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Romeo sucht Tybalt

von

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Er liebt mich, er liebt mich nicht...

Laute Jubelrufe. Das Aufeinandertreffen von Metall. Ein zerrissenes weißes Hemd. Kreischende Capulet- Mädchen. Schimpfende Montagues.
 

„Tybalt!!“
 

„TYBALT!“
 

„TYBALT, ICH WILL EIN KIND VON DIR!!
 

„TY~BALT!“
 

Mit einer Handbewegung brachte er die Meute zum Schweigen. Der Kampf forderte seine volle Konzentration. Sein Gegner war stark. Einen Augenblick der Unaufmerksamkeit seinerseits und er würde tot am Boden liegen. Ablenkung konnte er also in keinster Weise gebrauchen. Nur Ruhe und einen kühlen Kopf bewahren.
 

***
 

„NEIN! Nein, das will ich nicht! Ich bestehe auf ein blütenweißes, zweiteiliges Kleid!!“
 

Die aufbrausende Stimme Mercutios hätte man wahrscheinlich kilometerweit gehört.

„Dieses Kleid ist doch aber weiß“, sagte Benvolio, der langsam genervt von den Starallüren seines besten Freundes war.

„Aber es ist nicht zweiteilig und die aufgenähten Rosen sind einfach nur abartig!!“

„Wegen den BLUMEN machst du so einen Aufstand?!“

„Ich mache keinen Aufstand, ich...“
 

Und während sich die Streithähne zankten, schwebte Romeo auf seiner kleinen Wolke nebenher. Das Gänseblümchen in seiner Hand sah bereits reichlich mitgenommen aus. Ein Blütenblatt nach dem Anderen segelte auf den Erdboden. Dazu sang er das altbekannte Lied:
 

„Er liebt mich, er liebt mich nicht. Er liebt mich, er liebt mich nicht? Er liebt mich, er....“
 

Die Händlerfrau sah den Montague- Spross grinsend an.

„Und, wer ist denn der Glückliche?“

„Tybalt................Capulet................................................Tybalt?!?“
 

Aus seiner Traumwelt gerissen erblickte Romeo seinen Angebeteten, in einen Kampf verwickelt. Und im Moment sah es recht gut für diesen aus. Warum also nicht hinsprinten und laut mitjubeln. Was einen Großteil der Montague- Anhänger sicher nicht erfreuen würde, aber ob er nun in Ungnade fiel oder nicht:

Solang ihn Tybalt nicht verwies war die Welt ja in Ordnung.
 

***
 

Die Klinge raste haarscharf an Tybalts Nase vorbei. Reflexartig sprang er zurück, sein Kopf ruckte nach rechts, der Blick hetzte durch die Menschenmenge. Warum war ER hier?!

Erneut spürte er die Schärfe, diesmal an seinem Oberarm. Konnte der Spanner nicht einmal nicht anwesend sein, wenn Tybalt sich konzentrieren musste?
 

Der nächste Hieb traf. Der Capulet taumelte nach hinten, in seinen Augen spiegelte sich pures Erstaunen wieder. Man hatte ihn das letzte Mal richtig besiegt, als er sieben gewesen war. Und damals war es, wie heute, ein dummer Zufall gewesen....
 

---RÜCKBLICK---
 

Es war an einem wunderschönen Sommertag.

Blut spritzte in freudiger Erwartung auf.

Die kleinen Tropfen mit dem metallischen Nachgeschmack landeten auf der sommersprossigen Nase Tybalts.
 

„Zweiter Angreifer unschädlich gemacht!“, krähte sein Bruder. Man sah seinem erregten Gesicht trotzdem an, dass er den feindlichen Montague gern selbst besiegt hätte.

Tybalts dagegen blieb ausdruckslos. Dagegen umklammerten seine kleinen Hände den Griff des Messers nur noch fester, als der nächste Gegner mit lautem Geschrei auf ihn zurannte.

Aber war das nicht-

„Bleib´ stehen!!“
 

„Tybalt? Bruder, geht es dir gut? Hörst du mich?“
 

Langsam öffnete er die Augen. Um ihn drehte sich die Welt im Kreis. Auf gleicher Höhe seines Blinddarms klaffte eine tiefe Wunde, die er zwar nicht sah, dafür jedoch den brennenden Schmerz spürte. Aber immerhin schien er noch zu leben...

Mühsam stützte sich Tybalt auf seine Ellbogen und hiefte sich so hoch. Der Bruder, vorher über ihn gebeugt, war einen Schritt zurückgetreten und gab die Sicht auf Romeos schuldbewusstes Gesicht frei.

„E-es tut mit Leid! Ich wollte dich nicht verletzten. Ganz bestimmt nicht! Ich dachte, du würdest meinen Angriff abwehren, so wie die davor.Wie konnte ich denn ahnen, dass du zur Salzsäule erstarrst?!“, stotterte der Junge unsicher vor sich hin. Der Capulet schüttelte leicht den Kopf und grinste dann gequält.

„Ist in Ordnung. So ein Kratzer bringt mich schon nicht um. Ein richtiger Mann steht so etwas mit einem Siegerlächeln durch!“
 

---RÜCKBLICK ENDE---
 

Ein lautes 'PLATSCH' ließ Romeo aus seiner Starre fahren. Sein Tybalt. Verloren. Schwer verletzt! Im Sterben liegend?
 

Das Raunen, welches durch die umstehende Meute ging, zeugte von Verblüffung, gleichzeitig aber auch von Verhöhnung und Belustigung. Von Mitleid keine Spur!

Konfus sah Romeo von Tybalt auf das Schwert, welches diesen verwundet hatte, und wieder zu dem blutverklebten Körper. Dann drängte er sich durch die Gaffermenge, um zu Tybalt in den Brunnen zu steigen. Fast panisch riss er sich das Shirt vom Leib, wickelte es ungeschickt um den blutenden Oberkörper. Den Capulet dabei anheben zu müssen-; daran hatte er natürlich nicht gedacht. Etwas umständlich stemmte sich der Montague gegen den muskelbepackten Leib, damit er diesen danach gegen sich lehnen konnte. Mit der Hilfe von Benvolio und Mercutio würde sich Tybalt wohl aus dem Brunnen heben lassen.
 


 

„Romeo, wohin mit ihm?“, rief Benvolio ächzend; Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn.

„Nach Hause“

„Wie bitte?! Mir kommt kein niederträchtiger Capulet aufs Anwesen!“, ereiferte sich Mercutio lautstark. Ein Treffen in einem netten Gasthaus, in Ordnung. Daheim? NIEMALS!!!

„Vergiss es, Mercutio. Den kannst du nicht von abhalten“, murmelte Benvolio.
 

Sie mussten schon komisch aussehen:

Zwei Montague- Anhänger, die einen gebürtigen Capulet jeweils unter Arm- und Kniekehlen gepackt hielten und ein völlig aufgelöster Romeo, der nebenher tänzelte und mit einem Fächer Frischluft in das schmerzverzerrte Gesicht des Verletzten wedelte.
 

„Man Romeo, deine Mutter bringt uns um, wenn sie das hier mitbekommt!“

„Wollt ihr ihn lieber verrecken lassen und dann den Zorn der Lady Capulet auf euch ziehen?“

Einstimmiges Kopfschütteln.

„Dann sind wir uns ja einig. Legt ihn vorsichtig aufs Bett. Um den Rest kümmere ich mich selbst…..und danke.“

Mercutio warf die Arme in die Höhe und verließ schnaubend den Raum. Benvolio zögerte, setzte sich dann aber neben Romeo, der sein Gesicht in den Händen vergruben hielt und schluchzte.

„Hey, es war nicht deine Schuld, hm?“

„Natürlich war es meine! Ich hab ihn abgelenkt.“

„Womit, Romeo. Womit denn?“

Ungläubig, dass sein bester Freund eine so dumme Frage stellte, flüsterte der Montague- Erbe fast unsicher:

„Mit.............meiner puren Anwesenheit.“

„Was für Unsinn da in deinem hübschen Köpfchen ist, Romeo! Und wenn, dann solltest du dich doch geehrt fühlen, nicht war? Das zeugt von Zuneigung oder etwas nicht?“

Romeo schniefte: „Zuneigung?“

„Sicher. Und die Verletzung ist nur ein unschöner Nebeneffekt. Tybalt hat schon ganz andere Wunden verkraftet, erinnerst du dich?“

Unsicheres Nicken.

„Dann wäre das geklärt. Kümmere dich gut um ihn, mein Freund. Er wird es dir bestimmt irgendwann danken. Ach ja, ich werde dafür sorgen, dass die Capulets beruhigt sind.“

Benvolio lächelte aufmunternd und drückte dem Häufchen Elend einen Kuss aufs Haar, bevor er verschwand.
 


 

Die darauf folgenden Nächte empfand Romeo als die schlimmsten und längsten seines Lebens. Tybalt kämpfte mit Fieber, er selbst mit dem Drang, sich schlafen legen zu können. Trotzallem blieb er tapfer am Krankenbett sitzen, wechselte kühlende Tücher und Verbände und flößte dem Capulet immer wieder Wasser ein.

Doch auch Romeos Energie besaß ihre Grenzen und die waren nun mehr als überschritten. Umso überraschender, dass er vor Tybalt erwachte. Erschöpft rieb e sich die geröteten Augen und schwang dann die Beine über die Bettkante. Seine Füße machten klatschende Geräusche auf dem kalten Steinboden und der Montague bemerkte, dass der Morgen gerade erst dämmerte.
 

Romeo griff nach der Silberbürste und fuhr sich damit durch die hellbraunen Strähnen. Die Vorstellung, was er wohl mit Tybalts langem, blonden Haar frisurentechnisch alles anstellen könnte, ließ ihn schmunzeln.

Nachdem er die Bürste weggelegt hatte, griff seine Hand nach dem kleinen Schlüssel. An einem Kettchen befestigt und jetzt fast rostfrei glitzerte er im ersten Sonnenlicht beinahe magisch. Welches Geheimnis verbarg er bloß?
 

Wie auf Kommando vernahm Romeo ein Stöhnen hinter sich. Sein 'Gast' war wohl ins Reich der Lebenden zurückgekehrt. Aber verwunderlich, dass Tybalt nicht von Romeos Anwesenheit und dem fremden Zimmer irritiert schien. Der Capulet gähnte herzhaft, verzog dann aber vor Schmerzen das Gesicht. Dann grinste er sogar und fragte mit ironischem Unterton: „Er hat mich von oben bis unten aufgeschlitzt, stimmt´s?“

Romeo, perplex von der Unbekümmertheit seines Gegenüber, blinzelte kurz, antwortete dann aber ernst: „Du kannst froh sein, dass dem nicht so ist!“

Der Capulet schüttelt nachdenklich den Kopf. Es schien ihm wirklich besser zu gehen...
 

Es folgten Minuten des Anschweigens. Tybalt zuckte heftig zusammen, als er DEN Schlüssel vor sich baumeln sah. Romeo musste hinter ihn-

„Ist das deiner?“

Der Größere antwortete nicht.

„Sag schon: Gehört er dir?“

„Muss ich darauf antworten? Und wenn es so wäre...“

Tybalt hörte Romeo tief durchatmen, spürte den warmen Lufthauch in seinem Nacken.

„Warum hast du ihn bei mir gelassen?“

Erneut grinste der Besitzer des Schlüssels geheimnisvoll, nahm diesen aus Romeos Hand und drehte sich dann umständlich zu diesem um, um ihm die Kette anzulegen.

...und für einen Moment herrschten perfekte Harmonie und Frieden.
 


 

„Finde es heraus............................er gehört nun dir.“



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