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Unexpected Love

"Das ist jetzt nicht echt passiert, oder?"
von

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Und keine Ahnung was ich will

Montag

Eine Süße SMS weckte mich relativ unscheinbar. Erst checkte ich gar nicht, was da so bimmelte, aber nach und nach wurde mir klar, das war wohl mein Handy.
 

[Guten Morgen mein Schatzi ;)
 

Verrätst du mir, wann du immer
 

Morgens mit dem Zug fährst?
 

Vielleicht können wir anfangen
 

immer zusammen zur Schule zu
 

fahren, wenn wir gemeinsam
 

beginn haben. Oder willst du
 

nicht? Liebe dich, Noël]
 

Das war süß. Da werde ich von einer so lieben SMS von Noël geweckt, dass ich schon kotzen könnte. Meine Fresse, bin ich sein kleines Mädchen oder was? Seufzend und eigentlich noch 10 Minuten Zeit zum Schlafen gehabt, drehte ich mich halb tot um und schrieb ihm eben zurück.
 

[Morgen du Spinner. 1. Schau
 

erst auf die Uhr, wenn du mir
 

schreibst. 2. Ich fahre immer,
 

wenn ich zur ersten Stunde habe
 

mit dem Zug um 7:18. Du nimmst
 

wahrscheinlich den früher. Ach,
 

und 3. Vergiss es. Da sind so
 

Leute aus meiner Stufe immer im
 

im Zug, die würden das
 

mitbekommen, dass da was läuft.]
 

Ich wollte mir nicht ansehen lassen, dass ich seine Idee schön fand, ich aber kein unnötiges Risiko eingehen wollte. Cool bleiben. Auch, wenn mein Zimmer schon cool genug war.
 

Jetzt war ich schon wach, also konnte ich auch jetzt aufstehen. Die Bettdecke war weggeschoben, das Fenster geschlossen und eine weitere SMS kam an.
 

[Was denn? So früh ist es
 

auch nicht. Stell dich nicht so
 

an... Ich könnte zwar auch den
 

Zug um halb nehmen, aber dann
 

müsste ich die ganzen Sachen
 

immer am Vortag schon
 

vorbereiten^^’ Was sind das
 

denn für Welche? Würden die
 

auch schauen, ob da was
 

komisches sein könnte oder so?]
 

Ich verdrehte die Augen. Dabei dachte ich auch nach, wie ich relativ kurz antworten könnte. Nachdem ich dann auch einige Klamotten zu Recht suchte, schrieb ich zurück.
 

[Keine Ahnung. Ich hab sehr
 

wenig mit den Leuten so zu tun.
 

Können wir da ein anderes Mal
 

darüber reden?]
 

Die Zeit, in welcher ich auf eine Antwort wartete, zog ich mich an und war sogar schon am Zähneputzen. Den Schaum ausgespuckt sah ich auf mein Handy. Neue Nachricht von Noël.
 

[Klar, ist okay. Wir sehen
 

uns gleich. Ich liebe dich.]
 

Den Rest erledigte ich auch relativ schnell und da ich so früh schon aufstand, war ich viel zu früh mit allem fertig. Ich begann über diese momentane Beziehung nachzudenken.
 

War das echt richtig mit ihm zusammen zukommen? Wie ich ja schon vor uns dachte, das Risiko ist viel zu hoch für einen einfachen Spaß oder so. Er könnte seinen Job, eigentlich schon seine Existenz, verlieren. Der würde nicht mehr eingestellt werden.
 

Aber letztendlich machte er das für mich. Er ging für unsere Beziehung solche Risiken ein. Ich bedeutete ihm wohl wirklich eine Menge.
 

Ich ließ mich auf das Sofa fallen und schloss die Augen.
 

Ob ich so vieles für ihn machen würde? Okay, mehr oder weniger tat ich das ja. Wer weiß, was mich in der Schule erwarten würde, wenn das raus käme? Ach du Scheiße! Meine Noten würden dann wahrscheinlich für unzuverlässig gehalten werden! Und bestimmt müsste ich alles noch mal neu machen oder total krasse Prüfungen über mich ergehen lassen! Aber darüber habe ich nie nachgedacht. Ich habe nie darüber nachgedacht, welche Risiken mich erwarten würden, weil mir das egal war... So wie ihm das egal war und noch immer ist.
 

Ich setzte mich wieder auf, begann mir Jacke, Schal und so weiter anzulegen und das Haus mit allem drum und dran zu verlassen.
 

Der Schnee ließ stark nach. Es war gerade noch kalt genug, dass er nicht schmolz. Aber es schneite zum Glück nicht mehr. Für ende Jänner sollte das auch so, meiner Meinung nach zumindest, sein,. Schnee geht mir einfach viel zu schnell auf den Sack. Ich meine, wenn es Weihnachten und so schneit, ist das toll, episch und so, aber nicht, wenn es schneit und taut und dann wieder gefriert und wieder schneit und wieder taut. Das konnte ich gar nicht leiden. Kann ich immer noch nicht. Und jetzt sollte es reichen. Es soll warm werden. Ich mag 15°C. Das ist die perfekte Temperatur um einen Ian in Freilandhaltung artgerecht zu halten.
 

Während ich wieder so über all möglichen Scheiß nachdachte, kam ich schon im Zug an. Und plötzlich zog mich eine Hand zurück und warme, weiche Lippen küssten mich. „Guten Morgen, mein Schatz...“
 

„Bist du irre?! Mich so zu erschrecken! Du alter Spast!“ Ich riss mich los. Meine Reaktion musste wieder cool kommen, nichts anmerken lassen. Auch, wenn ich mich echt unendlich freute ihn zu sehen. Das gehörte einfach dazu. Er wusste, wie es in mir eigentlich war. Deshalb grinste er auch so.
 

„Lass uns zusammen einsteigen und über die letzten SMS reden“
 

So, wie wir da zusammen saßen, kamen wir wieder darauf, dass ich eigentlich keine Ahnung von meiner Stufe oder so hatte. „Ich habe echt wenig mit denen zu tun. Ich kam von der Realschule auf das Gymnasium um mein Abi zu machen. Deshalb hatte ich all meine Freunde auf der Realschule, aber es schafften so wenige aufs Gymnasium, dass meine Freunde nicht zu denen zählten, die es schafften. Und... ich bin nie mit irgendwelchen Leuten aus meiner Stufe in ein Gespräch gekommen, welches irgendwie eine Freundschaft oder so versprach. Ich komme aber irgendwie mit jedem gut klar, nur befreundet bin ich nicht wirklich mit wem...“
 

Noël schmunzelte. „Das ist schade...“ Seine Aussage brachte irgendwelche Denkprozesse in Gang, welche ich nicht nachvollziehen konnte.
 

„Noël? Über was denkst du gerade nach? Hab ich irgendwas gesagt?“
 

„Was? Ich? Ich dachte nur, ich habe glaube ich, etwas zu Hause vergessen...“ Zwar wusste ich nicht, an was er bei dem Gespräch denken musste, aber nun gut.
 

Er fragte mich noch ein bisschen über einige Dinge aus meiner Vergangenheit aus und irgendwann gab ich ihm einen kleinen Box in die Seite, um darauf aufmerksam zu machen, dass einige aus meiner Schule nun im Zug saßen. Privatleben wieder einpacken und Folterinstrumente raus holen. Lehrer-Schüler Unterhaltungen mussten ausgefahren werden.
 

Unter diesem Druck fuhren wir dann bis zur Endhaltestelle und gingen zusammen zur Schule. Wir trennten uns im Gebäude und das Letzte, was uns verraten könnte, war das Zwinkern von ihm und der Mittelfinger von mir. Aber das fiel in diesem gekonnten Moment niemandem auf.
 

Und irgendwann war halt wieder relativ normal Deutschunterricht. Aber dieses Mal sollte es doch ein bisschen anders sein.
 

Noch immer hieß es hier, Herr Hawen würde nicht mehr der Lehrer sein. Ich meine, woher sollten die auch wissen, dass es doch anders kam? Glücklich und zufrieden kam Noël um die Ecke, nahm seine Hygienemaske ab und begrüßte alle, mit einem ganz anderen Thema als Deutsch, anschließend.
 

„Leute! Ich bin wieder euer Lehrer! Alles, was da war, konnte aufgeklärt werden und damit bin ich nicht mehr in Gefahr euch alleine lassen zu müssen. Keine Sorge, ich bleibe!“ Alle sahen wie vom Blitz getroffen nach vorn. Die Worte waren für sie so unglaublich.
 

Dann klatschten einzelne. Und bald klatschten alle. Jubelrufe schallten durch den Raum und Noël bekam Schwierigkeiten die Masse wieder ruhig zu bekommen. Aber so sehr er alle versuchte wieder runter zu fahren, er freute ihn sichtlich in dem Kurs angenommen zu sein.
 

„Ist doch gut! Ich werde auch nicht mehr gehen, keine Sorge!“ Ausgeglichene Ruhe trat langsam ein. Doch noch immer war wohl für Noël nicht an Deutschunterricht zu denken.
 

„So ihr. Ich habe da so eine kleine Idee. Ich meine, wir sind ein Lehrkurs. Wir müssen ja auch irgendwo zusammenhalten und die letzten Monate bis zum Abi miteinander auskommen. Wir prägen gegenseitig unsere Zukunft und ihr kennt mich ja noch nicht so gut. Jetzt, wo ich bei euch bleibe und das auch so bleibt dachte ich mir... Wir machen mal ein gechilltes Kurstreffen, vielleicht in einer kleinen Bar oder Kneipe oder so. Oder mögt ihr die Idee nicht?“
 

Widerspruch ertönte aus allen schallenden Ecken. Ich war noch nicht so entschlossen, ich wusste einfach nicht, was ich davon halten sollte. Saufen mit dem Lehrer und einem Kurs, den man eigentlich nicht kannte?
 

„Das hört sich einstimmig nach einem Kurstreffen an. Und habt ihr eine Ahnung wann? Ich lass mich gerne beraten und Zeit hab ich momentan auch!“
 

„Morgen!!“
 

„Ja, Morgen!“
 

Morgen schon?! Ist mein Kurs irre? So kurzfristig ist doch bescheuert! „Na gut, wenn ihr alle wollt oder kann wer nicht?“
 

Was?
 

„Gut! Also Morgen, lasst mal so gegen 19 Uhr in der Bar die drei Straßen weiter hier treffen. Die ersten Drei, die da sind, bekommen von mir einen Ausgegeben!“ Was ging da gerade mit ihm ab?
 

Die Freude war so verdammt riesig, dass mein doof aus der Wäsche gucken in der Menge versank. War ja nicht schlimm. Noël würde bestimmt heute noch bei mir privat vorbeischauen und da könnte ich ihm so derbe in den Hintern treten, dass er aus der Nase bluten wird!
 

Zwar waren wir nun mit positiven Dingern überfüllt, aber demnach war auch der eigentliche Unterricht beschissen zu lenken. Aber egal. Bald war Schluss, Noël musste noch etwas bleiben und ich fuhr schon mal nach Hause.
 

Meine Verwirrung war dennoch immer echt groß. Einfach mal so morgen dicke Party machen? War der Irre? Will der jetzt unser aller Homy werden oder wie auch immer das geschrieben wird! Das geht doch nicht einfach mal, einen auf Kumpel zu machen!
 

Endlich kam ich zu Hause an. Ich war allein. Das konnte ich gerade auch echt gut gebrauchen. Mir schwirrten viele Gedanken durch den Kopf und einer machte am Ende besonders Sinn.
 

Er machte das bestimmt, damit ich auch besser mit den Leuten klar kommen würde. Damit die mit mir reden und ich mit denen zu tun habe! Hey, brauchte ich jetzt seine Hilfe oder was?
 

Ich warf mich auf das Sofa.
 

Innerhalb von so weniger Zeit sollte sich so vieles ändern. Plötzlich war ich ein Kandidat eines 2,... Abiturs, ich war kein Single mehr und... ich war schwul. Ja, ich war mit einem Mann zusammen. Nur einer und vielleicht ein halber Monat und ich war plötzlich mit einem Kerl zusammen. Aus meinem Gedanken vollkommen Hetero zu sein wurde ein starker drall nach Homo. Das konnte doch nicht war sein?!
 

Ich versank total in solchen Konflikten. Irgendwann klingelte es an der Tür. Sollte Noël sein. Mir war auf einmal so mulmig. Richtig unwohl. Ich konnte doch nicht einfach schwul sein! Ich machte die Tür des Hauses mit einem Knopfdruck zugängig. Dann öffnete ich die Tür der Wohnung und sah Noël die letzten Stufen heraufkommen. Ich wollte irgendwie, dass er wieder geht...
 

„Hey Ian!“ „Hey.“ Ich dachte, ich hätte zu viel Sprudel getrunken. So schlecht war mir. Wie scheiße das kommen müsste. Man kommt zu seinem Freund und dieser denkt sich so: Irgendwie klappt das nicht. „Und? Schon Hausaufgaben gemacht?“ „Mir ging es nicht so gut. Ich habe mich bis eben hingelegt gehabt.“ „Ach so, tut mir leid, wenn ich dich aus den Federn geworfen habe.“ Dennoch bat ich ihn herein. Nun wusste ich gar nicht mehr, ob ich ihn irgendwie noch so sehr liebte, dass mir auch so schlecht war oder ob es hauptsächlich dieses Fremde sich selber gegenüber war. Er sah so gut aus, wie er mich anlächelte, aber wollte ich echt mit einem Mann zusammen sein? Mit einem, der älter war als ich?
 

„Wenn es dir nicht so gut geht, soll ich mich um dich kümmern? Etwas massieren oder dich einfach so auf andere Gedanken bringen?“ Er hatte sich noch gar nicht Jacke und Schal und so was ausgezogen, da drängte er mich schon an die Wand und raunte mir diese Worte ins Ohr. Toll! Basierte das hier dann auch noch fast nur auf Sex? Auf Sex und dieses reizende Risiko erwischt zu werden? War es ein geiles Geheimnis zwischen uns? Der Lehrer und der Schüler?
 

Ganz ruhig. Ich rastete gerade innerlich so aus. Auf einmal war einfach alles falsch. Ich konnte doch nicht mit einem Kerl zusammen sein! Ich stand auf Frauen! Ich hatte Frauen! Ich wollte der Mann im Haus sein! Nicht einer von zwei! Und wie sollte ich mich outen?! Vor allem nun, wo ich so darüber nachdenke und an allem und jedem Zweifel! „Nein, mir ist nicht so danach.“ Abstand. Ich wollte Abstand. Er war mir schon wieder so nah, dass er mir sogar den Raum zum Denken nahm.
 

„Ach komm, ich weiß, wie schnell du umzustimmen bist. Lehn dich einfach zurück, ich mach schon...“
 

„Nein Noël, ich will echt nicht.“
 

„Wenn ich dich mir so anschaue, sagt dein Körper aber...“
 

„Ich will aber nicht!“ Dieser Ausruf war so laut, dass er sofort von mir wich. Im Moment tat mir das aber nicht leid.
 

„Ian? Was ist los?“
 

„Ich brauche Abstand, okay? Ich meine, du tust jetzt schon, als wäre ich von dir abhängig und organisiert ein Kurstreffen, damit ich mit den Leuten was zu tun habe und wir sind erst letztens Knall auf Fall zusammengekommen ohne das ich da richtig drüber nachdenken konnte! Ich meine, plötzlich war ich schwul!“ Und das brachte nun auch ihn zum nachdenken. Ich hielt aber nicht an. „Ich weiß ja nicht, ob du schon vorher total so warst, aber ich dachte bis dahin, dass ich hetero wäre! Ich war mit Mädchen zusammen und war so auch glücklich und dann kommt mein Deutschlehrer und verdreht mir fast komplett den Kopf!“ Das ging bestimmt gerade alles viel zu schnell für ihn. Er wusste gar nicht, wie er reagieren sollte. Ich wusste nicht, ob sein Herz jetzt schneller schlug oder stehen blieb.
 

„Ian... Das tut mir leid. Ich wusste nicht, dass... es dir so viel zu schnell ging.“ „Ich weiß. Ich eigentlich auch nicht.“ Also was sollte das nun alles bedeuten? Auf was wollte ich eigentlich hinaus? Innerlich wollte ich wohl irgendeinen Satz hören, der hier alles wieder gut machen konnte. Aber ich wusste echt nicht, was für ein Satz das hätte sein können. Sollte wohl so was wie die Quadratur des Kreises sein.
 

Ich schüttelte mich und entfernte mich von der Wand. Und von ihm. „Ich brauche eine Pause. Mindestens. Ich muss mit meinem Leben klar kommen. Und ich muss raus bekommen, was ich dazu brauche. Oder was nicht.“ Noël nickte. „Ich lass dich dann mal... etwas allein. Ich will dich ja nicht drängen oder etwas derartiges. Aber egal wie du dich entwickeln oder entscheiden wirst... Ich... also...“ „Danke, Noël.“ Damit war der momentane Cut gemacht. Ich weiß nicht, ob mir ein abschließender Kuss gut getan hätte oder so. Er nickte noch einmal, schloss seine Jacke wieder und ging. Bevor er die Tür schloss, sah er noch mal zurück. Dann war er weg. Ich war allein. Das ging wirklich schnell. Genauso schnell wie ich vergeben war, war ich wieder allein. So blieb das auch erst einmal. Ich erzählte meinen Schwestern nichts. Ich wusste ja nicht einmal, ob ich nur eine kurze, eine lange oder eine ewige Pause bräuchte. Solange nichts klar war, sagte ich nichts. Aber erst war mir eines wichtig in diesen Augenblicken.
 

Ich wollte mir selber beweisen, dass ich nicht schwul bin.



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