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Über Geschmack lässt sich nicht streiten

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„Und wieder einmal siegen die Falmouth Falken! Doch im Gegensatz zu den letzten Spielen kann man den Gewinn dieses Spiels nicht ihrer berüchtigten Brutalität zuschreiben, waren doch die Kenmare Kestrals gleichfalls nicht gerade zimperlich. Nein, liebe Freunde und Fans, dieses mal waren die Falmouth Falken spielerisch einfach eindeutig das bessere Team. Und damit trennt die Mannschaft nur noch ein Sieg von dem Meisterschaftstitel.“

Während sich der Stadionsprecher in nicht ganz objektive Lobeshymnen über die siegreiche Mannschaft erging – was aber angesichts der Tatsache, dass es sich um ein Heimspiel der Falken handelte, niemanden wirklich störte –, waren die Heiler unten auf dem Spielfeld vollauf damit beschäftigt, die diversen Blessuren der Sportler zu versorgen. Quidditch, der beliebteste Sport der Zauberwelt, war nun mal zugleich auch der verletzungsträchtigste Sport. (Allenfalls das Feiglingsspiel der Riesen, wo der Kleinste der Gruppe – und somit nach Ansicht der Riesen Feigste der Gruppe – von einem Riesen zum nächsten geworfen wurde, erreichte eine noch höhere Verletzungsrate, da die grobschlächtigen Riesenhände nicht gerade für ihr Zartgefühl beim Fangen bekannt waren. Da es aber meist fatale Folgen hatte, wenn die Riesen einen magischen Menschen als Feigling zum Spiel benutzten, neigte die Zauberwelt dazu, dieses Spiel nicht als vollwertigen Sport anzuerkennen.)

Marcus Flint, einer der Jäger der Falmouth Falken, sah die Medihexe nur mürrisch an, während diese seinen gebrochenen Arm heilte. Doch als sie sich seinem Gebiss zuwenden wollte, wandte er mit finsterer Miene das Gesicht ab und streckte herrisch die Hand aus. „Geben Fie mir die Fähne! If habe meinen eigenen Fahnheiler.“ Marcus war sich bewusst, wie lächerlich er mit den ausgeschlagenen Zähnen, dem Resultat eines unangenehmen Zusammenpralls mit einem gegnerischen Besen in zwanzig Metern Höhe, klang, aber um keinen Preis würde er zulassen, dass irgendein Medimagier mit irregeleitetem Sinn für Ästhetik in seinem Mund herumpfuschte. Sicher, er war den Heilern und ihren Helfern dankbar, dass sie nach jedem Spiel das Stadion peinlich genau nach so etwas wie ausgeschlagenen Zähnen absuchten, um die Spieler wieder vollständig zusammenflicken zu können, aber das Widereinsetzen seiner Beißerchen in den Kieferknochen überließ er dann doch lieber einem Spezialisten.
 

„Uff, das war der letzte Patient für heute“, seufzte Zahnmagierin Katie Bell erleichtert und reichte ihrem Assistenten die Akte. „Vierzehn Stunden Ruhe, ehe das Theater wieder von vorne losgeht. Das Ganze ist so lächerlich!“ Die junge Frau schüttelte verständnislos den Kopf. Gemeint war damit die neuste Modemarotte der Zauberwelt: Sich die Zähne farblich passend zum Outfit zaubern zu lassen. Da dieser Zauber aber nicht mit Koffein harmonierte – tatsächlich entstanden bei dieser Kombination hässlich grüne Flecke auf dem Zahn – war diese mode nicht wirklich alltagstauglich, denn auch für Zauberer und Hexen war ein Alltag ohne Tee oder Kaffee ein Ding der Unmöglichkeit. Also blieb den modebewussten Mitgliedern der magischen Gesellschaft nur der Samstag Abend, um diesem Trend zu frönen, während sonntags dann die Entzauberung zum Normalweiß erfolgte. Beides Dinge, die einer Dentalmagierin wie Katie am Wochenende mehr Patienten bescherte, als ihr meist lieb war. Denn auch wenn diese Modesüchtigen nur zu gern den Betrag für die Farbbehandlung bezahlten, waren das doch nicht die Dinge, um deretwillen Katie diesen Beruf erlernt hatte. Nein, sie hatte Leuten mit echten Zahnbeschwerden helfen wollen. Und so war sie jedes Mal schon fast froh, wenn sich unter den Farbwütigen auch ein fast unvermeidliches Opfer befand, dass einer der ‚Modehexen leicht gemacht’-Kolumnen aus der Hexenwoche gefolgt war, und selbst mit irgendwelchen obskuren Zaubersprüchen und –mittelchen versucht hatte, den gewünschten Farbeffekt zu erzielen. Versuche, die stets fehlschlugen.

„Einen Patienten hätte ich aber noch für dich“, entgegnete jetzt ihr Assistent und nahm die Akte entgegen.

„Keine Färbungen mehr für heute!“, entgegnete Katie vehement und wollte schon ihre Dentalmagierrobe ausziehen, als sie das Kopfschütteln des Assistenten bemerkte.

„Kein Modehäschen, ein echter Patient.“

Fragend zog Katie die Augenbrauen hoch. Wortlos wurde ihr die Akte gereicht und Katie seufzte nur gespielt theatralisch, als sie sah, wessen Akte es war. „Erinnern Sie mich daran, dass ich mir für die nächste Saison einen Spielkalender besorge und die Spiele der Falken rot kennzeichne.“

„Fön fu hören, daff du immerhin die Faifondaten fo weit im Kopf haft, um fu wiffen, daff diefe Faifon faft vorbei ift“, klang es da von der Tür des Wartezimmers.

„Marcus.“ Erwiderte Katie zum Gruß. „Wie viele sind es dieses Mal?“

Marcus zuckte nur mit den Schultern und hielt ihr stattdessen das Tütchen mit den losen Zähnen entgegen.

„Okay, dann komm mit!“ Gewohnt burschikos wandte sich Katie um und schritt in das Behandlungszimmer voraus.

Keine Viertelstunde später waren alle Zähne wieder an Ort und stelle, so krumm und schief wie eh und je.

„So, dieser hier ist übrig“, sagte Katie und deutete auf einen einzelnen Schneidezahn, der noch verloren in der metallnen Nierenschale lag, nachdem sie den partiellen Erstarrungszauber, mit dem sie den Kopf des Quidditchspielers fixiert hatte, wieder gelöst hatte. „Scheint, als hätten sie dir versehentlich einen fremden Zahn mitgegeben.“

„Ein grund mehr, diese Pfuscher nicht an mein Gebiss zu lassen“, grummelte Marcus und setzte sich in dem Behandlungsstuhl auf. Den überzähligen Zahn ignorierte er. Wer ihn vermisste, würde sich schon melden. Oder nicht.

„Ach komm schon“, meinte Katie nur gutmütig, während sie ihre Gerätschaften reinigte und wegräumte. „Sie sind alle fähige Heiler...“

„Die allesamt der fälschlichen Ansicht sind, dass Zähne möglichst grade, in Reih und Glied, im Kiefer sitzen sollten! Kein einzige von ihnen ist in der Lage, meine Zähne wieder so herzustellen, wie sie vor dem Spiel waren. Erinnere dich doch nur daran, wie lange du gebraucht hast, die alte Pracht nach dem Spiel gegen die Wigtown Wanderer in der vorletzten Saison wieder herzustellen, bloß weil dieser Scharlatan von einem Medimagier behauptete, er bekäme das schon hin. Vergiss es! Das war das erste und letzte Mal, dass ich einen von diesen Idioten an meinen Mund lasse. Niemand kennt meine Zähne so gut wie du, also wird auch niemand anderer als du mir je die Zähne nach einem Spiel richten.“

Bei diesen Worten, war Marcus zu Katie getreten und zog sie nun an sich, um ihr einen ‚Schatz, ich bin Zuhause’-Kuss zu geben.

Katie ließ es sich befallen und grinste ihren Lebensgefährten an. Sie liebe es, wenn er sich so über die angebliche Unfähigkeit der Teamheiler echauffierte. Aber es stimmte schon, keiner kannte diesen Gartenzaun, krumm und schief, den Marcus sein Gebiss nannte, gut genug, um bei der Wiederherstellung akzeptable Resultate zu erzielen. Aber schließlich hatte außer ihr auch niemand Jahre damit zugebracht, Marcus Flints Lächeln zu studieren. Das Lächeln jenes Jungen, in den sie sich noch während ihrer gemeinsamen Schulzeit unbegreiflicherweise aber unwiderruflich verliebt hatte. Natürlich hatte sie damals, insbesondere aber nachdem sie ihren Abschluss als Dentalmagierin hatte, gehofft, er würde ihr irgendwann gestatten seine Zähne zu richten. Aber nach jenem Desaster, wo ein hartnäckiger Teamheiler den halbbewusstlosen Marcus nicht eher hatte gehen lasse, ehe er ihm die Zähne nicht wieder in den Kiefer gezaubert hatte, hatte Katie von dieser Idee Abstand genommen. Denn durch die begradigten zähen, hatte Marcus’ Lächeln seinen gruseligen Charakter verloren, und als Folge dessen hatten eine ganze Reihe Groupies plötzlich festgestellt, wie attraktiv der Jäger eigentlich war. Nein! Lieber hatte Katie da ihren freien Abend geopfert und die Zähen wieder ‚entrichtet’, als ihren Marcus mit einer fehlgeleiteten Horde weiblicher Fans zu teilen. Und für sie war dieses Lächeln mit den krummen und schiefen Zähnen eh das schönste Lächeln der Welt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  PoS
2010-12-20T20:00:43+00:00 20.12.2010 21:00
Nein, ich leide nicht an Demenz ... Ich weiß schon, dass ich diesen OS bereits gelesen und kommentiert habe, aber ... Ich lese ihn jetzt zum - wahrscheinlich 12ten Male - und wollte Dir einfach noch einmal sagen ... ähm schreiben ... dass ich diese Story einfach nur Genial-Klasse-Toll-Phantastisch finde ... Ganz großes Muggle-Kino!!!

Und ich würde mir wünsche, noch mehr solch geniales Geschreibsel lesen zu dürfen!!!

PoS
Von:  PoS
2010-11-03T21:04:34+00:00 03.11.2010 22:04
Also Du kriegst von mir als Kommi ein "Hach!" und ein "Och nö!"

Hach, weil ...

Ich fands einfach nur genial. Humorvoll, schlüssig, toll erzählt, mit einer Prise Romantik am Schluss. Erwartet hätte ich die Liebelei jetzt nicht unbedingt. Ich dachte eher, sie wären "Feind-Freunde".

Och, nö ...

Ich hätte gut und gern noch 10.000 Wörter mehr gelesen können.

Fazit: Ich will gern weiterhin von Dir belästigt werden, wenn ich dafür so tolle Geschichten lesen darf.

Cu
PoS

PS: Sie dürfen gern ein wenig länger sein!*smile


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