Kapitel 7
Der große, schwarzhaarige Junge stellte mich kommentarlos vor dem
Konferenzraum des Schülerrates ab und lehnte sich, die Arme vor der
Brust verschränkend wieder an die Wand. Als er mein Zögern bemerkte,
grinste er ganz leicht, "Na geh schon rein! Er wartet auf dich!" Ich
erschauderte ob seiner tiefen, samtigen Stimme und mir viel ein Stein vom
Herzen. Anscheinend war die Aktion also auf Reitas Mist gewachsen und ich wurde
nicht von irgend einem verrückten Fanclub entführt und in ihre
Folterkammer geschleppt. Ich griff nach der Tür und atmete noch einmal
tief durch, bevor ich sie vorsichtig auf schob.
Er stand am Fenster und blickte in den Himmel. Ich musterte kurz sein von
der Sonne beleuchtetes Profil und musste schlucken. Wie schön er doch
war, auch wenn man durch sein Nasenband nicht sein ganzes Gesicht sehen
konnte. Leise schloss ich die Tür wieder hinter mir, da ich ihn nicht aus
seinen Gedanken reißen wollte, doch er schien mich zu bemerken und
drehte sich zu mir um. Als er mich erkannte verzog sich sein Mund
augenblicklich zu einem seltenen Lächeln. Wie ich es doch liebte, und es galt
nur mir. Mit weichen Knien, das Lächeln schüchtern erwidernd, ging ich
auf ihn zu, er schien mich förmlich anzuziehen.
Als ich bei ihm war hauchte er ein leises "Hey!" und schloss mich sofort in
seine großen Arme um nach meinen Lippen zu haschen. Ich schmiegte
mich vorsichtig gegen seinen warmen Körper und erwiderte seufzend das
sanfte Zungenspiel in das er mich verwickelte. Ich ließ langsam meine
Hände in seinen Nacken wandern und er zog mich mit zu einem Tisch, auf
den er sich setzte. Ich kletterte kurzerhand auf seinen Schoß.
Unser Kuss wurde leidenschaftlicher, fordernder, unser beider Atem
beschleunigte und ich hatte das Gefühl als wolle mir mein Herz aus der
Brust springen. Ich richtete mich auf meinen Knien auf um mich noch
enger an ihn zu schmiegen. Als ich seine großen Hände an meinen Hüften
spürte, lief mir ein unbekanntes Prickeln über den Rücken und ich keuchte
auf, als sich tastende Finger unter mein Shirt schoben und meine
erschaudernde Haut kosten. Erschrocken öffnete ich meine Augen und sah
direkt in die vor Lust fast schwarzen Iriden unter mir. Was tat er da?
Es war nicht so, dass es mir nicht auch gefiel, im Gegenteil, aber wie weit
wollte Reita gehen? Die Unsicherheit, die mich plötzlich beschlich stand als
krasser Gegensatz zur Reaktion meines Körpers, denn in meinem Bauch
kribbelte es wie verrückt und seine Finger hinterließen heiße Spuren, die
sich in mein Gedächtnis einbrannten auf meiner bebenden Bauchdecke, die
sich seinen Berührungen unbewusst entgegen reckte.
Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schlich, als er eine Hand vorsichtig
höher wandern ließ und federleicht über meine Brust glitt. Dabei
beobachtete er genau meine Reaktion. Ich ließ meine Augen ebenfalls auf
seinen ruhen, gespannt, wo er mit seiner Hand noch alles hin wollte. Unsere
Lippen waren nur Millimeter voneinander getrennt und wir konnten beide
den heißen Atem des jeweils anderen auf ihnen spüren, was das Verlangen
sie zu küssen nur noch steigerte. Doch wir warteten ab. Und steigerten so das Verlangen.
Seine freie Hand hatte er unter meinem Shirt stützend um meine Hüfte
geschlungen. Als er eine meiner bereits sehr empfindliche Brustwarzen
streifte, flogen meine Lippen zu einem leisen Stöhnen auseinander.
Erschrocken biss ich mir auf die rot geküsste und leicht zitternde
Unterlippe. Mir war es peinlich, so offensichtlich angetan auf ihn zu
reagieren, doch er lächelte nur sanft und stahl mir einen weiteren, dieses
mal hauchzarten, aber innigen Kuss.
Als wir uns wieder voneinander lösten, lehnte ich meine Stirn an die seine
und genoss seine kraulenden Finger auf meine nackten Haut. Wir waren
uns so nahe. Ich strich ihm vorsichtig mit einer Hand über die Wange, die
andere kraulte seinen Nacken. Ich würde zu gerne einen Blick auf seine
Nase werfen. Wie er wohl ohne dieses Band aussah? Ich kannte ihn nur mit
dem nervigen kleinen Ding, da er es schon immer getragen hatte.
Vorsichtig strich ich die Kontur seiner Nase nach und erschauderte immer
wieder, wenn seine immer noch auf meiner Brust kreisende Hand meine
empfindlich aufstehenden Brustwarzen streifte oder sogar liebkoste.
"Ich... Es tut mir leid, wegen gestern." Brachte Reita plötzlich mit belegter
Stimme heraus. "Ich war ziemlich... fordernd und habe dich einfach so vor
Allen überfallen, ohne daran zu denken, wie sie darauf reagieren würden
und dass sie dir Probleme machen könnten. Ich hoffe, sie haben dich in
Ruhe gelassen!" Er sprach nur ganz leise und sah mir dabei immer noch
forschend in die Augen. "Sch... schon okay!" Stotterte ich keuchend, da er
immer noch nicht aufgehört hatte seine Hand über meinen Körper
wandern zu lassen, was mich ganz wuschig machte. Ich hatte Probleme
mich auf seine Worte zu konzentrieren und dementsprechend einfallsreich
fielen auch meine Antworten aus. "Es ist... alles in .. Ordnung ... ngh~"
Hauchte ich gegen seine Lippen. Und verschloss sie abermals wieder mit meinen. Er sollte endlich aufhören zu reden.
Doch in diesem Moment erklang die Schulglocke und ich erschrak fast zu Tode, als mir auffiel, dass ich zu spät kommen würde. Hastig löste ich mich aus seiner Umarmung und sprang von seinem Schoß. "Oh nein! Ich komm zu spät!" Murmelte ich fahrig vor mich hin, während ich meine Klamotten wieder zu ordnen versuchte. Als ich schon losstürmen wollte, hielt er mich an meinem Handgelenk zurück und grinste mich frech an. "Ganz locker, du bekommst keinen Ärger! Dafür habe ich schon gesorgt!" Verwundert blickte ich ihn an. Wie machte er das nur? Er schien ja sogar unter den Lehrern ziemlich großen Einfluss zu haben und das obwohl er eh bald die Schule verlassen würde.
Als er meinen fragenden Blick sah fügte er noch schmunzelnd hinzu: "Das erkläre ich dir wann anders, aber was viel wichtigeres. Wo treffen wir uns in der Pause?" Ich schaute ihn nachdenklich an. Sollte ich ihm mein kleines
Versteck verraten? Oder wollte er, dass ich mit zu seinen 'Freunden' kam?
Ich runzelte die Stirn bei dem Gedanken, was ihn abwehrend die Hände
heben ließ! "Wenn du mich nicht sehen willst, ist das natürlich auch okay!
Ich möchte dich zu nichts zwingen. Ich würde mich nur sehr freuen wenn wir~ " Seine Stimme wurde immer leiser und er sah peinlich berührt zu Boden.
Wie süß und schutzlos er auf einmal wirkte, wie er da stand und sich verlegen am Hinterkopf kratzte. Ich beschloss alles auf eine Karte zu setzen. Ich musste ihm vertrauen, anders würde das mit uns so oder so nichts werden, sagte ich mir selber im Stillen. Und so viel hatte ich jetzt nicht mehr zu verlieren. Immerhin war bis jetzt auch alles gut gegangen. Denn hätte er mich wirklich bloßstellen wollen, hätte er mich heute einfach
ignoriert oder er hätte meine Klasse dazu angestachelt mich gnadenlos
fertig zu machen, als ich heute Morgen in der Schule an kam. Doch er
hatte mich hier her geholt und mich schon wieder...
Ich merkte, wie mir die Röte abermals ins Gesicht stieg. Ich konnte es immer noch nicht ganz glauben. DER REITA hatte mich gern und küsste mich mit so viel Verlagen, wie ich noch nie zuvor gesehen hatte. Ich musste der größte Glückspilz auf dieser Welt sein, dass mir einmal so etwas widerfuhr.
Um die Nervosität, die schon wieder in mir aufkeimte zu unterdrücken,
schulterte ich meine Tasche und meinte zu ihm: "Warte am
Treppenaufgang neben meinem Klassenzimmer auf mich, aber beeil dich,
damit uns keiner sieht!" Ermahnte ich ihn noch und wandte mich zum Gehen. Doch noch bevor ich die Tür wieder öffnen konnte, war er hinter mir und lehnte sich mit einer Hand dagegen, sodass ich sie nicht öffnen konnte. Er hauchte mir ein leises Danke in den Nacken, bevor er seine Lippen einmal zart über die weiße Haut gleiten ließ und mir somit einen heißen Schauer über den Rücken jagte, der mich auf keuchen ließ und sich in meinen Lenden festsetzte. Er hatte unbewusst die wohl empfindlichste Stelle meines Körpers gefunden. Jetzt musste ich aufpassen, dass ich nicht ein ernstes Problem im Unterricht bekam.
"Bis später!" stammelte ich noch als er seine Hand wieder von der Tür nahm, bevor ich sie ruckartig aufschob und zu meinem Klassensaal rannte, den ich mit gesenktem Kopf betrat. Doch zu meiner Verwunderung, bekam ich keinen Tadel vom Lehrer, sondern nur ein leichtes Nicken zur Begrüßung und die Information, wo wir gerade im Buch waren. Das war mir noch nie passiert. Wie konnte das sein? Normalerweise musste ich zur Strafe immer alleine den Putzdienst übernehmen oder bekam eine Extraarbeit auf gebrummt. So ging ich mit gesenktem Blick zu meinem Platz ganz hinten am Fenster. Ich spürte die Blicke der Anderen, die ich wie Geier beobachteten und mir im stillen den Tod an den Hals wünschten, da war ich mir sicher. Während des gesamten Unterrichts schaute ich verträumt aus dem Fenster. Meine Gedanken kreisten nur um Reita. Was er jetzt wohl für einen Unterricht hatte?
Kurz bevor es klingelte sprang ich bereits von meinem Platz auf und stürmte aus dem Klassenzimmer, so wie ich es immer tat, um als erstes aus der Klasse zu kommen. Reita stand schon wartend da und grinste mich zur Begrüßung an, doch ich schnappte mir nur nervös seine Hand und schleifte ihn die Treppen hoch und in einen Gang, in dem nur Räumlichkeiten für die Nachmittags-AGs waren. Ganz hinten gab es eine weitere kleine Treppe die gut hinter einigen alten Theaterkulissen versteckt war und zu einer schweren Eisentür führte. Dahinter lag mein Reich, das Schuldach, auf dem ich jede meiner Pausen verbrachte, um ungestört zu sein. Denn ich schien der einzige Schüler zu sein, der diesen Ort kannte.
Ich hatte die Treppe einmal durch Zufall gefunden, als ich vor meinen Peinigern geflüchtet war und mich hier verstecken wollte. Doch als ich meine Verfolger im Treppenhaus gehört hatte, war ich immer weiter hinter die alten Kulissen geklettert und war schließlich auf den Stufen heraus gekommen. Seitdem waren nun schon einige Jahre vergangen und ich hatte die Pappmaschee-Landschaften so umgestellt, dass man die Treppe nicht entdecken konnte, aber leicht einen kleinen Gang erreichte, wenn man nur den richtigen Berg in die richtige Richtung drehte um durch die Höhle, die sein Inneres ausmachte hindurch ging.
Als wir endlich oben waren und sich die schwere Tür ächzend in ihren Angeln bewegte, staunte Reita nicht schlecht als ihm eine laue Brise warmer Sommerluft entgegen schlug und er sich hoch über dem Viertel befand, da unsere Schule das höchste Gebäude in der näheren Umgebung war. Er besah sich alles ganz genau, den alten Basketballkorb, der noch von einer regen Nutzung dieses Ortes von vergangenen Generationen der Schülerschaft zeugte, ein Paar Grafitties, die die kleinen Mauern der Lüftungsluken zierten, und vor Allem den fantastischen Ausblick. Er stellte sich an den Zaun, der das komplette Dach umgab und schaute hinunter auf die unten herumtollenden Schüler.
„Deshalb habe ich dich nicht finden können!“ Merkte er verstehend an, als ich neben ihn trat und seinem Blick folgte. „Weiß noch jemand von diesem Ort?“ Fragte er interessiert nach. Ich schüttelte konsequent den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste! Und so soll es auch bleiben!“ Machte ich ihm sofort klar, dass er es ja keinem erzählen sollte. Ich ließ mich mit dem Rücken zum Zaun auf den Boden sinken und packte mein Bento aus, da ich langsam aber sicher Hunger bekommen hatte. Immerhin war seit gestern Nachmittag nur ein einziges Onigiri meine Nahrung gewesen.
Reita ließ sich neben mir nieder und packte ebenfalls sein Essen aus, was um einiges schlampiger zubereitet und eingepackt war als mein eigenes. „Danke, dass du mir das hier gezeigt hast!“ Meinte er plötzlich als wir bereits eine ganze Weile stumm gegessen hatten. Ich nickte zur Antwort nur. Meine Gedanken kreisten um eine Frage, dich ich mich nicht traute aus zu sprechen, doch sie brannte mir auf der Seele. Waren wir nun ein Paar? Oder war es dafür noch zu früh? Ich meine, kennengelernt hatten wir uns bis jetzt zwar schon, aber eben noch nicht richtig, aber so wie wir uns bereits nahe gekommen waren, war ich noch nie jemandem auch nur im Traum nahe gewesen. Aber war das für ihn auch so etwas besonderes? Oder war er solche Körperlichkeiten gewöhnt und spielte nur gerne etwas herum?
Er schien zu merken, dass ich mit meinen Gedanken ganz wo anders war, denn plötzlich griff er sanft an mein Kinn, drehte mich zu sich um und küsste mir verschmitzt grinsend ein Reiskorn aus dem Mundwinkel. Mein Herz setzte einen Moment aus. Als ich, ob der plötzlichen, unerwarteten Aktion tief rot anlief, grinste er nur noch mehr. „Was denn? Das Essen deinen Mum schmeckt nun mal super!“ „A-aber...“ Bekam ich als einziges heraus. Na super jetzt machte ich mich hier wieder zum Deppen. „Was aber? Ich habe dich geküsst? Na und? Denk doch mal daran wie du mich heute morgen geküsst hast! Das war noch ein ganz anderes Kaliber, was du übrigens jeder Zeit gerne wiederholen darfst.“ Bei seinen Worten durchzuckte mich die dumpfe Enttäuschung. Natürlich war es nichts besonderes für ihn, wie konnte ich nur auf diese Dumme Idee kommen?
Er lehnte sich nach vorne und hauchte in mein Ohr: „Den Rest natürlich auch, wie du dich meinen Berührungen entgegen gereckt hast... Und dein süßes Stöhnen erst...“ Sein Heißer Atem und die Art wie er diese Worte aussprach verschlugen mir glatt die Sprache. Meine Gesichtszüge entgleisten mir geschockt und ich sah ihn peinlich berührt an! Wie konnte er das alles nur so direkt aussprechen? Ich schnappte bebend nach Luft. Er schien zu merken, dass er mich gerade ganz schön in Verlegenheit gebracht hatte und lächelte mich unschuldig an um mich wieder zu beruhigen. „Schon gut, tut mir leid!“ Meinte er lachend. „Ich wollte dich nicht verschrecken... auf Dirty-Talk scheinst du ja nicht zu stehen!“ Peinlichst berührt blickte ich auf meine Schuhe und traute mich kaum, mich zu bewegen.