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Idril

Die Zeit nach dem großen Krieg
von

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Kapitel 2

Kapitel 2
 

Viele Stunden hatte sie allein in diesem gottverdammten Raum gesessen und der Mut war mit jeder Sekunde gesunken. Doch dann spürte sie einen kleinen Luftzug. Es musste hier also doch einen Ausweg geben, nur wohin führte er? Sie suchte die Wand ab und hielt plötzlich inne. Meisterlich gefertigtes Handwerk? Ein Loch in der Wand? Die Steine in der Kiste… sie brauchte sie. Schnell lief sie zurück und holte die gleichartig wirkenden schwarzen Stücke aus ihrem Behältnis. Langsam lief sie wieder auf die Wand zu, in der sie das Loch und eine neue Inschrift gefunden hatte. Einer der Steine würde sie retten, der andere würde sie ins Verderben stürzen. Sie betrachtete die zwei Gesteine in ihrer Handfläche. Sie waren grob geschlagen und doch wirkte einer von den Beiden sehr liebevoll bearbeitet. Beim genaueren Hinsehen erkannte ihr elbisches Auge, dass es sich um die Kunst ihres Volkes handelte. Der andere Stein jedoch war unachtsam nachgefertigt. Sie ließ das Duplikat fallen und setzte den ersten Stein mit geschlossenen Augen ein. Sie war auf alles vorbereitet.
 

Langsam hatte sich die Wand vor ihr in Bewegung gesetzt und gab den Weg in ein Kellerverlies frei. Von hier kam auch der Windzug. Sie stolperte nach unten und fand sich in einem verschlungenen Labyrinth wieder. Die Hoffnung wieder frei zu sein, war dahin. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Etwas hier unten roch auch sehr streng und sie hatte Mühe vor Gestank nicht gleich in Ohnmacht zu fallen. Sie entdeckte einige kleine, braune Schimmelpilze, die diesen Gestank produzierten. Sicherlich sollten sie ungebetenen Gästen das Leben hier unten in diesem Labyrinth schwer machen. Sie schien nicht die erste hier unten zu sein, das verrieten ihr die Knochen die hier lagen. Panik ergriff von ihrem Geist Besitz. Sie atmete tief durch, sie musste einen Ausweg finden und zwar schnell. Doch was tun? Sie würde Stunden brauchen den rechten Weg zu finden. Seufzend lehnte sie sich gegen die Wand zu ihrer Rechten und stutzte erneut. Was war das? Kleine, feine Linien im Mauerwerk verrieten, dass sie den rechten Weg weisen würden, wenn man ihnen nur folgte. Langsam schloss sie die Augen. Mit Hilfe ihres Tastsinnes konnte sie einen Weg nach draußen finden. Langsam lief sie los. Idril verließ sich auf ihren Geist und hatte das Labyrinth innerhalb weniger Minuten durchlaufen. Es war fast so gewesen, als hätte eine unsichtbare Hand ihr den Weg gewiesen und sie vor den Fallen gewarnt.
 

Wieder stand sie vor einem Hindernis, einer riesigen Tür. Wie sollte sie sie öffnen? Sie wirkte so schwer, dass sie nicht glaubte, dass man sie mit bloßer Muskelkraft bewegen konnte. Sicherlich gab es auch hier für ein geschultes Auge und Kenner der Elben einen Hinweis. Langsam fuhr sie mit den Fingerspitzen über die Wand und entdeckte kleine Einkerbungen. Schnell entzifferte sie die Schrift und stolperte an der Wand weiter entlang. Ihre Kehle schien sich durch den Pilz immer weiter zuzuschnüren. Sie kämpfte um jeden Atemzug, als sie das in der Wand gefunden hatte, wonach sie suchte. Kraftvoll drückte sie einen der Steine in die Wand herein und ein lautes Kreischen verriet ihr, dass sich die Tür öffnete. Sie schleppte sich wieder zurück und trat durch den kleinen Spalt.

Frische Luft strömte ihr entgegen und Idril holte mit tiefen Atemzügen Luft. Sie blickte sich mit großen Augen um. Dieser Raum, er war genauso gestaltet wie der erste. In der Mitte befand sich wieder eine Kiste. Neugierig bewegte sie sich darauf zu und öffnete sie. Schon als sie den Deckel leicht angehoben hatte, schien der Raum durch ein gleißendes Licht erhellt zu werden. In rotem Samt eingebettet lag ein elbisches Kurzschwert. Es war mit so viel Liebe gefertigt worden und trug edle Verzierungen auf dem elfenbeinfarbenen Griff. Blutrote Steine waren in den Verzierungen des Griffes eingearbeitet und auch die Klinge trug Gravuren, die Kriegsgeschichten aus alten Zeiten erzählten.

Im Deckel der Kiste befand sich eine weitere Inschrift. Aufmerksam las sie sie.
 

Du,

der es gewagt hat,

die Hallen zu betreten.

Du,

der es geschafft hat,

Hindernisse zu überwinden.

Du bist es würdig,

dieses Schwert zu tragen

und zu leben.
 

Idril griff nach dem Schwert und war erstaunt über die Leichtigkeit dieser Waffe. Keine der Waffen, die sie je besessen oder gehalten hatte, war so leicht und schön gewesen. Sie befestigte das edle Stück an ihrem Gürtel und sah sich dann weiter um.

Gut. Sie hatte das Rätsel gelöst, doch wie kam sie hier wieder heraus? Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Sie hatte in einer der Wände ein großes schwarzes Loch entdeckt, eindeutig Tunnel. Leichtfüßig und achtsam bewegte sie sich auf ihn zu und schlüpft hinein. Sie wanderte noch eine ganze Weile durch verschlungene Gänge, bis sie den Ausgang gefunden hatte. Unterwegs hatte sie noch vielen Fallen ausweichen müssen. Einige waren auch schon ausgelöst worden, was sie noch mehr zur Vorsichtigkeit alarmierte. Sie war also nicht die Erste hier gewesen. Doch niemand schien das Schwert entdeckt zu haben. Die Eindringlinge mussten von der anderen Seite gekommen sein.

Sie fand ein großes, in die Wand gestemmtes Loch, was nicht zu den Gängen der Elben passte. Es war grob gehauen und die Spuren im Stein waren noch frisch. Wer oder was auch immer hier rein wollte schien nicht weit gekommen zu sein, denn sie hatte das Schwert gefunden. Als sie um die Ecke bog wusste sie auch warum. Halb verweste Orks lagen in den Fallen der Elben, ihre ungeschulten Augen und Sinne waren ihnen zum Verhängnis geworden. Ekel überkam sie und auch die Alarmglocken in ihr schienen immer lauter zu schrillen. Orks wagten es, in den Hallen der Elben einzudringen! Wie weit sie wohl gekommen waren?

Doch sie schienen es aufgegeben zu haben. Alle Fallen, auf ihren Weg in die Freiheit waren unberührt. Als sie die Geheimgänge von Bruchtal verließ und wieder in die Sonne trat, eilte sie sofort zu ihrem Ross und schwang sich auf. Sie musste sich beeilen, wenn sie nicht vermisst werden wollte.

Idril rang mit gemischten Gefühlen. Sollte sie ihrem Vater von den Orks erzählen? Sicher wäre es sicherer, doch er würde ihr die Streifzüge verbieten. Sie beschloss, es nicht zu sagen. Das Kurzschwert würde sie ebenfalls verstecken, somit musste sie niemandem Rechenschaft ablegen. Sie wickelte es sorgfältig in Stoff ein und machte sich dann auf den Weg zu ihren Eltern.
 

Jetzt wenn sie sich an diesen Tag zurück erinnerte, fiel ihr auf, dass jeder Raum mit diesem einen Flügel gekennzeichnet war und auch der Griff ihres Schwertes trug diesen Flügel. Sie berührte kurz die Kette und wollte sich gerade auf den Weg nach unten machen, als es leise an ihrer Tür klopfte. „Ja?“, sagte Idril und beobachtete neugierig wie sich die Tür öffnete, denn sie erwartete niemanden. „Darf ein alter Mann sein Patenkind nach unten in den Saal geleiten?“, fragte ein stabil gebauter, blonder, bärtiger Mann und trat in den Raum. „Onkel Faramir!“, rief Idril begeistert und warf sich um seinen Hals. „Was macht ihr denn hier?“. Faramir zuckte mit den Schultern. „Drei kleine Hobbits ließen uns wissen, dass sie bald hier sein würden…als ob wir uns das entgehen lassen würden“, lächelte er und hakte sich bei ihr unter. „Nun komm, wir wollen die anderen nicht warten lassen. Schließlich gibt es viel zu erzählen“.

Mit diesen Worten machten sich die Beiden auf den Weg zum Festsaal. Unten herrschte schon ein reges Treiben. Es wurde ganz nach Auenländer Art gesungen und musiziert und auch die anderen Gäste schienen sich von dieser überschwänglichen Laune mitreißen zu lassen. Idril ließ sich mit Faramir an der langen Tafel nieder und begrüßte Eowyn heiter. Sie hatte sich genau wie Faramir wenig verändert. Sie waren zwar gealtert, doch waren sie noch immer schön und stolz. Ihr Blick glitt durch die Menge, die gleiche Runde wie immer. Am anderen Ende des Tisches saß Eómer und unterhielt sich mit ihrem Vater und ihren Brüdern. Noch immer war sie ihm sehr dankbar, dass er ihr Sheranyn geschenkt hatte. Ein besseres Pferd hätte sie sich nicht wünschen können. Wie es schien, diskutierten sie wieder über Pferde, Politik und Jagd. Boromir ihr ältester Bruder und Galador schienen sich jedenfalls prächtig dabei zu amüsieren.

Idril musterte ihre Brüder eine Weile. Boromir war ihrem Vater fast wie aus dem Gesicht geschnitten, er hatte etwas Raues an sich was ihn immer wieder sehr geheimnisvoll wirken ließ. Die braunen langen Haare hatte er zu einem Schwanz zusammen gebunden, sodass man seine spitzen Ohren sehen konnte. Seine sanften braunen Augen strahlten immer solch eine Ruhe aus, dass sie sich bei ihm meist am wohlsten fühlte. Obwohl auch er ein Halbelb war, kam er vom Äußeren her sehr nach Aragon.

Galador hingegen war das genaue Gegenteil von Boromir. Sein pechschwarzes Haar trug er offen, ganz wie es die Elben immer taten. Seine Gesichtszüge waren sehr fein, fast genauso wie die ihrer Mutter. Und die grünen Augen waren immer aufmerksam und neugierig.
 

Der Platz ihr gegenüber war noch leer, doch sie wusste, wem er gehörte. Neugierig blickte sie sich nach ihm um und entdeckte ihn bald. Dort stand er. Elfwine, der Sohn von Faramir und Eowyn. Sie waren zeitweise wie Geschwister aufgewachsen und waren dadurch die besten Freunde geworden. Als er ihren Blick bemerkte, lächelte er ihr entgegen und eilte auf sie zu. Sein glattes, dunkelblondes Haar wippte während seiner Schritte immer auf und ab. Mit leuchtenden blauen Augen blickte er sie an. „Idril schön dich zu sehen“, sagte er und begrüßte sie so, wie es am Hofe angemessen war. Sie nickte ihm lächelnd zu. „Ich freu mich auch dich zu sehen. Erzähl! Was gibt es Neues zu berichten?“, fragte sie und ließ sich in ein scheinbar nicht endendes Gespräch verstricken. Aufmerksam hörte sie ihm zu, als er von dem Einfall kleiner Ork-Truppen berichtete. Sie kannte die Gefahr durch diese Wesen nur zu gut, doch hatte sie geglaubt, dass sie in ihrer Zahl stark reduziert worden waren. In den Wäldern jedenfalls brauchte sie sich keine Gedanken zu machen, denn Baumbart und sein Gefolge hatten es sich zur Aufgabe gemacht Orks aus ihren Wäldern zu vertreiben und Eindringlinge anzugreifen.
 

Der Abend verging sehr schnell. Idril mochte es den Hobbits bei ihren Liedern zuzuhören oder mitzusingen. Besonders liebte sie die Gesänge über ihre Reise. Die Gefahren, die der Ring mit sich gebracht hatte, welche Monster sie bekämpft hatten und wen sie alles getroffen hatten. All dies erfuhr man aus ihren Liedern. Auch hier kamen sie mit vor. Ihre Ahnen. Die Hobbits hatten das Glück sie kennen zu lernen. Innerlich seufzte sie sehnsüchtig auf.

„Idril?“

Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen und blickte zu ihrem Vater, der ihr seine Hand entgegen streckte. „Tu einem alten Mann den Gefallen und tanz mit ihm“, lächelte er und zog sie von ihrem Stuhl hoch. Von vielen Blicken gefolgt eröffneten sie und ihr Vater den Tanz. Anmutig glitten sie zum Takt der Musik hin und her. Immer mehr gesellten sich zu ihnen. Aragon wurde nach einiger Zeit von Elfwine abgelöst und ließ sich neben Faramir nieder. Sie beobachteten die Beiden eine Weile und begannen dann wieder zu diskutieren.
 

Erschöpft ließ Idril sich auf ihren Platz fallen, als ihr Vater das Wort erhoben hatte. „Meine Freunde, ich freue mich, dass wir uns erneut zusammen gefunden haben, um eines unserer berauschenden Feste zu feiern. Doch heute soll unser Abend nicht nur von alten Geschichten und ernsten Themen beherrscht werden. Ich freue mich, euch allen, meine teueren Freunde, bekannt geben zu dürfen, dass Elfwine, Sohn von Faramir und Eowyn, um die Hand meiner reizenden Tochter Idril angehalten hat. Möge euch das Glück hold sein!“. Er erhob das Glas in die Runde und nickte allen zu. Jubel brach im Saal aus und die Musik setzte augenblicklich wieder ein.

Idril starrte leer vor sich hin. Etwas schien in ihrem Inneren laut aufzuschreien. Dann suchte ihr Blick ihren Vater. Wie konnte er nur? Als sich ihre Blicke begegneten, veränderte sich der gerade noch glückliche Ausdruck in Aragons Gesicht zu einer versteinerten Maske. Er schien bemerkt haben, dass er einen Fehler begangen hatte. Arwen legte ihre Hand auf die ihres Gatten und blickte ihn ebenfalls bestürzt an. Auch ihr war nicht entgangen, was in Idril vorging.

„Idril? Darf ich um den Tanz bitten?“, fragte die glückliche Stimme von Elfwine und sie drehte sich mechanisch zu ihm um und stand auf. Während sie tanzten, beobachtete sie ihre Eltern und ihre Brüder. Boromir und Galador schienen die Entscheidung ihres Vaters zu dulden, doch blickten auch sie unschlüssig, als sich ihre Blicke mit denen von ihr trafen. Sie fühlte sich so verraten. Doch am schlimmsten empfand sie den Verrat von Elfwine. Sie waren immer wie Geschwister gewesen und doch hatte er nun um ihre Hand angehalten. Er hatte sie nicht einmal gefragt, wie es um sie stand. War es etwa selbstverständlich für ihn gewesen? Sie hätte am liebsten laut ausgerufen, dass sie all dies nicht wollte. Doch sie wollte niemanden verärgern. Sie brachte den Abend hinter sich, ohne sich noch ein einziges Mal wirklich über etwas freuen zu können. Sie spielte alles nur. Und niemand schien es zu bemerken, nicht einmal Elfwine, obwohl man meinen hätte können, dass er sie von allen am besten kannte. Sie war schon immer gut darin gewesen, wenn es darum ging, einen Schein zu wahren. Doch diesmal fiel es ihr schwerer als sonst. Ihre Gedanken und Gefühle nahmen sie mehr ein denn je.
 

In den Wäldern, die sonst so still dalagen, bewegte sich etwas. Äste knackten unter schweren Schritten. Die Waldtiere flüchteten vor dem was hierher kam. Heute Nacht würden sie wieder an die Oberfläche kommen. Ab heute würden die Hallen der einst so stolzen Elben die ihren sein. Es würde ein neues Zeitalter anbrechen. Gelbe, stechende Augen suchten sich ihren Weg durch die Nacht.
 

Als der Abend endete, begab sich Idril, nachdem sie sich von allen höflich verabschiedet hatte, in ihr Gemach. Sie hatte den ganzen Abend nicht mehr mit ihrem Vater gesprochen. Auch das Angebot, dass er sie auf ihr Zimmer brachte schlug sie ab. Was sollte ihr hier im Schloss schon passieren? Überall standen Wachen. Wütend schloss sie die Tür und erst jetzt konnte sie ihren Gefühlen richtig Luft lassen. Sie war so enttäuscht und so verzweifelt. Idril konnte die Entscheidung ihres Vaters weder verstehen, noch akzeptierte sie es. Die Halbelbin lief in ihrem Zimmer aufgebracht auf und ab. Sie überlegte fieberhaft, wie sie all dem entkommen konnte. Gar nicht. Nicht ohne irgendjemand schwer zu enttäuschen oder gar Streit aufkommen zu lassen. Sie hielt in einem ihrer Schritte inne und starrte eine ganze Weile auf ihren Schrank. Sie öffnete ihn und holte das Kurzschwert hervor. Hier war die Lösung ihres Problems.
 

Boromir klopfte an die Tür seiner Schwester. Er hatte gestern bemerkt, wie sich ihre Laune umgeschlagen hatte und wollte sie auf einen Ausritt mitnehmen, um mit ihr in Ruhe über alles reden zu können. Er war schon immer für sie da gewesen, wenn sie Kummer gehabt hatte. Auch dieses Mal wollte er seiner kleinen Schwester helfen. Er hatte die ganze Nacht nicht wirklich geschlafen, da er über diese verzwickte Situation hatte nachdenken müssen. Doch so sehr er auch nachgedacht hatte, er hatte keine wirkliche Lösung für ihr Problem gefunden.

Als niemand antwortete, drückte er langsam die Klinke nach unten und trat in das Zimmer. Die Dielen knarrten leise, als er sich durch das Zimmer bewegte. Es war wie immer abgedunkelt. Leichtfüßig begab er sich zu den Vorhängen und zog sie schwungvoll auf. „Guten Morgen Idril, Zeit dass du aus den Federn kommst.“, begann er fröhlich und wandte sich um. Doch das Bett von Idril war leer. Er sog die Luft scharf ein und wandte sich einmal im ganzen Zimmer um. Keine Spur von ihr. Innerhalb von Sekunden hatte er erfasst was geschehen war. Er rannte zum Arbeitszimmer seines Vaters und blieb augenblicklich stehen, als Galador aus der anderen Richtung ebenfalls heran geeilt kam. „Sheranyn ist verschwunden“, rief er seinem Bruder entgegen. „Die Stallburschen haben sie heute Morgen nicht im Stall vorgefunden“. Boromir nickte. Wie sollte es auch anders sein. Er klopfte an der Tür seines Vaters.
 

Aragon lief in seinem Arbeitszimmer auf und ab. Er hatte gewusst, dass er einen Fehler gemacht hatte, aber dass sie so reagieren würde? „So sucht sie doch endlich“, sagte Arwen in einem scharfen Ton. „Wer weiß wo sich das Kind herum treibt. Es ist noch so viel Gesindel unterwegs.“. Aragon nickte. Schon die ganze Zeit überlegte er wo sie die Such beginnen sollten. Die Wälder von Lorien? Es war offensichtlich, dass sie vielleicht dort hin geritten war, schließlich ging sie so oft dort hin. Aber auch Bruchtal konnte eines ihrer Ziele sein. Schon oft hatte sie sich in die Hallen ihrer Ahnen geflüchtet, wenn sie traurig gewesen war. „Ich denke sie ist…“, doch weiter kam er nicht, als die Tür seines Arbeitszimmers aufflog und Faramir schwer atmend eintrat. „Entschuldigt die Störung, aber einer der Bauern berichtete uns soeben davon, dass seine Familie von Orks nieder gestreckt wurde, die sich rund um die Wälder von Lorien herumtreiben. Wir vermuten, dass es nur Späher waren. Wir müssen damit rechnen, dass sie sich in den Hallen der Elben breit gemacht haben“, berichtete er. Arwen hatte die Hände vor den Mund geschlagen und starrte Aragon flehend an. Es war nicht nur ihre Heimat von den Orks befallen worden, sondern ihre Tochter schwebte auch noch in Gefahr. „Boromir, Galador, sagt den anderen Bescheid, wir müssen Idril suchen. Und ruft auch die Soldaten zusammen, wir müssen uns um dieses Problem kümmern.“. Als er aus dem Zimmer gehen wollte erhob sich Arwen um ihm zu folgen. „Bitte bleib hier, ich möchte dich nicht in Gefahr wissen meine Liebste“, flüsterte Aragon und wandte sich, nachdem er sicher war, dass sie bleiben würde, zum gehen.
 

Sie hatten sich aufgeteilt. Aragon, Faramir und Boromir machten sich mit einigen Soldaten auf den Weg nach Lorien. Elfwine, Eómer und Galador ritten nach Bruchtal, um dort nach dem Rechten zu sehen.

Der Ritt schien für Aragon Ewigkeiten zu dauern. Er hoffte, dass es seiner Tochter gut ging. Er wusste nicht, was er tun sollte, sollte ihr etwas zugestoßen sein.

Wie Idril aus den Ringen von Minas Tirth heraus gekommen war, hatten sie schon heraus gefunden. Sie hatte sich in eine Waldläuferkutte gehüllt, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und war mit dem Argument an den Wachen vorbei gekommen, dass sie ein Bote sei und eine wichtige Nachricht des Königs wegbringen musste. Natürlich hatten die Wachen dies geglaubt und sie schnell heraus gelassen. Und er? Wieso hatte er nichts bemerkt? Er und die anderen hatten zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch im Festsaal gesessen.
 

Sie hatte Sheranyn an ihrer gewohnten Stelle freien Lauf gelassen und das Ross trabte mit seinem Reiter Lorien entgegen. Die Sonne ging auf, als sie ihr Ziel erreichten. Der Wald lag still da und Nebelschwaden schlangen zwischen den massiven Bäumen hindurch. Sheranyn eilte freudig ihrem Ziel entgegen. Sie wusste wo das saftigste Grün in ganz Lorien stand. Lächelnd schwang sich Idril von ihrem Rücken, als sie ihr Ziel erreicht hatten.

Während sie ihr Ross grasen ließ, schlenderte Idril zu den Hallen ihrer Ahnen. Sie atmete die frische Luft des Morgens ein und verschwand dann auf einem der Fleets, um das Gelände nach Gefahren abzusuchen. Sie erkannte aber nichts und machte sich so auf den Weg durch die unteren Gebäude. Sie liebte es durch diese Gänge zu schweifen. Als sie in den Thronsaal kam hielt sie plötzlich inne. Auf dem Thron lag ein stark abgenutztes und grob geschmiedetes Schwert. Daneben lehnte ein Schild, der durch viele Schlachten stark beschädigt worden war. Ihr Herz schlug immer schneller. Hatte sie etwa doch nicht genug aufgepasst? Ein röchelndes Lachen drang aus der Dunkelheit und als sie ausgemacht hatte woher es kam, erkannte sie diese gelben stechenden Augen. Der beißende Gestank von Tod schlug ihr entgegen. Wenn sie sich beeilte, konnte sie von hier entkommen, doch als sie sich umwandte, blieb ihr der erschreckte Schrei fast in der Kehle stecken. Sie war umzingelt von Orks.
 

Aragon und seine Truppen erreichten Lorien wenig später. Er war achtsam. Sein Blick suchte die Wächter des Waldes die Baumbart hier postiert hatte und er fand sie auch. Die Orks hatten sie gefällt. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Wieso hatte Idril dies nicht gesehen? Noch immer hingen kleine Nebelschwaden in Fetzen zwischen den Bäumen und er wusste, wieso. Aragon spitze die Ohren. Er hörte ein Pferd. Sheranyn schien von den Orks angegriffen zu werden. Noch schien es nicht zu spät zu sein. Er trieb Kaspian an und zog sein Schwert, gefolgt von den Soldaten. Als sie ihr Ziel erreicht hatten, rammte einer der Orks Sheranyn sein grob geschmiedetes und fast stumpfes Schwert in den Hals und blickte kampflüstern zu den Neuankömmlingen. Blut strömte über den Hals der Schimmelstute und sie hatte Mühe sich noch auf den Beinen zu halten. Klagend brach Sheranyn zusammen. Sie blähte die Nüstern noch ein paar Mal auf, dann schwand das Leben aus ihr. Es schien fast wie ein Stichwort für die orks gewesen zu sein, denn nun stürmten sie aus allen Löchern heraus, um gegen Aragon und seine Truppen zu kämpfen.
 

Aragon und die Anderen waren von ihren Tieren herunter geglitten und hatten sich auf die Orks geworfen, die ihnen entgegen gestürmt waren. Sie wurden immer wieder von allen Seiten angegriffen. Sie schienen in einem richtigen Nest gelandet zu sein. Während seine Soldaten schwanden, tauchten immer mehr von diesen blutrünstigen Monstern auf. Die Hoffnung, dass Idril noch lebte, hatte er bereits aufgegeben. Selbst wenn sie flink gewesen sein sollte, so hatte es hier sicher keinen Ausweg für sie gegeben.

Ein gellender Schrei ließ ihn und auch die anderen kurz in ihrer Bewegung inne halten. Der Anführer dieser Monster war aus den Gängen der Elben getreten und trug Idril, am Hals gepackt vor sich her. Sie zappelte und wand sich unter seinem Griff. Angsterfüllt blickte sie auf ihren Vater, als sie ihn wahrnahm. Tränen liefen über ihr Gesicht. Und als sie Sheranyn am Boden liegen sah, schrie sie erneut auf. „Sei endlich still“, herrschte der Ork sie an, während sein Speichel ihr ins Gesicht schlug. Hämisch grinsend blickte er auf Aragon. „Der große König ganz schwach. Wie haben wir alle auf den Tag gewartet. Es wurde auch Zeit, dass dieser Moment kommt. Endlich können wir uns an allem rächen. Endlich können wir wieder herrschen und Angst und Schrecken verbreiten“, lachte der Anführer und zog sein Kurzschwert. „Tötet sie alle“, sagte er nur und hielt Idril ein Stück von sich weg. „Und mit ihr fangen wir an“.
 

Galador und die anderen trauten ihren Augen nicht, als sie Bruchtal erreichten. Was auch immer hier gewütet hatte, hatte keine Überlebenden zurück gelassen. Überall lagen die Leichen der Orks auf dem Boden. „Was zum Teufel…“, begann Eómer und blickte sich aufmerksam um. Auch die anderen waren vorsichtig, als sie durch einen der Torbögen ritten, schlossen sich plötzlich die Türen hinter ihnen. „Wer wagt es in die heiligen Hallen der Elben einzudringen?“, fragte eine durchaus erboste Stimme. Alle waren kampfbereit, nur Eómer ließ sein Schwert sinken. „Freunde der Elben und auch Freunde von dir… Gandalf.“.
 

Aragon wollte sich aus der Menge heraus kämpfen um zu Idril zu gelangen, doch es war schier unmöglich. Sie waren umzingelt. Idril blickte ihren Vater an und schloss dann die Augen. Sie hatte ihren Vater und auch ihre Freunde in Gefahr gebracht. Der Ork holte aus und stach zu. Idrils Augen weiteten sich erschrocken und sie rang nach Luft. „Idril!“, schrie Boromir und auch Aragon schrie gequält auf. Sie versuchten sich aus der Menge frei zu kämpfen, doch es ging weder vor, noch zurück.

Alle Orks die sie eben noch umzingelt hatten, fielen nacheinander zu Boden. Aragon und die anderen blickten ungläubig auf die toten Orks. In jedem einzelnen steckte ein Pfeil. Und die Orks am Rand waren von düsteren, in Kapuzen gehüllten Gestalten niedergestreckt worden. Langsam arbeiteten sie sich durch die Menge und kontrollierten, ob wirklich alle tot waren. Aragon riss sich kurz aus seinem Erstaunen heraus und wandte sich an die Stelle wo Idril gewesen war. Doch sie war verschwunden. Der Ork der sie umgebracht hatte, lag rücklings auf dem Boden. Man hatte ihm die Kehle durchgeschnitten. „Idril…“, murmelte Aragon und blickte sich suchend um. Er entdeckte sie, eine der dunklen Gestalten hielt sie auf dem Arm und stand im Schutz der Anderen. Wieder wurde Aragon mit seinen Truppen eingezingelt, die noch übrigen Soldaten sowie seine Freunde machten sich wieder kampfbereit.
 

„Da brat mir doch einer nen Storch“, fluchte eine raue, grummelige Stimme. „Ein bisschen mehr Freude über eure Rettung hätten wir schon erwartet“, fuhr die Stimme fort und Aragon ließ ungläubig sein Schwert sinken. Auch Faramir senkte sein Schwert, denn er kannte die Stimme ebenfalls. Zwischen all den großen Gestalten stapfte ein Zwerg mit einer doppelklingigen Streitaxt hindurch. Sein roter Bart war geflochten und seine schwere Rüstung glänzte in den ersten Morgenstrahlen schillernd. „Ja was guckst du so Aragon, dachtest du etwa, wir machen uns die Arbeit mit den Orks und wollen euch dann auch noch angreifen?“. Gimli blieb vor seinem alten Weggefährten stehen und lachte amüsiert. Der König dieses Landes starrte den Zwerg noch eine ganze Weile an, bevor sein Blick wieder zu seiner Tochter schweifte. „Keine Angst ihr geht’s gut“, sagte die sanfte Stimme von Legolas. Er hatte sich die Kapuze vom Kopf gestreift und lief auf Aragon zu. „Sie braucht trotzdem Ruhe, lasst und nach Minas Tirth aufbrechen. Elrond wartet dort sicher schon mit Gandalf auf uns.“. Aragon nickte und so brach ein Teil der Elben mit ihnen nach Minas Tirth auf, während die anderen blieben, um ihre Hallen von dem Blut der Orks zu säubern.



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