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Why can't I just love?

von

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16. Mai

Zum Ausgleich für den leicht verdaulichen Tag gestern wurde es heute abenteuerlich und nervenaufreibend, mit einer Extraportion eklig.

Wir hatten Biologie und unser Lehrer hatte einen Glaskasten bei sich auf dem Pult stehen. Es sah aus wie ein Aquarium, nur ohne Wasser, Terrarium heißen die Dinger glaube ich. Also ging ich davon aus, dass er irgendeine Reptilie, oder noch schlimmer, ein Insekt bei sich hatte. Schon alleine bei dem Gedanken lief mir ein Schauer über den Rücken. Ich weiß noch, wie er einmal eine Schlange bei sich hatte und ich in Ohnmacht fiel. Vielleicht war das ja der Auslöser dafür, dass alle dachten, ich wäre schwul. Oder dass ich immer, wenn ich überrascht bin, sage ›Ach Gottchen‹. Ich weiß, es ist ein furchtbares Klischee, genau wie das mit-dem-Hintern-wackeln und all diese Dinge, bei denen man sofort denkt, ›Oh, der ist bestimmt schwul!‹, aber gerade weil es so ein Klischee ist, könnte es ja ein Grund dafür sein, oder?

»Guten Morgen«, begrüßte der Lehrer uns. Wir nuschelten ein ›Guten Morgen‹ zurück und starrten den Glaskasten an.

»Wie ihr seht, habe ich eine Freundin bei mir«, sagte Herr Wener stolz.

Ach Gottchen, dachte ich überrascht, etwas weibliches kann ja nur etwas böses und ekliges sein! Herr Wener musterte den Glaskasten, konnte ›seine Freundin‹ aber anscheinend nicht finden. Er suchte noch eine Weile, sah uns dann wieder an und lächelte peinlich berührt.

»Ahaha«, lachte er nervös, »meine kleine Vogelspinne ist wohl ausgebüxt...«

Sofort ergriff mich die Panik. Vogelspinne?! Ich ließ meinen unmännlichsten Schrei heraus und sprang blitzschnell auf den Tisch. Danach herrschte beklemmende Stille und jeder starrte mich an. Nach der Stille folgte Gelächter und die Jungs rissen ein paar schwulenfeindliche Witze. Beleidigt mich, so sehr ihr wollt, dachte ich, ich gehe hier auf keinen Fall runter! Erst jetzt im Nachhinein schäme ich mich in Grund und Boden für diese Aktion.

Auf einmal sah ich das Vieh auf meinem Tisch herumkrabbeln. Die Spinne war schwarz, riesig und haarig – mehr sah ich gar nicht, denn sofort war sie zwischen meinem Fuß und dem Tisch. Erst, als die Spinne Brei war, wurde mir klar, was ich getan hatte.

»Tobias, bist du denn von allen guten Geistern verlassen!«, rief Herr Wener verzweifelt und hielt sich beide Hände an den Kopf. Er rannte zu der Vogelspinne – oder was davon übrig geblieben war – und sein Gesicht nahm eine tiefrote Farbe an. Ich blieb wie versteinert auf dem Tisch stehen und bewegte meinen Fuß nicht von dem toten Tier weg.

»Geh doch endlich weg! Oh, meine arme Kleine!«, jammerte er.

Er stieß mein Bein weg und als ich die Leiche der riesigen Spinne sah, musste ich mich bemühen, nicht in Ohnmacht zu fallen.
 

Herr Wener war zwar verzweifelt, konnte mir aber verzeihen, nachdem ich mich ein paar Mal entschuldigt hatte. Aber es tut mir in Wirklichkeit gar nicht leid. Es gibt wegen mir ein haariges Rieseninsekt weniger auf der Welt – und ich bin stolz darauf! Etwa nach der Hälfte der zweiten Stunde klopfte es an der Tür und ein Junge aus meiner Klasse, Aksel Nikolai, kam herein. Aksel ist Norweger und hat schwarze, verwuschelte Haare und dunkelblaue Augen, die gleich doppelt so schön wären, wenn er wenigstens eine Sekunde lang interessiert gucken würde.

»Was hab ich verpasst?«, fragte er mit gleichgültiger Stimme.

»Die Schwuchtel hat Herr Weners Spinne zermatscht!«, schrie jemand und bekam erneut einen Lachanfall. Darauf lachte die ganze Klasse mit.

»Und diesen Mädchenschrei, den er rausgelassen hat!«, prustete jemand.

Ich sank etwas auf meinem Stuhl herunter (ich hatte es nach einiger Zeit geschafft, von dem Tisch herunter zu gehen) und wurde rot. Das werden die mir bestimmt noch ewig vorhalten. Wieso bin ich nur ein Idiot?

Aksel ließ nur ein verächtliches Lachen heraus. »Schämst du dich eigentlich nicht?«, fragte er dann völlig gleichgültig und ging auf seinen Platz.

Er ist der Schlimmste in meiner Klasse. Okay, er sieht wahnsinnig gut aus: Seine pechschwarzen Haare, die dunkelblauen Augen, in denen man versinken konnte und er ist auch noch muskulös. Im linken Ohr hat er zwei schwarze Ringe, die ihn etwas rebellisch wirken lassen, was noch durch seinen immer emotionslosen Blick betont wird. Er sieht besser aus, als jedes weibliche Wesen, dass meine Mutter je angeschleppt hat, aber es gibt bei ihm ein Riesenproblem: Er ist das größte Arschloch, dass ich je kennenlernen musste. Die Anderen aus meiner Schule lachen einfach über mich, was mich nicht weiter stört, weil ich bei ihnen sagen kann, dass ihr Gehirn die Größe eines Kieselsteins hat, aber Aksel ist nicht dämlich, im Gegenteil. Er scheint mich besser zu kennen, als ich mich selbst und er weiß, was er sagen muss, damit ich mich scheiße fühle. Die perfekte Grundlage für ein harmonisches Miteinander.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ayalaana
2014-05-12T16:13:33+00:00 12.05.2014 18:13
Ihhhhh... Also wie ein Mädchen hat sich der gute Tobi ja nun nicht benommen. Das wäre sofort weggesprungen. Ist doch sehr männlich, das Viech gleich abzumurksen. Und auch noch den Fuß drauf zu lassen. Also mir wäre das nischt.
Aksel also. Ich wäre ja nie auf Norweger gekommen, bei dem Namen. Eher was osteuropäisches. Na ja...
Jetzt wird die ganze Sache doch schon interessanter. Scheint ja echt ein Schmuckstück zu sein.
Schwarze Haare, blaue Augen. So schaut Yun, Hauptchara in meiner FF auch aus. Ist wohl eine beliebte Kombi ^^
Ist die Frage, warum Aksel genau weiß, womit er Tobi kriegen kann... ich hab da ne Vermutung.
Weiter geht's...
Von:  get_moldy
2011-04-29T07:50:49+00:00 29.04.2011 09:50
also n bissl schwule Züge hat er schon, und dass er seinen Klassenkameraden als "gut" aussehend bezeichnet...

....klischee komm raus.....


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