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Der Himmel muss warten

von

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Poltergeist

XXIV) Poltergeist
 

Plötzlich kam einige Meter vor ihnen ein Mann aus einem Haus gestürzt.

Ein Nudelholz landete wenige Zentimeter neben seinen Füßen.

Den Kopf zwischen die Schultern gezogen schaute er ängstlich zurück und rannte weiter über den Rasen vor dem Haus. Der Mann kam nicht weit.

Der Toaster, der dem Nudelholz folgte, landete zielgenau zwischen seinen Füßen. Er stolperte, verzweifelt versuchte sein Gleichgewicht zu halten, noch zwei Schritte weiter, dann stürzte er endgültig.

Sam überlegte noch leicht amüsiert, ob der Arme wohl einen heftigen Streit mit seiner Frau hatte, als Dean hinter ihm zu explodieren schien.

Der Blonde stürzte an ihm vorbei, hechtete auf den Mann, klammerte sich an ihn und drehte sich und ihn auf dem Boden zur Seite.
 

Voller Entsetzen sah Sam den Inhalt eines kompletten Messerblockes an der Stelle einschlagen, an der noch vor kurzem der Mann und Dean gelegen hatten.

Nach einer weiteren Schrecksekunde stürzte er zu seinem Bruder, der noch immer schützend auf dem Mann lag und half ihm auf.

„Bist du okay?“, fragte er den Blonden und Dean nickte.

Sam wandte sich daraufhin dem Mann zu. Der hatte sich inzwischen auf den Rücken gedreht und fasste jetzt nach der dargebotenen Hand. Er zitterte noch immer und zu sehen, wie Dean die Messer aus dem Rasen zog, ließ ihn noch mehr erschauern.

„Ich habe sie nicht kommen gesehen“, sagte Sam leise. Wieder nickte Dean: „Dafür hast du ja mich.“ Der Jüngere musste grinsen.
 

„Was ist da drin passiert?“, fragte Sam den Mann, der noch immer nach Luft rang und dem Älteren fassungslos zusah, wie der Nudelholz und Toaster ebenfalls aufhob und sie neben der Haustür ablegte.

Noch bevor er antworten konnte kam eine korpulente Frau mit hochrotem Gesicht auf sie zu. Sie trug eine großgeblümte Bluse in grellen Farben und einen quergestreiften Rock. Ihre Füße steckten in rosa Häschenlatschen mit Ohren!

Dean drehte sich zum Haus und musterte ganz interessiert die Fassade.

„Hast du deine Frau wieder geschlagen, du Kinderschänder?“, keifte sie auch sofort los, kaum dass sie schwer atmend neben ihnen zum Stehen gekommen war. „Hat sie sich endlich mal gewehrt und dich rausgeworfen? Dann kannst du ja nun zu deiner Hure ziehen! Du wirst hier in der Nachbarschaft keinen Fuß mehr an den Boden bekommen, dafür werde ich schon sorgen. So was wie dich wollen wir hier nicht!“

Irritiert schaute Sam auf den Mann und dann zu seinem Bruder.

Der Angesprochene verdrehte die Augen und seufzte.

„Sie ist gar nicht da!“, verteidigte er sich resigniert.

„Und wieso bist du dann aus dem Haus gerannt als wäre der Teufel hinter dir her?“

„Es … ich …“, begann er zu stottern.

„Wer weiß wen du da drin festhältst. Das Märchen, dass deine Frau nicht da wäre, kannst du deiner Mutter erzählen! Los, lass uns nachsehen! Die Herren werden bei der Polizei schon bezeugen was wir da drin finden werden!“, kreischte sie und drängte den Mann zum Haus.

Die Töne, die die Frau von sich gab, klingelten schmerzhaft in Deans Ohren und er zuckte gequält zusammen. Sein Blick wanderte wieder zu den Personen auf dem Rasen.

Liebevoll schaute Dean zu seinem Bruder. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er hatte sich hier bei dieser sinnlosen Recherche in sich zurückgezogen. Er wollte nachdenken.

Sein Kleiner hatte ihm in den letzten Tagen alles abgenommen, was er nicht ausdrücklich selbst machen wollte und er hätte ihn bestimmt auch noch beim Duschen geholfen, wenn er ihn nur darum gebeten hätte.

Bis auf ein paar wie zufällige Berührungen, hatte Sam sein Versprechen gehalten und ihn nicht bedrängt. Schon alleine dafür liebte er ihn noch mehr. Das Leben konnte doch so einfach sein, wenn er nur seine Gefühle zuließ.

Und auch Sams Seele schien sich zu erholen. Sie sah nicht mehr so dunkel aus, wie gleich nach Forcas´Attacke, leider auch noch nicht wieder so hell wie davor. Aber auch das würden sie wieder hinbekommen.

Dean straffte sich. Diese Frau bereitete ihm Zahnschmerzen und er wollte nur noch, dass sie verschwand. Viel zu sehr hatte er die Ruhe der letzten Tage genossen.

„Sie sollten in ihr Haus zurück gehen und weiter die Talkshows verfolgen“, erklärte er mit fester Stimme und drängte sich zwischen die Frau und ihr augenscheinliches Lieblingsopfer.

Sam starrte seinen Bruder mit großen Augen an. Da war etwas in dessen Stimme, das er noch nie gehört hatte und das seine Aufforderung zu einem Befehl zu machen schien. Zumindest für die angesprochene Person.

Auch der Mann neben ihm schaute verwundert zu seiner Nachbarin und wartete auf eine Reaktion.

Die Frau drehte sich murrend um und watschelte zurück zu ihrem Haus.

„Die nervte!“, erklärte Dean ruhig und die beiden Männer auf dem Rasen konnten nur staunend nicken.
 

„Und Sie sollten jetzt mit uns mitkommen. Sie sehen so aus als könnten Sie mindestens einen Kaffee vertragen, einen mit Schuss. Und dann erzählen Sie uns was hier los ist“, sagte Dean eindringlich.

Der Mann überlegte eine Weile, dann nickte er zaghaft.

Die beiden waren hier einfach aufgetaucht und das, als sein Haus verrückt gespielt hatte. Konnte er diesen Männern vertrauen? Vielleicht haben sie es ja so eingerichtet? Aber wie hätten sie das anstellen sollen? Immerhin hatten sie die dumme Ziege von nebenan fürs Erste vertrieben.

Noch einmal nickte er und ging Richtung Straße.
 

„Was ist passiert?“, wollte Sam von dem Mann wissen, als sie in dem gemütlich eingerichteten Pub, zwei Straßen weiter, saßen. Die Kellnerin, eine niedliche Rothaarige,hatte ihnen den bestellten Kaffee und je einen Whiskey gebracht und versucht mit Dean zu flirten, doch der hatte sich schon wieder in sein Schneckenhaus zurückgezogen. Die Fragestunde war Sams Metier.

„Ich … weiß nicht“, begann der Mann zögernd. „Das klingt alles so verrückt und ich kenne Sie doch überhaupt nicht.“

„Wir sind Sam und Dean Keller und wir können Ihnen helfen“, erklärte der jüngere Winchester.

„Peter Barknowitz.“

„Was ist passiert Mr. Barknowitz?“

„Ich bin nach Hause gekommen und wollte mir eine Pizza in den Ofen schieben, also plötzlich die Schränke aufgingen und Teller und Tassen auf den Fußboden knallten. Als dann auch noch die Obstschale über mir schwebte und ihren Inhalt auf mich gekippt hat, bin ich aus dem Haus gerannt.“

„War das heute das erst Mal?“, wollte Sam wissen und warf seinem Bruder einen kurzen Blick zu, doch der suchte in seiner Kaffeetasse weiter nach dem Sinn des Lebens. Zumindest vermutete der Jüngere das, so intensiv wie Dean da rein starrte.

„Für mich, ja. Aber meine Frau meinte schon kurz nach dem Einzug, dass in dem Haus etwas nicht mit rechten Dingen zugehen würde. Ich hab sie belächelt. Hab gesagt, dass es wohl daran liegen würde, dass sie nicht hierher wollte. Was war ich doch für ein Idiot!“

Dean nickte brummelnd, was dem Mann zum Glück entging und erntete dafür einen wütenden und erstaunten Blick seines Bruders. Immerhin schien er wirklich zuzuhören, obwohl er abwesend wirkte.

‚Er hat Recht!’, feuerte der Blonde einen Gedanken zurück und Sam zuckte erschrocken zusammen. Er hatte nicht gewusst, dass Dean seine mentalen Schutzmauern so leicht durchbrechen konnte.

„Und weiter?“, fragte Sam den Mann.

„Vor einer Woche ist meine Frau zu ihren Eltern gezogen. Sie sagte, sie würde es in dem Haus keinen Tag länger aushalten.“

„Und seitdem war es ruhig?“

„Ja. Bis heute. Ich meine, ich komme sonst eigentlich spät abends nach Hause. Aber da war nie etwas.“

„Mein Gott, wenn das … dieses Ding meine Frau die ganze Zeit verletzt hat… Sie hatte immer wieder blaue Flecken oder Schnittwunden an den Händen. Ich dachte sie wäre einfach ungeschickt, hätte sich beim Kochen geschnitten oder wäre auf der Treppe gestolpert. Sie hat immer behauptet etwas hätte sie geschubst! Hätte ich ihr doch nur geglaubt!“ Er schlug die Hände vors Gesicht und stöhnte leise.

„Wie schon gesagt, Mr. Barknowitz. Wir können Ihnen helfen. Wir brauchen dafür nur einige Zutaten, die wir aber heute leider nicht mehr besorgen können. Ich denke Sie sollten in ein Motel gehen. Wir kümmern uns morgen Nacht um Ihr Haus“, versuchte Sam den Mann zu beruhigen.

„Und dann packen Sie Ihre Siebensachen und ziehen weit weg von hier!“, fiel Dean ihm ins Wort. „Und entschuldigen Sie sich bei Ihrer Frau!“

„Das werde ich bestimmt“, nickte der Mann eifrig.
 

„Aber ich habe keine Kleidung mit, oder eine Zahnbürste“, sprudelte es plötzlich aus dem Mann hervor.

Die Brüder hatten gerade bezahlt und wollten ins Motel.

„Ich brauche auch noch einige Unterlagen, die auf meinem Schreibtisch liegen“, fuhr er mit seinen Aufzählungen fort.

Dean verdrehte die Augen und nickte ergeben.

„Wir fahren jetzt mit Ihnen zu Ihrem Haus und Sie holen was Sie brauchen. Nur das Nötigste!“, bremste Sam die in Mr. Barknowitz‘ Augen aufleuchtende Euphorie.

Der nickte schon wieder eifrig und Sam überlegte, dass er so wie ein Wackeldackel aussah und unterdrückte heldenhaft ein Grinsen, als er sich vorstellte, wie der Typ auf der Hutablage des Impala lag.

Nein! Dean würde das nicht wollen.
 

Kurz vor Mitternacht rollte der Impala am Straßenrand vor dem Barknowitz’schen Anwesen aus.

„Kein Wort!“, knurrte der blonde Winchester den Mann auf der Rückbank an und stieg aus.

„Ist der immer so?“, wollte der eingeschüchtert von Sam wissen.

„Er rettet Ihnen vielleicht Ihr Leben und Ihre Ehe, also tun Sie was er sagt!“, erklärte Sam freundlicher.

Peter Barknowitz nickte schon wieder und stieg ebenfalls aus. Mit großen Augen verfolgte er, wie Dean seinem Bruder eine Schrotflinte reichte. Dann deutete er ihm an, die Tür zu öffnen.

„Jeden Raum nur einmal und schnell, wenn dir dein Leben lieb ist!“, knurrte Dean.

Schon wieder zuckte der Hausbesitzer ängstlich zusammen und nickte geflissentlich.

‚Hör auf ihm Angst zu machen, sonst kommen wir hier nie weg’, schimpfte Sam in Gedanken.

‚Ist ja schon gut! Ich will ja nur, dass er sich beeilt’, versuchte der Blonde versöhnlicher zu klingen.

‚Du hast das jetzt verstanden?’, dachte Sam staunend.

‚Sonst hätte ich nicht geantwortet.’

‚Aber ich dachte wir hätten uns gegeneinander abgeschottet?’

‚Vielleicht geht es, weil wir uns ja eher unterhalten?’, grübelte der Blonde und verzog das Gesicht. Wirklich Recht war ihm das allerdings nicht. Was, wenn Sam jetzt ungefragt seine Gedanken lesen konnte? Er würde seine Schutzmauern erhöhen müssen.

Auch Sam grübelte über diese wortlose Unterhaltung. Und er sah, wie sehr sich Dean dagegen sträubte. Er bedauerte das. War sein Engel doch immer noch nicht bereit sich ihm komplett zu öffnen.

Vielleicht würde das später ja noch kommen, wenn sie einmal richtig zusammen wären. Jetzt würde er warten. ‚Warten!‘ Wie sehr er dieses Wort inzwischen hasste. Sam verdrehte die Augen und holte tief Luft. Wie sehr hasste er diesen Satz, hatte er Dean doch damit einen Freibrief gegeben, ihn auf ewig zappeln zu lassen. Obwohl der sich gegen die gelegentlichen Berührungen der letzten Tage nicht gewehrt hatte.

‚Im Urlaub’, machte der Jüngere sich selbst Mut.
 

Ein erschrockenes Quieken riss ihn aus seinen Gedanken. Aus den Augenwinkeln sah er, dass auch Dean sich straffte und seinen Blick aufmerksam durch den Raum schweifen ließ.

Das Bett hüpfte auf und ab und der Kronleuchter darüber wackelte bedrohlich.

„Los, raus hier!“, rief Sam Barknowitz zu.

Schnell griff der Hausbesitzer nach seiner Tasche und rannte aus dem Zimmer.

Dean war inzwischen in das danebenliegende Bad gegangen und hatte einfach nach der Zahnbürste gegriffen, die vorne auf der Ablage lag.

Im Flur drückte er diese dem verschreckten Peter in die Hand.

„Wo liegen Ihre Papiere?“, wollte Sam auch sofort wissen.

„Auf meinem Schreibtisch. Die rote Mappe.“

„Wo?“, drängte Dean.

„Unten gleich links, neben der Haustür.“

Ganz langsam lösten sich die Nägel, die den Läufer auf der Treppe hielten. Dieser straffte sich immer mehr.

„Raus hier!“, drängte der Blonde seinen Bruder zum Eingang.

„Und du?“

„Macht schon!“

Sam nickte, riss dem Hausherrn die Tasche aus der Hand und drückte ihm den Kolben seiner Schotflinte unsanft in den Rücken.

Schnell stolperten die drei die Treppe hinunter.

Über die letzten Stufen musste der ältere Winchester springen, da der Teppich sich inzwischen wie eine Schlange hin und her bewegte. Er drängte Sam und den vollkommen verängstigten Barknowitz aus der Haustür und rannte in das kleine Büro. Schnell hatte er die Papiere, die auf dem Schreibtisch lagen zusammengeschoben und in den roten Ordner gestopft, den er jetzt griff und fest gegen seinen Bauch drückte.

Aus den Augenwinkeln sah er, wie sich Stifte in die Luft erhoben.

Mit einem Hechtsprung war er zur Zimmertür hinaus. Die Stifte prallten gegen die gegenüberliegende Wand und fielen. bis auf einen, herab. Der blieb wackelnd in der Wand stecken.

Scherben regneten auf Dean. Die Geschosse mussten eines der Bilder getroffen haben.



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