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Wings 1

von

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Das Baby

Evelin kam es vor, als sei es erst gestern gewesen, dass Eragon in dieses Schloss kam und seinen Posten als Untertan ihres Gemahls erhielt. Doch mittlerweile war es schon über einen Monat her. Die Feierlichkeiten waren genauso spektakulär wie die Vorbereitungen gewesen. Eragons Ausstrahlung und seine Art verschafften ihm von Anfang ein eine angesehene Position. Wo er auch hinkam, ihm wurde weitaus mehr Respekt entgegen gebracht als dem König selbst. Evelin versuchte so oft wie möglich in seiner Nähe zu sein, so oft wie es ihr eben möglich war. Und jedes Mal war sie kurz vorher schrecklich aufgeregt. Sie war ihrem Gemahl keineswegs untreu gewesen. Vielmehr genoss sie Eragons Gesellschaft.

Die Königin hatte ihre Röcke etwas hoch gerafft um schneller laufen zu können. Sie hastete durch die Gänge und blieb dann vor einer großen Holztür stehen. Hier unten waren keine Fenster und nur Fackeln brachten Licht ins Dunkle. Sie atmete ein paar Mal tief ein und aus, ehe sie die schwere Türe öffnete und in den Aufenthaltsraum der Wachen und Ritter trat. Der Geräuschpegel war ohrenbetäubend. Doch sobald der Erste sie entdeckt hatte, verstummten die gesamten Gespräche nach und nach. Evelin suchte den Raum nach einer bestimmten Person ab. Eragon stand von seinem Platz an einer der langen Bänke auf und sah zu ihr. Sofort heftete sich Evelins Blick auf ihn.

Kurze Zeit später waren die Beiden außerhalb des großen Kellerraumes und liefen wieder nach oben.

„Nun, meine Königin? Welchen Dienst kann ich euch erweisen?“

„Wie kommt ihr darauf, dass ich eine Aufgabe für euch habe?“ Sie hatte den Kopf zu ihm gedreht und fragend eine Augenbraue hochgezogen.

Er lachte kurz auf. „Ihr kommt den gesamten Weg hierher hinunter, versetzt die ganze Mannschaft in erstaunen und sagt mir dann, dass ihr einfach nur Plauschen wolltet?“ Er zwinkerte ihr zu, damit sie seinen Satz nicht als respektlos erachtete.

Aber um ehrlich zu sein konnte Eragon bei Evelin sich beinahe alles erlauben.

„Ach wisst ihr, ich würde nur nicht zu euch eilen, wenn ich von einem Monster angegriffen werden würde. Wer weiß, ob ihr mit eurem Zahnstocher überhaupt umgehen könnt.“ Sie hatte die Nase gespielt erhoben.

„Ach so, na dann hab ich ja ein ruhiges Leben.“

„...“ Evelin hatte den Kopf gesenkt. Sie hatte dieses Gespräch so lange im Kopf geübt und war alle Möglichkeiten durchgegangen. Aber irgendwie erschien ihr jetzt alles nicht passend. Eragon war kein dummer Mann und er mochte Evelin.

„Was ist los?“ Er blieb stehen.

Evelin schüttelte den Kopf und ging weiter. Vielleicht sollte sie doch noch etwas warten. Irgendwann gab es sicherlich den richtigen Augenblick. Sie riss ihre Augen auf, als sie am Handgelenk zurück gehalten wurde.

Sie drehte sich zu Eragon herum. In seinem Blick lag eine Bestimmtheit, die sie nach all der Zeit nur zu gut kannte. Und wie immer war sie diesem Blick nicht gewachsen. All ihre Eleganz und ihre Macht waren nichts als ein kleines Häufchen. Ihr Blick wanderte unbestimmt umher. Sie stolperte beinahe, als Eragon sie noch näher heran zog.

Sein Blick haftete sich an ihren und lies sie nicht mehr los.

„Habt...“ Evelin schnürrte es die Kehle zu. Sie hatte bisher jeglichen Verdacht gegen Eragon erfolgreich beiseite geschoben. „Habt ihr mit meiner Schwester geschlafen?“ Eragons Blick veränderte sich nicht.

Evelin legte ihre Hände auf seine Arme und sah ihn flehend an. „Bitte, sagt es mir. Ein Wort genügt und ich werde diese dämlichen Gerüchte aus der Welt schaffen.“

Doch er blieb immer noch stumm. Evelins Augen wurden größer. „Das ist nicht wahr! Sagt, dass das nicht wahr ist, Eragon!“ Sie wurde immer lauter und wütender

Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, sein Blick war schmerzerfüllt. Jegliche Farbe wich aus Evelins Gesicht.

„Nein...“ sie schüttelte verzweifelt den Kopf. „Warum?“

„... Weil ich einen Nachfolger brauche.“

Evelin verstand nicht. Hatte Eragon wirklich nur aus diesem einen Grund gehandelt? Und warum dann ihre Schwester, die Eragon auf der Feierlichkeit kennen gelernt hatte? Ein kleiner Teil von ihr wünschte sich, dass sie, Evelin es gewesen wäre, die mit ihm die Nacht verbracht hätte. Und dieser Teil wurde langsam immer größer.

„Warum, Eragon, warum?“ Eragon sah zur Seite.

„Soweit ich weiß...“ Evelin beugte sich weiter zu ihm vor. „... hat Euer Gemahl sich heute gewünscht, dass ihr mit ihm gemeinsam Euer Mahl einnehmt. Ihr kommt zu spät, wenn Ihr noch länger hier verweilt.“

Das klatschende Geräusch hallte laut durch die Gänge. Auf Eragons Wange glühte es. Evelin war wütend, so wütend wie noch nie in ihrem Leben. „Hinfort! Ich verbanne euch!“ Sie rauschte herum und ging davon. Als sie um die Ecke war ordneten sich erst ihre Gedanken. Sie hielt an. Das war dumm gewesen, sie war eifersüchtig und hatte über reagiert. Sie rannte wieder zurück. Doch Eragon war verschwunden.

Er kehrte nicht wieder. All sein Hab und Gut hatte er zusammengerafft und mitgenommen. Evelin weinte, egal wann und wo. Es war alles ihre Schuld. Eragon war fort, weil sie ihn vertrieben hatte. Wie hatte sie das nur tun können? Nach einiger Zeit glaubte sie sogar, dass Eragon nicht mit ihrer Schwester geschlafen hatte. Sie gab nur sich selbst die Schuld, zu mehr war sie nicht im stande.

Die Zofen kleideten sie gerade neu ein als Evelin in den Spiegel und sich selbst in die Augen sah. Um sie herum wurde festgesteckt, gerafft und herbei geschafft.

„Ich brauche noch die blaue Schleife.“

„Hier ist keine.“ kam es von etwas weiter hinten.

„Oh doch, du dumme Gans, stell dich nicht so an. Wir haben keine Zeit für so etwas.“ Auch diese Stimme entfernte sich.

„Lionel, wo sind die Bänder?“

Alle Zofen durchsuchten jetzt die Truhen und Kästchen.

Es ist meine Schuld, dies war der einzige Gedanke, der der Königin in den Sinn kam. Aber warum hast du nichts gesagt? Eragon...

„Königin?“

„Königin!“ Die Zofen kreischten durch einander und rannten zu ihrer Majestät, die bewusstlos auf dem Boden lag.

So vergingen die Monate. Evelin war ans Bett gefesselt. Heiler wussten sich keinen Rat und Evelin gab keine Antwort auf jegliche Fragen. Sie tat gerade soviel wie nötig war um am Leben zu bleiben. Manchmal brachte man sie hinaus in den Sonnenschein, danach schlief sie wieder stundenlang. Wer hätte schon ahnen können, dass man ein gebrochenes Herz nicht mit Salben heilen kann. Der König ließ all jene kommen, die versprachen ein Mittel für die Krankheit der Königin zu kennen. Egal wie verrückt es klang, er wollte es wenigstens versucht haben.

Doch auch Schmerz ist nicht unendlich. Die Königin brauchte zwar ihre Zeit, dennoch gab sie ihr Leben nicht auf. Sie wusste nicht wie viel Zeit vergangen war. Sie schwang die Beine aus dem Bett. Die Wache eilte überrascht herbei, die man zur persönlichen Überwachung der Königin abbestellt hatte.

„Meine Königin?“

Evelin setzte die Füße auf den Teppich. Sie schwankte, doch die Wache stützte sie.

„Meine Königin, ich bin froh, dass ihr wieder bei uns seid. Euer Gemahl wurde auch schon krank, allein aus Sorge um euch.“

Evelin sah den jungen Mann an. Ihr Blick traf ihn wie ein Pfeil. Sie suchte in seinen Augen nach etwas bestimmten. Doch dieser Mann besaß es nicht.

Sie machte ihre ersten Schritte allein und ging zum Fenster. „Ihr könnt gehen und meine Genesung verkünden.“ Sie hatte ihm den Rücken zugewandt.

„Jawohl!“

Evelin sah hinunter in den Burghof. Ihre Schwester kam, wie schon die Tage und Monate zuvor, um nach ihr zu sehen. Sie hätte niemals geahnt, dass Evelin alles mitbekommen hatte. Und sogar jetzt noch schmerzte es sie, wenn sie den runden Bauch sah, den ihre Schwester vor sich hertrug. Aber auch Evelin ahnte nichts von dem Leid und dem Schmerz, denn ihre Schwester hinter einer Maske gekonnt versteckte.



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