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Der Himmel muss warten

von

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Ein himmlischer Fehler

LXVIII) Ein himmlischer Fehler
 

Langsam wurde es um Dean herum etwas weniger schwarz. Er fühlte sich noch immer schlapp, aber die Krämpfe und die damit verbundenen Schmerzen schienen nachzulassen. Er saß auf Sammys Schoß und konnte seinen Herzschlag hören.

Zärtlich rieb er seine Nase über die empfindliche Haut von Sammys Hals und presste dann seine Lippen darauf. Millimeterweise küsste er sich bis zu seinen Lippen, um diese gleich darauf mit seinen in Beschlag zu nehmen.

Langsam hob der Blonde seine Hand und legte sie in den Nacken, den er sanft zu kraulen begann. Er intensivierte den Kuss noch. Seine Zunge bat um Einlass.
 

Castiel war vollkommen erstarrt. Er fühlte sich im Himmel und das mehr als nur auf eine Weise.

Deans Lippen auf seiner Haut, auf seinen Lippen zu fühlen, raubte ihm den Atem. Wie sehr hatte er sich das gewünscht?

Er konnte nicht anders, er musste diesen Kuss erwidern.

Das Herz schlug hart in seiner Brust und er war froh, dass er nicht atmen musste. Seine Hände, die Dean noch immer fest an sich gepresst hielten, zitterten. Ihm war heiß und kalt und er hoffte, dass dieser Augenblick nie vergehen würde.

Zärtlich begann er Deans Arm entlang zu streichen.

Doch dann drängte sich ein Bild vor seine Augen und er erstarrte. Er hatte gesehen, wie Dean in der Hölle gefoltert wurde, genauso, wie er gesehen hatte, wie er gefoltert hatte. Damals war es ihm egal gewesen. Ein Mensch, der seine Strafe erhielt, der brach und zum Dämon werden würde. Noch nie hatte eine Seele diese Folter lange durchgehalten. Jede begann früher oder später, meistens eher früher, selbst mit foltern.

Er hatte den Befehl gehabt diesen Menschen zu beobachten und zu warten und er hatte es getan. Warum wusste er nicht, doch damals hatte er keine Befehle infrage gestellt. Interessant fand er damals schon, wie lange Dean durchgehalten hatte. Trotzdem hatte ihn das alles nicht berührt.

Ganz anders als jetzt!

‚Nein!‘

Sanft schob er Dean von sich weg.

Enttäuschung und Bedauern machten sich in ihm breit. Er war so kurz davor gewesen seinen sehnlichsten Traum in Erfüllung gehen zu sehen! Doch er konnte es nicht. Nicht weil er es Anna versprochen hatte und nicht weil er Raphaels Plan vereiteln wollte. Nein. Seine Gründe waren viel einfacher und doch so viel gewichtiger.

Es war ihm egal, ob er dafür verstoßen werden würde, das war er ja eh schon mehr oder weniger, oder ob er dafür in die Hölle käme. Er selbst war nicht wichtig. Wenn es hier nur um ihn ginge, würde er diesen letzten Schritt ohne Bedenken gehen, doch es war Dean! Nie wieder wollte er ihn in der Hölle sehen! Nie wieder sollte er diese Folter erleiden! Weder körperlich noch seelisch. Nie wieder sollte der Blonde so gequält werden!

„Sammy?“, fragte Dean verwirrt und versuchte endlich die Augen zu öffnen.

„Nein, Dean. Sam ist nicht hier.“

„Aber?“ Dean blinzelte.

„Cas?!?“, fragte er erschrocken und richtete sich so gut es ging auf.

„Schlaf Dean! Ich erkläre es dir später!“, sagte der Engel zärtlich und legte dem Blonden zwei Finger an die Stirn.

Lächelnd nahm er zu Kenntnis, dass selbst hier der Mensch in dem Winchester noch so präsent war, dass der sofort in sich zusammen sackte.

Zärtlich bettete er Dean auf dem weichen Untergrund und breitete eine wolkenweiche Decke über ihn. Er ließ noch einmal seine Finger über Deans Wange gleiten, dann setzte er sich, etwas weiter entfernt, zu Deans Füßen und versank in Gedanken. Er hoffte darauf, dass Dean sich, wenn er erwachte, nicht mehr erinnern würde. Er wollte nicht erklären, warum er gezögert hatte und er wollte nicht, was so viel wahrscheinlicher wäre, dass Dean sich Vorwürfe machte.

Er hätte das schon viel früher machen müssen! Warum hatte er ihn nicht sofort hingelegt?

Dieser Kuss, so schön er auch war, hätte nie passieren dürfen!

Doch wie konnte er etwas bereuen, das er sich schon so lange wünschte, das sich so gut angefühlt hatte und das er wohl sein ganzes Leben als wundervolle, wärmende Erinnerung behalten würde?
 

„Cas?“, riss ihn Deans leise Stimme in die Wirklichkeit.

„Dean!“, er lächelte, „du solltest liegen bleiben. Bitte!“, fügte er noch hinzu, als der Winchester sich aufsetzen wollte.

Der Blonde beschloss einen Kompromiss und verharrte auf den Ellenbogen, seinen Blick weiter auf den Engel gerichtet.

„Wo sind wie hier und wo ist Sam?“

„Sam ist bei Bobby und wir sind im Himmel.“

Sofort stieg Unbehagen in dem Blonden auf.

„Das ist der Himmel? Aber es sieht so anders aus als beim letzten Mal! Egal, ich will nicht hier sein!“ Wieder versuchte der Blonde sich aufzusetzen.

„Bitte Dean. Du bist hier in Sicherheit. Ich habe dich hierher gebracht, weil...“

„Ich will zu Sam! Wie lange bin ich schon hier. Er wird sich Sorgen machen!“, sprudelte es aus Den heraus.

„Dean!“, forderte der Engel laut. Der Winchester erstarrte.

„Leg dich wieder hin!“

„Das ist hier wie in einem Krankenhaus!“, maulte der Blonde. „Ich hasse Krankenhäuser!“

Entgegen seiner Natur musste Castiel lachen. Sein Lieblingsmensch benahm sich wie ein Kleinkind und da er auch den Erzengel in ihm sehen konnte, versuchte er das Bild eines schmollenden, bockenden Engels nicht noch präsenter werden zu lassen.

„Was hättest du denn gerne?“

„Palmen, Strand?“

Keinen Lidschlag später lag der Winchester in einer Hängematte. Er konnte das Meer rauschen hören und ein leichter Wind strich durch die Palmen. Ein Stückchen entfernt stand eine kleine Hütte.

„So besser?“, wollte Castiel wissen.

„Mit Sammy wäre es noch schöner!“

Der Engel nickte ergeben.

„Wir sind seit einem halben Tag hier. Auf der Erde sind das etwa fünf Minuten“, beschwichtigte er sofort, als sich der Blonde erheben wollte. Der war ja schlimmer zu hüten als ein Sack Flöhe!

Diesen Satz hatte Castiel irgendwo aufgeschnappt und da es ihm unmöglich erschien Flöhe in einen Sack zu sperren, konnte man den dann wohl auch nicht hüten.

Auf jeden Fall war Dean schwer zu bändigen.

„Bei deinem Sturz hast du dich an einer Pflanze festgehalten. Diese Pflanze war giftig, wenn auch nicht so sehr, dass sie dich hätte töten können. Dieser Pflanzensaft ist in deine Wunde gekommen und hat unter anderem deine Kreislaufprobleme verursacht. Mit ein paar Tagen Ruhe, hättest du das aber überstanden gehabt.

Sams Unachtsamkeit…“

„Sam war mit Sicherheit nicht…“, unterbrach Dean den Engel, wurde aber mit einer einzigen Geste sofort wieder zum Schweigen gebracht.

„Sam“, fuhr Castiel fort, verzichtete jetzt allerdings auf den Einwurf, dass der besser auf sich hätte aufpassen müssen, „hat Mi…“, schon wieder wollte Dean ihn unterbrechen, „deine Seele mehr gekostet als vor ein paar Wochen seine Begegnung mit Forcas. Selbst wenn du gesund gewesen wärst, hättest du Tage zu leiden gehabt. Jetzt war aber dein Körper ebenfalls angegriffen.“ Er machte eine vielsagende Pause.

„All das zusammen ist eine Mischung, die zu überstehen auf der Erde etliche Tage gebraucht hätte, wenn überhaupt. Du hättest sterben können, Dean. Deshalb habe ich dich hierher gebracht.

Michael, deine Seele, der Engel in dir, wird sich jetzt, da er zu Hause ist, sehr schnell wieder erholen und die Wirkung des Pflanzengiftes wird hier außerdem stark abgemildert. In ein paar Tagen wirst du dich wie neu fühlen. Auch wenn du, wenn ich dich auf die Erde zurückgebracht habe, noch einen Tag schonen solltest.“

„In ein paar Tagen?“, fragte der Blonde entsetzt.

„Dean!“, versuchte Castiel ihn zu beruhigen. „Die Zeit vergeht hier wie in der Hölle. Eine Minute auf der Erde sind zwei Stunden hier. Sam hat sich gerade mal auf einen Stuhl in Bobbys Küche fallen lassen.“

Eine Weile schwieg der blonde Winchester und überlegte.

„Warum soll ich mich, wenn ich zurück bin noch einen Tag schonen, wenn du doch sagst, dass ich hier wieder vollkommen fit sein werde?“

„Der Himmel, unser Himmel ist nicht für Menschen gemacht. Noch nicht einmal für ihre Seelen. Ein Mensch könnte hier nicht überleben. Er würde verrückt werden. Seine Seele würde einfach zerspringen. Du kannst hier sein, weil dieser Teil von dir Michael ist. Trotzdem wird deine menschliche Hälfte Ruhe brauchen um sich von diesem Aufenthalt zu erholen.

Doch jetzt solltest du dich weiter ausruhen.

Ich werde dich rechtzeitig wieder in euer Zimmer bringen“, fügte Castiel noch hinzu.

„Eine Frage, Cas!“

„Ja?“

„Habe ich dich geküsst, oder war das nur ein irrer Traum gewesen?“

Der Engel senkte den Blick. Er wollte Dean nicht antworten, doch genau das war die Antwort, die ihm alles sagte.

„Oh mein Gott! Wie konnte ich nur? Ich habe Sam betrogen. Ich bin es nicht wert...“

„Du warst nicht Herr deiner Sinne, Dean. Es ist nicht dein Fehler gewesen! Wenn überhaupt, dann gib mir die Schuld. Ich hätte dich sofort wegdrücken müssen, ich war bei klarem Verstand, Dean. Du nicht!“

„Trotzdem habe ich die geküsst!“

„Nein, Dean. Du hast Sam geküsst!“

Jetzt verstand der Winchester kein Wort mehr. Cas hatte den Kuss doch eben noch bestätigt. Wieso sagte er dann jetzt er hätte Sam geküsst?

„Dean, du warst vollkommen weggetreten. Dein Verstand und deine Wahrnehmungen waren vom Fieber und dem Gift in deinem Körper gestört. Du hast mich aus einem Gefühl heraus geküsst, dem Gefühl geborgen zu sein und dieses Gefühl löst bei dir nur Sam aus. Du warst dir ganz sicher, dass Sam dich gehalten hat. Also hast du Sam geküsst!“

„Das ist doch absoluter Blödsinn! Ich hätte es merken müssen. Ich hätte wissen müssen, dass du und nicht Sam das war. Ich hätte…“

Weiter kam der Blonde mit seinen Selbstvorwürfen nicht. Castiel stand plötzlich neben ihm und legte ihm die Finger auf die Stirn. Sofort brach Dean zusammen. Der Engel legte ihn richtig in die Hängematte und breitete eine Decke über ihn. Es war hier zwar nicht nötig, doch es fühlte sich besser an, seinen Lieblingsmenschen mit allem versorgt zu wissen.

Er wollte schnell einmal schauen, wie weit Sam schon gekommen war, um vielleicht ableiten zu können, wie lange er Dean hierbehalten konnte. Vielleicht blieb ihm die Zeit ihn richtig zu heilen und auch seine Kräfte, die Kräfte Michaels, wieder voll aufzuladen.

Er hatte sie zwar aktivieren können, als er Michael geweckt hatte, doch alleine Luzifer zu bannen hatte sehr viel von diesen Kräften verbraucht. Auch wenn Dean das nicht merkte, er würde nie seine vollen Kräfte einsetzen können. Das konnte er erst wieder, wenn er nur noch Michael war.

Trotzdem verbrauchten Sams Heilungen mehr als er dann durch die Regenrationen wieder aufbauen konnte. Um sie wieder vollständig herstellen zu können, war eine Verbindung zum Himmel notwendig und die hatte er nicht und wollte sie auch nicht.

Doch jetzt waren sie hier und er würde alles tun, damit Dean wieder in den Vollbesitz seiner Kräfte kommen würde. Wenn sie Belial wirklich fanden, würde er sie brauchen können.
 

Schnell war der Engel wieder bei seinem Schützling.

Sam hatte gerade erst mit seiner Erzählung angefangen, das würde noch dauern.

Ein kurzer Blick zu Dean zeigte ihm, dass der noch immer schlief. Er prüfte wie es ihm ging und überlegte dann, was er seinem Dean an Essbarem anbieten konnte. Der würde Hunger haben. Dean hatte immer Hunger.
 

Endlich kam der Blonde wieder zu sich.

„Hey!“, wurde er von Castiel begrüßt. „Wenn du Hunger hast, in der Hütte steht jede Menge Essen für dich.“

Das ließ sich der Winchester nicht zweimal sagen. Etwas umständlich kam er aus der Hängematte und ging in die Hütte.

Berge von Schokoriegeln, Cheeseburgern, Steaks, Hotdogs und Pommes frites erwarteten ihn auf dem Tisch und er fragte sich kurz, warum der noch nicht zusammengebrochen war. Doch dann knurrte sein Magen und er verwarf den Gedanken wieder. Schnell machte er sich über all die Köstlichkeiten her. Wann hatte er eigentlich zum letzten Mal etwas gegessen?

Ein genüssliches Stöhnen nach dem anderen verließ seine Kehle, während er sich diese Leckereien, ohne auf Tischmanieren zu achten, in den Mund schob.

Castiel stand in der Tür und lächelte. Es war so einfach Dean zufrieden zu stellen, warum konnte Sam das nicht? Warum dachte der sich immer wieder neue Spiele aus, in denen er Dean dominierte und ihn hinhielt? Cas wusste, dass Dean es genoss sich hin und wieder mal fallen und Sam einfach machen zu lassen, aber er wollte ihn ebenfalls berühren. Er wollte ihm ebenfalls Lust bereiten. Nein, Dean hatte in der Hölle lange genug alles erdulden müssen, was sie mit ihm angestellt hatten. Das war zwar nur auf Schmerzen ausgerichtet gewesen und darauf, seinen Willen endlich zu brechen. Und die Dämonen waren alles andere als zimperlich mit ihm umgegangen.

Aber auch Sam zwang ihn alles hinzunehmen und er fragte sich, wann Dean diese eine Folter mit der anderen verband, wann diese beiden Arten zu einer verschmelzen würden.

Vor diesem Tag hatte er wirklich Angst. Denn der Blonde hatte inzwischen wesentlich mehr, was er dann zu seiner Verteidigung einsetzen konnte und er wusste nicht, wer ihn dann noch stoppen können würde. Sam auf jeden Fall nicht!

Castiel nahm sich fest vor mit Sam zu reden, wenn sie wieder auf der Erde wären. Der jüngere Winchester musste unbedingt mit dieser Dominanzgeschichte aufhören, bevor etwas Schlimmes passierte!



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