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Wolfsliebe

von

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»… wohin er auch führen mag.«

Unendliche Schwärze lag um Lugh Akhtar herum. Er war schon lange hier, das wusste er, doch das war einerlei. Zeit bedeutete nichts mehr. Zeit brauchten nur jene, für die sie vergänglich war, doch das war sie für ihn nicht. Nicht mehr.

»Du musst aufwachen«, meinte da eine Stimme.

»Ich will nicht. Ich war schon so lange wach«, antwortete er und ließ sich weiter durch das Nichts treiben.

»Doch Fjodor. Du musst aufwachen. Und du weißt es auch«, erklärte die körperlose Stimme eindringlich.

»Jetzt ist Zeit endlich zu schlafen. Ich konnte es so viele Jahre nicht tun, also lass es mich jetzt tun. Alles andere kann warten. Mir läuft nichts mehr davon.«

»Doch. Die Zeit.«

»Zeit interessiert mich nicht mehr, denn ich bin im Nichts. Hier bin ich unsterblich, Zeit gibt es hier nicht mehr.«

»Aber die, die dir wichtig sind, für die läuft die Zeit noch.«

»Sie werden auch hierher kommen, dann ist die Zeit für uns alle egal.«

»Nein. Sie werden nicht hierher kommen, denn in der anderen Welt ist jeder nur für sich. Du wirst sie nicht mehr wieder sehen, wenn du jetzt nicht aufwachst.«

Lugh Akhtar öffnete langsam die Augen. Er stand inmitten von Schnee, ein heller Silbermond leuchtete über seinem Kopf.

»Wo bin ich hier?«, fragte er leise.

»An einem Ort, wo du noch nicht hingehörst. Die Zeit hat noch viel mit dir vor, aber nur, wenn du bereit bist, aufzuwachen«, erklärte die Stimme, doch nun hatte sie einen Körper. Es war ein schwarzer Wolf mit Augen, die in den Farben des Nordlichts leuchteten und einem weißen Halbmond auf der Stirn. Kanoa.

»Wieso bin ich denn hier, wenn ich eigentlich nicht hierher gehöre?«, fragte Lugh Akhtar leise.

»Weil du dich nicht dem Schicksal ergeben hast. Du bist den Weg so weit gelaufen, dass du kurz vor dem Ende stehst, du musst dich nur noch den letzten Schritt zu laufen trauen«, antwortete Kanoa.

»Ich will aber nicht mehr laufen. Ich will nicht mehr aufwachen, ich will schlafen. Ich will träumen, von einer anderen, von einer besseren Welt«, flüsterte der junge Zauberer und schaute in den Sternen überfluteten Himmel hinauf.

»Du kannst sie selbst erschaffen. Und musst nur aufwachen.«

»Ich hab Angst vor dem was mich erwartet, wenn ich aufwache«, vertraute Lugh Akhtar dem Wolf leise an.

»Das kannst du selbst entscheiden. Du kannst hier bleiben, dich ewig fragen und es niemals herausfinden, weil es irgendwann zu spät ist, oder du wachst auf. Und dann kannst du selbst dafür sorgen, dass die Welt zu dem wird, was sie werden soll.«

»Kann ich sie denn überhaupt ändern? Ich bin doch ganz allein.«

»Ja. Jeder kann die Welt ändern, er muss sich nur die suchen, die sie ebenfalls ändern wollen. Und dann müsst ihr es gemeinsam tun.«

»Glaubst du, ich kann es schaffen?«

»Natürlich. Du kannst alles schaffen, wenn du es willst. Und ich werde bei dir sein, vergiss das nicht.«

»Bis ans Ende der Welt…?« Der junge Zauberer schaute sehnsuchtsvoll auf den Wolf und der nickte.

»Gemeinsam bis ans Ende der Welt.«

Da nickte Lugh Akhtar. Er wollte aufwachen. Jetzt. Er schloss die Augen und versuchte sich an die wirkliche Welt zu erinnern und wirklich, er hörte Stimmen. Sie klangen besorgt. Doch er spürte, dass er wach wurde. Er strengte sich noch mehr an, er schaffte es. Die Stimmen wurden lauter und er erkannte sie. Schließlich öffnete er die Augen und gewahr ein Gesicht, das er so schmerzlich vermisst hatte. Seit Jahre schon.

»Kanoa?«, fragte er leise. Sogleich fuhr die Person zu ihm rum, schaute ihn erst erschrocken an, lächelte dann beruhigend.

»Nein, nicht Kanoa«, antwortete der Wind. »Aber ihm sollten wir wirklich danken, dass er meine fixe Idee erfüllt hat.«

Darauf lächelte Lugh Akhtar, denn er wusste, was der Wind meinte. Er hörte, wie etwas näher kam und gewahr Nea, die sich zu ihm setzte.

»Lugh Akhtar, wie konntest du das nur tun?«, fragte sie leise.

»Ich liebe dich Nea. Ich würde es jederzeit wieder tun«, antwortete er lächelnd. Langsam kam der Schmerz, den er die ganze Zeit über nicht gespürt hatte.

»Aber du… Lugh, du wärst fast gestorben. Und das, obwohl ich dich einfach hab fallen lassen«, weinte sie.

»Nea, ich liebe dich nicht, damit du meine Gefühle erwiderst. Ich würde dich auch lieben, wenn du mich hassen würdest«, antwortete er sanft und hob seine Hand um sanft ihre Tränen wegzuwischen.

Da trat noch eine dritte Gestalt zu ihm. Es war der Herbst in seiner menschlichen Gestalt.

»Du hast Mut bewiesen, Winterssohn«, erklärte er leise.

»Nein. Ich habe nur getan, was ich tun musste. Das hat nichts mit Mut zu tun. Hätte ich auch nur eine einzige Sekunde darüber nachgedacht, hätte ich gezögert«, antwortete er ehrlich.

»Aber du hast nicht gezögert. Und das war so unendlich viel mehr, als die meisten anderen getan hätten«, widersprach der Herbst und lächelte voller Stolz.

»Jeder hat das eine Wesen, für das er ohne zu zögern sein Leben geben würde. Ich habe nur das Glück, es zu finden.«

»Du bist deinem Vater wirklich fast zu ähnlich, Fjodor«, meinte darauf der Wind und lächelte voller Stolz. »Auch er hat seine größten Taten immer so viel kleiner gemacht, als sie waren.«

»Weil das, was wirklich groß ist immer auch das ist, was im Geheimen und völlig unbemerkt geschieht«, antwortete Lugh Akhtar und konnte sich mit Neas Hilfe in dem Bett langsam aufsetzen.

»Ganz wie du meinst, einem Kranken widerspricht man nicht«, antwortete der Wind lächelnd

»Wie lange war ich bewusslos?«, wollte der junge Zauberer wissen.

»Ein paar Stunden. Wir glaubten schon, dass es dich töten würde«, meinte der Herbst leise.

»Hätte es mich auch, wenn Kanoa nicht gewesen wäre. Er hat mir wieder Mut gemacht«, lächelte Lugh Akhtar.

»Fjodor, wir wissen alle, dass er nicht mehr am Leben ist, auch gut«, sprach der Wind leise, doch der junge Zauberer lächelte darauf wissend.

»Tod vielleicht, aber nicht fort. Er hat mir versprochen, dass er bei mir ist. Und er hält sein Versprechen«, erklärte er. Und der Wind widersprach nicht, als er die ungebrochene Zuversicht des jungen Zauberers spürte. Er war lange genug beim Herbst gewesen um zu wissen, dass es Dinge gab, von denen selbst die Jahreszeiten nichts verstanden. Kein Wesen auf Erden konnte alle Geheimnisse kennen und offensichtlich kannte Lugh Akhtar eines, was ihm verborgen geblieben war.

»Das ist jetzt egal. Fjodor, da gibt es noch etwas, was du tun musst…«, sprach der Herbst leise.

»Den Weg zu Ende gehen, ich weiß. Und ich weiß auch, dass das Ende so unglaublich nahe ist«, nickte der, nur um sogleich wieder den Kopf zu schütteln. »Aber ich weiß nicht, welchen Weg ihr meint.«

»Mehr darf ich dir nicht sagen. Die anderen laufen ihn bereits, doch du bist seinem Ende trotz allem am nächsten. Und auch du musst ihn zu Ende gehen. Das ist wichtig«, erklärte der Herbst.

»Ich weiß, aber es gibt keinen Weg, den ich nicht bis zum Ende gelaufen bin. Wo nur kann ich kurz vor dem Ziel aufgegeben haben?«

»Mehr darf ich dir nicht verraten und auch niemand sonst. Du musste es alleine erkennen. Ich werde jetzt gehen. Der Rest liegt an dir«, flüsterte der Herbst und verschwand langsam.

»Weißt du, welchen Weg er meint?«, fragte der junge Zauberer den Wind.

»Ja. Aber er hat recht, niemand der es weiß wird es dir verraten«, antwortete der. Da dachte Lugh Akhtar nach. Auch Drafnar hatte etwas ähnliches erwähnt, als er in den Ruinen aufgetaucht war. Und Kanoa sagte, dass er sich nur trauen müsste, den letzten Schritt zu tun. Natürlich, Kanoa. Jetzt verstand er. Er lächelte und schaute den Wind an.

»Hilfst du mir? Ich muss zum Turm«, bat er leise.

»Aber Lugh Akhtar, du musst dich ausruhen«, widersprach Nea, doch der junge Zauberer schüttelte lächelnd den Kopf.

»Ich muss erst den Weg zu Ende gehen«, erklärte er und schaute wieder fragend zum Wind. Der nickte.

»Natürlich«, nickte er und hob Lugh Akhtar hoch. Voller Sorge schaute Nea ihn an, doch sie verstand, dass es egal sein würde, was sie sagte. Also sagte sie nichts mehr, sondern schloss sich ihnen besorgt an. So zogen sie gemeinsam zum Turm. Es schneite, doch an so mancher Stelle war der Schnee blutrot verfärbt.

Sie waren die letzten die ankamen, doch das spielte keine Rolle mehr. Der Tod hatte hier schon sein Werk vollbracht. Lugh Akhtar musste an seinen Traum denken, den er vor einem Jahr einst träumte. Er war damals genau hier gewesen und der Platz war von einer Decke aus rotem Schnee verhüllt gewesen. Er war darüber gelaufen und hatte verzweifelt gehofft, dass es nur Steine waren, über die er stolperte, doch er hatte es besser gewusst. Wie auch jetzt.

»Da bist du ja«, begrüßte ihn Soul leise, die sich schwer auf Ice stützte. Der Wind setzte ihn sacht hin, hielt ihn dabei aber gut fest, denn aus eigener Kraft konnte der junge Zauberer nicht stehen. Er gewahr auch Cinder, die fest von Sly im Arm gehalten wurde und auch Kenai, der bei seiner Mutter stand und die Augen vor der Grausamkeit verschloss und sie dennoch immer noch sah.

»Entschuldigt, ich bin spät«, antwortete er, während um sie herum die Jahreszeiten und ihr Gefolge wieder Gestalt annahmen und sich in einem Kreis um sie herum aufstellten.

»Jetzt sind wir aber alle hier«, antwortete Cinder und lächelte.

»Aber warum wir?«, fragte Kenai leise.

»Weil wir alle zwischen den Welten stehen«, antwortete ihm Lugh Akhtar mit einem Lächeln.

»Kenai nicht«, widersprach Ice.

»Doch«, warf Kinaya ein. »Denn er ist der einzige Sohn des Herbstes.«

Nicht einer von ihnen war wirklich erstaunt darüber. Sie alle hatten gewusst, dass auch der Herbst ein Kind hatte, das hatte der Sommer ihnen erzählt.

»Und mehr noch, er ist nicht nur deswegen unser Cousin. Kinaya ist Kanoas Schwester und der Wind…« Er schaute zu der Gestalt auf, die ihn stützte, »ist sein Bruder.«

Das wiederum löste mehr Erstaunen aus, doch Kinaya lächelte und erklärte weiter.

»Kenai, also der Wind, Kanoa und ich sind Geschwister. Kenai schloss sich damals den Herbst an, Kanoa verliebte sich in den Winter und ich mich in den Herbst. Ich benannte meinen Sohn nach meinem Bruder, der mir so nah und doch so fern war, und hätte ich einen zweiten gehabt, er hätte Kanoa geheißen«, erzählte sie. »Denn meine Brüder sind mir das Liebste gewesen, von klein auf schon.«

»Und Kanoa wiederum wusste davon, dass ich meinen Sohn, hätte ich je einen gehabt, Fjodor genannt hätte, auf dass der den Fluch des Namens, der unseren dritten Bruder im Kindesalter schon zum Verhängnis wurde, brechen mag. Deswegen nur musstest du mit dieser Bürde durch dein Leben gehen«, erklärte Kenai weiter und lächelte voller Stolz auf Lugh Akhtar herab.

»Und Kanoa wusste auch, wie Kinayas Schülername lautet. Und deswegen heißt ihr Cinder und Soul, denn Kinayas Schülername ist Aschenseele«, fuhr wiederum der fort.

»Wir sind alle verbunden, auf die eine oder andere Weise«, nickte Cinder und lächelte.

»Ja. Und es gibt jetzt nur noch eines, was wir tun müssen«, lächelte Soul. »Den Weg zu Ende gehen.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Cat-girl
2012-12-25T18:15:33+00:00 25.12.2012 19:15
Okay, das war also der dritte Teil. Lugh hat sich ziemlich geweigert, aber klar, wenn man ewig nur umher gelaufen ist. Zum Glück hat ihn Kanoa da raus geholt und am Ende waren sie alle zusammen. Interessant, Kenai ist also der Sohn vom Herbst und alle irgendwo verbunden, ein wenig irritierend finde ich das schon, aber damit werde ich wohl noch zurecht kommen. Ich bin ja froh, dass sie alle so zusammenhalten und den Weg gemeinsam gehen wollen. Schön, dass Lugh sich nicht abhalten lassen hat, seinen Weg zu finden. Ich konnte mich gar nicht erinnern, dass er zu Beginn von einem blutroten Schnee geträumt hat, aber das ist ja auch schon Kapitel her. Und der Wind ist also der Bruder von Kanoa, sehr schön, erklärt, warum er ihm so ähnlich sieht O.o Ich weiß, dass sie den Krieg gewinnen werden und ich bin heilfroh, dass Lugh wieder aufgewacht ist. Danke dir.
Von:  Seelentraeumerin
2010-09-21T15:14:02+00:00 21.09.2010 17:14
Eins Muss ich zugeben...

ich hab die verwandtschaftszene nicht wirklich verstanden wer mit wem und was wieso ist x.x
Das hat mcih total verwirrt x.x

aber sonst super^^


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