Bright, blue eyes ... so cold
Es fing an zu regnen, der Wind heulte um jede Ecke des Schlosses und von weit her grollte ein leiser Donner.
Obwohl sie noch vor zehn Minuten bester Laune gewesen war, sah Jeanny nun wieder trübsinnig aus dem Fenster in ihrem Schlafsaal.
Um sich abzulenken nahm sie ihr Buch vom Nachtisch und blätterte drin rum, aber auch das konnte ihre Laune nicht bessern.
Morgen sollte ihr sechzehnter Geburtstag sein, doch weder ihr Vater noch ihr Freund würden dabei sein können.
Und die geplante Feier im Drei Besen fiel auch ins Wasser wegen dieser schwachsinnigen Gerüchte über die Wiedergeburt Voldemorts.
"Dieser verfluchte Mistkerl! Nicht nur, dass seine dämliche Ideologie mir meine Mutter weggenommen hat, nein! Jetzt ruiniert er mir auch noch meinen Geburtstag!"
Eine ihrer Mitschülerin steckte den Kopf durch die Tür.
"Alles in Ordnung Jeanny?"
"Ja ja. Und außerdem, was interessiert's dich?"
"Entschuldigung! Ich wollte nur nachfragen ... du guckst schon die ganze Zeit so komisch. Seit F ..."
Laut klappte Jeanny ihr Buch zusammen.
"Nenn diesen Namen nie wieder in meiner Gegenwart! Nie wieder! Verstanden?"
Das andere Mädchen nickte, zog dann ihren Kopf zurück und verschwand.
"Was bildet die sich eigentlich ein? Erst hinter meinem Rücken über mich herziehen. und dann einen auf besorgt machen. Tz ... Zicke ..."
In der Tat war es so, das Jeanny keinen besonders guten Ruf unter den Slytherins hatte, weil sie sich so gut mit Ashley verstand.
Sie wurde lediglich respektiert, weil sie als Sucherin inzwischen als unentbehrlich galt.
Kaum waren ihre Gedanken beim Quidditch gelandet, da klopfte es.
"Herein?!?"
"Ähm ... Jeanny, es ..."
Es war Slytherinjäger Michael Williams.
Sie verdrehte die Augen.
"Was willst du Williams? Ich wäre gerne allein. Und Quidditch wird zur Zeit auch nicht gespielt."
"Das weiß ich auch, aber es geht schon um nächste Saison. Wenn Jamie nicht mehr da ist, müssen wir uns um einen neuen Hüter bemühen ... und ... wärst du bereit ... den Kaptain zu machen?"
Er fragte das auf eine, für ihn ungewöhnlich freundliche Art.
Jeanny sah auf.
"Ich soll Kaptain werden? Meinst du das ernst?"
Michael betrat das Zimmer.
"Ja ... ich meine ... du spielst die wichtigste Position, und die anderen respektieren dich. Außerdem hast du Ahnung von Strategie."
"Findest du nicht, dass du jetzt genug geschleimt hast?"
"Ich meine das ernst! Wirklich! Aber ... du kannst ja nochmal drüber nachdenken."
"Ja vielleicht! Geh jetzt bitte."
Sie nahm ihren Diskman von der Kommode und tat so, als würde sie vollkommen in der Musik versinken.
Williams schüttelte den Kopf und verließ den Raum wieder.
"Verdammt! Nicht mal Musik hören kann man in diesem vermaledeiten Schloss!"
Wütend schleuderte sie das Gerät in die Ecke.
Leider waren technische Geräte auf Hogwarts absolut unbrauchbar und ausgerechnet jetzt hätte Jeanny etwas Ablenkung durch Musik gut gebrauchen können.
Kaptain sollte sie werden ...
Jamies Platz einnehmen ...
Jamie ...
Warum hatte sie vorhin eigentlich so seltsam reagiert, als sein Name erwähnt wurde?
Wollte ihr Unterbewusstsein ihn doch vergessen?
Verdrängen?
Löschen?
"NEIN!!! Niemals! Niemals werde ich ihn vergessen. Nie!
Nur, dass du es weißt, Jamie Flint! Ich finde dich! Und wenn ich diesen Schwur noch dreimal aussprechen muss, damit er hält. Irgendwann ist es soweit!"
Sie sah aus dem Fenster.
Der Gedanke an ihn lies sie nicht los.
"Und wenn es mich das Leben kostet ..."
Doch hatte Jeanny keine Ahnung, dass sie dieses Versprechen möglicherweise in jedem einzelnen Wort erfüllen müsste.
"Meister! Die Truppe für den Einsatz in Wales steht bereit und wartet eigentlich nur noch auf euren Befehl!"
Der alte Mann streckte sich ein wenig und sah sein jüngeres Gegenüber zufrieden an.
"Gute Arbeit, mein Junge! Hattest du geplant, mitzugehen? Immerhin steht das Haus deiner Familie dort."
"Meine sogenannte Familie ist mir egal! Das wisst ihr. Aber ich habe hier noch genug zu tun, und bleibe deshalb hier."
"Sehr schön. Ich hätte dich eh bitten wollen, zu bleiben. Ich will dich in die Pläne zur Übernahme Englands einweihen. Sie sind inzwischen fast ausgereift.
Aber vielleicht hast du eine Ahnung, wie ich an diesem vermaledeiten Dumbledore vorbeikomme. Immerhin warst du die letzten Monate in seiner unmittelbaren Nähe."
"Nun ... ich hatte ausgesprochen selten Kontakt zu ihm. Eventuell kann ich euch aber mit meinem Wissen über die Geheimgänge und Schwachpunkte des Schlosses zur Seite stehen."
"Das ist ja noch besser! Ich erwarte dich nachher um 5 Uhr in meinen Gemächern!"
Der Junge verbeugte sich.
"Sehr wohl!"
"Gut, dann bis später. Du kannst gehen."
"Danke."
Er wandte sich ab.
"Na gut ... bis 5 sind es noch 2 ½ Stunden. In der Zeit könnte ich eigentlich nochmal die Angriffspläne durchsehen.
Hey du!"
Ein unwichtiger Bediensteter drehte sich zu ihm um und senkte den Kopf, in einer Geste der Ergebenheit.
"Ihr wünscht, Kommandant?"
"Schick General Robertson zu mir. Und beeil dich!"
Sofort flitzte der Diener los, um den Befehl auszuführen.
"Es tut doch immer wieder gut, wenn die Leute auf einen hören."
Eine weibliche Stimme riss ihn aus seinen Gedankengängen.
"Du siehst zufrieden aus, Kommandant! Ist was Erfreuliches passiert?"
Der Kommandant sah sich um.
Vor ihm stand eine äußerst attraktive, junge Frau, etwa sein Alter und lächelte.
Sein zufriedener Gesichtsausdruck verschwand auf der Stelle und wich einem Kühlen, Gefühllosen.
"Nichts was dich zu interessieren hätte, Robertson!"
"Oh ... so abweisend! ... musst du mich denn so kalt behandeln?"
Alena Robertson, General der dritten Einheit der schwarzen Krieger und eine der großen Vier der dunklen Magie lächelte ihren Kommandanten erneut an.
"Jamie! Du denkst doch wohl nicht immer noch an SIE??? Oder etwa doch?"
"Was geht's dich an? ... Könnten wir die Tratschrunde beenden? Ich muss was mit dir besprechen, und dann verlange ich, dass du dich so schnell wie möglich auf den Weg nach Wales machst! Lord Voldemort hat mir soeben die Angriffserlaubnis erteilt."
Alenas Augen glitzerten einen Augenblick auf, bevor sie antwortete.
"Wirklich. Und warum fliegst du nicht selbst hin, um die Truppen zu beaufsichtigen? Ach ja ... deine Familie ... und deine kleine Freundin hat ja morgen auch Geb ..."
"SCHWEIG!!!"
Sie zuckte zusammen, als sich um ihn herum ein kleiner Wall aus Stürmen aufbaute.
"Seine magischen Fähigkeiten sind überwältigend!",
dachte sie bei sich und fügte still hinzu:
"Und optisch macht er auch was her."
Jamie versuchte unterdessen, seine freigewordene Energie wieder in den Griff zu bekommen, was angesichts der Menge gar nicht so leicht war.
Mit einer noch emotionsloseren Stimme richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Alena, die unter dem Blick seiner eisblauen Augen beinahe erfror.
"Ich habe noch ein paar Änderungen in der Taktik vorgenommen. In einer Vorstadt von Cardiff steht ein Haus, in dem eine Zaubererfamilie wohnt ..."
"Ja und? Was ist damit?",
wagte die Generalin zu fragen.
"Vernichtet es!!! Löscht die gesamte Familie aus! Ohne Rücksicht auf Frauen oder Kinder! Verstanden???"
"J ... ja Sir ..."
Sie salutierte und trat weg.
"Ha! Jetzt wirds sich zeigen! Wer zuletzt lacht, lacht immer noch am Besten ... das gilt auch für uns, Markus Alexander Flint!!! Und siehe da. Diesmal ist es der bedeutungslose kleine Bruder, der lachen wird!!! Nur schade das ich nicht dabei sein kann."
Wieder trat dieses diabolische Lächeln auf seine Lippen und nach und nach fand ein leises, böses Lachen seinen Weg in die Freiheit.
Meilen entfernt schreckte Jeanny hoch.
Sie fröstelte.
"Wieder dieser Traum ... was bedeutet er nur ..."
Sie sah auf ihre Uhr.
Erst halb zwölf.
Müde wickelte sie sich wieder in ihre Fleecedecke und schloss die Augen.
Doch der Schlaf ließ noch lange auf sich warten.