No.9: Ersatz
Drabble No. 9
Ersatz
Es war ein anstrengender Tag im Büro gewesen. Seine Sekretärin Nico Robin hatte sich zwei Wochen Urlaub genommen, weil sie ihren langjährigen Freund Monkey D. Luffy heiratete und mit ihm in die Flitterwochen fuhr, und bereits am ersten Tag ihres Fehlens lernte Crocodile ihren Wert zu schätzen. Sie war eine gebildete und intelligente Frau, immer vorsichtig und auf ein klares Ziel bedacht, doch niemals unhöflich oder ungeduldig. Ohne sie ging alles drunter und drüber, und in seinem Büro herrschte bereits jetzt unendliches Chaos. Eigentlich hatte Crocodile gedacht, die Tage auch ohne Robin auskommen zu können, doch er musste sich wohl oder übel eingestehen, dass er gleich morgen früh einen Ersatz für sie besorgen musste. Der Tag heute ohne sie war die reinste Hölle gewesen…
Nur halb so energisch wie üblich schlug Crocodile die Türe seines Autos, einen schwarzen BMW 6er Coupé, zu und öffnete die schwere Holztüre seines Hauses. Er war völlig geschafft.
Überraschenderweise begrüßte ihn ein angenehmer Geruch. Crocodile schnupperte, während er den Flur durchquerte. Der Duft kam aus dem Esszimmer. Hatte Jazz etwa für ihn gekocht? Dabei hatte der doch gesagt, er würde heute später von der Arbeit kommen…
Crocodile öffnete vorsichtig die Türe zum Esszimmer, und tatsächlich: Jazz hatte einen Tisch für zwei Personen gedeckt, zündete gerade die letzte Kerze an. Nun erkannte Crocodile auch den Geruch: Es würde Rindersteak geben, sein absolutes Leibgericht, besonders, wenn Jazz es für ihn kochte.
Er bemerkte Crocodile, als er den ersten Schritt ins Esszimmer tat, und er als er auf ihn zukam, zierte ein Lächeln seine Lippen. Nur ein kleines Lächeln, Jazz zeigte selten seine Gefühle, doch Crocodile bemerkte es sofort. „Schön dich zu sehen“, sagte er, und küsste Crocodile, der den Kuss erwiderte, „du kommst genau richtig zum Abendessen. Es gibt Rindersteak, genau genommen Chateaubriand medium rare und dazu barriquefass gereifter Rotwein, so wie du es am liebsten magst.“ Er ging zum Tisch hinüber und rückte den Stuhl für Crocodile ein Stück zurück; erst, als dieser sich gesetzt hatte, ließ sich auch Jazz nieder.
Das Steak und der Wein schmeckten himmlisch, besser als in jedem Restaurant, fand zumindest Crocodile. Er freute sich wirklich über die Überraschung, die sein Freund ihm bereitet hatte, vor allen Dingen nach dem ganzen Chaos im Büro.
„Womit habe ich das verdient?“, fragte er, während er sich das Fleisch auf der Zunge zergehen ließ, und nahm gleich einen Schluck Wein hinterher. Der Stress schien von ihm abzufallen wie eine Wagenladung Steine.
Ein kleines Grinsen schlich sich auf Jazz’ Lippen, während er Crocodile liebevoll betrachtete. „Robin hat mich gestern angerufen“, sagte er, „sie meinte, sie würde in Urlaub fahren und du würdest ohne sie komplett untergehen. Also habe ich ihren Ratschlag befolgt und ein schönes Abendessen für dich vorbereitet. Ich nehme an, du hast es dir ehrlich verdient.“
Robin also, diese hinterlistige Schlange… damit hätte er rechnen müssen. Crocodile machte sich gedanklich eine Notiz, ihr ein kleines Präsent mitzubringen, wenn sie aus ihrem Urlaub zurückkam.
Dann beugte er sich über den Tisch und die brennende Kerze, und drückte Jazz einen Kuss auf. Sie schmeckten beide nach Rotwein. „Was hältst du davon, wenn wir beide nach dem Essen ins Schlafzimmer verschwinden?“ Jazz’ Grinsen wurde breiter, nur ein ganz kleines bisschen; außer Crocodile wäre die Veränderung wahrscheinlich niemandem aufgefallen. „Das Essen war nicht das einzige, was ich für dich vorbereitet habe… Möchtest du noch Wein?“
bye
sb
