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Unexpected Love

"Das ist jetzt nicht echt passiert, oder?"
von

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Erstes Sehen

Erstes Sehen
 

Montag
 

Endlich. Hiermit brach das letzte halbe Schuljahr, nach einer gefühlten Ewigkeit, für mich an. Ich war bereits auf dem Weg zu dieser Schule und dachte über einiges nach. Nicht über Dinge wie "Was esse ich zu Mittag?" oder "Welche Hausaufgaben habe ich heute vergessen?" Nein es ging um etwas, was mich Nervenbündel im Dreieck springen ließ. Denn ich bekam einen neuen Lehrer in meinem Lieblingsfach Deutsch. Unser vorheriger trat in den Vaterschutz ein...
 

Zeitsprung Time!
 

„Es hat mir sehr Spaß gemacht mit euch den Unterricht zu gestalten. Ich hoffe, ihr werdet noch immer mit solch einer Freude den Deutschunterricht verfolgen und genießen.“ Alle standen auf und klatschten laut in die Hände und jubelten und stampften. Der Lehrer verbeugte ich vor uns und weinte vor Freude und Trauer gleichzeitig. „Ich werde euch vermissen. Wenn ich mal die Chance dazu bekommen werde, werde ich euch ein Bild der Kleinen zeigen, versprochen!“ Ungefähr das waren die letzten Worte des Deutschlehrers, dann ging er.
 

Zeitsprung Time zuende.
 

Und nun stand ein Neuer an. Oder eine Neue. Zu dem Zeitpunkt war noch gar nichts klar. Überhaupt nichts.
 

Wir hätten schon gerne etwas im Voraus gewusst, denn unser alter Lehrer war was besonderes. Er hatte eine so gute Bindung zu uns gehabt und uns diese verdammten Sachen so gut eingetrichtert, es wäre schwer ihn zu ersetzten.
 

Ich betete und sah mit meinen grünen Augen in den verschneiten dunklen Morgenhimmel. „Bitte bitte, lass alles gut werden...“ Ich wartete kurz. Worauf? Vielleicht auf ein Zeichen, wie ein... ich weiß nicht. Ein Flugzeug? Einen durch die Wolken schimmernden Stern? Ein fliegender Pinguin? Ohne Antwort oder ähnliches konnte ich nichts weiter tun als zu seufzen. Gut, der Pinguin wäre echt zu viel verlangt gewesen, sehe ich ein. Na ja... Ich stieg in den Zug ein, der mich in Richtung Schule brachte, stieg wieder aus und der restliche, aber extrem verschneite Weg war auch schnell getan.
 

In der warmen Schule, gerade noch rechtzeitig angekommen (typisch ich), schüttelte ich mir den Schnee ab, zog meine Jacke aus und nahm zügig im Klassenraum Platz. Nach kurzem Umschauen und flüchtigen Begrüßen einiger mehr oder minder guten Schulkameraden warteten wir auf den ersten Lehrer des Tages. Dies war leider nur der Musiklehrer. Gewohntes doppelstündiges Gedudel, gewohnter Unterricht, zumindest den Umständen entsprechend gewohnt. Die Nerven meines Kurses wahren angespannt. Die Nervosität stieg mit jedem Augenaufschlag. Die folgende Pause konnte man einfach nicht genießen mit dem fetten Sorgen im Bauch, von mir metaphorisch als Stein angedeutet. Stellt euch einen dicken Stein vor. Danke.
 

Die Sekunden waren nur ein zäher Klumpen aus Zeit. Ich dachte noch nie daran in der Pause drauf zu warten, dass die Pause zu Ende ging... Welch Ironie. Aber dieses Mal war alles egal. Wir wollten endlich wissen, wer war unser neuer Lehrer?
 

Alle waren unter Strom, nur ich ließ es mir so gering wie möglich anmerken. „Heulen bringt jetzt auch nichts mehr, wir können nur noch warten...“ Aber vielleicht machte ich es mit derartigen Aussagen nur noch schlimmer. Zumindest fühlte es sich so an.
 

Ich fuhr mir die letzten Nerven zerreißenden Stunden immer wieder durch meine relativ langen, hellbraunen Haare und befürchtete den Absturz in meiner Abitur-Karriere schlecht hin. Der letzte Lehrer war meine Rettung gewesen, denn ich war seit der 11ten Klasse ein wackelnder Kandidat.
 

Sozialwissenschaften LK 4, Englisch 4, Mathe 5, Deutsch LK 2. Und nun Deutsch verhauen? Das durfte mir nicht passieren...
 

Und die Schulglocke läutete. Alle zuckten als wenn ein Schuss zu hören gewesen wäre. Die letzte Stunde. Und diese war alles entscheidend. Deutsch... Alle saßen wie mit Sekundenkleber festgeklebt auf ihren Stühlen und starrten die Tür an. Als ob gleich die russische Armee jene eintreten und Harlem Shake tanzen würde.
 

Manche Schüler wippten mit dem Fuß, andere ließen es darauf ankommen von mir einen Duden in die Fresse zu bekommen, in dem sie undefinierbare Lieder auf dem Tisch klopften. Mit jeder vergangenen Sekunde schien die nächste länger zu werden.
 

Und dann wurde die blaue Türklinke herabgedrückt. Die Tür öffnete sich. Unsere Blicke fielen auf einen jungen Mann im Anzug, mit Umhängetasche und einer auffälligen Hygienemaske, wie sie die Chirurgen oder die ganzen Japaner tragen, direkt vor Mund und Nase. Zielsicher ging dieser Jemand zum Lehrerpult und legte sich seine Utensilien zurecht. Alles ohne etwas zu sagen.
 

Sofort brach Getuschel und Gemurmel aus. Was das der neue Lehrer? Aber er sah viel zu jung aus! Was ist das für eine Maske? Ist das ein Irrer aus der Klapse nebenan? Rollenspiel? Weltuntergang?
 

Als der Fremde wieder aufsah war es schlagartig wieder ruhig.
 

Die Krawatte wurde nach einem vorsichtigen Schielen zur Tür gelockert, die schwarzen, stufigen Haare kurz ein wenig zerzaust und die Anzugjacke aufgeknöpft. „So.“ Eine angenehme Stimme erfüllte den Raum, als fülle sie die angespannte Luft mit neuer, ruhiger Luft. „Wie Sie, lieber Deutschkurs 3, sehen können werde ich nun Ihren Unterricht führen. Für Ihre restliche Laufbahn auf dieser Schule. Ist zwar nur noch ein halbes Jahr... aber in diesem halben Jahr kann vieles schief gehen und davor möchte ich Sie gerne bewahren.“ Mit jedem Wort blies sich die Maske auf oder legte sich um seine Züge, wodurch man nur erahnen konnte, wie er ohne jene aussehen möge.
 

„Mein Name ist Noël Hawen. Also für sie Herr Hawen oder Mister Hawen oder so was. Ich bin 24 Jahre alt, bin vor kurzem hier her gezogen, dies ist mein erstes Zusammenarbeiten mit Schülern... und... ja... wenn sie was wissen wollen, dürfen sie fragen.“ Und die ersten Fragen waren schon in den Köpfen der Schüler klar zu erkennen, auf ihre Stirn regelrecht gemeißelt. Erst kam die höflichere: „Sie sind bereits mit 24 Lehrer?“ Der Neue nickte. „Ich habe bereits mit 17 mein Abi bestanden und danach gut mein Studium beendet, war also auch keine Besonderheit mehr.“
 

Dann war großes Schweigen. Es stand noch eine Frage offen. Eine ´auffällige´ Frage. Keiner traute sich diese laut auszusprechen. Zumindest nicht sofort. Nach unsicherem hin und herschauen brach es aus einem Mitschüler heraus. „Wenn man sie so fragen darf, warum tragen sie diese Maske?“
 

Ein kurzes Räuspern des Lehrers. Er zögerte. Doch dann, seine Antwort: „Nun, ich soll diese laut der Schule tragen, damit ich nicht noch mehr auffalle, ob wohl ich das so auffälliger finde... Reicht ja schon dass ich der jüngste Lehrer hier bin und, na ja...“ Wieder schielte er zur Tür. Sie war geschlossen, durch die kleine Glasscheibe sah man niemanden auf dem Flur stehen. „Solange Sie hier nicht erzählen, ich hätte das Ding hier ausgezogen um Mitleid oder so was zu erregen, kann ich sie abnehmen. Aber bitte, nehmen Sie keine Rücksicht auf mich, ich bin nur ein Lehrer wie jeder Andere hier auf dieser Schule.“ An seinen Augen sah man, wie er herzlich lächelte. Mit einigen Handgriffen war nun die Maske weg.
 

Man hörte den Schock einiger Schüler in ihrem lauten Atemzug. Große und breite Brandnarben. Von seinem Hals, über die linke Wange, bis zur Nase war fast alles überzogen mit diesen. Herr Hawen brach den Blickkontakt zu uns ab. Ich erkannte in seinem Gesichtsausdruck, dass man ihn nicht weiter darauf ansprechen sollte. Es war ihm wohl schon unangenehm genug gewesen. Ich lenke schnellstmöglich vom Thema ab. Auch, wenn ich selber, wie jeder andere hier jetzt auch, irgendwie an seiner Geschichte interessiert war.
 

„Ich denke, Sie sollten kurz die Anwesenheitsliste durchgehen und den Unterricht beginnen, für die nächste Klausur muss alles durchgearbeitet sein und die Zeit ist immer knapp.“ Er schaute auf, schmunzelte und nickte. Schnell die Liste in die Hände genommen ging er die ihm neuen Namen durch und sah sich kurz immer den genannten Schüler an.
 

„Ian Richer.“ Als ich reagierte und ´Anwesend´ zur Bestätigung rief, sah er mich an, lächelte und ging die Namen weiter durch. Irgendetwas war an diesem Noël Hawen...
 

Er schien aber ein angemessener Lehrer zu sein. Er nahm sich genügend Zeit für uns, um uns den kommenden Weg bekannt zu machen und das letzte halbe Schuljahr durch diese Schule zu bringen. Man merkte auch langsam, wie die Schüler irgendwie alle gleich reagierten. Die weiblichen Mitschüler konnten ihre Blicke nicht mehr von ihm nehmen weil er diese Art ausstrahlte, die ihn interessant machte, die Männlichen sahen ihn fast als Kollegen an. Vielleicht weil er so jung war? Ich war mir irgendwie nicht sicher... Er strahlte auch irgendwie eine spezielle Sympathie aus, in seinem Lächeln lag immer etwas besonderes und ansteckendes. Na ja, so gut ich das auch als Kerl bewerten konnte, sah er wirklich gut aus.
 

Aber die erste Stunde mit ihm war gut vergangen. Meine Sachen zusammengepackt machte ich mich auf den Weg zum Bahnhof in der Nähe. Wie auch sonst immer stand der Zug schon bereit, fuhr aber erst zehn Minuten später ab, da dies hier seine Anfangshaltestelle war. Meinen Standardplatz im Fahrradabteil, seitlich zu den Fenstern, gefunden und besetzt lehne ich mich bereits erschöpft zurück. Der Schnee wurde immer höher und die Beine immer schwerer, da tat es immer wieder gut sich in einem Zug von A nach B fahren zu lassen.
 

Eine längere Fahrt lag mal wieder vor mir, weshalb ich es mir mal wieder gemütlich machte.
 

Ich steckte mir die Kopfhörer meines Players in die Ohren und verdaute den Schultag. Dieser Lehrer, Herr Hawen, war irgendwie komisch. Allein die Tatsache, dass er so jung war irritierte mich im hohen Maße. So was waren wir nicht gewohnt.
 

Ich spürte aber auch, dass das irgendwie nicht alles ist... Ich versang in Gedanken.
 

Bald hörte ich dumpf durch meine Kopfhörer, wie eine Durchsage meine Haltestelle ansagte und ich machte mich bereit auszusteigen. Mich warm genug wieder eingepackt trabte ich in den Schnee und ab nach Hause, lief also knappe 10 Minuten, mit kleinen Abkürzungen durch den schön bis episch verschneiten Wald.
 

Erledigt fiel ich gerade zu in die Tür der Wohnung und schmiss alles weg, was mich beschwerte. Tasche, Schnee, Jacke, Schuhe, Mütze, Schal, noch mehr Schnee. Doch als ich in das Wohnzimmer ging seufzte ich lauthals. Ein neongelber Zettel lag auf dem Tisch, die Aufschrift war:
 

Hey Ian,
 

gehst du bitte eben einkaufen?
 

Wir geben dir auch das Geld
 

heute Abend zurück
 

Haben dich lieb,
 

Joce und Joan <3
 


 

Toll, gerade hatte ich mich entblättert, da lese ich, dass ich für mich und meine Schwestern einkaufen muss. Genervt und schon fast gestresst zog ich mir wieder Wintersachen über und huschte wieder raus, lief in Richtung Supermarkt.
 

Kurzer Hand einen Wagen genommen überlegte ich, was fehlte und packte alles ein. „Butter... Mehl... Toast und Frischkäse... Shampoo... da war noch was...“ Für einen Moment war ich nicht in meinen lückenhaften Kopfnotizen gefangen, da sah ich ein bekanntes Gesicht im nächsten Gang. Und dieses Gesicht kannte ich seit noch nicht ganz so langem... Es war Herr Hawen.
 

Ich war irgendwie verwundert. Es ist wirklich immer wieder aufs neue komisch einen Lehrer ein Privatleben haben zu sehen... Nun gut, ich packte nebenbei noch einige Sachen ein, behielt ihn aber im Blick. Es wäre mir unangenehm gewesen ihn einfach zu ignorieren oder anzusprechen. Und schon bald sah er auf und erkannte mich. Auch er war kurz überrascht, lächelte dann wieder, winkte und ich winkte zurück. Ich war aber schnell im nächsten Gang verschwunden. Ein Winken reicht, keine weiteren Risiken am ersten Tag eingehen... Sonst kommt das noch aufdringlich, gute Noten durch schleimen heuchlerisch oder so was.
 

Die letzten Utensilien gefunden und letztendlich auch gekauft ging ich wieder zurück nach Hause. Wieder den Schneemassen getrotzt kam ich auch im Warmen an und zog mich ein für alle mal das letzte mal um. Sofort machte ich es mir gemütlich in irgendwelchen Sportklamotten und begann einiges für die Schule zu tun...
 

Nun gut. Der Rest des Tages war nicht so was besonderes... der nächste Tag schien mir von viel größerer Bedeutung...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Onlyknow3
2014-02-02T18:22:44+00:00 02.02.2014 19:22
Das ist so ein schönes Kapitel,bin auf die anderen Kapitel gespannt.

LG
Onlyknow3
Von:  Yunia-chan
2010-09-28T19:49:13+00:00 28.09.2010 21:49
Hey!^^ Tut mir echt leid, das ich bis jetzt keine Kommis geschrieben hab! (Bitte nicht böse sein, ich bin halt faul!) Aber ich hoffe das FF pausiert nicht zu lange!
Die Story deines FF gefällt mir richtig gut und ich habe jedes Kappi Sehnsüchtig erwartet!
Ich werd mich bemühen (und das ist jetzt echt was besonderes den ich kann mich einfach nicht ausdrücken! *smile*) dir zu jedem Kappi in den nächsten Wochen ein Kommi zu schreiben! Ich bemüh mich!^^
Also, zuerst einmal finde ich dir sind die beschreibungen, also wie Ian empfindet (kann man das so sagen O.o) sehr gut gelungen! Im ersten Kappi finde ich die Textliche Gestaltung direkt bevor sie den Deutschlehrer das erste mal sehen gut und nicht zu lange hingezogen! Ich war echt genauso neugirig wie Ian wie der neue Lehrer denn nun so ist und hab dauernt mir meinem Ring gespielt!^^
Das mit der Maske fand ich im allgemeinen gut beschrieben, aber ich habe immer diese vorstellung im Kopf, das eine Maske aus einem stabilen Material ist, und bei dir hat es sich so angehört (oder es ist so?) das die Maske so eine Art Stofftuch ist...außer ich hab was falsch verstanden, dann entschuldige mich bitte!
Zum Schluss habe ich irgendwie mit einem Gespräch im Supermarkt zwischen den beiden (Noel und Ian) gerechnet, aber gerade das du das nicht eingebracht hast, hat mich angespornt weiterzulesen, da es zeigt, das bei dir in dem FF nicht alles offensichtlich verläuft!^^ Um es kurz zu sagen: 'Die Einleitung war fesselnd und interessant gestaltet und ich wollte sofort weiterlesen!
Bis zum nächsten Kappi!^^ Bye


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