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Pancakes und Blinis

KanadaxUkraine
von

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Irinas Herz klopfte noch immer wie wild, als sie den langen Gang des russischen Regierungsgebäudes entlangeilte. Ihr Gesicht war heiß, sicherlich hatten ihre Wangen einen satten Rotton angenommen. Amerikas „Epic Win“ hallte noch immer in ihrem Kopf wieder.

Ein seltsames Gefühl.

Sie fühlte sich so komisch, fühlte sich einerseits seltsam unbeschwert, glücklich, musste an sich halten, um nicht in der nächsten Minute wie ein Schulmädchen loszukichern, andererseits fühlte sie sich unsicher, schrecklich unsicher, noch mehr als sonst. Wie als hätte sie eine falsche Entscheidung gefällt, die nicht mehr ruckgängig gemacht werden konnte.

Fast schon geschockt blieb sie mitten auf dem Gang stehen. Das war es. Eine Entscheidung, die nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte. Noch einige Sekunden verharrte Irina in ihrer Stellung, vollkommen steif das Ende des Flures anstarrend. Erste Gedanken des Selbstzweifels begannen sich in ihrem Kopf breitzumachen. Sie setzte sich wieder in Bewegung, versuchte die lästigen Gedanken abzuschütteln. Gelingen tat ihr das allerdings nicht wirklich, viel mehr verstrickte sie sich in ein Netz aus wirren Gedanken.

Was hatte sie mit ihrem Verhalten nur wieder losgetreten? Was wenn sie damit ihre Beziehung zu dem Kanadier zerstört hatte? Hatte sie sich wieder irgendwelche Chancen verbaut?

Immer und immer wieder wiederholten sich diese Gedanken in ihrem Kopf, ließen sich nicht abschütteln. Und das Glücksgefühl schwand nun vollkommen. Verdammt, was war nur mit ihr los? Warum machte sie sich so viel daraus? Matthew würde sich sicher nichts daraus machen, hätte er es nicht gewollt und außerdem…
 

„сестра! Was machst du denn noch hier?“

Erschrocken fuhr Irina zusammen, als sie Schritte und die Stimme ihres Bruders hinter sich vernahm. Mehr oder eher weniger elegant drehte sie sich um und ging einige Schritte auf Ivan und Natalia, die nach wie vor regelrecht an ihm hing, zu. Sie waren ihr wohl gefolgt oder Ivan hatte noch etwas aus einem der angrenzen Konferenzräume geholt, oder was auch immer…

„Äh… Ich? I-ich war nur auf der Suche… nach der Toilette…?“, erwiderte Irina unschlüssig. Sie hatte diesen Weg einfach nur eingeschlagen, um nicht möglicherweise Matthews Reaktion auf den Kuss erleben zu müssen.

„Irina, du weißt genau, dass das Klo nicht hier ist, да?“, sagte Ivan mit seinem üblichen Lächeln. Er hatte sie durchschaut, kannte sie wohl doch ganz gut. „Sagst du uns, was du hier wolltest?“

„Ni-nichts bestimmtes…“, nuschelte Irina, während sich ihre Wangen wie so oft zartrosa färbten.

„Es hatte doch nichts mit diesem Amerikaner zutun, oder?!“, schaltete sich Natalia ein und ließ Ivan los, um Irina mit teils besorgten, teils wütenden Blick aus ihren sonst ausdruckslosen Augen anzustarren.

„E-er ist Kanadier und-“

„Also hat es mit diesem Kanadier zu tun!“, wiederholte Natalia und zückte sofort eins ihrer Messer. Nur Gott wusste, wie sie sie immer zu Konferenzen mitschmuggeln konnte. Noch dazu im Hosenanzug. „Den mach‘ ich kalt, wart’s nur ab…“, knurrte Natalia und betrachtete die Schneide des Messers.

„K-kaltmachen?!“, entfuhr es Irina. Natalia nickte als Antwort auf die rhetorische Frage.

„Natalia, ich glaube nicht, dass das eine besonders gute Idee wäre…“, wandte Ivan ein, als er den verstörten Gesichtsausdruck seiner großen Schwester bemerkte.

„N-nein, es ist keine gute Idee!“

„Wieso nicht?“, kam die verständnislose Frage Natalias.“Nach dem, was gestern passierte ist, dürfte ich ihn sogar noch foltern, bevor ich ihn dann endgültig umbringe.“

„Nein!“, quietsche Irina, abermals total überfordert mit ihren Geschwistern. „U-u-und er hat mir gesagt, dass er sowieso alles vergessen hat, was gestern passiert ist!“

„Aber…“, sagte Natalia, ihre Stimme nicht mehr als ein gefährlich leises Knurren. „Wenn er noch einmal versucht seine Neigungen zum Exhibitionismus-“

„Hat er eindeutig von Frankreich, да?“, unterbrach Ivan seine kleine Schwester, die aber sofort unbeirrt fortfuhr.

„…an mir oder Irina auszuleben, töte ich ihn. Ohne Ausnahme.“

„Also, ich fand‘ euch drei ja ganz süß…“, sagte Ivan, das Lächeln jetzt zu einem Grinsen verzogen.

Daraufhin blieb es einige Sekunden still, Irina wurde noch röter, als sie es ohnehin schon gewesen war, als sie sich an die Vorfälle des gestrigen Abends erinnerte und auch Natalias Wangen zierte ein leichter Rotschimmer.
 

„H-haben wir das Thema jetzt durch?“, fragte Irina hoffnungsvoll. Natalia nickte nur knapp und verstaute ihr Messer wieder, Ivan lächelte Irina aufmunternd an.

„Solange es nur dieser Kanadier ist. Ganz in Ordnung scheint er ja zu sein. Nur eben nicht trinkfest, да?“, sagte Ivan auf ziemlich unangenehme, brüderlich Art. „Aber ich bitte dich, fange nichts mit diesem verdammten Kapitalistenschwein an, да?“

Bei den letzten Worten Ivans erhielt seine Stimme und sein Lächeln eine gefährlich Note, die Irina und Natalia während des Kalten Krieges oft genug gesehen oder gehört hatten.

Um ein wenig darüber hinwegzuspielen fragte Irina: „W-wer sagt, dass ich was mit ihm angefangen habe? Eh, nein, sagt lieber nichts. I-ich muss sowieso los…“

Peinlich berührt schaute Irina zur Seite. Sie und etwas mit jemanden anfangen? Ihre letzte „Beziehung“ war schon lange her…

Sie verabschiedete sich noch mit einer kurzen Umarmung von ihren Geschwistern und machte sich auf den Weg aus dem Gebäude. Manchmal war es doch ganz schön Geschwister zu haben – Irinas Selbstzweifel waren wenigstens vorerst in den Hintergrund gerückt.

Es würde wohl ein langer Rückweg werden. Lang genug, um ausgiebig über alles Mögliche nachzudenken…
 

~*~
 

Drei Wochen. Drei Wochen war das Treffen in Russland her. Drei Wochen war Irinas und Matthews Kuss her. Und drei Wochen war nichts, absolut nichts passiert.

Manchmal war es schon ziemlich ungünstig, war man die Personifikation der Ukraine und hatte weltpolitisch nicht viel zu sagen. Wäre sie wichtiger, wäre sie schon lange wieder auf einer Konferenz oder etwas Ähnlichem gewesen. Irgendeinem Krisengipfel. Aber so? So hätte sie nur telefonisch Kontakt mit dem Kanadier halten können… Doch nicht mal das hatte sie hinbekommen.

Irina stand vor dem Büro ihres Chefs, des ukrainischen Präsidenten und starrte gedankenverloren auf ihr Handy, scrollte die empfangenen Anrufe rauf und runter. In der ersten Woche hatte sie einige Anrufe von Matthew Williams erhalten. Nie war sie rangegangen, immer in der Angst eine Abfuhr zu erhalten. In der zweiten Woche hatte er nur noch selten angerufen, in der ganzen Woche dreimal. Wieder hatte Irina nicht herangehen wollen. Heute am Ende der dritten Woche, war kein einziger Anruf verzeichnet.

Was wollte er, was wollte sie? Irina wusste es nicht. Sie freute sich über die Anrufe. Doch dann kamen die Zweifel, sie ging nicht an Telefon. Sie mochte es nicht, dass der Kanadier jetzt nicht mehr anrief, auch wenn es selbstverschuldetes Unglück war, wie man so schön sagte.

Vielleicht…

Nun sie konnte es immerhin versuchen. Mit zittrigen Fingern suchte sie Kanadas Nummer aus dem Telefonspeicher und drückte auf den hübschen grünen Hörer, der ihr jetzt irgendwie gefährlich vorkam. Es klingelte einmal… zweimal… Und ihr Chef riss erbost die Tür auf.
 

„Wo bleiben Sie denn, was stehen Sie noch hier vor der Tür herum?! Wir haben etwas Wichtiges zu besprechen, also kommen Sie rein!“

„V-verzeihung…“, nuschelte die Personifikation der Ukraine und brach den Anruf ab, folgte ihrem Boss, einem alten, eben typischen Politiker, in das geräumige Büro.

Im Büro ließ sie sich sogleich am Stuhl am Schreibtisch, gleich gegenüber dem ukrainischen Präsidenten nieder.

„Also, der Grund, warum ich Sie hierher bestellt habe ist folgender: Ich möchte die, nun, Länderbeziehung zwischen der Ukraine und den Staaten Nordamerikas verbessern. Gute Kontakte, insbesondere zur amtierenden Wirtschaftsmacht, sind das, was wir in unserer derzeitigen Situation brauchen. Vielleicht können wir auch noch einige neue Handelsverbindungen herausschlagen oder einen Beitritt bei der NATO… Na, man sollte aufhören zu träumen. Wie auch immer, ich bitte Sie aus diesem Grund mich auf das nächste Treffen mit besagten Regierungschefs zu begleiten.“

„N-natürlich“, erwiderte Irina reflexartig. „Nur, wenn sie sagen Staaten Nordamerikas meinen sie…?“

„Mexiko auf keinen Fall, wenn Sie das meinen. Um die mexikanische Wirtschaft ist es möglicherweise schlechter bestellt als um unsere Eigene…“
 

Bei diesen Worten zuckte Irina zusammen. Sie wusste, dass es nicht gut aussah, dass sie Schulden hatten. Aber sie bemühte sich. Das Volk bemühte sich. Die Politiker bemühten sich, oder?

„Nein, ich meinte eigentlich vordergründig die USA und gegebenenfalls… Kanada.“

„K-kanada?“

„Natürlich, warum nicht? Zwar nicht gerade die amtierende Wirtschaftsmacht, nicht zu vergleichen mit der der Vereinigten Staaten… Aber man sollte keine Möglichkeit auslassen, meinen Sie nicht?“

„Nein, natürlich nicht…“, antwortete Irina und sie merkte wie sie wieder rot wurde. „Solange es sich nur um so eine politische Konferenz… mit Politikern handelt…“, fügte sie undeutlich hinzu.

„Was sagten sie?“

„N-nichts!“

„Gut. Wenn es keine Einwände ihrerseits gibt, wäre das Ganze ja geklärt. Den genauen Termin werde ich Ihnen noch rechtzeitig zukommen lassen. Die Herren dort drüben konnten sich noch nicht auf einen Termin einigen. Voraussichtlich wird es aber bereits in ein bis zwei Wochen sein, also bereiten Sie sich vor.“

„Hm-hm…“, machte Irina, nickte stumm, die Gedanken kreisten bereist um die anstehende Reise.

„Gut, dann können sie nun gehen. Hier nehmen sie das mit.“

Erlöst wollte sich Irina von ihrem Stuhl erheben, aber ihr Boss hielt sie zurück, als er ihr einen Stapel Akten in die Hand drückte.

„Bevor ich es vergesse. Die Personifikationen der Vereinigten Staaten und Kanadas werden ebenfalls anwesend sein, falls es Sie interessieren sollte.“

„J-j-ja…“, stotterte Irina schon wieder krebsrot im Gesicht. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Chef nichts mit ihrer seltsamen Reaktion auf seine Aussage anfangen konnte.

So schnell sie konnte verließ sie das Büro ihres Chefs und machte sich auf den Weg in ihr eigenes, den Stapel Akten, den sie soeben von ihrem Boss erhalten hatte unter den Arm geklemmt. Bald würde sie auf den Weg nach Amerika sein. Matthew wiedersehen. Doch freute sie das? Es freute sie, keine Frage. Auch, wenn sie nicht sicher war, wie er sich ihr gegenüber nun verhalten würde. Würde er sich freuen? Das war doch die relevante Frage. Und genau darauf, wie sollte es auch anders sein, wusste Irina keine Antwort. Wie sollte sie auch? Oder sollte sie ihn fragen? Nein, anrufen würde sie auf keinen Fall. Lieber würde sie bis zur Konferenz warten. Oder sie sollte sich lieber nicht so viele Gedanken machen, schließlich…

„Wah!“
 

Irinas Gedanken wurden abrupt unterbrochen, als sie sich samt Akten auf dem Boden des Flures wiederfand, den amtierenden und ziemlich verärgerten Wirtschaftsminister direkt vor ihrer Nase.

„Oh Gott, bitte verzeihen Sie!“, rief Irina erschrocken aus, klaubte schnellstmöglich ihre Papiere zusammen und half dem schon etwas älteren Minister auf.

„E-es tut mir leid, ich habe wohl nicht aufgepasst…“, entschuldigte sich Irina erneut und lächelte gequält.

Der Minister sagte daraufhin, zog einfach an ihr vorbei und murmelte irgendetwas Unverständliches zu der schlechten Situation der ukrainischen Wirtschaft. Irina setzte ihren Weg fort, fühlte sich durch das Ereignis eben aber an Matthew, den sie gerade zu verdrängen versucht hatte, erinnert. Ihre erste richtige Begegnung… Irina hatte sich so schrecklich geschämt…

Ob sich das in ein bis zwei Wochen, wie es hieß, wiederholen würde? Sie hoffte nicht. Aber wie hieß es so schön? Alles, was schief gehen konnte, ging auch schief…



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