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Far Away

von

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27

Zwei Jahre später:
 

Das kalte Wasser verursachte mir Gänsehaut, aber ich tauchte trotzdem unter, lies das Wasser mein langes Haar durchnässen um es beim Auftauchen wieder kräftig auszuschütteln.

„Eure Hoheit!“ kreischte die Tempeldienerin, als einige Wassertropfen sie trafen.

„Das ist eine rituelle Reinigung, hört also auf herum zu planschen!“

Brav schwamm ich zum Beckenrand und kletterte nach draußen. Geduldig hielt ich still während Lillia, in ein weißes Tuch gewickelt, mich mit einer duftenden Paste einrieb, die angeblich Körper und Geist reinigte.

Was nutzte mir das bitte, wenn ich sowieso erfror? Diese Frage konnte mir leider niemand beantworten, da meine Begleitung gerade damit beschäftigt war, eine Schale mit Quellwasser zu füllen, nur um sie anschließend über mir auszuleeren.

„Verdammt!“ kreischte ich, als das eisige Wasser über meine Haut lief und den Schaum wegschwemmte.

„Warum kann diese Reinigung nicht in einer heißen Quelle stattfinden?“ grummelte ich leicht verstimmt.

„Weil es kein Entspannungsbad ist!“ war die prompte Antwort der jungen Frau mit den kurzen schwarzen Haaren, die gerade eine weitere Schale des kühlen Nasses in Schräglage brachte.

Etwa zwanzig Minuten später war die Sache geschafft und ich rubbelte mir mit einem Tuch so lange über die Haut, bis sie wieder trocken und warm war.

„Hoheit, Eure Kleider liegen bereit!“ mit einem Seufzer legte ich mein Handtuch beiseite und strich eine vorwitzige feuchte Strähne aus meinem Gesicht.

Es war soweit. Heute wurde das Ritual vollzogen, dass aus einer Schülerin eine Priesterin machte.

Allein schon bei dem Gedanken daran wurde mir ganz anders und ich legte eine Hand auf meinen Bauch, in der verzweifelten Bemühung, mein Mittagessen bei mir zu behalten.

„Ist Euch nicht gut?“ Statt einer Antwort stürmte ich aus dem Raum und schaffte es gerade noch bis zur nächsten Toilette, bevor ich meinen gesamten Mageninhalt wieder von mir gab.

„Mir geht es gut!“ versuchte ich Lillia zu beruhigen, während ich meinen Mund mit Wasser ausspülte.

„Mein Magen ist in letzter Zeit öfter etwas gereizt, ist wahrscheinlich die Aufregung!“

Mein Gegenüber zog skeptisch eine Augenbraue nach oben.

„Seid Ihr sicher?“ die Frage verwirrte mich.

„Natürlich, an was sollte es denn sonst liegen?“ mit diesen Worten verlies ich den kleinen Raum um mich anzuziehen.
 

Zwei Stunden später lief ich alleine durch das große Tor des Haupttempels.

Direkt hinter der Tür erwarteten mich vier Gestalten in weiten, weißen Roben, die jeweils eine Schale in den Händen hielten.

Ich kannte keine von ihnen, wusste aber, dass es sich um die vier Hohepriester beziehungsweiße oberste Priester handelte.

Als erstes trat ein Mann Mitte vierzig auf mich zu, die silberne Brosche mit dem Onyx wies ihn als obersten Scoahpriester aus. Einen Hohepriester gab es zurzeit nicht.

„Empfangt aus meinen Händen Scoahs Segen!“ bei diesen Worten begann der Inhalt seiner Schale schwarz zu glühen und ich tauchte meine Finger hinein um die Flüssigkeit auf meine Stirn, meine Brust und meine rechte Hand zu tupfen.

Dieses Vorgehen wiederholte ich bei der grün glühenden Schale der Hohepriesterin von Peroka, der blauen des obersten Tegispriesters und zu guter Letzt tauchte ich meine Finger in das weiße Leuchten des obersten Ronugpriesters, der Malikas Nachfolger war.

Dann folgte ich ihnen zur nächsten Tür, die noch größer war als die erste.

Der Raum dahinter war riesig und dir Decke wurde von vier Säulen gestützt, der Boden ein gigantisches Mosaik aus grünen, schwarzen, weißen und blauen Fliesen.

„Etienne Terupin!“ meldete sich die junge Hohepriesterin zu Wort.

„Ihr seid hier, um Euer können und Eure Macht unter Beweis zu stellen. Ich frage Euch daher ein einziges Mal: seid Ihr gewillt, dieses Ritual hier und jetzt abzulegen und den Euch vorbestimmten Platz im Kreis der Priester einzunehmen?“

Ach, ich hatte eine Wahl? Das war ja mal ganz was Neues! Warum hatte mir das vorher keiner gesagt?

Leider hatte ich das ungute Gefühl, das ein ‚Nein‘ nur eine Verschiebung des Ereignisses zur Folge hätte und ich würde garantiert kein zweites Mal in dieser heiligen Eiswasserquelle baden!

„Ja!“ kaum hatte ich meine Antwort ausgesprochen, da schwang die hintere Wand einfach auf und ich trat nach draußen.

Da der Tempel auf der der Stadt zugewandten Seite des Palastes lag hatte ich freie Sicht auf die Stadt und die dort versammelte Menschenmenge hatte ebenso freie Sicht auf mich.

Na super! Auch noch Publikum!

Mit einem letzten nervösen Seufzer trat ich in die Mitte des Podests.

Kühler Wind bauschte meinen weiten Rock und meine weiten Ärmel auf. Auf der bloßen Haut meines Bauches und meiner Schultern fühlte er sich angenehm an.

Den ganzen Tag über war es drückend heiß gewesen aber jetzt ging die Sonne unter und in spätestens zwei Stunden würde es klirrend kalt sein.

‚Okay Etienne konzentriere sich! Denke einfach an das, was Moses dir erklärt hat!‘

Ich schob sämtliche Gedanken Temperaturen, Menschenmassen und schöne Sonnenuntergänge beiseite, schloss die Augen und hob meine rechte Hand Richtung Himmel, die Handfläche nach oben.

Vor meinem inneren Auge sah ich, wie die Magie durch meinen Körper floss, sich in meiner Handfläche sammelte und in die vier Kristalle in den vier Ecken des Podests floss.

Laut Moses würden diese anfangen zu glühen. Das hatte zwei Bedeutungen: erstens hatte ich die Prüfung bestanden und zweitens bestimmte die Stärke des Glühens meinen zukünftigen Rang.

Je stärker das Licht, desto stärker die Kräfte und desto höher stand man in der Hierarchie. So einfach war das.

Also irgendwie war diese Stille unheimlich. Sollte nicht irgendjemand etwas sagen?

Stattdessen war es so still, dass man die sprichwörtliche Stecknadel hätte fallen hören können.

War vielleicht irgendetwas schief gegangen?

Ich öffnete meine Augen einen Spalt, riss sie dann ganz auf, nur um sie wieder fest zuzukneifen und anschließend wieder aufzureißen.

Die Kristalle glühten nicht!

Sie leuchteten! Wie gottverdammte Taschenlampen!

Ich stoppte den Energiefluss und senkte den Arm, doch die blöden Dinger leuchteten munter weiter.

Vielleicht waren sie ja kaputt?

Ich hörte Schritte hinter mir und drehte mich zum obersten Scoahpriester um.

Das schon leicht ergraute Haar wirkte im schwarzen Licht wieder fast einfarbig und der Blick mit dem er mich ansah war für mich undeutbar.

„Ich v…verstehe nicht was schiefgegangen ist! Keine A..ahnung wie das passieren konnte!“ stammelte ich und wäre am liebsten in das nächste Loch gekrochen.

Es war nur Leider keines in Sicht. Nur Fliesen in vier Farben soweit das Auge reichte.

Doch zu meiner Verblüffung sanken die drei obersten Priester auf die Knie, während sich die Hohepriesterin leicht verneigte.

Okay, was zur Hölle war jetzt los?

Noch bevor ich mich von diesem neuen Schock erholt hatte nahm die Perokapriesterin meine Hand, zog mich zum Podest Rand und rief in einer Lautstärke sie ich ihr nie zugetraut hätte:

„Seht Scoahs neue Hohepriesterin!“

Den aufkommenden Applaus hörte ich wie durch Watte, in meinem Kopf lief ein einziges Wort in Dauerschleife: ‚Hohepriesterin‘.
 

„HOHEPRIESTERIN? Ich?“ ich tigerte eine weitere Runde durch das Wohnzimmer. Der Boden hatte bestimmt schon eine Furche!

„Das kann ich nicht!“

„Ach, papperlapapp!“ meinet Rhia und schlug mir auf den Rücken.

„Das hast du am Anfang auch über deinen Job als Königin gesagt und jetzt frisst dir der Senat aus der Hand!“

„Du hast gut reden!“ schnaubte ich während meine beste Freundin sich kichernd mit der Hand über den Bauch fuhr, der sich wieder beachtlich wölbte.

Ihr zweites Kind sollte in drei Monaten zur Welt kommen.

„Dande Tienne Arm?“ ihre erste Tochter Kassy, benannt nach meiner jüngeren Schwester Kassiopeia, tapste leicht schwankend auf mich zu und ich bückte mich, um sie hochzuheben.

„Für ihre knapp eineinhalb Jahre spricht sie aber schon gut! Sie wird bestimmt mal Lehrerin!“ meinte ich, während mir ein feuchter Schmatzer auf die Wange gedrückt wurde.

„Ja!“ seufzte die werdende Mutter.

„Wir müssen höllisch aufpassen was wir sagen weil sie alles wiederholt. Erst vor kurzem hat sie jeden den sie traf fröhlich lachend einen ‚Idit’ genannt. Zum Glück hat keiner erraten, dass sie ‚Idiot‘ meinte!“

Wie aufs Stichwort begann das kleine Mädchen auf meinem Arm sofort „Idit! Idit!“ zu kreischen und klatschte dabei begeistert mit den Händen, was uns alle zum Lachen brachte.

„Mach dir keine Sorgen!“ Siamun legte einen Arm um meine Taille und zog mich mitsamt meiner Fracht an sich.

„Ich bin sicher, du wirst eine großartige Hohepriesterin! Und selbst wenn nicht: Seit deiner Steuersenkungs-Idee liebt dich sowieso jeder im Land! Außer vielleicht ein paar Adelige, aber man kann es ja nicht allen recht machen!“

Ich schmiegte meinen Kopf an seine Brust und atmete seinen Geruch tief ein.

„Danke!“

„Gosartig! Gosartig!“

„Ich glaube, unser kleiner Abendstern hier war in einem früheren Leben ein Papagei!“ meinte Moses lachend, nachdem er verstanden hatte, dass Kassy ‚großartig’ gemeint hatte.

„Abaei!“

Ich erwischte mich bei dem Gedanken, dass ich plötzlich auch ein Kind wollte.
 

Ich spülte meinen Mund aus und schob den Nachttopf wieder unters Bett. In Kürze würde sowieso ein Dienstmädchen hier aufräumen.

Diese ständige Übelkeit nervte mich langsam aber sicher. Das ging schon über eine Woche so.

Höchste Zeit zum Arzt zu gehen!

Doktor Arton runzelte die Stirn, als ich ihm mein Problem schilderte.

„Plötzlich auftretende Übelkeit, besonders morgens?“ er überlegte kurz.

„Seid Ihr in letzter Zeit öfters Erschöpft?“ fragte er.

„Ja, schon. Ich hatte viel Stress!“

„Und wie steht es mit Eurem Appetit? Esst Ihr mehr wie sonst, habt Heißhunger auf Speisen die Ihr eigentlich nicht mögt oder anders herum?“

In letzter Zeit hatte ich eine extreme Vorliebe für Bananen entwickelt, daher nickte ich. Auch wenn ich keine Ahnung hatte, was das mit meinem Gesundheitszustand zu tun hatte.

„Und Eure letzte Monatsblutung? Wann war die?“

Ich grübelte nach und kam zu dem Schluss, dass ich keine Ahnung hatte.

„Das ist… ewig her!“ plötzlich fiel der Groschen.

„Meinen Sie etwa… ich bin schwanger?“ der Arzt lächelte.

„Es deutet zumindest einiges darauf hin! Ich hole die Palsathebamme, sie kann das genau sagen.“

Die Hebamme, eine kleine Frau die fast so breit wie hoch war, hieß Sulamith.

Sie legte mir ihre grün glühende Hand auf den Bauch und strahlte mich ein paar Minuten später wohlwollend an.

„Ich darf gratulieren! Ihr seid schwanger!“ mit einem verzückten Kreischen fiel ich ihr um den Hals.

Doch ein Gedanke dämpfte meine Euphorie: wie sage ich es Siamun?
 

Ich knetete nervös meine Finger, während ich im Schlafzimmer auf und ab lief.

Das wurde so langsam echt zu meinem neusten Hobby!

Ich betete darum dass mein Mann bald kam und hoffte gleichzeitig, er würde nicht kommen.

Vielleicht machte er ja Überstunden oder so?

„Etienne? Ist irgendetwas?“ die samtig tiefe Stimme lies mich herumfahren.

„N..Nein! Nichts! Was sollte denn sein?“ die Antwort kam viel zu hastig und Siamun glaubte mir ganz offensichtlich kein Wort.

„Wirklich Kleines? Du wirkst nervös!“

„Es ist nur… ich… wir… du…“ ich brach ab.

„Ja?“

„Ichbinschwanger!“ So! Jetzt war es raus! Allerdings schien er mein Genuschel nicht zu verstehen.

„Ich bin schwanger!“ hey, beim zweiten Mal war es viel einfacher!

Mein Göttergatte starrte mich aus riesengroßen, samtig schwarzen Augen an.

„Wir… werden Eltern?“ noch bevor ich antworten konnte hatte er mich gepackt und begann, mich im Kreis zu schwenken.

Allerdings wurde ich genauso schnell wieder abgesetzt.

„Und was, wenn es mich nicht mag?“ beinahe hätte ich losgelacht. Ich schaffte es gerade noch halbwegs, einen Hustenanfall vorzutäuschen.

„Siamun! In der Regel lieben Kinder ihre Eltern! Da müsstest du schon ziemlich viel falschmachen!“

„Und was wenn das passiert?“ eine schwarze Strähne seines langen Haares war ihm in die Stirn gefallen und ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um sie nach hinten zu streichen.

„Darüber denken wir nach, wenn es soweit ist!“
 

Vor dem Einschlafen legte Siamun ein Ohr auf meinen Bauch.

„Schläft es? Man spürt gar nichts! Horace hat erzählt, man könne die Bewegungen des Kindes im Bauch spüren!“

„Jetzt noch nicht! Das dauert noch ein paar Monate!“ eine große Hand begann, sanft über meinen Rücken zu streicheln.

„Hoffentlich wird es ein Mädchen! Obwohl, ein Junge wäre auch nicht schlecht! Oder noch besser: Zwillinge!“

„In Ordnung! Du darfst nachts aufstehen!“ antwortete ich schläfrig. In diesem Moment war ich einfach nur Glücklich.



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