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Kaltherzig

von

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the taste of snow

„Ihr müsst mich wahrlich hassen“, meinte ich, als ich eine Schriftrolle unterschrieb, auf dem unser Abkommen noch einmal geschrieben stand.

Seine Majestät erwiderte nichts, beobachtete mich lediglich wie ein Adler als ich meinen Namen unter den Text setzte und riss mir den Fetzen anschließend aus der Hand, um ihn sich noch einmal genau durchzulesen. Wozu das gut sein sollte, wenn er ihn doch selbst verfasst hatte, wusste ich auch nicht. Glaubte er tatsächlich, dass ich mich an ein Abkommen halten würde, sollte mein Leben in Gefahr geraten? Solange es sich nicht um einen Blutpackt unter Vampiren handelte, empfand ich nicht die zwingende Pflicht, mich daran zu halten.

Natürlich sagte ich ihm dies nicht. Denn ob ich nun mein Blut bekam, hing ganz allein von ihm ab.

„Alles zu Eurer Zufriedenheit?“, fragte ich unruhig und legte die angespitzte Feder neben das Tintenfass.

Logan schielte aus zusammengekniffenen Augen zu mir rüber und ließ nonchalant eine Augenbraue in die Höhe wandern. „Du kannst es wohl kaum erwarten, an meinen Hals zu kommen, nicht wahr, Blutsauger?“

Ich verdrehte die Augen, als wäre es das letzte auf Erden was ich tun wollte, doch er hatte leider nicht Unrecht. Ich brannte regelrecht danach – und er wusste es.

Der Werwolf rollte die Schriftrolle zusammen und legte sie auf seinen Tisch, ehe er sich wieder mir zuwandte. Ich konnte das Blut förmlich durch sein Adern fließen hören.

„Erwartet Ihr noch jemanden?“, fragte ich leicht abwesend und machte unbewusst einen Schritt näher.

„Nein.“ Er taxierte mich prüfend. „Wann willst du––“

Ich ließ ihn nicht ausreden. Schneller als ein Lufthauch war ich bei ihm und drückte ihn gegen die kalte Wand. „Jetzt.“

Meine Nägel gruben sich in seine Schultern, mein Atem nur noch ein leises Keuchen. Er war etwas größer als ich, also musste ich mich auf die Zehenspitzen stellen, um an seine Halsschlagader zu kommen.

„Es gilt dasselbe wie vorhin“, ließ Logan noch einmal schnell in den Raum fallen. „Wenn du dumme Tricks versuchst, bist du deinen Kopf los, Blutegel.“

Er verspannte sich, als ich mich gegen ihn drückte, um ihm erneut über den Hals zu lecken, diesmal noch länger und genussvoller. Die Ungeduld vibrierte mir in den Knochen.

„Und ich habe Euch schon einmal gesagt“, hauchte ich gegen seine feuchte Haut, woraufhin sich die feinen Härchen auf seiner Haut aufstellen. „Ich stehe zu meinem Wort, Bastard.“

Das nächste was ich spürte, als meine Fangzähne sein Hautgewebe durchstießen, war köstliches, fünfhundert Jahre gereiftes Werwolfsblut auf meiner Zunge, wie es sich langsam einen Weg meine Kehle hinab bahnte. Das Blut war kühl und stillte meinen brennenden Durst wie eine Schicht aus eisigem Frost. Ich schmiegte mich an ihn, wollte mehr, mehr, mehr.

Am Rande meines Bewusstseins konnte ich Logans Stöhnen wahrnehmen und spürte, wie sich seine zu Krallen geformten Hände in meine Hüften gruben.

In meinem Inneren wurde es stiller. Keine schreienden Dämonen mehr, die an meinem Verstand kratzten und mit dem Tod tanzen wollten. Keine Gier, die nicht gelindert werden konnte.

War es sein schneller schlagendes Herz, das zwischen uns pochte, oder meines?

„Rebecca“, keuchte der Werwolf. Ein Arm schlang sich um meine Taille und drückte mich fester an den hitzigen Körper, an den ich mich bereits mit aller Macht klammerte. Raue Hände strichen über meinen Rücken und hinunter zu meinen Schenkeln.

Ich löste mich von meiner Blutquelle und ein überraschter Schrei entwich mir, als Logan mein Knie mit seinen langen Fingern anhob, eine gewagte Umdrehung machte und nun plötzlich ich diejenige war, die an der Wand festgenagelt wurde.

Logan und ich starrten uns gegenseitig in die Augen, schätzten ab, was der andere als nächstes tun würde, völlig außer Acht lassend, dass unsere Lippen nur einen Daumenbreit voneinander entfernt waren.

„Jetzt wäre der perfekte Moment um aufzuhören“, keuchte der Werwolf heißer.

„Stimmt“, pflichtete ich ihm bei.

In der nächsten Sekunde lagen unsere Münder aufeinander und verschlangen geradezu den jeweils anderen.

Logan roch nicht nur nach Schnee, er schmeckte sogar danach. Ein reiner und gleichzeitig prickelnder Geschmack, der meine Sinne vernebelte und mein Gewissen in die hinterste Ecke meines Verstandes drängte.

Der Werwolf biss mich leicht in den Übergang von Hals zu Schulter, was mir ein kaum zu unterdrücktes Stöhnen entlockte. Logan packte fester zu, hob mich hoch, damit ich meine Beine um ihn schlingen konnte, und trug mich zum Schreibtisch, auf dem er mich vorsichtig niederließ, als wäre ich aus feinstem Porzellan.

Seine Haut war weich, als läge eine unsichtbare, Millimeter dünne Fellschicht darüber und streichelte mich sanft, während der Rest von ihm sich nicht gerade mit Zärtlichkeit begnügte.

Ich küsste ihn, als ob mein Leben davon abhinge, knabberte an seinen Lippen, ohne ihn dabei zu verletzten, obwohl die Aussicht auf mehr Blut äußerst verführerisch war.

Mir wurde zunehmend schwindeliger, als seine Finger unter meine Kleidung tauchten und mich liebkosten, als gäbe es kein Morgen mehr. Meine Augen brannten wie Feuer vor lauter Lust.

Wer weiß, wozu das alles noch ausgeartet wäre, wenn ich ihn nicht einem Augenblick geistiger Klarheit von mir gestoßen hätte. Wir beide außer Atem, Sklaven unser eigenen Gelüste.

Logan trat einige Schritte zurück, war bleich und sah aus, als hätte man ohne sein Zutun sein Todesurteil beschlossen. Seine Augen waren starr auf seine Hände gerichtet, doch sobald er den Kopf hob lag in ihnen nichts als Hass. Glühender, alles vernichtender Hass und die Ursache war niemand weniger als ich.

Was hatte ich nur getan?

Du“, grollte Logan, die Hände zu Fäusten geballt und vor unterdrückter Wut zitternd. „Was hast du getan?!“

„Ich––“ Doch er wollte es nicht hören. Zu furchtbar war für ihn dieser Albtraum. Ich konnte ihm nicht die Schuld geben, für etwas wofür ich verantwortlich war, auch wenn ich nicht verstand, wie es dazu nur kommen konnte.

Verschwinde!“, brüllte er. Seine letzten Worte ein ohrenbetäubendes Heulen des Wolfes, der aus seinem Käfig ausgebrochen war. Sein Gesicht verzerrte sich, als er zur Wandlung ansetzte. Knochen brachen mit einem lauten Knacken und verformten die Oberfläche seiner Haut.

Ich war weg, bevor ich auch nur die Verwandlung miterleben konnte. Das Grauen saß mir im Nacken. Mein schlechtes Gewissen hatte sich mit voller Wucht in den Vordergrund gedrängt. Ich rannte schneller, zischte wie der Schall an den Wölfen vorbei, die mir entgegen kamen. Ich durchquerte den Hohlraum mit den Brücken und spürte den Wind wie Glas in mein Gesicht schneiden. Ich spürte nichts unter mir – als würde ich fliegen. Und anschließend ins Bodenlose fallen.

Etwas Feuchtes rann mir über die Wange und veranlasste mich inmitten einer der Brücken stehen zu bleiben. Eine Träne.

Ich runzelte die Stirn und wischte den Beweis für die Gefühle, die mich heimsuchten wie ein Monster aus einem Schauermärchen, schnell weg. Ich würde meine Verletzlichkeit doch nicht so öffentlich zur Schau zeigen wie ein kleines Kind, dass nichts von den Grausamkeiten dieser Welt wusste. Ich wollte nicht, dass mich jemand in diesem bedauerlichen Zustand sah. So verletzlich. Traurig.

Woher hätte ich auch wissen sollen, dass es dazu kommen würde? Als ob ich nicht genauso entsetzt gewesen wäre wie Logan!

Merde“, zischte ich zornig und sprang von der Brücke. Immer weiter fiel ich an den anderen Brücken vorbei, sah die Etagen an mir vorbei zischen und landete mit einem dumpfen Laut auf dem Grund.

Die Knochen in meinen Beinen zersplitterten wie Glas, doch das interessierte mich herzlich wenig. Ich wollte rennen und erst stoppen, wenn es nicht mehr weiter ging. Wenn ich vor dem Ausgang stand und vor Augen hatte, dass ich jederzeit gehen konnte. Das ich wenigstens die Illusion einer Wahl hatte.

Aber so leicht war das Leben nun mal nicht. Der Tod erst recht nicht. Im Grunde war das erst der Beginn aller Probleme.
 

Ich erinnerte mich nicht mehr an meinen Weg zurück in Tristans kleine Höhle, sondern nur noch an dieses grässliche Gefühl, als wäre der Teufel persönlich hinter mir her – den ich in diesem Fall liebend gerne gegen Logan eingetauscht hätte. Gestoppt hatte ich erst, als der Geruch meiner blutenden Fußsohlen neugierige Werwölfe anlockte.

Tristan war nirgends zu sehen. Ich hatte während meines Laufs aufgeschnappt, dass er und die Jäger ihrem König nach Draußen gefolgt waren, weil dieser wie ein Berserker zu wüten begonnen hatte.

Im Stillen war ich dankbar, dass ich Tristan nicht gegenüber treten musste. Ich wusste nicht, was er in mir sah und ich wollte mich im Moment auch nicht damit auseinandersetzen, dass er mich möglicherweise für jemanden hielt, der ich gar nicht war.

Außerdem, wer versicherte mir, dass Logan Tristan nicht längst gebeichtet hatte, was zwischen uns vorgefallen war? Auch wenn es nichts zu bedeuten hatte und wahrscheinlich nur eine ziemlich abstruse Nebenwirkung auf Werwolfblut war.

Doch wem wollte ich etwas vormachen? Mein neu entdecktes Gewissen ließ es nicht zu, dass ich das Problem einfach von mir weg schob.

Ich schälte mich aus meinen Sachen und krabbelte unter die dicke Felldecke. Sie roch nach nassem Hund, ignorierte es aber, als ich mir die Decke über den Kopf zog und meinen langsamen Atemzügen lauschte.

Tausend Sachen schwirrten in meinem Kopf, die ausnahmsweise einmal nichts mit Kriegen oder Intrigen zu tun hatten, auch nicht mit Logan oder Tristan, sondern einfach ... über mich.

Wann war ich nur so geworden? So melancholisch und butterweich, dass ich selbst einen Nerv tötenden Wolfsjungen am Leben ließ? Oder jedenfalls nicht soweit verprügelte, dass sich dieser nicht mindestens über sein Ende gefreut hätte.

Das wäre ich gewesen. Die wahre Rebecca del Mar.

Ich hasste es verweichlicht zu sein, oder so schnell aus der Bahn geworfen zu werden und da hatte mich seine Majestät auf einem ganz falschen Fuß erwischt.

Was ich ihm jedoch zugutehalten sollte, war, dass er mich bei unseren vielen Aufeinandertreffen nicht umgebracht hatte und mich trotz Widerwillen sogar von sich hat trinken lassen. Schwer vorstellbar, dass irgendjemand anderes sich dazu hätte breitschlagen lassen.

Ich grummelte in mich hinein, weil ich schon wieder über Logan nachdachte, als ich plötzlich Gemurmel unweit meiner neuen Unterkunft wahrnahm. Ich hielt die Luft an, sorgte dafür, dass mein Herz einen regelmäßigeren Rhythmus einnahm und lauschte angestrengt.

„ ... schon mal gesehen?“, fragte eine männliche Stimme leise.

„Das war wirklich merkwürdig“, stimmte eine ebenso fremde Frauenstimme ihrem Begleiter schockiert zu. „Hast du ihn in den letzten hundert Jahren schon einmal so aufgebracht erlebt? Ich dachte er würde uns gleich umbringen!“

Meine Lippen verzogen sich zu einem ironischen Lächeln. So eine Reaktion kannte ich doch irgendwoher. Den Eindruck, dass die Person vor einem gleich mit lautem Gebrüll auf einen losging und in Fetzten riss war etwas womit ich täglich zu kämpfen hatte.

Ich wusste, dass es um Logan ging noch ehe ich seinen Namen aus dem Mund des Mannes hörte. Er war nicht minder überrascht.

„Ob es etwas mit diesem Blutsauger zu tun hat? Ich habe sie vorhin herum schleichen sehen. Sehr verdächtig.“

„Na dann wundert es mich nicht!“, entgegnete die Frau. Ich vernahm ein überhebliches Schnauben und Nägel, die über Stein fuhren. „Dieses arrogante Miststück bringt nur Ärger! Ich verstehe einfach nicht, warum Tristan sie hier behält!“

Ich ächzte. Sollte ich diesem Weib jemals über den Weg laufen, würde ich meine Fänge an ihr wetzten.

„Ich kann verstehen, was er in ihr sieht. Das lange Haar, so silbrig wie Mondlicht, der mutige und unnachgiebige Ausdruck in ihren schwarzen Augen, ihre blasse Haut so weiß wie Schnee und die Eleganz mit der sie sich bewegt ... wäre sie kein Vampir, hätte ich sie mir längst genommen“, meldete sich eine neue Stimme zu Wort, die mir definitiv bekannt vorkam.

„Sie ist ein Monster!“

„Deine Vorurteile sind überflüssig, Natalia. Ihm scheint es nichts auszumachen.“

„Man sollte sie in einen Kerker sperren und ihr die Fangzähne ausreißen!“, zischte eine andere Person.

„Tristan würde es gar nicht gefallen, wenn ihr so über sie redet. Wenn er das je zu Ohren bekommt ... “ Kaiden ließ den Satz unvollendet, woraufhin ich zufriedenstellende Schadenfreude empfand, als Natalia plötzlich japste und mit einer beunruhigenden Aggressivität knurrte: „Wag es ja nicht, ihm auch nur ein Wort hiervon zu erzählen! Schlimm genug, dass Logan scheinbar sauer auf uns ist, doch wenn jetzt Tristan auch noch mitmacht, wird das in einem Blutbad enden!“

Darauf hatte scheinbar niemand etwas zu erwidern. Nach einer Weile hörte ich die Schritte verhallen und ich ließ mich ratlos in die Kissen zurück sinken.

Ich hatte den Hass und die Verachtung erwartet, ja sogar meinen Todeswunsch, aber ich hätte nicht damit gerechnet, dass mich Kaiden verteidigte. Verwirrend, aber ich war schlau genug, um mir nichts darauf einzubilden. Seiner Sympathie traute ich genauso wenig über den Weg wie der Tristans.

Wenn man vom Teufel sprach, kam Tristan etwa eine Stunde später in seine Höhle. Seine braunen Augen waren leer, als er sich mit einem tiefen Seufzen neben mich sinken ließ und den Kopf in den Nacken legte. Für einen kurzen Moment konnte ich ihm sogar sein wahres Alter ansehen, welches tiefe Krater in ihm hinterlassen hatte und sein Gesicht erschöpft und aufgezehrt wirken ließ.

Da bemerkte ich die blutigen Wunden an seiner Seite, die tief gewesen sein mussten, aber langsam wieder verheilten. All die blau verfärbten Prellungen auf seinem Körper ließen darauf schließen, dass er vor einigen Minuten noch weitaus schlimmer ausgesehen haben musste.

„Was ist passiert?“, fragte ich vorsichtig.

Erst nach einigen schweigsamen Sekunden, neigte er den Kopf in meine Richtung, als wäre die Frage erst jetzt zu ihm durchgedrungen. Er lächelte schwach, ohne eine Spur von Fröhlichkeit in seinen Augen.

„Logan“, stöhnte Tristan langsam und schüttelte den Kopf, als würde die Erinnerung allein ihm Kopfzerbrechen bereiten. „Ich habe ihn noch nie so ... zügellos erlebt. Barbarisch, um es genau zu nehmen. Ich und zwei weitere Jäger sind ihm gefolgt um ihn zu beruhigen, aber er ist völlig ausgerastet und hat sich auf mich gestürzt. Wenn die anderen ihn nicht fortgezogen hätten, hätte er mich mit Sicherheit zerfleischt.“

Ich erinnerte mich, dass die Jäger etwas Ähnliches erwähnt hatten, dabei schien er mir immer wie ein brodelnder Vulkan zu sein, der jeden Moment drohte auszubrechen. Allerdings fürchtete ich zu wissen, wem seine schlechte Laune zu verdanken war.

„Wo ist er jetzt?“

Tristan zuckte halbherzig die Schultern. „Wissen wir nicht. Nach seinem Wutausbruch haben wir ihn tiefer in den Wald gejagt, aber wir haben seine Spur verloren. Er könnte überall sein.“

„Du wirkst nicht gerade besorgt über seinen Verbleib“, bemerkte ich mit gerunzelter Stirn.

Tristans Mundwinkel verzogen sich. „Er wäre ohnehin noch Ende dieser Woche verschwunden, so wie zu jeder Zeit des Vollmonds.“

„Ihr verwirrt mich, Tristan. Was hat der Mond damit zu tun?“

„Zu Vollmond erwacht das Tier in uns. Die Älteren von uns sind anfälliger für Wutausbrüche und Mordlust, die uns zu dieser Zeit heimsuchen. Deshalb gehen wir zu in die Berge, um niemandem aus dem Rudel zu schaden, doch unglücklicherweise kommt nicht jeder wieder zurück. Wenn es um die Auswirkungen des Mondes auf uns geht, dann sind wir unberechenbar“, erklärte er mit einer Sehnsucht in die Stimme, die absolut nicht zu dem brutalen Bild passte, das in meinem Kopf entstanden war.

„Warum hört es sich so an, als ob Ihr von einer heißblütigen Geliebten sprecht und nicht von einer Kugel am Himmelszelt?“

Diese Fragte entlockte dem Werwolf ein verschmitztes Grinsen. „Eigentlich liegst du in diesem Punkt gar nicht einmal so falsch, Becca. Für uns ist der Mond verführerisch, hypnotisierend und unwiderstehlich. Wie eine Mondgöttin, die uns mit ihrem Sirenengesang ins Verderben führt.“

„Ah, ich verstehe. Was die Blutsucht bei Vampiren ist, ist die Mondgier bei Werwölfen.“ Ein Urinstink der unmöglich war zu unterdrücken und uns zu den Albtraumwesen machte, die wir heute waren. Es erleichterte mich zu wissen, dass wir Vampire nicht die einzigen waren, die eine derartige Abhängigkeit besaßen, doch auch wenn sich ihre Mondgier in Zerstörung und Chaos äußerte, war die Blutsucht dennoch todbringend.

Tristan lächelte schwach. „Ganz genau. Logan trifft es natürlich am härtesten, da er zwischen diesen beiden hin und hergerissen ist, ohne jemals ein Ganzes sein zu können.“

Ich zuckte innerlich zusammen bei der Erwähnung von Logans vampirischer Seite, die er niemand anderem als meiner Stammfamilie zu verdanken hatte, die in ihrem Wahnsinn unser ganzes Volk in einen erbitterten Krieg hineingezogen hatte, in dem kein Sieger hervorgehen würde.

„Wenn wir schon einmal bei dem Thema sind“, fuhr Tristan fort. „Wie werden andere Vampire geschaffen? Wird die Krankheit durch einen Biss übertragen, wie bei uns?“

„Wenn dem so wäre, bestünde das halbe Land aus Vampiren“, antwortete ich belustigt. „Die Verwandlung ist sehr ... komplex. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“

Die Enttäuschung war ihm ins Gesicht geschrieben, allerdings fing er sich schnell wieder, als ihm etwas einzufallen schien. Er schob die Hand unter eines der Kissen und nach langem herumkramen, zog er das goldene Collier hervor, welches so wunderschön wie eh und je im dämmrigen Licht glänzte.

„Ich wollte es dir schon seit einer ganzen Weile zurück geben“, erklärte er mit einem entschuldigenden Lächeln und hielt es mir auffordernd hin.

Ich starrte das Schmuckstück lange an, bewunderte den anmutenden Diamanten, der mich mit seiner blutroten Farbe geradezu willenlos machte und doch würde ich es nicht annehmen können, weil ich genau wusste, warum er es mir so unbedingt schenken wollte.

„Wir sollten reden“, beschloss ich resigniert, weil ich endlich einsah, dass ich diesem Gespräch nicht ewig aus dem Weg gehen konnte.

Tristans Lächeln erlosch sofort und er senkte den Blick, als wüsste er genau, was in meinen Gedanken vorging. „Nein.“

„Nein?“, hakte ich nach, verwirrt über seine ablehnende Haltung.

„Genau. Nein. Ich will nichts davon hören und jetzt nimm die verdammte Kette.“

Verdutzt ließ ich es zu, dass er das Collier in meine ausgestreckte Hand fallen ließ und das Gespräch abrupt beendete. Da realisierte ich, dass er es wusste. Er wusste, dass ich nicht dieselben Gefühle für ihn hegte, wie er für mich.

Andererseits wäre ich dumm, wenn ich es für nötig hielt noch mehr Salz in die offene Wunde zu streuen, also ließ ich es dankbar auf sich beruhen, legte mir das Collier um den Hals und legte mich schlafen, sobald Tristan die Fackeln löschte und der Raum von Finsternis erfüllt wurde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Rapsody
2013-09-10T18:20:24+00:00 10.09.2013 20:20
Mein Herz rast und ich zerschmelze zwischen Mitleid und Freude.
Tristan ist der Gute, der Richtige für die Heldin, aber Logan ist der Charakter, den jede Frau alleine wegen seiner gefährlichen Präsenz berauschend findet.
Ich bin absolut gefesselt.

LG
Von:  Enyxis
2013-06-21T19:47:05+00:00 21.06.2013 21:47
Ich sagte doch: Das gibt noch Ärger. Tristan tut mir echt leid X__X
Und Kaidan und Natalia und der Rest... Hmm... Die planen doch was! Ò___Ô

Echt hamma Kapitel! Die Stelle zwischen Logan und Rebecca... einfach grandios!
Von:  blacksun2
2012-06-26T15:06:51+00:00 26.06.2012 17:06
oh mann, ich muss zugeben, mir ist ganz warm
ich kann mir keine Frau vorstellen, die nicht am liebsten mit Becca getauscht hätte
ganz ehrlich, dass war einer der erotischsten Stellen, die ich je irgendwo gelesen habe. Mir lief es heiß und kalt den Rücken runter.
Schon allein, wie er sie beim Namen nennt, aber auch die wilde Leidenschaft
Die Stelle hätte niemand anders besser darstellen können, kein berühmter Autor – eben niemand. Sie war zu perfekt

Aber auch die Reaktion der beiden war einfach so . . . passend, du hast die Charaktere in ihrem Bild genau getroffen

Meine Begeisterung ist soeben ins Unermessliche gewachen. Mehr und mehr wünsche ich mir sehnsüchtig, dass die Geschichte einen Weg zu einen Verlag findet, und der Verlag einen Weg zur Veröffentlich frei macht

Dein Ausdruck war wie immer gleich einem Goldschatz, funkelnd und prächtig

Tristan tut mir Leid, aber ich glaube er ist nicht der Deckel zum Topf namens Rebecca ^^

Nur mit Logan wird sie es schwerer haben, bis er jemals zu seinen Gefühlen steht

Glg
blacksun



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