen. Dann wurde sie aber wieder ernst, nahm tief Luft und verkündete: "Toushiro-san. Ich würde gern mit ihm reden. Kannst du das ein-"

  "Nein." Sougo war stehen geblieben. Den Blick starr auf den Boden gerichtet, er wollte seiner Schwester nicht ins Gesicht blicken.

  "Aber..."

  "Nein.", sagte er erneut. Niemals. Das ließ er nicht zu.

  Mitsuba seufzte. Sie hatte insgeheim bereits mit solch einer Reaktion gerechnet. "Sou-chan, ich bin echt alt genug, um alleine solche Entscheidungen treffen zu können. Ich möchte ihn sehen. Ob mit oder ohne deine Hilfe."

  Sougo lachte humorlos auf. "Selbst, wenn ich mit ihm darüber reden würde, würde er eh nicht kommen. Er ist eine feige Schweinebacke. Er wird nicht kommen, Schwester, also vergiss ihn bitte und -"

  Doch Mitsuba lächelte nur weiterhin selig. "Er wird kommen, Sou-chan. Vertrau mir."

  Doch Sougo wollte so oder so nicht, dass er kam. Er wollte im Grunde genommen ja nur, dass Hijikata so bald wie möglich das Zeitliche segnete. "Nein.", sagte er wieder und steckte sämtliche Bestimmtheit in dieses Wort, die er in sich auffinden konnte.

    In diesem Moment brach Mitsuba zusammen.
 

Hijikata saß gerade im Zimmer der "Es-ist-eigentlich-nur-die-Ordnungsaufsicht aber-weil-es-cooler-klingt-nennt-sie-sich-Shinsengumi" und stopfte wahllos ein paar Chips in sich hinein, als die Tür aufflog. Sougo. In einer hektischen Erscheinung, über und über in Schweiß gebadet. "Oi, Sougo. Was willst du?"

  "Mitsuba ..." Er brach ab, um kurz durchzuatmen, ehe er erneut ansetzte, "... meine Schwester, sie ... sie hatte einen Anfall ... sie wird sterben!"

Schweigen. Sehr langes Schweigen.

  Schließlich wandte Hijikata den Kopf ab. "Achso, das ... das tut mir leid.", sagte er lahm, als würde er gerade den Tod des Haustiers eines fernen Bekannten bedauern.

  Und genau so kam es auch bei Sougo an. "Sag mal, wie redest du von meiner Schwester?!" Schimpfwörter verkniff er sich. Das war nicht der richtige Moment dafür.

  Der Schwarzhaarige zuckte nur mit den Schultern, ehe er sich eine Zigarette anzündete. "Es ist deine Schwester, nicht meine."

  Sougo wollte ihn erwürgen, ihn aufschlitzen, ihm weh tun. Aber er unterdrückte den Impuls. "Aber du liebst sie doch, oder?!"

  Plötzlich sprang Hijikata auf. "Du Bastard, was fällt dir ein?!", schnauzte er, als er sein Schwert zog.

  Aber Sougo machte keine Anstalten, ebenfalls sein Schwert zu ziehen. "Und selbst wenn nicht - sie liebt dich, Hijikata-san! Das würde gar ein Blinder mit dem Krückstock sehen! Also sei nicht so ein verdammt sturer Bastard, sondern geh hin!"

  "Tch, nerv mich nicht." Hijikata knallte sein Schwert auf dem Tisch, ehe er sich wieder betont ruhig auf dem Stuhl fallen ließ. "Und nun zieh ab. Ich hab Wichtigeres zu tun." Es war es nicht wert, sich mit dem Knaben zu prügeln, sagte er sich selbst. Doch er wusste selbst, wie wenig das stimmte. Sein innerliches Beben war Beweis genug.

  "Ja klar - die scharfen Lieblingschips meiner Schwester in dich hinein zu stopfen, obwohl dir die Schärfe die Tränen ins Gesicht jagt, was? Sehr wichtig, natürlich!"

  Hijikata schwieg. Was hätte er dazu auch sagen sollen?

  Und Sougo platzte der Kragen. "Jetzt schluck deinen verdammten Stolz runter und geh hin! Sie will dich doch nur ein letztes Mal sehen - mehr verlangt sie doch gar nicht! Keiner sagt, dass du sie knutschen musst." Das wollte Sougo eh nicht. Allein die Vorstellung widerte ihn an.

  Der Schwarzhaarige schwieg noch immer. "VERDAMMT, Hijikata! Sie liegt auf dem Sterbebett und will dich einfach nur sehen. Wieso bist du nur so stur?" Es ging hier schon gar nicht mehr um ihn selbst. Es ging nur noch um Mitsuba. Und Mitsubas letzter Wille war es, Toushirou Hijikata zu sehen. "Ich will doch nur, dass du hingehst und sie ein letztes Mal glücklich sein kann!" Und um das zu bestätigen, ging Sougo vor dem so sehr verhassten Hijikata sogar in die Knie. All das, weil er seine Schwester ein letztes Mal glücklich machen wollte.

  Es gibt Momente, da sind großartige Predigen und Ansprachen von Nöten, um das Herz eines Menschens zum Wandel zu bringen.

    Und es gibt Momente, wo schon ein Satz oder eine Geste allein ausreicht.

Er hatte die letzte Zigarette noch kaum aus dem Mund, da zündete sich Hijikata bereits die nächste an. "Oi, steh auf. Im Dreck zu kriechen sieht dir nicht ähnlich."
 

Doch seine aufgesetzte Coolheit schwand, als er vor dem Zimmer stand. In diesem Universum hinderten ihn keine Gründe wie "Ich könnte sterben" oder dergleichen, dass er Mitsuba sah. Aber wäre das nicht so oder so nur eine Ausrede gewesen, drüben wie hier?

  Sougo hatte ihn allein gelassen. Er war wohl der festen Überzeugung, dass der Schwarzhaarige nun auch nicht mehr davon rennen würde.

Eine Überzeugung, die Hijikata nicht teilte.

  Doch plötzlich war vom Inneren des Zimmers eine Stimme zu vernehmen, die "Herein" rief.

    Als Hijikata das Zimmer betrat, hellten sich Mitsubas Züge auf. Er war tatsächlich gekommen. Und sie erkannte, dass er es auch sofort erkannte. "Dir ... dir geht es gut?", fragte er ungläubig.

  Mitsuba saß aufrecht im Bett, eine Zeitschrift in der Hand. Sie lächelte entschuldigend.

  "Dann hat mich der Satansbraten also angelogen? Dass du einen Anfall hattest und im Sterben lagst und all das?"

  Daraufhin schüttelte die braunhaarige den Kopf. "Nicht ganz", sagte sie. "Ich hatte einen Anfall, und es stand schlecht um mich. Aber ich hab mich wieder gefangen. Sou-chan konnte nicht wissen, dass es mir bereits wieder besser geht, denn ich habe den Ärzten verboten, ihn zu kontaktieren. Er erfährt wohl jetzt gerade, dass es mir gut geht und ich außer Gefahr bin."

  Hijikata wollte toben. Wollte toben und fluchen und Dinge zerstören - wie immer, wenn ihm etwas auf den Piss ging oder er sich gehörig ärgerte. Doch nichts davon tat er. Nur ein Wort: "Wieso?"

  Mitsuba lächelte entschuldigend. "Weil ich dich sehen wollte."

    Und im nächsten Moment stand sie auf und schloß Hijikata in die Arme. Als dieser die Luft einzog, murmelte sie leise: "Nur ... nur einen Moment, okay? Ich freu mich so, dich wieder zu sehen."

  Keine Frage, wieso er sie all die Jahre nicht hatte sehen wollen. Keine Frage nach dem Warum. Nur, dass sie ihn vermisst hatte. Typisch Mitsuba.

    Und Hijikata beschloss, dass es nicht schaden konnte, wenn er sich einen Moment der Schwäche gönnte und die Umarmung kurz erwidern würde.
 

"Ob die beiden gerade wohl...?" Kagura ließ den Satz absichtlich offen. Ihr anzügliches Grinsen sprach Bände.

  "Halt die Klappe, oder ich spieß dich auf." Sougo saß draußen im Park auf einer Bank, von Kagura abgewandt, und beobachtete verdrießlich den kleinen Springbrunnen in der Nähe.

  Mitsuba hatte es gewagt, selbst ihn anzulügen. Naja, oder besser gesagt: Ihm eine Show vorzuspielen. Er hatte, kurz nachdem er Hijikata vor Mitsubas Zimmer abgeliefert hatte, von einem Arzt erfahren, dass es ihr bereits wieder gut ging. So schnell kann's gehen.

  "Wieso hasst du den ollen Mayo-Freak eigentlich so sehr?"

  Schweigen. Sougo wollte das China-Girl einfach ignorieren. Doch ihre Drohung, ihn mit einer Parkbank abzuwerfen, lockerte seine Zunge. Nicht, dass das was bringen würde. "Wüsste nicht, wieso ich dir das erzählen soll." Und Kagura verstand, dass sie selbst mit Gewalt nicht mehr erfahren würde.

  Der Gedanke, dass Hijikata und Mitsuba nun alleine waren und Gott weiß nicht alles miteinander taten, war für Sougo unerträglich. Er hasste Hijikata. Abrundtief. Denn Hijikata bekam alles in den Arsch gesteckt, wofür Sougo schon seit jeher hart kämpfen musste. Er erschien in seinem Leben, nahm Sougo mit Mitsuba und Kondo-san alles, was diesem teuer war, und überdies hatte er ihn auch noch teilweise, also nicht gänzlich, aber doch in manchen Bereichen des Schwertkampfs übertrumpft, war nun Vize und stand über Sougo - Sougo, der einst der "Senpai" von Hijikata gewesen war, und das, obwohl er jünger war.

  Noch mehr hasste er das Wesen von Hijikata. Er tat immer auf so supercool, aber das war er in Wahrheit nicht. Er hatte es jahrelang vermieden, seine Schwester zu treffen, und das ohne ersichtlichen Grund.

    Wahrscheinlich wusste Hijikata nicht einmal selbst, wieso er Mitsuba aus dem Weg gegangen war.

  Kagura nahm einen Stein und warf ihn in den Brunnen - der bestimmt 40 oder 50 Meter entfernt war, aber bei jemandem wie Kagura sollte das nicht verwundern. "Sind die beiden denn ein Paar?"

  "Nur in meinen Albträumen." Konnte sie nicht endlich still sein? Sie nervte.

  Plötzlich sprang Kagura zurück. "Willst du wieder "das" tun?", rief sie aus halbwegs sicherer Entfernung. Er hatte eben so eine seltsame Zuckung von sich gegeben - Grund genug, um vorsichtig zu sein.

  "Das? Was soll das sein?"

  "Na ... dass du mich ... wieder küsst, oder so.", murmelte Kagura, aber natürlich konnte Sougo sie über die Entfernung nicht verstehen, also kam sie näher, schrie aber gleichzeitig die Wiederholung des eben genannten Satzes.

  Es sah so aus, als würde Sougo kurz rot werden. Was bestimmt nur am Licht der eigentlich nicht untergehenden Sonne lag. "Schrei das nicht so laut rum, Dummbratze!"

  Kagura kam wieder näher. "Erst beschweren, dass ich zu leise bin und dann, dass ich zu laut bin - du weißt auch nicht, was du willst", moserte sie. Dann hielt sie inne. "Bist du rot im Gesicht?"

  "Halts Maul."

  Aber Kagura grinste nur breit. "Ob sie es wohl gerade tun?" Nur Gott allein wusste, was genau sie mit "es" meinte.

  "Sei jetzt endlich still, sonst -", fuhr er sie an, aber plötzlich stand sie vor ihm, mit fragendem Gesichtsausdruck. "Sonst was?", erwiderte sie mit monotoner Stimme.

  Sougo sah schnell zur Seite, in Richtung Brunnen. "Genau.", murmelte er - Kaguras verwirrte Reaktion auf diese Antwort hin ignorierend. Irgendwie klar, dass ihm gerade jetzt das Geblubber seiner Schwester in den Sinn kommen musste.

  "Küsst du mich sonst wieder?", fragte sie da frech in seine Gedanken rein. Als er ihr den Kopf wieder zuwandte und sie mit einem nichtssagenden Autoblick musterte, grinste sie breit, mit einem obligatorischen Finger in der Nase. "Ha, ich hatte Recht? Na, sei's drum. Dieses Mal bin ich gewappnet!"

  Und wie sie das war. Nämlich, indem sie sich mit einer Hand den Mund zuhielt. "Nänänänä", kam es gedämpft von ihr, während sie auf und ab sprang.

Unnötig zu erwähnen, dass so eine Hand vor dem Mund Sougo nicht daran hinderte, aufzuspringen, sie an der anderen, freien Hand zu packen, an sich zu ziehen und sie dann auf ihre Hand vor dem Mund zu küssen. "Sei still und krepier, bitte." Und immerhin hatte er dieses Mal "Bitte" gesagt. Keinen Grund zur Beschwerde also.
 

Ende.



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