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Seelenblut

Eine kleine ironischkomische Kurzgeschichte
von

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Seelenblut

„Seelenblut“
 

Seine Finger huschten nur so über die Tastatur… Endspurt!! Nur noch ein paar Zeichen, Wörter, Absätze, Kapitel!!! Er konnte die Zielgerade schon sehen! Die letzte Szene, der epische, finale Akt, der große Kampf zwischen Gut und Böse!

Kurz spielte dieser sich vor seinem inneren Auge ab… Es würde einfach nur grandios werden!.. Aktion, Spannung, Emotionen, Drama… für jeden Geschmack würde etwas dabei sein… er würde seinem Ruf als Fantasy-Buchexperte bei seinen Freunden allemal gerecht werden!
 

Stolz erfüllte Alexander, als er zu der Seitenanzahl am unteren linken Rand seines Textdokumentes spähte.

Eine wochenlange Konzipierung und Recherche, sowie eine Analyse der beliebtesten Fantasyromane der letzten paar Jahre, waren seiner Arbeit voraus gegangen. In jedem einzelnen Byte seines Textes steckte Herzblut drin. Alle Szene hatte er mindestens 3 mal durchdacht und in seiner Fantasie vorgespielt, er musste sie nur noch niedertippen.

In wenigen Tagen könnte er zu seinen Fantasyroman-Autorenhelden in den Olymp der Autoren - zwar nur als Jungautor gewiss-, emporsteigen und dazugehören!

Auch wenn sein Rechner in den letzten Tagen immer mal wieder auf unerklärliche Weise verrückt gespielt hatte, würde ihn nun Nichts und Niemand mehr aufhalten können!
 

- Sehr zum Leidwesen von Hauptoffizier Plattfuß und seiner Schlägertruppe, die langsam aber sicher verzweifelten. Ihr Ende rückte mit jedem Zeichen, mit jedem Wort, mit jedem Absatz und mit jedem Kapitel immer näher -
 

Alexanders Finger kribbelten vor Aufregung. Der Einsendeschluss des Wettbewerbs war zwar erst in 3 Wochen, aber das würde ihm noch genügend Zeit lassen, den letzten Schliff an sein Werk anzulegen ...und wenn er Glück hatte, würde er schon am Ende dieses Jahres veröffentlicht werden und sein Werk, „Seelenblut“, würde neben all den anderen Fantasyromanen im Regal stehen und zu sehen sein. … Selbst das Cover hatte er in nächtlicher aufwendiger Kleinstarbeit am Computer bereits fertig koloriert - es zeigte seine Heldin Artemis, wie sie schluchzend über ihren toten Vater gebeugt lag, und seinen Helden Arthur, der gerade ewige Rache dem Bösen Lord schwor, der im Hintergrund des Covers zu sehen war.
 

Rasch zwang er sich wieder auf die Tasten der Tastatur zurück. Übermut tat schließlich selten gut, und man sollte die Bücher nun wirklich nicht zählen, bevor man nicht eins fertig geschrieben und vervielfältigt hatte.

….
 

- Hauptoffizier Plattfuß, der Truppenchef der Ogerkompanie, wie Alexander ihn so unschmeichelhaft getauft hatte (von seinen Ogerkompanen wurde er deshalb ausschließlich bei seinem Kosenamen Kail genannt), schritt beunruhig über den weiteren Verlauf der Geschichte auf und ab. Seine Spione an der Front hielten ihn über jede noch so kleine Entwicklung auf dem Laufenden.
 

„Und ihr könnt wirklich nicht noch mal den Computer abstürzen lassen und so einen Datenverlust erzielen?“ „Sorry Kail,“ Fritz alias Krummfinger rückte seine Brille zurecht: „Er hat die Geschichte als Sicherheitskopie auf eine externe Festplatte gespeichert. An die kommen wir nicht ran. Den Körper wieder schlafwandeln zu lassen, wird auch so schon immer schwieriger…“
 

Kail biss sich auf die Lippe. Dabei benötigten sie jeden Aufschub, den sie nur kriegen konnten, sonst wären sie alle bald erledigt, ausradiert, tot! Die Antwort vom obersten Gerichtshof, Alexanders Sinn für Gerechtigkeit, war immer noch nicht angekommen. Er fragte sich langsam ernsthaft, was Alexanders Hauptzentrale, sein Gehirn, alles so trieb, dass ihre Anfrage so lange brauchte, bearbeitet zu werden! Alle Hoffnungen der Oger lagen auf diesem Urteil! Es war immerhin ihre letzte.
 

Nachdem sie Wochen zuvor das Cover von „Seelenblut“ gesehen und begriffen hatten, dass keinesfalls sie -wie bislang von ihnen angenommen und von ihren Vorgesetzten beschworen worden war-, sondern die anderen die Helden der Geschichte waren, hatten sie recht schnell am eigenen Leib spüren müssen, dass ihnen eine unausweichliche, blutige und totale Vernichtung bevor stand! Spätestens als plötzlich Hunderte von ihnen leichthändig niedergemetzelt wurden... In ihrer Verzweiflung hatten sie nur noch den Ausweg gesehen, mit dem Bewusstsein in Kontakt zu treten.
 

Nur es konnte den Verlauf der Geschichte noch beeinflussen! Mit dem Bösen Lord, ihrem Herren, denen sie unfreiwillig(!) folgten, konnte man über solche Angelegenheiten einfach nicht gescheit reden. Insbesondere wenn es um solch unerfreuliche Nachrichten ging und man nicht von diesem ermordet werden wollte, was dieser generell gerne tat, wenn es ihnen mal wieder misslang, die Helden zu töten. Dieser würde sie nur weiterhin wie Kanonenfutter unbedacht opfern und dabei hämisch lachen!
 

Einige von den Ogern hatten deshalb versucht, rechtzeitig die Seiten zu wechseln und waren in Kleintruppen als Diplomanten ohne böse Absichten losgezogen, um mit den anderen Völker ins Gespräch zu kommen.
 

Bevor sie jedoch ihr Anliegen für die anderen hätten verständlich machen können, (blöderweise wurden Oger in Fantasyromane immer so beschrieben, dass sie zur vollen menschlichen Sprache nicht fähig waren, was eine gut geführte Konversation erheblich erschwerte), endeten ihre Köpfe meist als irgendwelche Kampftrophäen an irgendeiner Wand eines kampfeswütigen Kriegers und ihre Knochen wurden von Zwergen verarbeitet und später im Kampf gegen sie eingesetzt! Ja, selbst ihre Totenruhe wurde nicht geachtet!
 

Überhaupt wurden Oger in den Romanen, die Alexander gelesen hatte, sehr einseitig und für sie sehr verletzend beschrieben. Das kam unter anderem dadurch zustande, dass eigentlich nur von ihren kriegerischen und unhöflichen Verhaltensweisen, aber niemals von ihrem Familienleben, ihren Schrumpfkopfbastelworkshops oder ihrem wöchentlichen Gang zur Kirche, wo sie alle sehr adrett angezogen in Fracks aufmarschierten, berichtet wurde!
 

„Ka~il, hiks Fritzzzischatzii, Jensilein, was macht ir demn da? Komm gessselt euch do~ch zu unssss und trinkt ein klenes Bi~erchen!“
 

Kail war geschockt, als Evraim, einer seinen besten Krieger, stockbesoffen, von Alexander unschmeichelhaft Dödel getauft, mit einem Bembel in der Hand auf sie zugetorkelt kam. Schnell verpasste er ihm eine rechts und eine links, um seine Lebensgeister auf alte Ogermanier wieder zu wecken. „Sagt mal, habt ihr sie noch alle?!? In diesem letzten Kapitel hat Alexander alle Elfen-, Menschen-, Harpien-. Elben- und Zergenvölker vereint, um sie uns im finalen Kampf gegenüber treten zu lassen und uns auszulöschen! Fals wir den Gerichtsprozess verlieren sollten, benötigen wir jede kampferprobte Faust und Keule, die uns zur Verfügung steht, um uns zu behaupten! Also werdet gefälligst nüchtern!“
 

Jörg zog eine Karte vom Kartenstapel: „ Ach, was macht das denn jetzt noch für einen Unterschied, Kail.“

Kail glaubte sich verhört zu haben, so kannte er seine sonst so motivierte Truppe nicht.

„Hey, lasst die Köpfe nicht hängen! Es ist noch nicht alle Tage Abend! Wir haben immer noch eine Chance zu gewinnen! Wozu haben wir denn all die Tage und Wochen lang trainiert, nicht um uns jetzt niedermetzeln zu lassen!… Zumindest nicht kampflos! Wir werden, falls sie uns angreifen oder wir sie angreifen müssen, bis sie unseren Lord getötet haben, für unser Überleben kämpfen! Und versuchen so viele mit uns in den Tod zu reißen, wenn dies nötig werden sollte, um die Welt für unsere Frauen und Kinder friedlicher zu machen!“

„Kail, nichts gegen dich, du bist ein großartiger Kommandant,“ alle aus seiner Truppe grunzten zustimmend, „ aber Jörg hat Recht. Schau uns doch an! Wir sind hässlich, wir stinken..“ (Ken, der besonders unter seiner Hässlichkeit litt und der eine schreckliche Phobie gegen Spiegel jeglicher Form und Größe hatte, zog sich tiefer in seine schwarze Kutte zurück.) „…Es ist offensichtlich, dass wir hier die Bösewichte sind und dass die Guten gewinnen und uns alle zu Hackfleisch verarbeiten werden.“

Der Trupp schauten traurig und deprimiert zu Boden. Kail erwiderte: „Aber wir können doch nichts für unser Aussehen und wir werden doch gezwungen zu kämpfen! Als wahre Gutewichte, dürfen sie uns gar nicht töten, das widerspricht ihrer Moral!“ Tim, der Emo unter ihnen ergriff das Wort: „Wir werden alle in unseren eigenen vertrockneten Blutlaichen auf dem Boden nach Luft röcheln und verwesen, während die anderen von ihren ach so tollen Heilfähigkeiten gerettet werden! Nichts da von wegen Genfer Konvention! Wir sind erledigt, Alter, erledigt! Erledigt, hörst du?! ERLEDIGT!“ Tim wurde hysterisch und musste von seinem Bruder mit einem leichten Keulenschlag auf den Hinterkopf wieder „beruhigt“ werden.
 

Was Tim sagte, wie übertrieben es auch klang, war den Ogern schon recht früh aufgefallen. Sie konnten noch so gut zielen, noch so tödliche Treffer landen, aus für sie und für die Naturgesetzen unerklärlichen Gründen, wurden die Gutewichte nie von ihren Geschossen aus dem Hinterhalt getroffen! Sie stellten daher die Effizienz von Hinterhalten mächtig in Frage. Dies war auch der Grund, wieso man sie inzwischen nur noch im frontalen Kampf erlebte. Und selbst wenn ihnen mal Fortuna hold war, und sie einen Treffer landeten, so erfand der Autor einfach immer neuere Methoden (das Repertoire reichte über Selbstheilung, Heiltränke, Heilsprüche, Heilgesänge….selbst verzauberte Ringe konnten Wunden heilen! ), um seine Helden unverwundbar zu machen oder zu retten.
 

Grimmlie hatte seinen Kosenamen aufgrund seiner Einstellung her bekommen: „Und selbst wenn es einem von uns…“ Er schaute in die Runde „ es wirklich gelingen sollte, einen dieser „Helden“ zu erledigen….“

Bei dem Wort „Helden“, spukte er abfällig vor sich auf den Boden… „ dann kann er sich sicher sein, dass er kurz darauf unnötigerweise, von 5 Bogenschützen gleichzeitig zu Tode geschossen werden wird, und sein Verdienst, nur als dramatisches Mittel für den weiteren Verlauf der Geschichte missbraucht werden wird! Danach werden die überlebenden „Helden“ nur noch mehr erpicht sein, uns alle auszurotten!“
 

Einige - sogar einige von den Hartgesottenen unter ihnen- fingen an Rotz und Wasser zu heulen, als sie an die aussichtslose Situation und an ihre Frauen und Kinder dachten, die sie alleine zurück lassen würden, die sie bald nicht mehr sehen, geschweige denn in den Arm nehmen konnten.
 

Zumindest, und das war ein sehr schwacher Trost, reichte der Ehrenkodex der „Helden“ so weit aus, dass sich nicht an Kinder und Frauen vergriffen. Weswegen die restlichen Ogerfamilienmitglieder im Buch erst gar nicht erwähnt wurden und sie so auch nie erst in Gefahr gerieten, umgebracht zu werden.
 

Kail schaute in die demotivierten Gesichter seiner Männer. In so einer Verfassung, hatten sie wirklich nicht die geringste Chance auf den Sieg. Da brauchten sie erst gar nicht anzutreten… Aber sie mussten ihrer Rasse Zeit verschaffen und die Feinde so lange wie möglich hinhalten! Zumindest so lange bis das Urteil eintraf…
 

„ Sind wir Oger oder Waschlappen, Männer?“ Alle richteten ihre Aufmerksamkeit auf ihren Kommendanten. „Wollt ihr wirklich ihr aufgeblasenes Ego noch weiter aufblasen? Habt ihr nicht auch die Schnauze voll mit welcher Selbstsicherheit, wie unvorbereitet sie in den Kampf ziehen? Wie viel unverschämtes Glück diese Idioten doch immer haben? Sind ihre minimalen, dekorativen „Rüstungen“ (nun spukte selbst er abfällig vor seine Füße) nicht auch für euch die reinste Provokation?! Sie verspotten uns, sie sehen zu uns herab, dabei sind wir mindestens einen Meter größer als sie! Zeigen wir ihnen, dass das allein praktisch nicht möglich ist!“ Die Oger nickten zustimmend. Das hörte sich für ihre Ohren logisch an.
 

„Was sollen unsere Kinder, unsere Frauen, über uns denken. wenn wir nun kneifen? Was unsere Vorfahren und Kameraden, die ihre Leben in diesem unsinnigen Krieg ließen?
 

Das passt nicht zu uns! Wir sind Krieger, aufrichtige Krieger mit dem Herzen am rechten Fleck, bei den Menschen schlägt es in der linken Brust, nicht bei uns! Klar sind wir gehandicapt! Ich will uns allen nichts vormachen. Wir besitzen keine mystischen, zaubervollen kräftigen Artefakte. Unsere Waffen bestehen vielleicht auch nicht aus irgendeinem exotischen Metall, dessen Namen wir nicht mal aussprechen, geschweige denn auf dem Periodensystem finden können! Und wir besitzen vielleicht auch keine Pferde, Drachen oder welche Kreaturen sie auch immer uns auf die Fersen hetzen wollen!“ Er schritt bedächtig durch die Reihen seiner Truppe, schaute jedem dabei ins Gesicht. „ Aber das wird uns nicht abhalten, denn wir sind keine Feiglinge!“

„Nein sind wir nicht!“

Kail erhob seine Hände, es wurde still. „Wir können uns nichts vormachen, der Kampf wird hart, aber solange wir unser Bestes geben- Und egal wie der Kampf ausfallen wird – wir werden sagen können, dass wir aus unserer eigenen Kraft und Fertigkeiten heraus gekämpft und unseren Mut und unsere Tapferkeit unter Beweis gestellt haben und dass unsere Frauen, Kinder, gefallenen Kumpanen und unsere Vorfahren zu Recht stolz auf sein können!“ Die Truppe grölte, verstummte dann aber, als Kail wieder zum Sprechen ansetzte. „ Denn wir werden mit fairen Mitteln gekämpft haben und werden nicht mit unfairen Mitteln den Sieg herbeiführen.“

Der Kampfwillen seiner Truppe war wieder geweckt. Alle legten ihre Karten und Bierkrüge beiseite und nahmen ihre Keulen in die Hand.

Jetzt wurden Schädel eingeschlagen!
 

„Und wir haben einen Vorteil auf unserer Seite, den die Helden nicht haben.“

Alle wurden auf einmal hellhörig und der Geräuschpegel stieg an. Was konnte Kail nur meinen, ihnen fiel partout keiner ein. „Wir besitzen das Vertrauen des Bösen Lords.“

Es wurde totenstill.

„Wir werden ihnen einen Strich durch die Rechnung ziehen und es ihnen nicht erlauben am Ende die Helden dieser Geschichte zu sein! Durch unsere Fäuste wird der Böse Lord leiden, sterben und büßen uns jemals als Marionetten missbraucht, die Vorurteile gegen uns geschürt, und uns in ständiger Angst leben gelassen zu haben. Er wird es bereuen, uns beschimpft, beleidigt, erniedrigt und so viele von uns auf seinem Gewissen zu haben! Wir werden unsere Kameraden sühnen.“
 

Viele von den Ogern wirkten unsicher und ängstlich. Der Böse Lord besaß übelst schmerzhafte Arten des Tötens.
 

„Hey, was haben wir schon groß zu verlieren, wir werden ja sowieso alle umgebracht werden, also was soll`s?“ Eigentlich klang das Kommentar ironisch und sollte eine Kritik an Kails absurder und gefährlicher Idee sein… Grimmlies Worte bewirkten jedoch genau das Gegenteil.
 

„Auch wieder wahr“.. „Wie man stirbt ist schließlich egal, tot bleibt tot“…. „Das schulden wir unsren Freunden“ „Für die Wiederherstellung unserer Ehre.“ „Ich wollte schon immer mal ein Held sein, ist sicher mal interessant auf der anderen Seite zu stehen.“ „ Das wird sicher eine tolle neue Erfahrung.“ „Da hat unser Tod zumindest mal einen gemeinnützigen Nutzen.“ „Für Aronir, meinen Bruder, er soll gerächt werden!“
 

Damit war Kails Plan demokratisch abgesegnet. Meme, der einzige Oger, der keinen Kosename besaß warf einen Einwand ein: „ Sollten wir nicht lieber auf das Urteil des höchsten Gerichts warten?“
 

Kail erwiderte bloß: „Scheiß auf das Urteil, wir haben lange genug gebangt und gewartet! Auf die Bürokratie und die Justiz ist wie immer kein Verlass! Es ist an der Zeit, dass wir unser Schicksal selbst in die Faust nehmen und aktiv werden!“ „Yeahr!!“ Die Oger waren begeistert und fielen sich gegenseitig um den Hals.
 

Kail wusste, dass das Unterfahren riskant war und er dabei alles auf eine Karte setzte. Er konnte nur inständig hoffen, dass Alexander ihr vorgeschlagenes Ende besser gefallen würde!
 

* * *
 

In das Schloss des Bösen Lordes einzudringen, war überraschenderweise leichter gewesen als gedacht. Aufgrund der Tatsache, dass sich die meisten Autoren nur Mühe gaben, ihre Hauptcharaktere unterschiedliche Merkmale und ein unterschiedliches Aussehen zu verpassen, war es faktisch unmöglich für die positionierten Wachoger gewesen sie von Ihresgleichen zu unterscheiden, und hatten Kails Truppe eingelassen. Unbeobachtet und ohne den Alarm auszulösen, waren sie also nun im Schloss und folgten etwas orientierungslos dem Baulärm, der ihnen den Weg zum Bösen Lord wies. Es war beeindruckend, was für Fallen die Bauarbeiteroger gerade errichteten und mit welchen die Helden sich normalerweise herumschlagen mussten. Wie gut, dass sie nicht erwartet wurden.
 

Sie kamen gut voran, bis auf einmal zwei Riesen in voller Kriegsmontur vor ihnen den Weg versperrten. „Halt! keinen Schritt weiter, wenn ihr nicht einen qualvollen Tod erleiden wollt!“
 

Was sollten sie nun tun? Würden sie jetzt gegen die Riesen kämpfen, würde der Alarm sicherlich ausgelöst werden. Außerdem konnten diese sie mit einem einfachen Rankenhieb ins Jenseits befördern!
 

Der andere Riese meldete sich zu Wort: „ Hier wurde bereits eine mit Piranhas gefüllte Fallgrube fertig gestellt, benutzt doch bitte diesen geheimen Umweg…,“ er klappte einen Kerzenleuchter um, und eine Geheimtür öffnete sich.. ,…um auf die andere Seite zu gelangen“.

Kail fand als Erster wieder den Mut, zu antworten. „Danke.“

Sein Trupp lief schon mal voraus.

„Eine Frage noch, sind wir hier richtig, auf dem Weg zum Gemach des Bösen Lordes?“ „Nur noch ein bisschen gerade aus weiter und dann links, ist nicht zu übersehen. Die pompöse Tür mit den einarbeiteten Schädeln.“ „ Ah danke, nochmals vielen Dank.“ Damit eilte er seinem Trupp hinterher.
 

Als sie nach links abbogen, stand das pompöse mit Totenköpfe verzierte Tor offen.

Allerlei Spinnerinnen waren versammelt, um für die richtige, gruselige Atmosphäre des finalen Dialoges vor dem finalen Kampf noch ein paar Spinnenweben, von denen konnte man nie genug haben, zu spinnen. Als die Oger eintraten, sahen sie den Bösen Lord, der sich gerade von seiner Maskenbildnerin herrichten ließ.
 

„Ah, gut, Handlanger.“ Er winkte die Maskenbildnerin weg. In seiner rechten Hand hielt er sein machtvolles Schattenzepter, welches schon so manchen Oger zu Stein erstarren hatte lassen oder ihn auf noch unschönere Weisen umgebracht hatte. Den Ogern zitterten die Knie. Ein Anblick, an den der Böse Lord glücklicherweise schon gewohnt war, so dass er keinerlei Verdacht schöpfte. „Du da, vortreten.“

Der Böse Lord hatte auf Fritz mit seinem knöchrigen Zeigefinger gezeigt und keiner seiner Kumpanen, wollte nun in Fritzs grüner, runzliger, warziger Haut stecken.

Der Mut hatte sie verlassen, auch Kail, der beim Anblick des Schattenzepters an den Tod seines Vaters zurückdachte. Fritz trat mit bibbernden Lippen und klappernden Zähnen vor. Sein Leben zog bereits vor seinem inneren Augen vorüber.
 

„Sorg` dafür, dass er bis Morgen, für den finalen Kampf, blitz-blank glänzt, und wehe, ich sehe einen einzigen schmutzigen Fingerabdruck deiner nichtsnutzigen Pfoten auf ihm, wenn er fertig ist, dann kannst du was, erleben, verstanden?!“

Fritz nickte ängstlich.

„Dann ist ja gut… Vorauf wartest du noch!? Abtreten!“

Fritz rannte mit dem Schattenzepter in zittrigen Händen aus dem Gemach. Die anderen Oger glaubten ihren Augen kaum und schauten Fritz hinterher.

„So… und wo ist nun meine Maniküre!!“

Evraim, dessen Bruder der Lord auf dem Gewissen hatte, war der Erste, der sich wieder fasste, und diese einmalige Gelegenheit nutzte. Als der Böse Lord ihnen den Rücken zuwendete, holte er mit seiner Keule aus und schlug mit voller Wucht auf dessen Hinterkopf ein. Sein Kriegsgebrüll, erweckte auch die anderen aus ihrer Starre. Acht Schläge und der Böse Lord ging in schwarze Flammen auf. Er kreischte noch allerlei Verfluchungen, die jedoch keinen von ihnen scherten. Der Böse Lord war tot. -
 

Alexander Augenlider öffneten sich allmählich. Er war beim Tippen vor seinem PC eingeschlafen. Er starrte auf seinen Bildschirm, wo Fritz ihn schlafwandelnd, das Oger Ende hatte tippen lassen. Am Ende des Dokuments grinsten ihn 17 mit Microsoft Word hingekritzelte Oger an, die gerade auf den Bösen Lord einschlugen.
 

* * *
 

Am Ende des Jahres erschien „Seelenblut“ tatsächlich neben allen anderen Fantasyromanen kaufbereit in den Regalen der Büchergeschäfte.

Auf dem Cover waren nun aber auch 17 Oger zu sehen, die hinter dem Bösen Lord mit erhobenen Keulen standen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SueIna
2011-08-15T21:57:43+00:00 15.08.2011 23:57
Haha, das ist so cool!^^
Ich musste so oft so lachen beim Lesen, der gesunde Menschen-(bzw. Oger-)Verstand der Bösewichter wird in Fantasyromanen immer wieder aufs Schockierendste unterschätzt!
Für mich eine der besten Geschichten auf Animexx überhaupt.^^
lg
~uesue


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