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Allison

Das Erbe des Wolfes
von

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Enthüllung

Ich schlief bis zum Mittag. Eigentlich hätte ich ausgeschlafen sein sollen. Doch als ich aufwachte, fühlte ich mich so kaputt und schlapp, als hätte ich drei Nachtschichten hinter mir. Rafael lag neben meinem Bett auf dem Boden und musste die ganze Nacht so dagelegen haben, denn als ich aufstand, hob er verschlafen den Kopf und sah mich gähnend an. Ich lächelte und wünschte ihm einen guten Morgen. Gerade wollte ich aufstehen und mich unter die Dusche stellen, als ich plötzlich richtig merkte, dass ich bei mir zuhause war. Aber wie war das möglich?

Ich war gestern noch bei Marie! Wie kam ich denn aufeinmal nachhause?

Angestrengt versuchte ich mich zuerinnern, doch ich hatte wohl einen mächtigen Filmriss. Warum auch immer. Aber dennoch tauchten vor meinem inneren Auge Fetzen von Bildern auf, die unscharf waren und zuschnell verschwanden, als das ich sie richtig festhalten konnte. Da gab etwas, was mit allermacht in meine Erinnerung zurückwollte, es aber nicht konnte. Es war, als würde eine geistige Sperre dies verhindern. Ich weiss nicht, ob Ihr das kennt. Aber es war wirklich zum verrückt werden. Ich schloss die Augen und massierte meine Schläfen, versucht so die verlorene Erinnerung wieder heraufzubeschwören. Doch es klappte nicht.

Und so blieb ich erstmal allein mit der Frage, wie ich hierherkam.

Verdammt, was nur los mit mir, fragte ich mich und mir stieg sogleich ein unangehmer Geruch in die Nase. Erst dachte ich, Rafael sei es, doch als ich an mir selber roch musste ich zu meiner Schande feststellen, dass ich das war.

Dass ich in meinen gestrigen Klamotten geschlafen hatte, hatte sich auf übelsteweise gerächt, in dem ich widerlich nach Schweiss roch. Und nach etwas anderem, was ich lieber nicht genau wissen wollte. Angewidert rümpfte ich nun die Nase und ging unter die Dusche. Schrubbte mich ordentlich sauber, bis der Gestank dem herrlichen Duft von grünem Apfel, den ich liebte, wich und mich einigermassen wohler fühlte. Ich hoffte auch insgeheim, dass nach der Dusche es mir leichter fiel, mich zuerinnern.

Doch das war wohl ein Irttum.

Ich kam einfach nicht darauf, was mich so wurmte. Und das machte mich umso verrückter.
 

Papa wartete schon in der Küche auf mich und goss mir schwarzen, frischen Kaffee ein. Der Geruch war verlockend und regte meinen Appetitt an. Verdrängte für einen kurzen Moment dieses nagende Gefühl und ich setzte mich an den Tisch, wo schon Toast, frich aus dem Toaster, auf mich wartete und verschlang diesen in nullkommanichts. Ich hatte aufeinmal einen Bärenhunger und versuchte die verblüfften Blicke meines Vaters nicht zu beachten. Ich war gerade bei meinem vierten Toast und schnappte mir noch einen Apfel. Biss kraftvoll hinein und schmatzte weil es so gut schmeckte. „Sag mal. Hast du heimlich eine Diät gemacht, oder warum stopfst du dich voll, wie eine Gans vor dem Weihnachtsfest?“, fragte Papa und ich musste etwas lachen. Was ziemlich komisch klang, mit dem Essen im Mund. „Nein, aber ich habe so gut geschlafen, dass ich richtig Hunger habe!“, erwiederte ich und musste mich bemühen, dass zerkaute Essen nicht über dem Tisch zuspucken. Es stimmte. Ich hatte gut geschlafen. Kein Alptraum und kein ungebetener Besuch von Erik. So hoffte ich zumindest. „Freut mich zuhören!“, sagte Papa dann und nippte selber an seiner Tasse. Rafael gesellte sich zu und legte sich unter den Tisch. Dass er nicht bettelte machte mich allerdings schon stutzig. Das war nicht seine Art. Sonst schaute er mich immer mit großen Bettelaugen an, damit ich mich erbarmte, ihm etwas von meinem Frühstück zu geben. Vielleicht war er krank. Um sicher zusein, sagte ich leise seinen Namen und sah, wie er die Ohren spitzte und mich fragend anschaute. Ich nahm sogleich etwas von dem Frühstücksspeck und hielt es ihm vor die Nase. Plötzlich schien er wieder ganz der Alte zusein, denn kaum hatte ich es ihm hingehalten und er daran geschnüffelt, schon hatte er es in seinem Maul und runtergeschluckt.

Nachdem ich ihm etwas von dem Speck gegeben hatte, wollte er natürlich noch etwas haben und hatte nun wieder seinen berühmten Hundeblick aufgesetzt. Ich musste leise lachen und gab ihm noch etwas. Zufrieden und glücklich über den weiteren Happen Speck, schmatzte er und legte sich wieder hin. Ich konnte nur den Kopf schütteln. Soleicht müsste man es haben, dachte ich und widmete mich meinem eigenen Frühstück. Da klingelte das Telefon und Papa stand auf, um dran zugehen. Nur leise hörte ich, was er da am Telefon sprach. Aber als er zurückkam, sah ich, dass etwas Schlimmes passiert sein musste. Er sah mich mit einer Mischung aus Angst und Sorge an und diese dunkle Ahnung und das bohrende Gefühl kehrten zurück. Was auch immer er am Telefon gehört hatte, es musste dabei etwas mit mirn zutun haben und das machte mich nervös. „Was…was ist los?“, fragte ich und hielt die Tasse fester, als gut war. Papa sah mich noch einen Moment so an, dann setzte er sich. „Einige Nachbarn haben letzte Nacht die Polizei gerufen, weil sie Geschrei in der Wohnung unter ihnen gehört hatten. Meine Kollegen sind dahingefahren und haben sich das mal angesehen. Die Wohnung gehört einem Ehepaar namens Chandlier. Das sind doch die Eltern von deiner Kollegin Marie?“, fragte er. Ich nickte. Sogleich machte sich ein fetter Kloss in meinem Hals breit und mein Magen fuhr Achternbahn. Mir wurde speiübel dabei. Ich fühlte mich sogleich unwohl. Als würde etwas tief in mir wissen, was nun kommen würde. „Und was…was haben sie gefunden?“, fragte ich und meine Stimme klang wie von weit weg. Mir wurde noch zu allem Überfluss schwindelig und ich nahm schnell einen Schlug Kaffee um ruhiger zuwerden. Doch nun schmeckte mir der Kaffee nicht mehr, sondern war für meinen Geschmack viel zu bitter. Was meinem rebellierenden Magen nicht gerade gut tat. Ich musste ein Würgen unterdrücken. Doch das war bestimmt nicht der einzige Grund, warum mir so übel war. Papas Gesicht wurde noch niedergeschlagener als es schon vorher war. „Man hat ihre Eltern und sie selber tot vorgefunden. Ihre Eltern waren schlimm zugerichtet. Aber sie hatte keine Verletzungen. Weder äußerlich noch innerlich. Die Autopsie geht davon aus, dass sie an Herzversagen gestorben ist!“, sagte er und mit jedem Wort, wuchs meine Übelkeit. Gipfelte dann in einem Gefühl der absoulten Leere.

Als hätten seine letzten Worte eine Tür geöffnet, nein aufgestossen, kehrten die Erinnerungen an letzte Nacht zurück und überfielen mich, wie ein Raubtier. Das war es also, woran ich mich so angestrengt versucht hatte zu erinnern und es konnte. Und wenn ich nun ehrlich sein sollte, wollte ich diese Erinnerung genauso schnell wieder vergessen. Zugerne hätte ich mir gewünscht, dass das alles nur eine Einbildung war. Aber als meine Finger den Hals berührten und die Würgemale, die zwar etwas schwächer geworden waren, aber dennoch zufühlen waren, spürten, zuckte ich etwas zurück. Sofort begann ich zu zittern und das musste mein Vater mehr als deutlich sehen. „Allison, stimmt was nicht?“, fragte er dann und ich musste ein höhnendes Lachen unterdrücken. Nichts war in Ordnung. Ich habe gesehen, wie meine Freundin gestorben war und dass der Mörder kein Mensch war.

Da kann nichts in Ordnung sein!

„Es…es geht wieder…!“, log ich schnell. Es reichte schon, dass ihr Tod mich wieder so sehr schmerzte. Dabei war der Schlaf so guttuend gewesen und ich hatte auch keine schlimmen Alpträume mehr. Aber jetzt holte mich alles wieder ein. Und ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten. Papa war sofort neben mir und legte die Hände auf meine Schultern. Nahm mich dann in den Arm und strich mir beruhigend über den Rücken. Doch reichte bei weitem nicht, um mir den Kummer und den Schmerz zunehmen, der mich wieder heimgesucht hatte und mich erneut quälte.
 

Am Wochenende war die Beerdigung und ich konnte nichts anders tun, als dazustehen und dem Sarg, in dem meine Freundin lag, zu zusehen, wie er langsam in das Loch hinabgesenkt wurde. Alle waren gekommen. Freunde und Familienmitglieder. Sogar einige Arbeitskollegen waren gekommen, um Marie die letzte Ehre zugeben. Die meisten der Anwesenden waren fassungslos. Konnten nicht glauben, dass drei Menschen, die ihnen lieb und teuer waren, auf solch schrecklicheweise aus ihrer Mitte gerissen wurden. Ich konnte es auch nicht. Aber im Gegensatz zu anderen wusste ich, wer der wahre Mörder war. Während sie dachten, ein Irrer hätte sich Zutritt in deren Wohnung verschafft, wusstte ich, wer dahinter steckte. Und auch wenn ich es jemanden zugerne erzählt hätte, weil es mich danach drängte. Weil ich es nicht mehr aushielt, konnte ich es nicht. Das würde sie vermutlich noch mehr fertig machen und in ihrer Trauer, würden sie mich für eine Wahnsinnige halten. Mich sogar vielleicht gewaltsam von hier wegschaffen. Nein, das konnte und wollte ich auch nicht. Ich wollte von Marie Abschied nehmen. Und mich auch dafür bedanken, dass sie an ihren letzten Tagen versucht hatte, mich aufzumuntern. Als der Priester seine Rede beendet hatte, trat jeder von uns nachvorne um eine Rose ins Grab zuwerfen und ihr lebewohl zusagen. Als ich dran war und mit der Rose vor dem offenen Grab stand, biss ich mir auf die Unterlippe. Gerne hätte ich etwas gesagt. Mich mit den passenden Worten von ihr verabschiedet, damit ich selber meine Trauer bewältigen konnte. Doch mich plagte plötzlich ein schreckliches Schuldgefühl.

Ich hätte das verhindern können!

Ich hätte da eine Vision haben müssen!

Ich hätte sie dann warnen können!

Und so weiter. Mit dem Schuldgefühl kam Wut in mir hoch. Ich fragte mich, warum ich da keine Vision gehabt hatte. Ausnahmsweise wären sie sehr praktisch gewesen. Denn dann würde sie noch leben. Einmal mehr verwünschte ich meine angebliche Gabe, die mir mehr als Fluch vorkam und ich hasste sie umso mehr. Diese verdammte Fähigkeit, die mir nichts nutzte und mich zum Zuschauer machte. Zu einem Zuschauer, der das Grauen sehen musste und nichts dagegen machen konnte. Man sollte denken, dass man dann eine Möglichkeit, dieses Grauen irgendwie abzuwenden. Vielleicht hatten eingie diese auch, die ebenso mit sowas gestraft waren. Aber ich nicht. Ich konnte nicht dagegen tun. Und das machte mich wütend. Jetzt noch mehr, da ich zusehen musste, wie meine Freundin in ein dunkles Loch versenkt wurde und als Futter von Würmern und Maden endete. Bei diesem Gedanken drehte sich mir der Magen um und ich musste mich zusammenreissen, um nicht laut aufzuschreien. Stattdessen ballte ich meine Hände zu Fäusten. Immer fester, bis ich spürte, wie sich meine Nägel ins Fleisch gruben und warmes Blut hervortrat. Ein Donnergrollen holte mich aus meinen dunklen Gedanken und ich blickte hoch. Dunkle Wolken hatten sich über uns zusammengebraut und es blitzte. Ein finsteres Lächeln stahl sich von meinen Lippen. Das Wetter passte wirklich, zu meine jetzigen Stimmung. Und es half mir auch meinen Kummer, meine Trauer und meine Wut freien Lauf zulassen. Als es regnete, machte ich mir nicht die Mühe, einen Schirm aufzuspannen, sondern ließ den Regen auf mich niedergehen. Sah es als ein Zeichen, dass dort oben Marie war und auch weinte. Weinte um uns, weil wir nicht mehr bei ihr sein konnten und weil sie uns genauso so sehr vermisste, wie wir sie.

Wie ich sie vermisste.
 

Nochlange blieb ich vor ihrem Grab stehen, dass nun zugeschaufelt wurde und beobachtete die Totengräber, wie sie Schaufel um Schaufel Erde auf Maries Sarg warfen. Es wat genauso wie damals, als Mama beerdigt wurde. Ich hatte mich genauso gefühlt, wie jetzt. Vielleicht noch etwas schlimmer, da sie ja meine Mutter gewesen war. Aber es war dasselbe Gefühl und erneut fühlte ich mich innerlich hohl. Leer wie ein Glas, dass jederzeit zerbrechen konnte. Doch erklang eine Stimme, die mir zuflüsterte, dass ich ganz im Gegenteil aus Glas war. Ich wollte sie instinktiv fragen, aus was ich sei. Zumal kam sie mir bekannt vor. Ich bildete mir sogar ein, dass es Erik war, der da zu mir gesprochen hatte. Doch die Stimme antwortete mir nicht. Was noch frustierender war.

Irgendwann spürte ich, wie jemand den Arm um mich legte. Es war Papa, der einen Schirm über mich hielt, sodass ich nicht mehr nass wurde und ich ließ es zu. Auch dass er mich wortlos zum Wagen brachte und dann losfuhr. Nocheinmal warf ich einen Blick durch den Rückspiegel. Sah, wie der Friedhof, durch den Schauer kaum sichtbar kleiner und kleiner wurde. Bis er ganz verschwand. Noch einmal dachte ich an Marie, rief mir ihr Gesicht vors innere Auge und sagte dann leise: „Leb wohl, Marie!“

Ihr Geistergesicht schien zu lächeln und verblasste. „Du auch, Alli!“, hörte ich sie in meinen Gedanken sagen und ich lächelte. Noch nie war ich froh gewesen, dass sie mich so nannte.

Dabei floss mir eine letzte Träne über die Wange und ich sank im Sitz zusammen. Schloss die Augen und fiel in einen tiefen Schlaf.
 

Die nächsten Tage zogen sich schleppend dahin und ich fragte mich, ob jemand merkte, dass Mair enicht mehr. Außer mir und meinen Kollegen und auch meinem Chef, schien es niemand zuwissen und das machte sauer. Marie hatte nicht solange bei uns gearbeitet, aber jeder hatte sie gesehen und mit ihr gesprochen. Wieso fragte niemand, was mit ihr war. Wieso sprach man nicht über den Mord. Ich weiss, dass es nicht gerade schön ist, darüber zureden. Aber ein paar liebe Worte oder gar Bedauern, wäre wirklich nicht zuviel gewesen. Doch den Gästen schien es egal gewesen zu sein. Was kümmert es schon, wenn eine Kellnerin nicht mehr da ist, denken die bestimmt und meine Laune glich mal zumal dervon einer giftigen Schlange, die man reizte, bis sie zubiss. Ich war sogar kurz und dran, einem Gast eine zu scheuern, weil er blöde Blondinnenwitze machte, um bei seinen ebenso beschränkten Freunden gut darzustehen. In solch einem Moment hasste ich Männer einfach nur. Doch ich riss mich zusammen. Wenn ich mich jetzt vergass, würde mich das meinen Job kosten. Wobei…

Seit Maries Tod war Jaque nur noch mehr unausstehlicher. Hetzte uns wahrlich durch sein Cafe und sagte uns, dass wir uns nun noch mehr ranhalten müssen, um unsere Kunden beizubehalten. Oder vielmehr seine Kunden. Geldgeiler Arsch!

Kaum hatte eine von uns einen normalen Schnupfen, schon drehte er durch. Anscheinend hatte er Schiss noch eine billige Arbeitskraft zuverlieren. Und mich hatte Jaque ganz besonder im Auge, weil ich in letzter Zeit sooft gefehlt hatte. Ich wollte ihm schon sagen, dass ich die nächste sei, die verschwindet, behielt diesen Kommentar für mich. Ich brauchte den Job, wenn ich nicht länger Papa auf der Tasche liegen wollte und eigentlich mochte ich meine Arbeit, aber momentan wollte ich am liebsten alles hinschmeissen. Ich glaube, jeder hat solche Momente, in denen ihm alles egal war und er auf die Welt getrost verzischten konnte. Tja, so gings mir und ich musste mich wirklich am Riemen reissen, um nicht abzurutschen.

Doch es sollte noch schlimmer kommen.

Ich hatte gerade meine Schicht beendet. Es dämmerte bereits, als ich die Haustür aufschloss und ins Wohnzimmer ging, um meinen Papa zu begrüßen. Ich hatte mich ehrlich gesagt auf einen schönen gemütlichen Abend mit Papa und Rafael gefreut. Zusammen auf der Couch sitzen und Fernsehschauen. Doch leider wurde nichts daraus, da ich den Mann, der uns dmals schon besucht hatte, wieder hier sah und es mir kalt den Rücke runterlief. Oje, was würde jetzt kommen. Das letzte Mal, als wir uns gegenüber standen, war ich zumüde, um ihn richtig einzuordnen. Das war ich zwar jetzt auch, aber etwas an seinem Blick ließ mich wach werden und etwas ahnen, was mir nicht gefallen würde. Ich warf einen flüchtigen Blick zu meinem Zimmer und überlegte, wie schnell ich sein musste, um hinein zurennen und die Tür abzuschließen. Doch der Besucher machte mir einen mächtigen Strich durch die Rechnung. „Allison, wir müssen reden!“, sagte er und nichts an seinen Worten ließ den Gedanken zu, dass ich was dagegen tun konnte. Auch Papa schien alles andere als ruhig zusein, denn er rang seine Hände und sah mich besorgt an. Okay, das war wirklich nicht gut. Etwas stimmte hier nicht. Wenn Papa schon so nervös war und er war ja schließlich Polizist, musste etwas wirklich Wichtiges gekört werden. So setzte ich mich neben Papa, sah kurz zu ihm, der mir wiederum einen seiner typischen Väterblicke zuwarf, die jeder Vater hatte, wenn es um sein kleines Mädchen ging und sah dann zum Mann, der vor mir stand und mich mit nicht minder solchen, aber auch ernsten Augen ansah. „Ja, okay. Um was geht es denn?“, fragte ich und versuchte so umbekümmert wie möglich zuklingen. Doch das ging gründlich schief und ich merkte, wie mir plötzlich die Knie zitterten. Sein Gesicht wurde nun finster und ich ertappte mich dabei, wie ich anfing mich vor ihm zufürchten. „Um das was passiert ist mit deiner Freundin ist!“, sagte er und ich spürte sogleich diesen entsetzlichen schmerzlichen Stich in meinem Herzen. Und die Kälte, die mich erfüllte. Es mag zwar eine Woche nun hersein, aber dennoch war der Schmerz frisch, wie am ersten Tag und ich wollte nicht noch mehr darüber denken oder gar reden. „Ich…ich wüsste nicht warum. Und ich will auch nicht. Marie war meine Freundin und ihr Tod war…schlimm für mich!“, sagte ich und merkte, wie sich wieder ein fetter schleimiger Kloss in meinem Hals breitmachte. Wenn ich mir vorhin gewünscht hatte, jemand würde ein Wort über Marie verlieren, so nahm ich diesen wieder zurück. Ich wollte nicht über ihren Tod sprechen, der mir noch gut in Erinnerung geblieben war. Sondern wie sie gewesen war. Fröhlich und immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Doch selbst das schmerzte vielzusehr, als das ich es aushalten konnte. Krampfhaft bohrten sich meine Finger in das Polster. „Das kann ich verstehen. Dennoch muss es sein. Ich vermute mal, du hast gesehen, was ihr passiert ist und was sie getötet hatte!“, sagte er und kniete sich vor mich, sodass wir auf gleicher Augenhöhe waren. Sofort hatte ich das Gefühl keine Luft mehr zubekommen. Und ob ich das wusste, aber woher wollte er das wissen. Konnte er etwas gedankenlesen oder gar hellsehen?

Meine Fragen mussten deutlich in meinen Augen sehen zusein. Er lächelte etwas und schüttelte den Kopf. „Nein, ich kann weder gedankenlesen noch hellsehen. Aber ich habe mir schon sowas gedacht. Gleich nachdem du Erik begegnet bist!“, meinte er und mein Staunen war groß. Aber ich wurde auch misstraurisch.

Woher wusste er das?

War das etwa der Grund, warum er hier war?

Und vorallem, was wollte er dagegen machen?

Ich sah zu meinen Vater, der nur vor sich hinstarrte. Offenbar war ihm ebenso unwohl zumute, wie mir. Aber auf eine eine andere Art. Nur kurz sah er zu mir und ich sah, wie seine Kiefer sich aufeinanderpressten. Mir wurde sofort flau im Magen und mein Misstrauen schlug in Angst um. Egal was der Grund war, warum er hier war. Es konnte nichts Gutes bedeuten. „Und…und was hast das damit zutun?“, fragte ich, wobei diese Frage mehr als dämlich klang. Es musste eine ganze Menge damit zutun haben. Nur konnte ich nicht sagen, ob ich es wirklich wissen wollte. „Nun, ich dachte Erik wäre, nachdem deine Mutter gestorben war, wieder in die Hölle zurückgekehrt, weil er seine Aufgabe erfüllt hatte. Aber wie ich sehe, habe ich mich wohl geirrt. Und das ein Ghoul und sogar ein Parasiten-Dämon versucht hatten, dich zuermorden, lässt mich zu dem Schluss kommen, dass du mehr von deiner Mutter geebrt hast, als wir bisher dachten!“, sagte er und ich musste wirklich beherrschen, um ihm nicht an die Gurgel zu gehen. Was sollte das nun wieder heissen?

Ich weiss, dass ich so einiges von meiner Mutter hatte. Ihr hübsches Gesicht zum Beispiel und ihre trockene Art von Humor. Besonders aber ihr hitziges Temperament, das ziemlich schnell dafür sorgen konnte, dass ich meine gute Erziehung vergass.

Aber was soll ich noch von ihr haben?

Auch diese Frage musste er deutlich in meinem Blick gesehen haben, denn sein Gesicht wurde nun wieder bitternst und er holte tief Luft, als er weitersprach. „Allison, ich habe immer für dich gehofft, dass du ein friedliches Leben führen würdest. Aber irgendwie scheint es auch bei dir das Schicksal nicht gerade gutzumeinen!“, sagte er und meine Ungeduld und meine Angst wurden immer größer. Fast schon wollte ich ihn anschreien, nicht länger um den heissen Brei rumzurühren und einfach aussprechen, was er mir damit sagen wollte. Doch da kam mir schon ein anderer zuvor. „Kommen Sie schon, Daroga. Sagen sie es doch einfach freiheraus. Sie wird nun ebenso gejagt, wie ihre Mutter damals. Und sie kann nur gegen die Hölle und deren Kreaturen bestehen, wenn sie lernt, sich richtig zu verteidigen!“, unterbrach ihn eine altbekannte Stimme und ließ uns allesamt zusammen fahren. Wir drehten uns um und schnappten gleichzeitig nach Luft. Mittlerweile war es dunkel geworden. Eigentlich hätte es mich nicht wundern sollen, dass Erik so plötzlich aufgetaucht war. Er hatte immer irgendwie genau gewusst, wann er einem überraschen oder gar erschrecken konnte, wenn man nicht mit ihm rechnete. Doch nun war ich wirklich erstaunt, dass er hier war. In der ganzen Zeit, nachdem er den Parasiten aus Marie förmlich herausgezerrt hatte, hatte er sich nicht mehr bei mir blicken lassen. Und ich hatte gedacht, dass er fort wäre. Nun aber stand er wieder da. Oder hockte zumindest. Mit einem breiten Grinsen hockte er auf dem Küchentisch und sah zu uns hinüber. Während ich und Papa ihn mit einer Mischung aus Überraschung und Unglauben anschauten, schien Daroga eher aufgebracht zusein. Geradezu wütend. „Erik…!“, kam es nur über seine Lippen und mehr brauchte er auch nicht zusagen, um deutlich zu machen, was er von ihm hielt. Offenbar waren sie nicht geraden die dicksten Freunde. Erik schien sich davon allerdings nichts aus der Ruhe bringen zulassen. Er hob nur die Hände und fragte mit einer Unschuldsmiene, die ich ihm niemals zugetraut hätte:„ Was denn? Das ist die Wahrheit!“

Dann wurde das Gesicht von ihm noch ernster, als das von Daroga vorhin. „Es bringt doch nichts, es ihr durch die Blume zusagen. Sie weiss, dass die Hölle existiert. Und selbst wenn du sie gut auf den Kampf gegen diese vorbereitest, wird sie verlieren. Denn ich glaube kaum, dass du ihr beibringen wirst, wie sie ihr Erbe einzusetzen hat. Von können ganz zuschweigen!“, sagte er und Darogas dunkler Ausdruck wurde noch finsterer. Erik achtete nicht weiter darauf, sondern sah mich an und mir wurde aufeinmal eiskalt.

Ich verstand nur Bahnhof.

Und fragte mich, von was von einem Erbe er da redete?

Das wurde mir langsam unheimlich. Gerne hätte ich darüber gelacht. Aber ich hatte das dumme Gefühl, dass da war wahres dran war und das es sicher noch schlimmer kommen würde. Nur war ich mir nicht so sicher, ob ich es wirklich wissen wollte. So blickte ich ihn nur an und schaute dann zu Papa. Dieser schien auch nicht so richtig zuwissen, was er damit meinte und etwas in seinen Augen verriet mir, dass er Angst hatte. Nun…da war er nicht der einzige. „Was für ein Erbe meint er?“, fragte ich an Daroga, doch er hatte den Blick nur auf Erik gerichtet. Das Erik das gesagt hatte, musste ihn wirklich aufgeregt und auch in großer Sorge versetzt haben, denn er wirkte alles andere als erfreut, dass Erik dies ansprach. Ich konnte nur hilflos von einem zum anderen blicken und mich immer wieder fragen, was Erik eigentlich damit meinte. Die Minuten dehnten sich, während Daroga schwieg. Als er dann weitersprach, hörte ich deutlich seiner Stimme an, dass es ihn alle Kraft kostete, es mir zu zuverraten. „Das Erbe der schwarzen Wölfin!“, hauchte er und wurde plötzlich kalkweiss, trotz seiner dunklen Hautfarbe. Ich verstand nur noch mehr Bahnhof.

Was sollte das denn sein?

Das Erbe der schwarzen Wölfin?

Noch nie davon gehört. Und was hatte das mit meiner Mutter zutun?

Diese Fragen mussten mir dabei mehr als deutlich im Gesicht geschrieben sein, denn Daroga schaute kurz zu Erik, der sich bis jetzt nicht gemeldet hatte. Offenbar rechnete Daroga damit, dass Erik mir weitererzählen würde, was es mit dem Erbe zutun hatte. Doch Erik schien nicht daran zudenken, sodass Daroga gezwungen war weiterzusprechen. „Das Erbe der schwarzen Wölfin!“, murmelte er vor sich, wie als wenn ich, Papa und gar Erik nicht da wären. Als müsste er sich selber vor Augen halten, was nun kam und er es mir verraten musste. „Was hat es damit auf sich?“, fragte ich nun, weil ich es nicht mehr aushielt. Nocheinmal sah er zu Erik, die immernoch keine Anstalten machte, ihm das Wort abzunehmen. Kurz verfinsterte sich wieder sein Gesicht. Dann aber wurde es ernst und er sah mich aus untergründlichen Augen an. Tief holte er noch mal Luft, ehe er weitersprach. „Es ist die Gabe, die dir deine Mutter vermacht hat. Die Gabe, dass zusehen was noch nicht ist, aber sehr bald sein wird!“, erklärte er und über meinem Kopf musste ein riesiges Fragezeichen schweben, denn nun mischte sich doch Erik ein. „Mit anderen Worten: Deine Mutter hat dir das Sehen in die Zukunft, in die Wiege gelegt!“

Und nun glaubte ich den Boden unter den Füssen zuverlieren. Würde ich nicht sitzen, wäre ich schon längst zusammengesackt, wie ein nasser Sack.

Ich hatte das Sehen in die Zukunft von meiner Mutter?

Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, geschweige denn ob ich mich freuen sollte. Meine Mutter konnte einst wie ich Hellsehen und sie hatte es an mich weitergegeben.

Aber warum hat sie nie darüber gesprochen?

Hatte sie denn davon überhaupt gewusst, dass auch ich sie hatte?

„Weil sie dich nicht beunruhigen wollte. Und ja, sie wusste, dass du diese Gabe auch hattest. Schon damals, als kleines Kind hattest du sie. Sie war zwar zu schwach, als das du es bemerken konntest. Aber du hattest sie. Die ganze Zeit und seit dem Tod deiner Mutter, ist sie stärker geworden!“, erklärte er.

Mir wurde zuspät bewusst, dass ich meine Fragen diesesmal laut ausgesprochen hatte. Und jetzt hatte ich die Antwort. Die, die ich immer wieder auf meine Frage haben wollte, warum mir das passierte. Ich hatte diese Gabe von meiner Mutter. Das war ihr Erbe an mich. Und auch wenn es mir schon vorher, tief in meinem Inneren, bewusst war, konnte und wollte ich es nicht glauben. Das war einfach unfassbar. War nicht wirklich. Konnte nicht wirklich sein.

Gerne hätte ich das als Spinnerei eines alten Mannes abgetan. Aber da gab es etwas tief in mir, dass dieses Hoffen zunichte machte. Dass mir sagte, nicht länger die Augen vor der bitteren Wahrheit zuverschließen und es zu akzeptieren. Doch ich wollte das nicht. Wollte diese Gabe nun umso mehr nicht haben. Mamas Tod war schon schlimm genug. Und dass ihr Tod nun meinen Fluch noch stärker gemacht haben sollte, machte mich wahnsinnig vor Verzweifelung. „Aber warum? Warum jetzt? Warum sind sie nicht schon damals so stark gewesen?“, fragte ich und meine Stimme nichts weiter als ein Schluchzen. Ich fühlte mich in diesem Moment so entsetzlich allein und hilflos zurückgelassen. Als würde ich nicht wirklich am leben sein, sondern schon längst tot. Das ergab doch alles keinen Sinn. Wenn meine Gabe damals schon stark gewesen wäre, als Mama noch lebte, so würde ich jetzt Halt bei ihr finden. Sie würde mich so trösten, wie es nicht mal Papa tun konnte. Aber Mama war tot und begraben und so blieb ich allein zurück. Allein mit diesem Fluch, der auch auf ihr gelastet hatte. Wie mag es ihr dabei ergangen sein, fragte ich mich dabei. Hatte sie sich genauso gefühlt, wie ich. Gelähmt von Verzweiflung, weil sie ebenso nichts dagegen tun oder gar diese schrecklichen Ereignisse nicht verhindern konnte. Hatte das vielleicht dafür gesorgt, dass sie sich umgebracht hatte?

Möglich wäre es. Niemand, der nur einen Funken Menschlichkeit bei sich hatte, konnte das ohne etwas wie Angst geschweige denn wie Verzweiflung zuempfinden, ertragen. Und auch wenn meine Mama eine stolze und starke Frau gewesen war, konnte ich es mir nicht vorstellen, dass sie dabei nicht daran zerbrochen wäre.

Am liebsten wäre ich in Tränen ausgebrochen und hätte nach meiner Mama geschrien. Hätte mich an sie gedrückt und mich von ihren Worten beruhigen lassen, wie damals, als ich noch ein kleines Mädchen und aus einem schlimmen Traum erwacht war. Doch sie war nicht mehr da und ich war allein. Die Tränen rannen mir nur so über die Wangen und ich vergrub mein Gesicht in den Händen. „Grossartig, Daroga. Toll gemacht. Genauso musste das jetzt sein!“, hörte ich Erik wie von weitem schnaubend. „Wärst du mir nicht über den Mund gefahren, hätte ich es ihr schonender beibringen können!“, giftete Daroga zurück. „Schonender? Darauf wäre ich sehr gespannt gewesen. Du weißt genauso gut wie ich, dass die Hölle sie niemals mit Samthandschuhen anfassen würde!“, kam es nun wieder von Erik.

„Das weiss ich ja. Aber es bringt nichts, sie ins eiskalte Wasser zu schubsen!“

„Tja, das ist schon passiert, falls du es nicht gemerkt hast. Was gibt dir das Recht, so zutun, als ob du der beste Freund wärst. Darf ich dich daran erinnern, dass Erin am Ende dir die Freundschaft gekündigt hat?!“, hörte ich Erik sagen. „Kein Wunder bei den ganzen Geheimnissen, die du vor ihr hattet, und dabei zugleich behauptet hast, du seist ihr Freund!“

„Ach, sei still du…!“

„Seid alle beide still!“, schrie ich schrill, weil ich ihre Zankereien nicht länger ertragen konnte und war sogleich aufgesprungen. Papa, Daroga und auch Erik schienen mich mit verblüfften Augen anzusehen. Sie hatten wohl nicht gerechnet, dass ich so expoldieren würde. Noch ehe sie etwas sagen oder tun konnten, war ich zur Tür gerannt und hatte diese aufgerissen. Ich hörte noch wie mein Vater nach mir rief. Dann war ich schon die Stufen nachunten gerannt und aus der Haustür draußen. Obwohl der Wetterdienst keinen Regen angesagt hatte, hatten sich dunkle Wolken am Himmel gebildet und es begann zu donnern. Mir war es aber egal. Soll es doch donnern, regnen oder gar blitzen. Mir war alles egal.
 

Es schüttete wie aus Eimern, als ich durch die Strassen von Paris umherirrte. Ich wusste nicht wohin ich gehen sollte. Ich war einfach drauflosgelaufen. Zum einen weil ich glaubte keine Luft mehr zubekommen und zum einen weil ich dagegen hiflos war. Hilflos gegen die Wahrheit, die mir da eben offenbart wurde und die zugleich Antwort auf meine Frage war. Dennoch fühlte ich dabei keine Zufriedenheit. Wie denn auch?

Es hatte dies noch viel schlimmer gemacht. Es war einfach nicht mehr zuertragen. Wieder fragte ich mich, ob die Gabe des Sehens schuld daran war, dass Mama sich getötet hatte. Es musste so gewesen sein. Ich hätte es ebenso getan. Schon längst eigentlich, wäre ich an ihrer Stelle gewesen. Ich hätte nicht gewartet. Da kam mir plötzlich ein verrückter aber auch ereschreckender Gedanke. Warum sollte ich mir jetzt nicht auch das Leben nehmen?

Jetzt wo ich wusste, woher und von wem ich diese Gabe hatte, konnte ich dem doch auch ein Ende setzen, wie es einst meiner Mutter getan hatte. Wäre das nicht passend?

Die Tochter stirbt ebenso durch die eigene Hand, wie einst die Mutter. Schon eingwenig theatralisch. Und es war erschreckend, wie ähnlich ich plötzlich meiner Miutter war. Zwar wusste ich schon vorher, dass ich das meiste von ihr hatte, aber nun…

Es war als wäre ich zum Teil sie selber. Als würde etwas von ihr in mir weiterleben. Eigentlich sollte das mir ein gutes Gefühl geben, dass sie in mir weiterlebte. Aber es ließ mich schauern in welcher Art ich ihr ähnelte. Wie sehr meine Gedanken der ihren geähnelt haben mussten, bevor sie sich…

Hatte sie denn überhaupt ansowas gedacht, oder sich einfach aus reinem Impuls das Herz durchbohrt?

Was kümmert es dich, was sie gedacht oder ob sie es getan hatte, zischte eine Stimme. Beende es, ehe es du dir noch anders überlegst und weiterhin leidest!

Diese Stimme war nicht die von Erik. Sie klang viel dunkler und krächzender. Wie eine Säge, die über Stein geschleift wurde. Sie ließ mich zu Eis erstarren und ich blieb zitternt im Regen stehen, der nicht mehr kalt war, sondern warm. Beinahe heiss. Nur die Kälte in mir blieb und ließ mich weiterzittern. Weiter leiden, fragte ich mich und tausend schreckliche Bilder jagten mir durch den Kopf. Ich konnte mich deutlich sehen, wie ich in einer Ecke kauerte und weinte, schrie und hysterisch lachte. Ich war verrückt geworden, durch diese schrecklichen Visionen, die mich überfielen. Die Visionen, die das Erbe meiner Mutter waren. Und an denen ich genauso zerbrechen würde, wie sie. Doch soweit würde ich es nicht kommen lassen. Jetzt war die Gelegenheit mehr als günstig. Wenn sich jemand selbst das Leben nahm, weil er einen Nervenzusammenbruch hatte, würde man sicher keine Fragen stellen. Nicht mal Papa würde man etwas vorwerfen können. Papa!

Was würde aus ihm werden, wenn ich nicht mehr war. Würde er genauso um mich weinen, wie er um Mama geweint hatte. Sicherlich. Mit größter Bestimmtheit. Immerhin war ich sein kleines Mädchen, welches er niemals verlieren und immer beschützen wollte. Aber wenn ich jetzt gehen würde, würde ihm das Herz brechen. Er wäre am Boden zerstört und würde sich die Schuld geben, weil er mich nicht aufgehalten hatte. Das konnte und wollte ich Papa nicht antun. Aber ich wollte auch nicht weiter dieses Erbe haben. Nicht mehr dieses Leben, das nur aus Grauen bestand.

Ich fühlte mich hinundhergerissen und noch ehe ich wirklich begriff, was als nächstes passierte, stand ich auf einer der vielen Brücken, die über die Seine führten. Oder besser gesagt auf dessen Brüstung. Ich musste nur noch einen Schritt machen und gegen Drang ankmäpfen, an die Oberfläche zuschwimmen, und schon würde ich eine von vielen Wasserleichen werden. Ich schloss die Augen und hob den Fuss hoch, um einen Schritt ins Leere zumachen. Verabschiedete mich dabei von allen, die ich kannte und die mir lieb und teuer waren. Doch bevor ich in die Tiefe fiel, packte mich plötzlich eine Hand und hielt mich zurück. Als ich erschrocken die Augen öffnete und zu demjenigen schaute, der mich vom Sprung abhielt, schlug ein greller Blitz ein und tauchte dessen Gesicht in einen hellen Schein. Mir verschlug es glatt die Sprache. Ich dachte zuerst es sei mein Vater, oder gar Daroga. Doch keiner von beiden, hielt mich fest. Sondern…

„Erik!“, keuchte ich.

Und wie zur Bestätigung rollte wenige Sekunden später der Donner über uns weg.



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Von:  Hidan_1975
2015-10-04T15:58:49+00:00 04.10.2015 17:58
Oh man,die Beerdigung verlangt ja ne Menge von Alli ab.Mir würd das schwerfallen meine beste Freundin zu beerdigen.Weis nicht,wie ich reagieren würde.
Da jèder anders trauert.

Zum Glück war Eric ja da und hilft ihr.

So,jetzt find ich die Ruhe zum w.lesen.
Ladekabel kaputt u moin neu kaufen.

Lg Simi
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
05.10.2015 15:06
Tja, Beerdingungen sind niemals lustig. Kann da gut mitreden war schon auf Zwei stück...
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
05.10.2015 15:47
Oh das tut mir leid...
Von:  _Psych_
2011-11-13T11:38:01+00:00 13.11.2011 12:38
So, bin jetzt endlich dazu gekommen, das Kapitel zu Ende zu lesen^^
Also, war wieder einmal ein gutes Kapitel.
Mit Eric als Retter in letzter Sekunde, richtig dramatisch. :)
Freu mich schon auf das nächste Kapitel... und hoffe, dass ich bei dem schneller Zeit finde es durch zu lesen ;D


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