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Destiny

Prince of Yago
von

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Im Auftrag Ihrer Majestät

Auf den Straßen von Vilar Azair war die Hölle los. Die Einwohner der Stadt wussten vielleicht nicht, wann sie angegriffen würden, doch um so sicherer schwebte das Damoklesschwert über ihren Köpfen, DASS es geschehen würde. Frauen hetzten und scheuchten ihre Kinder durch die Menge der wimmelnden Soldaten, die vielleicht früher einmal Bauern oder Müller gewesen waren. Der Krieg machte keinen Unterschied. Ihnen allen stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben und ab und an ging ein leises Raunen durch die Reihen, das der Gefahr aus der Ferne einen Namen gab: „Die Perser.“

Als sie sich endlich aus dem Schutz der Schatten traute, wurde Eyleane sofort von einem Mann zur Seite gestoßen. Immerhin, dachte sie bei sich, werde ich in der Aufregung nicht bemerkt. Denn auch wenn diese Perser, von denen alle Gossen rumorten, deren Name sich jedoch keiner laut auszusprechen traute, sie gefangen genommen und zur Sklavin gemacht hatten, war sie sich in diesem Fall nicht sicher, ob der Feind ihres Feindes bereitwillig ihr Freund sein würde. Immerhin hatte sie vor, einem der gegnerischen Kriegsherren Zugang zur Stadt zu verschaffen und das sahen die eingekesselten, panischen Stadtleute sicher nicht gerne.

„Zum Südtor“, brüllte ein Bewaffneter direkt neben ihr – mit einer Stimme wie mit einem modernen Megaphon, sodass ihr die Ohren klingelten. „Wir haben zu wenig Truppen am Südtor!“ Antworten schallten ihm aus allen Ecken und Enden Vilar Azairs entgegen, aber über den entstehenden Geräuschpegel hinweg kam nichts bei der geflohenen Prinzessin an. Alles vermischte sich zu einem einzigen, grauen Rauschen.

Welche Wahl hatte man, wenn man hier herein wollte? Möglichst lebendig, verstand sich. Über die Mauer, unter der Mauer hindurch oder direkt DURCH die Mauer. Letzteres würde nur funktionieren, wenn sie eine größere Nische fand – und danach hatte sie schon gesucht – oder eines der Tore (wie sie den gebrüllten Befehlen der buntgeschmückten Hauptmänner entnehmen konnte, war es in jeder Himmelsrichtung jeweils eines) sich öffnete, die dafür jedoch viel zu gut bewacht waren. Auch wenn der Schreihals neben ihr anderes behauptete.

Einen Gang unter der Mauer hindurch zu graben aber, würde mehr Werkzeug und Zeit erfordern, als Elijah und sie mit ins Rennen brachten. Also musste doch so etwas wie ein Seil her, das sie unbemerkt zu ihrem Kumpanen herunterlassen konnte.

Ihr Blick schweifte die Steinwand entlang und blieb schließlich an einer engen, gemauerten Treppe hängen, die von einer alten, doch soliden Holzleiter fortgesetzt wurde: Der Weg, auf dem die Wachposten nach oben kamen, um von dort aus schneller vor dem bevorstehenden Angriff Alarm schlagen zu können.

Verstohlen schaute sie nach links und rechts, bevor sie still und heimlich die Treppe bis zu einem kleinen Plateau erklomm. Niemand hielt sie auf. Keiner schrie. Erleichtert atmete Eyleane auf und setzte gerade den ersten Fuß auf die Leiter, als sie eine große, kalte Hand auf ihrer nackten Schulter spürte. Sie zuckte so heftig zusammen, dass sich ihr Fuß zwischen den Sprossen verfing und die Leiter mit einem lauten Klappern zu Boden ging.

Als sie ängstlich den Kopf drehte, sah sie aller Augen auf sich ruhen.

„Weib, du hast da oben nichts ver-“, begann der grobschlächtige Krieger in paramilitärischer Rüstung, der sie festgehalten hatte, doch als sein Blick auf ihre fremdartige, nordische Kleidung fiel, unterbrach er sich selbst. „Wer seid Ihr?“

„Eyleane“, rutschte es aus ihrem Mund, bevor sie es hatte aufhalten können. Einige der Leute, die sie anstarrten, runzelten die Stirn; der Kerl jedoch, der sie festhielt, quetschte ihren Arm nur noch härter zusammen. „Verkauf mich nicht für dumm! Das ist kein nordischer Name.“ Nach einer kurzen Pause, die Eyleanes Gedanken zumindest ein bisschen zur Ruhe kommen ließ, fügte er entschieden hinzu: „Das ist überhaupt kein Name.“

Der Schmerz in ihrer Schulter hielt sie davon ab, darauf zu bestehen, dass 'Eyleane' nunmal ihr Name war und er sich mit Beschwerden gefälligst an ihre tote Mutter ins Jenseits wenden sollte. Doch je länger sie mit einer neuen, besseren Antwort wartete, desto argwöhnischer starrten einige der Leute um sie herum sie an. Und so kam aus ihrem Mund das einzige, was ihr auf die Schnelle in den Sinn kam. „Farah!“, rief sie gequält und ruckte an seinem plötzlich nicht mehr ganz so festen Griff. „Mein Name ist Farah!“ Das Gemurmel der Menge war mit einem Mal verstummt. Wo sie vorher nur vereinzelte, fremde Blicke auf sich gezogen hatte, hatte sie nun ungeteilte Aufmerksamkeit.

„Farah?“, echote der Soldat mit einer guten halben Minute Verzögerung. „PRINZESSIN Farah des Nordens?“ Langsam aber sicher, in der Totenstille der belagerten Stadt, zwischen einem Haufen prähistorisch buntangezogener Leute, die eher einem Netzstreifen, als dem wahren Leben entsprungen zu sein schienen, überkam Eyleane das nagende Gefühl, gerade einen nicht wieder gut zu machenden Fehler begangen zu haben. Und dabei fragte sie sich selbst, wieso um alles in der Welt gerade dieser Name, den sie bis vor einem Tag in ihrem ganzen Leben noch nie gehört hatte, plötzlich so besessen ihren ganzen Kopf beherrscht hatte, dass sie außer ihm nicht einmal mehr auf die Namen ihrer eigenen Familie oder ihrer Freunde gekommen war.

„Seid Ihr Prinzessin Farah?“, fragte der ungläubige Soldat noch einmal und der drängende Ton in seiner Stimme ließ ihr einmal mehr keine Zeit zum Überlegen, welche Antwort nun wohl die geringere Katastrophe verursachen würde.

„Ähm... ich... ja?“

„Aber...“ Immerhin schien ihr 'Aufseher' ebenso aus dem Konzept gebracht, wie sie selbst. „Was tut Ihr hier? Hieß es nicht, Eure Städte wären vor den Persern gefallen?“

„Ich...“ Jetzt zu erzählen, dass sie eine entflohene Gefangene der Feinde war, erschien ihr nicht die beste Idee. Zumindest würde es unweigerlich die Frage nach sich ziehen, wie sie hier her und in die Stadt hereingekommen war – eine Frage, die sie sehr wohl ehrlich beantworten konnte, ohne in die Bredouille zu kommen – aber das wiederum würde mit ein wenig Pech weiter zu der Frage führen, was sie auf der Mauer und was ein Persischer Prinz davor zu suchen hatte. Und an einem Tag, an dem man als Sklavin im Harem eines Mannes in einem fremden Land aufwachte, schien Eyleane ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, um auf sein Glück zu vertrauen.

Das erste, was ihr Hirn jedoch ausspuckte, war ein Reservename, den es sich für die letzte Frage aufgespart hatte – und von dem Eyleane genauso überrascht war, wie von ihrer ersten Antwort: „Prinzessin Tamina!“

Wo vorher schon unheimliches Schweigen geherrscht hatte, trat jetzt Grabesstille ein. „Was ist mit Prinzessin Tamina?“, durchbrach ihr Fänger diese nach einigen Sekunden, da Eyleane offenbar keine Anstalten machte, ihre leider etwas rätselhaft geratene Antwort weiter auszuführen.

„Sie schickt mich.“

„Wohin?“ Die Augenbrauen des Soldaten kräuselten sich misstrauisch, doch sein zusehends lockerer Griff ließ die Sikarierin hoffen, dass sie vielleicht doch nicht ganz auf dem Holzweg war. Wohin also?, dachte Eyleane. Na, nach Möglichkeit doch dorthin, wo du sowieso gerade hin willst. „Zu dem Posten auf der Mauer. Hier hast du mich doch aufgehalten, du Grobian!“ In diesem Moment schossen so viele Gedanken durch ihren Kopf – Informationen, die sie nur zu verwerten brauchte – sodass ihre Unsicherheit mit einem Schlag gänzlich verflogen war: Der Wachposten auf der Mauer musste verschwinden, wenn sie Elijah hinüber schmuggeln wollte. „Er soll abziehen. Unverzüglich.“ Eine logische Erklärung dafür hatte ihr Soldat doch vorhin selbst geliefert: „Und zum Südtor gehen. Es sind zu wenig Leute dort.“ Kombiniert mit der Antwort auf die unbeantwortete Frage von vorhin, damit keiner an ihrer Autorität zweifeln konnte: „Lass mich nicht glauben, dass diese Allianz meiner und eurer Stadt völlig umsonst war, nachdem Prinzessin Tamina so viele Schwierigkeiten damit hatte, mich von diesen Mistkerlen zu befreien!“ Und zu guter Letzt garniert mit etwas, dass diese Leute in genug Schrecken versetzen konnte, sodass weitere Nachfragen bereits im Kern erstickt wurden: „Die Perser greifen bald an! Sie sammeln sich dort am Südtor. Es darf auf unter keinen Umständen fallen.“

Die Menge kam ruckartig aus ihrer Stasis wieder in Bewegung; auf der Plaza wurde noch mehr geschubst und gedrängelt als zuvor und die Schreie erhoben sich von laut zu hysterisch. Die vermeintliche nordische Prinzessin fühlte, wie ihre Schulter schlussendlich freigegeben wurde.
 

Elijah derweil konnte nur erahnen, was sich jenseits dieser Mauern abspielte und er fand es ärgerlich, dass Logan, Tali und ihr eigenartiges Anhängsel Stix nicht wieder aufgetaucht waren. Als jedoch nach einer gefühlten Ewigkeit plötzlich unterdrücktes Geklapper hörbar wurde und eine vertraute Stimme „Psst, Eli!“ über seinem Kopf flüsterte, war die üble Laune wie weggeblasen.

Er lief gut zehn Meter von der Mauer weg in den Schutz eines Baumes, um über das Ungetüm von Schutzwall hinweg eine kleine Gestalt erblicken zu können, die gerade eine hölzerne Leiter über die Steine hinausschob... und schließlich dort verharrte. Toll! Was sollte er denn mit einer parallel zum Boden über ihm schwebenden Leiter anfangen? Aber Eyleane das über die nicht gerade geringe Distanz hinweg zu fragen, würde vermutlich mehr ungelegenen Besuch anlocken, als er im Moment vertragen konnte.

Fein, dachte er grimmig, als Sikar lernt man eben mit dem zu arbeiten, was man hat.

Die Mauer etwa zehn Meter. Die Distanz zwischen Mauer und Baum ebenfalls. Der Baum ragte gerade so bis zur Hälfte des Stadtwalls in die Höhe. Und die Leiter schließlich stand etwa vier Meter von den Steinkanten nach vorne.

Also entweder war Tali mit ihrem dummen Vorschlag, über die Mauer zu kommen, Hellseherin gewesen, oder er hatte gerade die blödeste Eingebung seit der Idee, Kareena mit der Großmeisterin der Mao Lyth bekannt zu machen. „So, let's run up this wall, right?“, murmelte er beinahe lautlos zu der nicht mehr anwesenden Tali'Zorah und ging vier Schritte zurück, ehe er noch einmal tief Luft holte und dann schließlich losrannte.

Im Rennen waren es nur noch drei Schritte zum Baum; der erste Fuß, den er senkrecht zur Erde setzte, saß. Der zweite. Beim dritten musste er abspringen. Immerhin das hatte er aus seinen schmerzhaften Erfahrungen zuvor am Abend gelernt. Zwei Schritte eine Wand hoch, beim dritten würde er immer fallen.

Die Welt drehte sich um 180 Grad und Elijah spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss; wie beim letzten Looping, den er mit der Swordfish über den Häusern von Vilar Azair gedreht hatte. Und gerade, als die Umgebung sich wieder richtig herum sortierte und er spürte, wie er wieder zu fallen begann, nahm er alle Konzentration zusammen und stieß mit der Macht des Gondothru so fest gen Boden, dass ein recht beachtlicher Krater den Rasen vor der Mauer zerriss. Der Rückstoß schleuderte ihn zu einem erneuten Überschlag noch höher in die Luft. Wenn er jetzt fiel, würde er nicht mehr mit einem wehen Kreuz davonkommen.

Doch er landete mit dem Rücken zur Mauer: Auf der äußersten Leitersprosse. „Hah! Did you see tha-“ Noch während Elijah sich herumdrehte, blieb ihm seine Lobrede auf sich selbst im Halse stecken. Er sah das andere Ende der Leiter auf sich zukommen. Und sich selbst erneut fallen.

Eyleane, die sich selbst als Gegengewicht auf der anderen Seite der Holzkonstruktion platziert hatte, war kein Vergleich zu dem, was der persische Prinz auf die Waage brachte, und kippte nun samt ihres Mitstreiters und der Leiter dem Übergewicht auf der Außenseite der Mauer entgegen. Und dem zehn Meter entfernten Boden unter ihnen.

„ELI!“

Doch der Angesprochene, der gerade in ungeheurer Geschwindigkeit die einzelnen Sprossen der fallenden Leiter hochspurtete, trat auf der Stelle – bis er schließlich auf der letzten Stufe angekommen war und sich mit aller Gewalt nach oben abstieß und so schnell er konnte nach vorne lehnte, sodass er selbst und die ebenfalls auf dem Weg nach unten befindliche Eyleane gegen den harten Stein der Stadtmauer schlugen.

Und seine Fingerspitzen griffen eine Kante.

Das Mädchen jedoch, das mit dem Rücken an die Wand gestoßen worden war, brauchte einen Moment zu lange, um sich wieder zu orientieren und als sie panisch ihre Arme nach oben riss, war es bereits zu spät, um den rettenden Vorsprung noch erreichen zu können.

Elijahs Bein aber kam ihr gerade recht.

Den harten Ruck an seinem von Kareena malträtierten Fuß quittierte dieser mit einem nicht gerade leisen Aufschrei und einer Hand, die durch das Gewicht den notdürftigen Halt verlor.

Weit unter ihnen hörten sie die Leiter zuerst mit einem dumpfen Ton auf der Wiese aufschlagen und groteskerweise erst danach knackend und berstend in tausend Teile zerbrechen. Elijah musste keinen Blick nach unten werfen, um zu wissen, dass er nicht genauso enden wollte. Er schwang sich – trotz der Schieflage durch Eyleane an seiner rechten Seite – mit der zweiten Hand wieder an den Vorsprung und linste zwischen seiner Brust und der Mauer nach unten. „Are you alright?“, stieß er durch die Zähne hervor.

„Mir geht’s gut“, kam die etwas klägliche Antwort von einer Stimme, die anderes vermuten ließ.

„Well, that's gonna change soon, because I can't hold the weight of both of us any longer with only my fingertips!“

Dass er das ausgesprochen hatte, sollte er auch sogleich bereuen, da Eyleanes prompte Lösung für diese Misere war, hektisch die Körperteile ihres Begleiters als Leiter zu benutzen und ohne Rücksicht auf Verluste zu dem Stuckvorsprung, der sie beide hielt, hochzuklettern.

„Ou! Watch my nose!“

Mit leisem Ächzen zog sie sich auf die Verzierung. Elijah tat es ihr mit leichter Verzögerung und weitaus derberen Flüchen gleich. „Okay, that sure did alarm someone. Let's get the hell out of here!“

„Das musst du mir nicht zweimal sagen.“

Unmittelbar über ihren Köpfen erhoben sich die orientalisch anmutenden Zinnen der vorher noch unüberwindbar wirkenden Mauer, sodass sie nach dieser abenteuerlichen Aktion keine größeren Schwierigkeiten mehr hatten, sich von dem handbreiten Stuckvorsprung auch zu den sicheren Steinen der Stadtmauer hochzuziehen und über die Weite der Überwachungsanlagen zu spähen.

„Where are the watchmen?“, flüsterte Elijah überrascht.

„Abgezogen“, grinste Eyleane und zwinkerte ihm in fröhlichem Stolz zu. „Im Auftrag Ihrer Majestät.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Ayumi_Kirifuda
2011-02-22T11:45:51+00:00 22.02.2011 12:45
also ich fand es klasse das sch eyleane verplaudert hatte.
das ist so typisch für dieses mädel.
aber das diese missgeschicke passiert sind macht das ganze glaubwürdiger.
es sind eben nicht alles mary sues.
Von:  Chosei
2011-02-21T17:45:58+00:00 21.02.2011 18:45
1. das nächste mal, wenn du bei mir hockst und weiter schreibst, mach dir gefälligst den rolladen hoch. xD

2. kommen wir zum eigentlichen kommentar. u___u
super, ehrlich!
bei der stelle, wo Eyleane ihren richtigen namen genannt hat musste ich irgendwie an die musketiere denken, Athos, wenn du dich noch erinnerst. xD
in dem kapi is zwar nicht so viel passiert, außer das die zwie die mauer überwunden haben, aber ich fands trotzdem sehr gut...gerade weil es nicht so schnell und einfach gegangen ist.
jetzt bin ich natürlich gespannt, wies weiter geht...weiß ja noch nicht alles. |D


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