1994
Ich liebe dieses Kapitel. Damit bewegen wir uns endlich in die Richtung, die für die Hauptstory wichtig ist. Wer an Friede, Freude, Eierkuchen geglaubt hat, hat ja so was von verkackt xD
Gazette gehört nicht mir, die Idee schon. Das hier beschriebene entspricht nicht der Wahrheit und hält sich nicht 100% an die wahrlich vorherrschende Fakten.
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Unzertrennlich
1994
Zugegebener Maßen, hatte jeder Erziehungsratgeber recht: Die schwere Zeit mir Kindern setzte zusammen mit dem Teenager-Alter ein. Eltern konnten ab dem dreizehnten Geburtstag darauf warten, das ihr Kind etwas unheimlich rebellisches und dummes tat.
1994 wurde ich dreizehn und im diesen Jahr wurde alles anders.
Im März war die Scheidung meiner Eltern beschlossene Sache und ich fand mich in der Wohnung meiner Großmutter wieder. Nicht, das sie es nicht schön hatte, aber es war um einiges kleiner, als das Haus das ich durch den Reichtum meines Vaters gewöhnt war. Ich, allein unter Frauen, in einem kleinen Zimmer – immer noch größer als das Wohnzimmer von Rukis Familie – und wünschte mir meine Vaterfigur wieder.
Doch nicht nur mein privater Lebensraum wechselte, auch die Schule. Ruki und ich hatten die verhasste Grundschulzeit endlich hinter uns und waren aufgeregt, hoffnungsvoll auf eine bessere Zeit und intelligentere Mitschüler in der Mittelstufe. Natürlich war diese Hoffnung völlig bescheuert, da gut neunzig Prozent unserer Grundschule ebenfalls auf die Mittelstufe wechselte, aber hoffen durfte man bekanntlich noch.
Aber wir sollten uns unheimlich irren. Die Schule war ein Betonklotz, mit wenig Pflanzen und sehr viel grau. Ich werde nie verstehen, warum man Schulen nicht wenigstens Obeflächlich etwas Wärme geben kann. Doch die wirkliche Katastrophe – denn von dem äußeren ließen wir uns schon lange nicht mehr abschrecken – war die Klassenverteilung.
Damals hatten wir nie an so etwas banales gedacht. Wir hatten verdrängt, dass die Einteilung - wer in welche Klasse kommt - sich jedes Jahr verändert. Wir waren so arrogant und verliebt in unsere Freundschaft, das wir die Möglichkeit, dass das von außen zerstört werden kann, gar nicht kamen.
Ich fand mich also damals in der 1A wieder, mit einem Haufen neuer Schüler und Rukis Klassenzimmer – die 1C – befand sich am anderen Ende des Schulhauses und bestand aus beinahe nur alt bekannten Gesichtern der Grundschule.
Ich hatte damals meinen Vater angerufen und ihm gesagt er solle etwas dagegen machen. Mein Vater hat auch tatsächlich versucht etwas zu tun. Die Scheidung hat ihm so weit die Augen geöffnet, das er uns nicht verlieren will – oder zumindest nicht seinen Sohn, der seine Firma eines Tages übernehmen soll. Aber nicht mal Geld hatte noch etwas ändern können.
Ruki hatte mich nur angelächelt, wie er es immer tat, hat mir durch das schwarze Haar gewuschelt und tadelnder Miene darauf hingewiesen, das er mich jeden Tag in der Mittagspause an seinem Tisch sehen wollte. Ich hätte an meinem Nasenband gezupft und es versprochen. Das erste Versprechen, das ich ihm gegenüber brechen würde.
Ich erinnere mich noch gut an das laute Geschrei im Klassenzimmer, jeder versuchte jemanden zu finden, neben dem er für den Rest des Jahres sitzen wollte. Ich hatte mich wortlos, mit schlechtgelauntem Blick ans Fenster fallen lassen. Ich wollte neben niemandem sitzen, nur neben Ruki. Ich war auch der festen Überzeugung gewesen, das es niemand wagen würde, sich neben mich zu setzten, doch tatsächlich dauerte es nur fünf Minuten, bis der Stuhl neben mir knarrte und sich ein junge, mit recht langem, schwarzen Haar neben mich fallen lies.
Ich sah ihn so böse wie möglich an, doch er lächelte nur. „Hey, mein Name ist Uruha. Schön dich kennen zu lernen. Schon mal darüber nachgedacht Fußball zu spielen?“
Natürlich hatte ich darüber noch nie nachgedacht gehabt und es würde Uruha noch einige Wochen Überredungskunst kosten, bis ich das erste Mal auf einem großen, grünen Feld, mit rundem schwarz-weißen Ball vor meinen Füßen, stehen würde.
Aber bevor das passierte, wurde ich dreizehn Jahre alt und um wieder auf das Thema zurück zu kommen, das Kinder ab dem Moment, in dem sie zu Teenager werden außer Kontrolle geraten, lasst mich zu dem Akt meiner Rebellion kommen.
Eine weitere positive Sache an der Scheidung meiner Eltern, war die Zeit, die ich nun für mich hatte. Meine Großmutter war so taub, das sie nichts mehr mitbekam. Mutter war auf der Arbeit oder traf sich mit Freundinnen, während meine Schwester ihren ersten Freund hatte.
Schlägereien waren von meiner Familie nicht gerne gesehen, aber was sie nicht mitbekamen, kratzte sie nicht, die meisten Lehrer sahen ebenfalls darüber hinweg, weil ich ein Scheidungskind war und das Nasenband in meinen Gesicht, ist auch schon akzeptiert worden. Also musste meine Rebellion etwas großes sein, etwas unheimlich dummes und doch cooles, so kam es das Ruki und ich damals in meinem engen Badezimmer standen, der jüngere mich noch immer etwas unsicher mustern.
„Meine Mam wird mich dafür töten! Als mein Bruder nur darüber geredet hat, ist sie ausgeflippt.“ Ruki war unsicherer geworden. Seitdem wir nicht mehr in eine Klasse gingen, zog er sich zurück, ging nicht mehr so viele Risiken ein und ich glaube er fing an sich anzupassen.
Ich weiß noch heute, das ich angefangen habe, ihn dafür zu verachten. Es war schwer für mich zu verstehen, das der Mensch, der mir immer den Rückhalt und die Kraft gab, weiter zu machen, ich selbst zu bleiben, begann zurück zu stecken. Heute weiß ich, das jeder Mensch jemanden braucht, auf den er sich verlassen kann.
„Stell dich nicht so an. Du färbst dir doch nur die Haare.“ Ja, meine Rebellion war es, den Schulregen und der japanischen Gesellschaft, den Rücken zu zudrehen und meine und Rukis Haare in weißblond erstrahlen zu lassen. Es war eine Farbe die so aus der schwarzen Masse hervorstach, das sie genau meinen Ansprüchen genügte.
Natürlich hatte Ruki zugesagt als ich ihn gefragt hatte, nur jetzt war die Unsicherheit in seinen Augen und innerlich tat es mir Leid, das ich ihn zu etwas überredetet, was er eigentlich nicht wollte. Aber allein hatte ich Angst. Angst vor den Reaktionen meiner Eltern, meiner Mitschüler und so war Ruki für mich da. Auch wenn er gerade noch herum druckste und seine Bedenken äußerte, wusste ich, das in schon zehn Minuten ich die bläuliche Paste auf meinen Haaren haben würde. Und ich hatte recht behalten. Vorsichtig und sehr sorgfältig verteilte er die Masse auf meinen Haaren, ehe ich die seinigen mit der Farbe bearbeiten konnte.
„Ist es ok, dass das alles ist, was du von mir zum Geburtstag bekommst?“ Er sah mich leicht unsicher an. Seine Vater hatte den Job in seiner Firma verloren und arbeite nun in einem Supermarkt, was die so wie so schon knappe Kasse seiner Familie noch mehr reduzierte. So war das einzige, was er mir dieses Jahr zum Geburtstag geschenkt hatte, zwei Packungen Blondierung gewesen und selbst die, waren eigentlich weit über seinem Budget.
Eine für sich, eine für mich. Ich grinste nur. „Mach dir keinen Kopf, das ist das beste Geschenk aller Zeiten. Wir werden definitiv die coolsten sein damit.“ Ein weiteres unsicheres Lächeln und ich merkte, wie es mich aufregte.
Er hatte sich vor langer Zeit abgewöhnt unsicher zu lächeln, wieso hatte er also wieder damit angefangen? Es weckte den Wunsch in mir, ihm weh zu tun. In an den Schultern zu packen und solange zu schütteln, bis er mich mit seinem normalen, selbstsicheren und weltzufriedenem Lächeln anlächelte.
Der nächste Tag war ein Tag, der in die Geschichte einging. Ich war großartig an dem Tag gewesen. Die ganze Schule hatte auf meine blonden Haare gestarrt – sie harmonierten perfekt mit meinem Naseband – und ich fühlte mich, als wäre alles Schicksal, als wäre ich dazu geboren, so unheimlich cool zu sein.
Uruha hatte anerkennend durch die Zähne gepfiffen und meine Haare etwas mehr verwuschelt, sie in Form gebracht, so wie Ruki es sicher gemacht hätte, wäre er da gewesen. „Das sieht verdammt gut aus.“ hatte er gegrinst und mir etwas runde, mit Geschenkpapier umwickelt, gab. „Alles gute zum Geburtstag.“ Sein Grinsen wurde breiter und meine Augenbrauen wanderte nach oben. Woher wusste der denn, wann ich Geburtstag hatte? Außerdem konnte ich mir schon jetzt denken, was unter dem bunten Papier verborgen war. Dennoch hatte ich damals das Papier heruntergerissen und kopfschüttelnd den ADIDAS-Ball in den Händen gehalten. „Du willst wirklich, das ich Fußball spiele, oder?“
Er nickte und drückte mir ein weiteres Päckchen in die Hand. Dieses war klein und mit dem gleichen Papier wie der Ball umwickelt. „Ich will ja nicht den Eindruck erwecken, das ich an deinen Geburtstag nur gedacht habe, weil ich will das du Fußball spielst.“
Seufzend hatte ich auch dieses Geschenk geöffnet und in meinen Händen hielt ich ein Bahnticket nach Tokyo. Verwundert sah ich ihn an und Uruha grinste nun noch breiter. Ich hätte nicht gedacht, dass das Möglich wäre. „Ich dachte, wir gehen in Tokyo shoppen. Weil, wenn du wirklich mit mir Fußball spielt, müssen wir dir ganz dringend ein paar Sportklamotten kaufen!“
Ich hatte gelacht und ihm gegen die Schultern geboxt. „Oh man, na gut, du hast mich so weit. Wann kann ich mir die Schulmannschaft anschauen?“
„HA!“ Uruhas Faust schnellte in die Luft und er lachte triumphierend, war stolz und glücklich mit sich selbst. Er war selbstsicher und zufrieden. „In der Mittagspause haben wir immer eine Art Freundschaftstraining. Also, wir kicken den Ball nur etwas hin und her, bleiben in Schuluniform, aber das ist cool. Du wirst Spaß haben.“
Den hatte ich. Es war das erste Mal, das ich Fußball spielte, aber es fühlte sich toll an. Es war wie meine erste, gewonnenen Prügelei. Ein Weg, mich frei zu fühlen. Meine Energie in etwas sinnvolles umzuwandeln, meine Emotionen auf eine männliche Art zu verarbeiten. Der Ball, der sich nicht wehrte, egal wie fest ich auf ihn eindrosch. Meine Mitspieler, die auf mich zählten, die mein Können bewunderten, mein Ego pushten und das Glücksgefühl des Sieges. Ich hatte einen Sport gefunden, der mich von ganzem Herzen glücklich machte.
Uruha hatte seinen Arm um meine Schultern gelegt, der Geruch von Schweiß stieg in meine Nase und er lächelte glücklich. „Na, du bist ja ein Naturtalent. Kann ich darauf zählen, dich ab sofort jede Mittagspause hier zu sehen?“
Ich grinste, stieß ihm meinen Ellebogen in die Seite. „Klar, das klingt super.“
Der Tag würde in die Geschichte eingehen, aus zwei Gründen.
Es war der Tag, an dem ich mich im Fussballclub eintrug. Wir würden die Meisterschaft dieses Jahr gewinnen, nächstes Jahr und auch das letzte Jahr in der Mittelstufe. Uruha und ich würden die Stürmerstars der Schule werden, der Titel würde jedes Mal unser Verdienst sein.
Aber es war auch der Tag, an dem ich das erste Mal mein Versprechen brach und es war der Tag, an dem ich einwilligte, das Versprechen – Ruki jede Mittagspause zu sehen – immer und immer wieder brechen würde.
Mir war es damals den ganzen Tag nicht mal aufgefallen, Ruki war wie aus meinem Kopf gestrichen. Ich hatte den Rest des Schultages mir von Uruha alle Regeln des Spieles erklären, mir wichtige und berühmte Spieler aus aller Welt nennen lassen. Erst als ich meinen kleinen, blonden Freund mit den schwarzen Streifen am Hals auf der Schulmauer sitzen sah, fiel es mir wieder ein.
„Ruki, tut mir Leid, ich habe total vergessen, das wir uns treffen wollten. Ich war mit Uruha Fußball spielen.“ Ich hatte meine Miene unglücklich verzogen und er lächelte. „Schon ok. Ich wollte dich heute nur wenigstens noch einmal sehen.“
Ich hatte gegrinst und ihn zum Eis eingeladen, doch er hatte den Kopf geschüttelt. „Nein, ich hab Hausarrest. Meine Eltern waren stinksauer wegen der Haare und ich muss den Rest des Schuljahres sofort nach Hause.“ Sein Blick schweifte zur Uhr. „Ich muss deshalb auch los, sehen wir uns morgen?“
Ich nickte, hatte vergessen, das ich ja wieder mit Uruha Fußball spielen wollte.
„Ist das Ruki?“ Mein Blick schweifte zu Uruha, der hatte die ganze Zeit neben mir gestanden, die Situation neugierig beobachtet. „Ja, woher kennst du ihn?“
„Ich kenne ihn nicht wirklich, ich weiß nur, das er es in seiner Klasse nicht leicht hat. Wird ziemlich viel gemobbt. Seid ihr Freunde?“
„Ja, sind wir. Kennen uns nun schon seit sechs Jahren.“
„Wow, das ist wirklich lang. Du solltest ihm vielleicht Mal verteidigen.“
„Nein, er kann sich selber wehren.“
Früher hätte niemand von ihm in der Opferrolle gesprochen. Irgendwo war ich enttäuscht von ihm. Er sollte gefälligst aufstehen und ihnen zeigen, das man so nicht mit ihm umgehen kann. Aber er zog sich in sein Schneckenhaus zurück. Ich hatte doch auch eine Scheidung überstanden, da sollte er doch ein wenig Mobben überstehen, nicht wahr?
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Sry, dass das Update diese Woche so spät kam, aber ich hab endlich mein ebook bekommen und konnte dadurch das letzte Buch meiner absoluten Lieblingsbuchreihe lesen und war GEFLASHT!!!
Hasst bitte Uruha nicht - weil der wirklich gar nichts getan hat xD - und bitte auch nicht Reita!
Danke für die endlos langen Kommentare! Ich liebe es, so viel von euch zu lesen!
Auch wenn sie irgendwie weniger werden Q_Q
So, meine Psychoanalyse zu Reita, das ihr ihn evtl etwas besser versteht.
Er hat sich immer auf Ruki verlassen. Ruki war für ihn irgendwann die treibende Kraft und das durch das Mobben langsam wieder Rukis unsicheres Ich rauskommt, macht ihn sauer. Er kann sich nicht mehr auf ihn verlassen und er glaubt, das seine Scheidung viel schlimmer war, als das Mobben, versteht aber nicht, das er das Scheidungszeug nur deshalb so gut überstanden hat, weil Ruki für ihn da war.
Außerdem kommt jetzt Uruha, der ihm das bietet, was Ruki ihm immer geboten hat. Freundschaft, Spaß, eine Möglichkeit sich zu entfalten – zB halt im Fußball. Und wer nimmt nicht lieber das, was leicht zu haben ist, als etwas, für das man sich anstrengen muss.
Außerdem kommt Reita in die Pubertät. Da verändert man sich.
Das Update nächste Woche fällt vermutlich aus, weil meine Mama mich besuchen kommt – nach neuen Monaten *w*~ und wir werden nach Orlando gehen und ich nehm den Laptop nicht mit.
DISNEYWORLD!!!!!!!!