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Flammenhaut

von

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Eine handvoll Antworten

Es war still im Haus, als er die Augen aufschlug und hochfuhr. Ein wenig zu schnell, denn sein Kopf beschwerte sich mit einem Schwindelgefühl, welches nach einigen Sekunden wieder verflogen war. Im ersten Moment überlegte Joel, ob er nur geträumt hatte. Vielleicht war er ja eingeschlafen und sowohl die Begegnung mit Rabena, als auch der Überfall des … des … Steinhaufens waren nie passiert. Oder noch besser, die ganzen letzten Wochen waren nicht echt. Das wäre zu schön, um wahr zu sein.

Joel seufzte, schwang die Beine über den Rand des Bettes und stand auf. Sein Brustkorb schmerzte dorrt, wo ihn der Golem getroffen hatte und sein rechter Fuß meldete sich auch. Scheinbar war er umgeknickt. Entweder auf der Flucht oder bei dem Sturz in die Senke, ohne dass er es gemerkt hatte. Hoffentlich warteten nicht noch mehr unangenehme Überraschungen auf ihn.
 

Unten im Wohnzimmer fand er das Mädchen und seinen Vater vor, beide vertieft in eine Unterhaltung, welche sie allerdings beendeten, sobald er den Raum betrat.

„Sieh an, Dornröschen ist wach“, stellte Rabena fest, sah zu ihm. „Du siehst scheiße aus“, war ihr einziger Kommentar, nachdem sie ihn kurz gemustert hatte.

„Oh danke. Sehr nett“, brummte Joel. „Genau so etwas will man ja auch hören. Vor allem, nachdem man fast von einem Haufen Steine umgebracht wurde!“ Er wurde lauter, seine Stimme klang schon etwas hysterisch. „Ich will wissen warum. Es … es ist doch nicht normal. Ich habe schon davon gehört, dass Menschen andere Menschen mit großen Steinen erschlagen haben, aber dass Menschen von lebendigem Stein umgebracht wurden noch nicht!“

„Weil so etwas nicht in den Nachrichten gebracht wird. Du wärst nicht der Erste gewesen, der einem Golem zum Opfer gefallen ist. Nur für gewöhnlich kann man sich auch verteidigen und rennt nicht kreischend, wie ein Mädchen davon", entgegnete Nash, zuckte mit den Schultern.

„Jetzt wirst du unfair ihm gegenüber. Er hat nicht gekreischt wie ein Mädchen. Er ist nur umgekippt.“ Ein amüsiertes Grinsen lag auf Rabenas Zügen. Sie versuchte nicht einmal, es vor Joel zu verbergen.

„Schön, dass ich zum allgemeinen Amüsement beitragen kann. Aber wie wäre es langsam mal mit einer Erklärung“, forderte der Junge, verschränkte die Arme vor der Brust und warf Rabena einen bösen Blick zu, der sie aber nicht sonderlich beeindruckte.

„Du musst irgendetwas getan haben, was ihn wütend gemacht hat. Normalerweise kann man ihnen gut aus dem Weg gehen“, antwortete Nash. Die Belustigung war mittlerweile aus seinem Gesicht verschwunden. Mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte er Joel nachdenklich.

„Und was bitte? Ich bin dieser Verrückten hinterher gestolpert. Die hat mich quer durch den Wald geschleift! Rein gar nichts hab ich gemacht.“ Er seufzte, fuhr sich kurz mit beiden Händen durch das grüne Haar. „Ich hab keine Ahnung, was hier abgeht. Aber da mir immer noch alles wehtut, gehe ich einfach mal davon aus, dass das kein abgefahrener Traum war, sondern real. Und scheinbar wisst ihr beide, was hier läuft, es wäre echt nett, wenn ihr endlich mal aufhört, euch über mich lustig zu machen und mit der Sprache rausrückt, was hier für ein Spielchen läuft.“

„Ich bin nicht verrückt“, protestierte Rabena verärgert. Nash beachtete sie nicht und Joel warf ihr nur einen Blick zu. Scheinbar hatte sie nicht vor, auf seine Bitte einzugehen.

„Welche Erklärung willst du hören?“, fragte Nash schließlich. Er stand auf und ging zu einem der Regale, schien etwas Bestimmtes zu suchen. „Ich glaube nicht, dass es eine gibt, die dich zufriedenstellt“, fuhr er fort, ohne Joel Zeit zum Antworten zu lassen. Er zog ein Buch heraus, blies den Staub fort, der sich dort abgelegt hatte, und schlug es auf, blätterte darin. „Was ein Golem ist, kannst du hier nachlesen.“ Er warf das Buch offen auf den Tisch, blickte Joel an.

„Ich … ich will wissen, wieso mich ein Haufen Steine angegriffen hat. Ich will wissen, warum sie sich in einen gottverdammten Fuchs verwandelt hat.“ Er wurde lauter als gewollt, atmete tief durch um sich wieder zu beruhigen. Langsam kam er sich mehr als verarscht vor. Die beiden hatten ihren Spaß und er war immer noch so ahnungslos wie am Anfang. Langsam fragte er sich, in was für einem Irrenhaus er gelandet war.

Nash musterte ihn schweigend, seufzte. „ich kann es dir erklären. Aber ich glaube nicht, dass du es verstehst. Dein Wissen über diese Welt beinhaltet nichts, was den Golem oder ihre Verwandlung betrifft“, stellte er fest. „Du würdest es nur als einen Scherz ober Witz abtun, glaub mir.“

„Das kann ich selbst am besten entscheiden“, brummte Joel. „Wäre nur nett, wenn du langsam mal anfangen könntest. Glaub mir, mein Bedürfnis mich mit dir herum zu schlagen ist auch nicht gerade sonderlich groß. Also?“

Erst sah sein Vater ihn nur mit prüfendem, abschätzendem Blick an, sprach dann.

„Magie“, begann er. „Magie ist der Schlüssel dazu.“

„Ja sicher, Magie. Du hast recht, das ist wirklich ein Witz!“

„Hör mir zu, urteile dann“, sagte Nash, leicht verärgert und rieb sich kurz mit Daumen und Zeigefinger den Nasenrücken. „Golems sind nicht einfach nur lebender Stein. Sie sind manifestierte Naturgeister, dazu gedacht, etwas zu schützen. Diese Wälder, die ganze Umgebung ist alt, unberührt. Hier gibt es viele von ihnen. Nicht nur als Steingolems.

Und Rabena wurde zu einem Fuchs, weil sie eben einer ist. Es gibt viele Tiere, unter anderem Füchse, die nicht zu unrecht als mystisch beschrieben werden. Es gibt einige unter ihnen, die eine menschliche Gestalt haben oder erschaffen können. Werwölfe sind ein gutes Beispiel. Füchse wie Rabena sind eher selten.“

Joel hörte es sich an, überlegte aber, ob er jetzt laut lachen sollte oder erst wenn Nash fertig war. Außerdem fragte er sich, ob sein Vater sich im Klaren war, wie lächerlich das in seinen Ohren klang.

„Du hast nur aus einem Grund das ganze einigermaßen Heil überstanden. Auch wenn ich lieber vermieden hätte, dass es erwacht“, seufzte Nash. „Es wäre sicherer für dich gewesen.“

„Und was bitte soll das gewesen sein?“, hakte Joel nach. Seine Laune war mittlerweile auf dem Nullpunkt. Als würde sich der Kerl, nachdem er sich fast achtzehn Jahre lang nicht um ihn gekümmert hat, sich plötzlich um seine Sicherheit scherrt.

„In dir fließt als mein Sohn dasselbe Blut, wie in mir. Und bislang bist du nie mit der anderen Seite der Welt, wie wir es nennen, konfrontiert gewesen. Nur als Baby, und das hat keinen Einfluss. Aber jetzt bist du dem Golem begegnet und musstest dich verteidigen. Und da du nicht wusstest wie, erwachte das Erbe deines Blutes in dir, um dich zu schützen. Rabena hat mir von dem Schild erzählt, dass du errichtet hast. Du hast es instinktiv getan, um nicht getroffen zu werden. Es ist schon eine erstaunliche Leistung für jemanden wie dich, einen solch stabilen Bann zu errichten. Aber ohne hättest du jetzt wohl einen eingeschlagenen Schädel.

Im Klartext heißt das für dich, du bist ein Magier, genauso wie ich. Auch wenn du noch gänzlich ungeübt bist“

„Ihr wollt mich wirklich verarschen, oder?“, fragte Joel nach. „Nette Geschichte, die ihr euch da ausgedacht habt, wirklich. Das ist Oskar reif.“ Seine Geduld war endgültig zu Ende. Das konnte und wollte er sich nicht länger anhören. „Ich hab Besseres zu tun, als mir diesen Schwachsinn anzuhören.“ nun gut, das war gelogen und wahrscheinlich wussten die beiden es auch, aber eine gute Ausrede umzugehen. Er drehte sich um und wollte aus dem Zimmer. Doch die Tür schlug zu und er hörte, wie das Schloss mit einem leisen Klick verriegelt wurde. Hinter sich hörte er Nash nur seufzen.

„Ich habe dir doch gesagt, dass du mir nicht glauben wirst“, sagte er nur und erhob sich aus dem Sessel. „Aber da du auf eine Erklärung bestanden hattest, wirst du deinen Arsch jetzt auf das Sofa setzen und zuhören. Ist das klar?“

„Gar nichts ist klar! Ihr wollt mich doch nur auf den Arm nehmen. Schönen dank auch! Mit mir kann man's ja machen, oder wie?“ Nicht einmal im Traum dachte Joel daran, dem folge zu leisten. Er wollte sich nicht noch mehr Geschichten anhören, die sich die beiden einfallen ließen. Wahrscheinlich würden sie sich hinterher noch köstlich darüber amüsieren, da wollte er ihnen nicht auch noch die Genugtuung geben, das alles zu glauben.

„Setz dich einfach hin und hör zu“, mischte sich Rabena ein. „Ich weiß, wie das klingt, aber es bringt nichts, wenn ihr euch wegen so einer Kleinigkeit die Köpfe einschlagt.“

„Das ist längst keine Kleinigkeit mehr, Rabena“, entgegnete Nash. „Es wäre so, wenn seine Kräfte nicht erwacht wären. Aber jetzt haben wir ein gewaltiges Problem, und wenn er nicht lernt, sie zu kontrollieren, ein noch viel Größeres.“

„Ja welches denn? Dass ich kein Kaninchen aus dem Hut zaubern kann, oder was macht ihr 'Magier' sonst so?“ Joel verschränkte die Arme vor der Brust und dachte nicht daran, sich wieder hinzusetzen.

„Es ist verboten, den normalen Sterblichen echte Magie zu präsentieren. Auch wenn es immer wieder einige Idioten gibt, die es nicht lassen können. Aber nein, mit einem Hut und einem Kaninchen hat Magie weniger zu tun. Aber das werde ich dir bei deiner ersten Stunde genauer erklären.“ Nash winkte beiläufig mit der Hand und das Türschloss entriegelte. „Ob du mir bis dahin glaubst oder nicht, ist mir egal. Es wäre allerdings mehr als hilfreich und um einiges einfacher für dich.“ Joel setzte zu einer Frage an, doch sein Vater ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Heute Abend um neun Uhr kommst du nach unten in den Keller und wir fangen an. Und tu dir selbst einen Gefallen und zwing mich nicht dazu, dich nach unten zu zerren. Das wäre für dich unangenehmer als für mich.“ Damit ging er an Joel vorbei und verließ den Raum. Rabena seufzte, ließ sich gegen die Rückenlehne des Sofas fallen.

„Tu besser, was er sagt. Clarence kann mehr als grob und unfreundlich werden.“ Sie versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln. „Es ist alles halb so wild, glaub mir. Aber du bist wirklich wie ein kleines, verängstigtes Mädchen davon gelaufen“, grinste sie.

„Ich glaube ich fange an, dich zu hassen“, murrte Joel. Rabena lachte daraufhin nur.

„Ja, ich mag dich auch.“



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