Zum Inhalt der Seite

Ausdauer!?

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Hochverrat!

-
 

11.Januar (Mittwochmittag)
 

Yusaku war überrumpelt. Doch dann erwiderte er den Kuss ohne zu zögern. Er spürte wie seine Lippen ihre berührten. Er roch den Duft ihres Haares, als er sie leidenschaftlich näher an sich heranzog. Sein Körper reagierte auf ihre Nähe. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Ihm wurde heiß.

Yukiko nahm seine Wärme wahr. Innig stand sie noch immer eng bei ihm.

Er fand es herrlich und wollte mehr.

Yukiko, die sich wie er für einen Augenblick ihrer Liebe zu ihm hingegeben hatte, versteifte sich jedoch für ihn urplötzlich, als sie den Druck seiner Arme um sich gelegt spürte. Sie erstarrte. Unwiderruflich entwand sie sich seinen Händen, sodass er nichts dagegen unternehmen konnte.
 

Schockiert über sich selbst wich sie einige Schritte zurück. Ihre Augen waren vor Schreck geweitet.

Was habe ich getan?, konnte sie selbst nicht fassen was sie gemacht hatte.

„Was ist?“, fragte Yusaku stirnrunzelnd. Er hatte zwar registriert, dass sie im Gegensatz zu ihm nicht mehr wollte: Aber warum? „Was hast du?“, schaute er sie irritiert an.

Als sie nichts sagte und ihn weiter nur verstört ansah, war auch er verunsichert: „Was ist los?“, konnte er nicht nachvollziehen was in sie gefahren war. Hatte er etwas falsch gemacht? Er verstand es nicht.

Verzweifelt sahen sie einander an. Sie weil sie überfordert nicht wusste wie sie nun reagieren sollte und weil sie ihn verletzt hatte und er weil er es plötzlich mit der Angst bekam, dass er zu weit gegangen war. Aber sie hatte doch ihn geküsst? Bitte… Nicht!, kroch die Befürchtung immer weiter in ihm hoch.

Sein Brustkorb und seine Kehle fühlten sich wie zugeschnürt an: „Yukiko!? Bitte geh jetzt nicht…“, brachte er brüchig heraus: „Lass uns reden“, flehte er sie an. Seine Stimme klang belegt.

Sie konnte bei seinem Anblick nicht anderes. Sie schluckte schwer, um Tränen zurückzuhalten, welche sich einen Weg an die Oberfläche bahnen wollten. Mit aller Kraft wehrte sie sich dagegen. Sie durfte jetzt einfach nicht weinen. Nicht vor ihm. Auf gar keinen Fall: Nein, nein, Nein!, ermahnte sie sich.

Das wollte sie unter allen Umständen vermeiden. Damit würde sie es nur noch schlimmer machen und das wusste sie nur zu genau. Doch es war so schwer, wenn sie in sein gekränktes Gesicht sah. Wie hatte sie es nur soweit kommen lassen können? Wie nur? Sie verstand sich selbst nicht. Wie hatte sie gegen ihre Vorsätze verstoßen und ihn küssen können? War sie denn völlig verrückt?“, war Yukiko schockiert über sich selbst: Ich muss hier weg!

Yusaku, der genau das befürchtete sie könne weglaufen, wollte sie aufhalten. Er machte einen unbeholfenen Schritt auf sie zu. Ohne groß darüber nachzudenken strecke er seinen Arm nach ihr aus, um seine Frau am Handgelenk festhalten zu können. Als sie erkannte was wer vor hatte, wich sie weiter vor ihm zurück. Ein Meter trennte jetzt Beide voneinander.

Yusaku war hingegen hilflos sofort stehen geblieben. Er wusste nicht was er tun sollte: „Yukiko, nicht…“, bat er sie eindringlich. Seine Stimme war erneut fehlend.

„Es tut mir leid“, brachte sie, ein Schluchzen unterdrückend, hervor: „Wirklich- Es tut mir so leid“, entschuldigte sie sich aufrichtig. Dann drehte sie sich um und lief hastig los.
 

Sie wusste, dass sie nicht viel Vorsprung hatte. Doch der musste ausreichen. Sie fing an zu rennen. Auch wenn sie nicht wusste wohin. Ein Ziel hatte sie nicht. Hauptsache weg. Weg von ihm. Sie konnte unmöglich in seiner Nähe bleiben. Sie konnte ihm die Fragen die er hatte nicht beantworten.

Nicht ohne ihn anzulügen und das wollte sie nicht. Auch wenn sie wusste das sie ihn verletzte. Sie schaffte es einfach nicht. Zu ihrem Glück war sonst Niemand außer ihr auf dem Gang. Yusaku war ihr hinterher. Doch sein Bein erwies sich als Handicap. Er war langsamer als sie, weil er nur humpeln konnte. So blieb ihm nichts anderes, als nach ihr über den Flur zu rufen: „Yukiko, warte! Bitte! ... Warte!“, rief er laut. Er hoffte das sie stehen blieb. Was sie natürlich nicht tat.
 

Als sie um die nahegelegene Ecke bog und sich nach ihm umdrehte, stellte sie zu ihrer Erleichterung fest, dass sie außer Sichtweite war. „Warte,… Yukiko!“, hörte sie ihn noch.

Diesmal schrie er. Es war eine Mischung aus Verzweiflung und Wut.

„Verdammt!“, hörte sie ihn fluchen. Er spürte den Schmerz in seinem Fuß. Er war damit festaufgetreten, um schneller zu sein. Seiner Frau nachzurennen und sie einzuholen hatte nicht funktioniert. Auf dem nächsten Gang gab er auf. Er hatte sie aus den Augen verloren.

Yukiko seufzte die Augen geschlossen befreit. Sie hatte es geschafft sich hinter der Wand zum Schwesternzimmer zu verstecken. In Sekundenschnelle spähte sie hervor.

Sie hatte Yusaku gesehen, der unschlüssig da stand und überlegte in welcher Richtung er nach ihr weitersuchen sollte.
 

Yusaku war sich unsicher. Er konnte entweder den Flur weiter gehen oder aber auf die andere Station abbiegen?

Verdammt, raufte er sich frustriert die Haare. Wo war sie lang? Yukiko stand angelehnt da: „Bitte, bitte bieg ab“, hoffte sie inständig. Ihr Atem war immer beschleunigt. Sie bemühte sich diesen zu beruhigen. Sie zitterte vor Anspannung, aber sie hörte ihn nicht mehr nach sich rufen. War er noch da? Hatte er sich für den anderen Weg entschieden?

All ihren Mut zusammengenommen spähte sie noch einmal.
 

Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Schnell suchte sie sich den nächsten Zentralgang und überquerte diesen weiter bis zu den Aufzügen.

Sofort das Erdgeschoss gedrückt entspannte sie sich erst, als sich die Türen hinter ihr geschlossen hatten.
 

Yusaku hatte sich ebenfalls den nächstbesten Aufzug ausgesucht und den Weg runtergenommen, weil er ahnte, dass Yukiko versuchen würde so schnell wie möglich das Krankenhaus zu verlassen. Sein Plan war sie draußen am Ausgang abzufangen.
 

Doch wie er feststellen musste war er bereits zu spät. Von seiner Frau war weit und breit nichts zu sehen. Weder drinnen noch vor dem Gebäude.

Es war riesig und komplex wie er sich in alle Richtungen umsah. Wo sollte er nach ihr suchen? Sie konnte sich quasi überall verstecken!?

Diese Erkenntnis traf ihn hart. Er wusste nicht ob er weinen oder fluchen sollte. Wut, Verzweiflung und vor allem Enttäuschung breiteten sich ihn ihm aus, als ihm klar war das er verloren hatte.
 

Niedergeschlagen humpelte er zu der Bank, die ihm am nächsten stand. Bedrückt rieb er sich seinen schmerzenden Fuß.
 

Yukiko, die schneller gewesen war, war sobald sich die Lifttüren geöffnet hatten umgehend wieder losgeeilt. Durch die komplette Halle, bis sie den erlösenden Ausgang erreicht hatte. Immer hatte sie sich drehte zwischenzeitlich umgedreht. Ebenso wenig wie ihr Mann hatte sie übermäßig auf die Menschen an der Pforte geachtet. Wie er hatte sie verständnislose Gesichter ignoriert. Sie hatte einzig und allein darauf gelauscht Yusakus Stimme zu hören oder seine Schritte wahrzunehmen. Sie hatte einem älteren Paar ausweichen müssen, welches überrumpelt ihr nicht schnell genug Platz gemacht hatten.
 

Doch dann hatte sie es endlich geschafft gehabt. Durch die großen Schiebetüren hindurch gestürmt war sie immer noch weiter gerannt. Ohne sich groß nach allen Richtungen umzusehen hatte sie den Weg direkt geradeaus über den Parkplatz genommen, bis sie schließlich in dem Teil der Parkanlage mit den meisten Bäumen ausgekommen war. Abgrubt war sie außer Atmen wie angewurzelt stehengeblieben.
 

Sie stand immer noch genau dort. Sie konnte nicht mehr.

Um Luft ringend lehnte sie sich nach vorne um ihre Arme auf den Knien abzustützen. Keuchend rang sie nach Sauerstoff. Ihre Lungen füllten sich mit der kalten Mittagsluft. Sie ignorierte den dadurch entstandenen Schmerz.

Sie musste mit einem weit größeren, ihr Herz zu erdrückenden, fertig werden.

Jetzt da sie wusste, dass sie alleine war brachen alle Dämme. Bitteres, hemmungsloses Schluchzen bahnte sich seinen Weg aus ihr heraus und Yukiko brach in Tränen aus.

Weinend in sich zusammensinkend ließ sie sich auf dem Boden fallen und weinte. Sie weinte und weinte. Sie konnte gar nicht mehr aufhören.
 

Sie hatte ihn absichtlich stehen lassen, dass war ihm klar. Yukiko wollte nicht, dass er ihr folgte. Doch das war ihm egal gewesen. Yusaku wollte immer noch eine Antwort. Eine plausible! Er wollte verstehen. Wieso verhielt sie sich ihm gegenüber so? Was ging in ihr vor, dass sie ihn erst küsste und dann weg rannte? Ganz ehemaliger Detektiv versuchte er selbst eine Lösung zu kombinieren.

Doch wenn er ehrlich war: Er hatte keine Ahnung! Das deprimierte ihn: Was sollte er jetzt machen?

Er wollte nicht weiter hier auf der Bank vor dem Krankenhaus sitzen. Der kalte Wind ließ ihn frieren. Es war unangenehm. Seinen Mantel enger gezogen, griff er nach seinem Mobiltelefon und suchte sich die Kurzwahltaste aus.
 

Im Hause Agasa klingelte das Telefon.

Er kochte gerade mit Ai gemeinsam.

Sie schaute wie er überrascht auf.

Er legte das Fleisch an die Seite, welches er dabei gewesen war klein zu schneiden, um zum Apparat zu gehen und abzunehmen.

Wie er hatte Ai ihr Gemüsemesser angelegt.

Tadashi, der sich friedlich mit seinen Bauklötzen selbst beschäftigte, saß auf dem Boden nahe dem Sofa.

Als seine Ziehmutter mitbekam wer dran war, verzog sich ihr Gesicht.

Es war kein langes Gespräch. Der Professor hatte nur: „Ist gut“, gesagt und aufgelegt.

„Ich bin gleich wieder da“, teilte er seiner Mitbewohnerin geschäftig mit.

Diese hatte den Sinnzusammenhang verstanden und nickte grimmig. Beobachtet wie der Professor nach den Autoschlüsseln gesucht und anschließend das Haus verlassen hatte, machte sie sich alleine daran die Mahlzeit fertig zu bekommen. Sie hätte ihm zwar sagen können wo er die Schlüssel abgelegt hatte, aber dazu hatte sie keine Lust gehabt.
 

Yusaku hatte nicht sehr lange warten müssen, bis er den kleinen, gelben Käfer auf den Parkplatz vorfahren sah.

Mühsam richtete er sich von der Bank auf und humpelte das Stück bis dorthin.

Der Professor sah ihn überrascht und zugleich besorgt an. Er öffnete die Verrieglung der Beifahrertür, um seinen Freund einsteigen zu lassen.

Yusaku entging nicht das er dabei gemustert wurde.

„Wie geht es Shinichi?“, fragte der Professor mitfühlend.

Es schien ihm als naheliegend.

„Dem geht es recht gut!“

Agasa merkte das er daneben lag. Was ist dann?, wollte er nachfragen. Doch ein Blick in Yusakus Richtung verriet ihm, dass er offenbar nicht darüber sprechen wollte.

„Mein Fuß tut weh. Ich habe versucht damit zu rennen“, war die einzige Erklärung die er kriegte.

Also behielt der Erfinder seine Überlegungen für sich. Vielleicht hatte es ja in irgendeiner Weise mit Yukiko zu tun? Wenn es nicht um Shinichi ging. Er legte den Gang ein und fuhr los.
 

Während der Fahrt herrschte Schweigen.

Yusaku hatte sich zum Fenster gedreht und mit undurchdringlicher Miene hinausgeschaut.

Plötzlich sagte er doch etwas: „Nein“, meinte er leise aber energisch: „Ich will nicht nachhause.“

Agasa war ein weiteres Mal überrascht. Also nahm er ihn mit zu sich.
 

Ai hatte in der Zwischenzeit das Essen warm gestellt. Es gab Eintopf. Ihre Augen verfinsterten sich, als sie ihn sah. Ihre Mundwinkel verzogen sich nach unten.

Yusaku ging es ähnlich. Auch er hatte keine Lust auf sie.

Der Professor, welcher die Feindseligkeit noch nicht bemerkt direkt weiter zur Küche gegangen war, fragte an seinen Freund gewandt: „Möchtest du auch?“ Als er keine Antwort bekam registrierte er erst, dass die Beiden sich immer noch feindselig anstarrten.

„Ai!?“, lenkte er ihre Aufmerksamkeit verwirrt auf sich: „Was ist?“

„Nichts!“, entgegnete sie nur sauer. Ihr Blick war immer noch auf den ebenso wütenden Yusaku gerichtet: „Wenn er hier isst, bin ich unten!“ Mit diesen Worten verschwand sie in ihr Zimmer. Sie hatte es eilig.

Die Tür knallte hinter ihr ins Schloss.

Sie hatte keine Lust auf seine Anwesenheit. Sie hatte Yusaku noch immer nicht verziehen, dass er auf Shiratoris Seite war. Nach wie vor fühlte sie sich von ihm verraten! Auch wenn er seine Drohung bisher noch nicht wahrgemacht hatte.
 

Oben stand Agasa neben Yusaku.

„Was? Ich habe nichts gemacht!“, wurde er von diesem angepflaumt.

„Hier“, der Professor reichte seinem Gegenüber versöhnlich, innerlich seufzend, die Suppenkelle.

Sicher war Ai sauer auf ihn, weil er eben keine Partei für sie ergriffen hatte. Die Suppe schmeckte ihm deswegen nicht so gut wie sie sollte. Aber Yusaku war schließlich auch sein Freund. Agasa fühlte sich um genau zu sein wie zwischen den Stühlen. Traurigkeit wegen dieses Umstandes erfüllte ihn.
 

Yukiko saß immer noch zwischen den Tannen. Sie war sehr niedergeschlagen.

Mühsam sich mit den Händen abstützend, richtete sie sich langsam vom Boden auf. Ihre Hose war schmutzig. Wie auch ihr Mann vor einer Stunde fror sie.

Endlich waren ihre Tränen versiegt. Yukiko wusste, dass sie nicht für immer hier im Park bleiben konnte. Aber wohin sollte sie gehen? Sie dachte daran sich ein Hotelzimmer zu suchen. Aber mit einem Griff in ihre Manteltaschen stellte sie ernüchternd fest, dass sie kein Geld dabei hatte.
 

„Schmeckt es dir nicht?“, fragte Agasa bei seinem Freund nach. „Ich habe keinen Hunger“, gab Yusaku ihm zur Antwort und schob wie um das noch einmal zu unterstreichen seine Schüssel beiseite.

„Ist es wegen Yukiko?“, schlussfolgerte der Professor, der sich ziemlich sicher war, dass wenn Yusaku nicht wegen Shinichi so schlechte Laune hatte, dass es nur an seiner Frau liegen konnte.

Yusaku bestätigte diese Vermutung: „Ja.“

Doch damit war auch klar, dass er nicht mehr dazu sagen würde. Immer noch deprimiert setzte er sich auf das Sofa und fragte: „Hast du was zum kühlen?“

„Natürlich“, sagte der Professor während er den Tisch abgedeckte. Aus seinem Kühlschrank holte er einen Kühlakku. Diesen umwickelte er mit einem Geschirrtuch.
 

Es seinem Freund gebracht ging er mit einer Schüssel runter zu Ai.

Sie sprach auch nicht mit ihm, sondern warf ihm mit schweigen strafend vor Yusaku ihr gegenüber den Vorzug gegeben zu haben.

Agasa tat das zwar leid, aber er fand es auch ein wenig unfair von ihr. Da er nicht wusste, was er sagen sollte und wusste dass sie lieber schmollen wollte, versuchte er erst gar kein Gespräch.
 

Er entschied es lieber noch einmal bei Yusaku zu versuchen. Diesmal mit mehr Erfolg.

„Sie hat mich geküsst und dann stehen gelassen“, bekam er von ihm in knappen Worten zusammengefasst was vorgefallen war.

„Oh“, machte Agasa überrascht bedauernd. Auch er konnte sich keinen Reim auf diese Reaktion machen. Da er auch bei ihm nicht so recht wusste was er sagen sollte, setzte er sich nur neben seinen niedergeschlagenen Freund und leistete ihm stillschweigend Beistand.
 

Shiho hatte sich den ganzen Nachmittag nicht mehr blicken lassen und auch am Abend blieb sie in ihrem Zimmer.

Sie hasste es das Yusaku sie durch sein Erscheinen an Shiratori erinnert hatte. Sie hatte es geschafft gehabt ihn aus ihrem Gedächtnis zu verbannen und jetzt war er plötzlich wieder in ihren Gedanken und beeinflusste ihre Gefühle.

Wieder lag sie durcheinander auf ihrem Bett und starrte die Zimmerdecke an, als wenn diese ihr einen guten Rat geben könnte.

Aber ach was das war doch Blödsinn. Die geschrumpfte Chemikerin kannte die Antwort: Nein war die einzige Möglichkeit. Selbst wenn sie für Shiratori etwas empfand…

Es war viel zu gefährlich für einen Mann sich auf sie, die bei Gin ganz oben auf seiner persönlichen Abschussliste stand, einzulassen. Ganz gleich ob es sich um einen Kommissar handelte oder nicht. Und auch für sie war es viel zu gefährlich sich auf ihre Gefühle für ihn einzulassen.

Wie würde es ihr gehen, wenn die Organisation ihn töten würde? Das würde sie sich doch nie in ihrem Leben verzeihen können. Sie kam ja schon kaum mit der Tatsache zurecht, dass Akemi für sie gestorben war. Und sie die hauptsächliche Verantwortung für das Aptx 6869 war.

Auch wenn keiner ihr das mehr in besonderer Weise vorzuwerfen schien. Sie selbst machte sich deswegen immer noch zuweilen schwere Vorwürfe deswegen.

Wenn sie Shiratori die ganze Wahrheit über sich erzählen würde, dann würde er sie ohnehin sofort wieder verlassen. Das es so sein würde, da war sie sich sicher! Wie sollte sie das ertragen? Sie wollte nicht schon wieder verlassen werden und sie wollte keine Unschuldigen mehr mit hineinziehen.

Selbst wenn er behauptete, dass er sie liebte.

Liebte sie ihn? Shiho war sich nicht sicher: Was fühlte sie für ihn? War das tatsächlich so etwas wie Liebe? Oder war er nur ein One-Night-Stand für sie gewesen, um sich von ihrem tristen Alltag als Grundschülerin abzulenken? Insgeheim hoffte Akemis kleine Schwester, dass es Letzeres war. Das sie Shiratori möglicherweise lieben könnte, wollte Shiho sich nicht eingestehen.
 

12. Januar (Donnerstagnacht)
 

Yusaku lag auf dem Sofa mit einer Decke zugedeckt.

Um ihn herum war es dunkel. Nur das restliche Licht der Fenster erhellte etwas den ansonsten finsteren Raum.

Er konnte nicht schlafen. Immer noch hing er unglücklich der Situation vom Mittag nach.

Wie hatte Yukiko ihn küssen und dann einfach abhauen können? Das war so gemein von ihr gewesen! Immer noch zermarterte er sich das Hirn darüber, was er falsch gemacht haben könnte.

Ja, verdammt noch mal. Er hatte mehr gewollt. Aber was bitte war daran denn so schlimm gewesen?

Was sollte er allgemein von ihrer Reaktion halten?

Was wenn ihr jetzt endlich klar geworden war, dass sie ihn nicht mehr liebte? Bei dieser Überlegung zog sich erneut alles in Yusaku zusammen. Er fühlte sich wieder so hilflos, wie in dem Moment, als sie sich ihm entwunden hatte.

Gab es denn eine andere Erklärung? Und wenn ja, welche? Was um alles in der Welt ging nur im Kopf seiner Frau vor? Oder sollte er gleich besser in der Dimension Ex-Frau denken? Vielleicht, so dachte er wütend über sie, über sich, über die ganze Ehesituation, war es ja wirklich besser die Hoffnung endlich zu begraben, dass es sich noch einmal zwischen ihnen finden könnte.

Vielleicht war eine Scheidung ja wirklich unausweichlich und das Beste für sie Beide? Für sie und auch für ihn selbst? Selbst wenn sich das unerträglich anfühlte. Vielleicht war es ja wirklich besser?

Was brachte es ihm an Gefühlen für seine Frau festzuhalten, wenn diese sich innerlich längst unabänderlich emotional von ihm entfernt hatte?

So jedenfalls fühlte es sich für Yusaku an. Sich einzugestehen, dass ihre Ehe gescheitert war fiel ihm so schwer wie den eh und je, wenn er darüber nachdachte es zu beenden. Er wollte es eigentlich nicht. Nein, er wollte das wirklich nicht.

Wenn er ehrlich mit sich selbst war, dann liebte er sie immer noch von ganzem Herzen. Die Vorstellung sie verloren zu haben schmerzte ihn von Neuem tief in seinem Herzen. Vor allem weil da immer noch dieser stille, aber unterschwellig vorhandene, Eindruck vorhanden war das Yukiko der Kuss ebenfalls nicht egal gewesen war. Trotz aller augenscheinlichen Tatsachen hatte er immer noch dieses unumstößliche Gefühl, dass auch sie ihn immer noch liebte. Das hatte er doch gespürt, als sie einander geküssten hatten. Oder nicht?

Yusaku war so verwirrt: Über seine Gefühle und die von Yukiko… Aber selbst wenn? Was sollte er noch entgegensetzten? Er hatte doch bereits alles versucht, um ihre Ehe doch noch zu kitten.

Wenn er insgeheim ehrlich war, dann bestand ihre Ehe seit Monaten bereits wirklich nur noch auf einem vor über zwanzig Jahren unterzeichneten Blatt Papier.

Denn um genau zu sein: Sie waren doch überhaupt nur noch in Kontakt, weil sie Shinichis Eltern waren.

Es war so schmerzhaft sich das einzugestehen. Aber er wollte und er konnte auch nicht mehr dagegen an. Er hatte einfach keine Kraft mehr, um weiter um etwas zu kämpfen von dem er glaubte es ohnehin verloren zu haben.

Ganz egal wie viel er noch von sich gab und auch egal wie sehr er sich praktisch und auch emotional verausgabte: Er sah keinen Sinn mehr darin Yukiko hinterher zu rennen.

Sollte er wirklich aufgeben? Endgültig!? Wollte er das?

Wenn er ehrlich war irgendwie ja und irgendwie auch Nein.

Er war müde und wollte einfach nur noch schlafen...
 

Als Yusaku am Morgen aufwachte, musste er sich noch sehr verschlafen zunächst orientieren.

Ach, er war beim Professor kamen seine Erinnerungen an gestern wieder hoch und damit sein ganzer Schmerz.

Wie ein Überfall von hinten.

Doch tatsächlich war es Tadashi noch im Schlafanzug, der hinter ihm auf der Lehne an seinem Kopfende herumkrabbelte und Shinichis Vater dabei auf den Kopf haute.

„Aua!“, entfuhr es jenem gereizt.

Sich zu diesem umgedreht war Yusakus Miene so finster, dass das Kleinkind zu weinen begann.

„Können Sie nicht mal ihn in Frieden lassen!?“, hörte er die wütende Stimme vom Essbereich her: „Er versucht nur Sie aufzuheitern.“ Sie war von Ai, die gerade dabei war ihr Pausenbrot für die Schule fertig zu machen. Denn im Gegensatz zu Shinichi hatte sie Schule. Ob ihr das nun passte oder nicht. „Indem ich auf den Kopf geschlagen werde?“ Yusakus Stimme klang ebenso eisig: „Darauf kann ich gerne verzichten!“, hielt er das für einen schlechten Scherz von ihr.

Böse sahen die Zwei einander an, bevor Yusaku sich dann doch dem weinenden Jungen zuwendete und sie mit ihrem Bento weiter machte.
 

„Was ist los?“, fragte der Professor, welcher die angespannte Szene betrat.

„Fragen Sie ihn!“, meinte Shiho nur.

„Mich?“, konterte Yusaku. Er war streitlustig: „Du bist doch Diejenige, die nicht zu ihren Gefühlen steht!“

Sie war es ebenso. Sie hatte die Anspielung auf Shiratori durchaus verstanden: „Dafür, dass ihre Frau sie abserviert hat, kann ich nichts!“, war sie um keinen Krach verlegen.

„He, Ai!“ Agasa war verdattert über ihren abschätzigen Ton: „Lass das, bitte!“, ermahnte er seine kleine Mitbewohnerin streng. Ein Gespür dafür, dass die Beiden weiter aufeinander losgehen wollten, stellte er sich mit einem Schritt auf die Zwei zu schon beinahe körperlich dazwischen: „Ai“, entschuldige dich“, bat er sie.

„Das mache ich nicht!“, patzig verstaute sie ihre Box im Ranzen.

„Ai!“, wurde sie erneut vermahnt.

Worauf sie meinte: „Ich kann mich nicht entschuldigen. Ich habe es so gemeint wie ich es gesagt habe!“, schaute sie Yusaku unverwandt zornig an.

Er hielt ihrem Blick stand, funkelte ebenso zornig zurück.

Ehe er zum Gegenangriff kommen konnte, machte sie, dass sie das Haus verließ.
 

Er und der Professor hörten nur noch die Tür ins Schloss fallen. Das Kind hatte wieder zu weinen begonnen. Yusaku war viel zu wütend um es zu trösten. So blieb es an dem Professor hängen. „Was ist?“, war seine gereizte Frage, als Agasa ihn nur vorwurfsvoll ansah. „Ich habe nicht angefangen!“ immer noch aufgebrachte raufte Yusaku sich die Haare.

Hier bleiben wollte er nicht und auch zurück zu Yukiko wollte er nicht. Auf gar keinen Fall! Wenn er ihr jetzt über den Weg laufen würde, würde er sie fertig machen.

Erst überlegte er kurz Ai hinterher zu laufen, um seine Auseinandersetzung mit ihr stattdessen fortzuführen. Auch wenn es mehr als kindisch war: Es gab noch so Einiges was er ihr gerne an den Kopf werfen wollte!

Wie Teenager doch nerven konnten, raufte er sich erneut die Haare. Sie war ja unverschämter als Shinichi!

Er war um Fassung bemüht, als er Agasa nicht laut ausgesprochenen Vorwurf in dessen Augen richtig interpretierte: „Gib mir den Schlüssel“, forderte er ihn barsch auf.

Als sein Freund nicht verstand präzisierte er seine Aussage: „Den Ersatzschlüssel von meinem Haus.“

Als Agasa ihn entsetzt ansah, fügte er noch hinzu: „Der müsste hier sein. Schon vergessen!?“, war Yusaku fest entschlossen. „Okay“, war der Professor bedrückt: „Wenn du es so haben willst. Warte. Ich hole ihn.“

Eine Minute später kam er mit dem Schlüssel wieder und überreichte ihn Yusaku: „Bist du sicher, dass du gehen willst. Willst du nicht lieber bei mir bleiben?“, bat er seinen Nachbar es sich doch noch einmal zu überlegen.

„Nein!“, blieb dieser hart: „Ich werde mich nur wieder mit ihr streiten!“, stellte er klar: „Und ich glaube nicht, dass sie auszieht. Nur damit ich an ihrer Stelle hier bleiben kann.“ Damit war für ihn das Gespräch beendet.

Agasa sah seinem Freund traurig nach: „Warte“, rief er ihm zu: „Ich bringe dich noch zur Tür.“

„Danke.“
 

Während Shinichis Vater hinüber ging, schaute Agasa ihm hinterher.

Er wusste, dass Yusaku sauer auf ihn war, weil er zu Ai hielt, anstatt zu ihm. Zwar konnte er seinen Gefühlsausbruch wegen der Sache mit Yukiko verstehen, aber Shiho deswegen die Sache mit Shiratori vorzuhalten war nicht richtig.

Traurig sich gegen seinen langjährigen, guten Freund zu Gunsten seiner Mitbewohnerin entschieden zu haben, ging Agasa ins Haus zurück.
 

Yusaku Kudo wiederum betrat sein eigenes Haus.

Gleich als er eingetreten war, blieb er unschlüssig für eine Weile im Flur stehen. Erst dann schloss er die Haustüre hinter sich. Mühsam schälte er sich aus seinem Mantel, um diesen mit dem Schal an der Garderobe zu befestigen.

Es war still. Das Haus erschien ihm riesig, als er sich vom Flur wegbewegte. Da er nicht wusste wohin, entschied er sich für den Ort an dem er früher am liebsten gewesen war.

So ging er in sein ganz eigenes persönliches Reich: Seine Bibliothek.
 

Am Nachmittag
 

Ran wurde allmählich wirklich immer nervöser.

Wo war Yusaku nur abgeblieben? Sie hatte ihn seit gestern am frühen Morgen nicht mehr gesehen. Er war mit Yukiko zusammen aufgebrochen um irgendetwas wegen Shinichi zu regeln. Das wusste sie.

Sie wüsste nur zu gerne um was es sich handelte. Sie hatte jedoch darauf verzichtet nachzufragen. Als Zeichen das sie ihm vertraute.

Yukiko war bereits gestern zurückgekommen.

Yusaku jedoch nicht. Wo war er?, fragte sie sich.

Sie hatte bereits versucht ihn anzurufen. Doch er hatte sich nicht zurück gemeldet. Er hatte ihr auch nicht auf ihre beiden SMS geantwortet. Eine dritte zu schreiben traute sie sich nicht. Aus Angst er könnte sie wieder für zu „fürsorglich“ halten.

Sie war zwar keine Glucke, aber trotzdem! Wenn er nun Jemanden zum Reden brauchte?

Hatten sie sich gestritten?, dachte sie darüber nach wie sie seiner Frau kurz über den Weg gelaufen war.
 

Immer wieder hatte Ran seid 13:00 Uhr regelmäßig aus dem Fenster gesehen, ob sie ihn hatte auf der Straße nachhause kommen sehen können.

Es war bereits nach 14:00 Uhr. Sie hielt es nicht mehr aus. Yusaku war immer noch nicht zurück und gemeldet hatte er sich auch noch nicht! Was war nur mit ihm?
 

Ran entschied sich zu der Adresse zu laufen, die sie für am wahrscheinlichsten hielt. Zwar hatte sie auch dort angerufen. Es hatte aber niemand abgenommen.

Draußen fiel ihr Blick, beim zuziehen der Haustüre, auf die Mülltonnen. Morgen war der Restmüll an der Reihe.

Schnell lief sie hin, um die Tonne schon mal an den Straßenrand zuschieben.

Wenn sie schon mal hier war, dachte sie, könnte sie das direkt erledigen. Paps wurde es wie beim letzen Mal sonst nur wieder vergessen!

Als sie die Tonne am Griff gepackt hatte und ziehen wollte, stieß Ran auf unerwarteten Widerstand.

Nanu?

Eines der Räder klemmte. Sie ging um die Tonne herum, um sich bückend, nachzusehen woran es lag.

Sie guckte nicht schlecht, als sie verdutzt feststellte, dass es sich nicht um etwas wie einen kleinen Ast oder Ähnliches handelte, sondern um einen kleinen Gegenstand aus Stoff, den sie recht gut kannte.

Jedenfalls glaubte sie das Ding zu kennen und tatsächlich: Es war Conans rote Fliege: „Was macht die denn hier?“, fragte seine Ex-Freundin sich laut.

Ran war verwirrt! Sie versuchte das Kleidungsstück zwischen dem Rad herauszuziehen. Doch es war eingezwängt. Nur mit viel Fingerspitzengefühl gelang es ihr das Accessoire dazwischen hervor zu bekommen.

Ärgerlich stellte sie fest, dass sich an der Fliege am Mittelstück etwas Stoff gelöst hatte.
 

Bei dem Versuch es wieder darüber zu legen und Rans Gedanken es schnell einfach wieder zusammenzunähen entdeckte sie die Vorrichtung, welche darunter zum Vorschein gekommen war.

Die werdende Mami stutze: Es sah wie eine Art Drehscheibe aus? Um ihre Vermutung zu überprüfen drehte sie verwirrt daran.

Was war denn das? Konnte man da etwa rein sprechen? Sie probierte es aus und tatsächlich… sie hörte ihr laut ausgesprochenes: „Hallo?“

Allerdings war es nicht ihre Stimme! Wie konnte das denn sein: Paps?, war sie noch verwirrter.

Sie probierte es noch einmal und wieder hörte sie eine Stimme, welche ganz exakt so wie die ihres eigenen Vaters klang. „Aber“, hörte sie Kogoro: „Das kann doch gar nicht sein!?“

Oder etwa doch?

Irritiert drehte sie weiter an dem Rädchen. Immer wenn sie weiter drehte hörte sie eine andere Stimme. Als sie plötzlich bei der von Heiji auskam und dann auch noch bei der von Sonoko, fiel sie aus allen Wolken.
 

Und Shinichis Stimme erst! Selbst die war da drauf!?

Ran war wie vom Blitz getroffen. Wie konnte das sein? Was hatte das zu bedeuten?, schoss es ihr durch den Kopf! „Shinichi!“, rief sie total entgeistert aus. Fassungslos über ihren Fund stand sie reglos da.

Sie wusste selbst nicht wie lange. Erst als sie einen Windzug spürte, merkte sie dass sie kalte Finger bekam.

Einmal energisch den Kopf geschüttelt erinnerte sie sich daran was sie eigentlich vorgehabt hatte.

Genau, sie wollte Yusaku suchen! Also machte sie sich zielstrebig auf den Weg.
 

Beim Professor angekommen klingelte sie schnell hintereinander mehrfach. Es war Agasa, der ihr öffnete. „Hallo!“, kam sie direkt zur Sache: „Es tut mir leid, falls ich störe.“

„Aber Ran, du störst doch nicht!?“, lächelte er sie freundlich wie immer an. Wenn auch verwundert.

„Ich habe versucht anzurufen“, erklärte sie ihr Anliegen: „Ich suche Yusaku.“

„Ich habe nichts gehört, tut mir leid“, erklärte der Agasa seinerseits: „Yusaku ist nicht hier. Er ist drüben bei sich.“

Als er begriff, dass sie nicht ganz verstand, zeigte er zur weiteren Erläuterung auf das Haus.

„Oh, ok!“ Es war Ran anzusehen, dass sie überrascht war und damit nicht gerechnet hatte: „Danke“, sagte sie aufrichtig. „Aber“, hielt er sie zurück: „Es kann sein, dass er dich nicht sehen will. Er ist… nun ja…“, der Erfinder räusperte sich verlegen: „ziemlich verärgert.“

„Wieso?“, versuchte sie nachzuhaken.

„Nun…“, der Professor kratze sich am Kinn: „So ganz genau weiß ich das leider auch nicht. Er hat sich wohl mit Jemandem gestritten“, überließ er der Oberschülerin die genauere Interpretation.

Die nur darauf kam, dass es wohl wegen Yukiko sein musste. Auf Shiho kam sie nicht.

„Es wäre aber schön, wenn du es bei ihm mal versuchen könnest“, wendete Agasa sich an sie.

Er wäre selbst gerne gegangen, aber das konnte er schließlich nicht ohne Partei, diesmal für Yusaku, zu ergreifen. In Shihos Augen: Hochverrat! Also war er bei sich geblieben.

„Ok“, nahm Ran kurzentschlossen ihren Mut zusammen und ging hinüber.

Agasa sah ihr noch kurz nach.
 

„Wer war das!?“, hörte er Ais wütende Stimme hinter sich. Während er die Tür schloss legte er Rechenschaft ab: „Ran. Sie hat Yusaku gesucht.“

„Na, dann kann sie lange suchen!“, war die Mitbewohnerin gleich wieder genau so uncharmant wie vor der Schule.

„Ai, also wirklich!“, tadelte er sie.

Ans Telefon gegangen sah er, dass der Stecker gezogen war. Deshalb hatte Ran ihn nicht erreicht. Eine Erklärung verlangend schaute er das vermeidlich kleine Mädchen ärgerlich an: „Was hast du dazu zu sagen“, wollte er wissen.

„Was wohl“, schnauzte sie: „Ich habe keine Lust auf weitere ungebetene Besuche!“

„Also wirklich, Ai! Was hast du nur? Weder Yusaku noch Ran sind ungebeten“, konnte er nun doch nicht anderes.

Sie ließ nur mit einer ausladenden Handbewegung ein: „Pah!“, verlauten. Sie wusste, dass sie Heimvorteil bei ihrem Mitbewohner hatte. Agasa hatte sie schließlich gern und würde sie ganz gewiss nicht rauswerfen. Ganz gleich wie sie sich benahm.

Damit hatte sie natürlich Recht. Auf gewisse Weise liebte der Professor sie mittlerweile wie eine Tochter.

„Trotzdem“, beharrte er, seine Hände in die Hüfte gestemmt: „Was hat Yusaku dir getan?“

Sie schaute ihn entgeistert an. Dann mit einem Blick, als müsse er das jawohl selbst wissen.

„Ich kann keine Gedanken lesen. Also rück bitte raus mit der Sprache“, forderte er sie streng auf.

Sie jedoch schaute nur böse zurück. Sie war nicht breit ihr Motiv preiszugeben.

So riet der Professor und traf ins Schwarze: „Ist es weil wer dich wegen Shiratori kritisiert?“

„Mag sein!“, musste sie nun doch kleinlaut zugeben: „Und wenn schon. Er ist doch der Idiot dem die Frau wegläuft. Von so Einem nehme ich ganz sicher keinen Rat an!“, sie schrie fast. Und er schrie fast zurück: „Dann nimm ihn gefälligst von mir! Du weißt ganz genau, dass es so nicht ist!“, übernahm Agasa nun ganz entschieden Partei.

„Na und? Er wird sich schon nicht gleich vor Liebeskummer von der nächsten Brücke stürzen!“, konterte sie.

„Na, hoffentlich du auch nicht!“, rutschte Agasa das in seinem Zorn versehendlich heraus.

So schnell wie sie erschienen war, war sie auch wieder verschwunden.

Er hatte sie zu Tode beleidigt. Das wusste er.

Resigniert seufzte er niedergeschlagen.
 

Ran hingegen hatte erst mehrmals geklingelt und auch versucht durch die Fenster zu spähen. Von außen keine Spur, dass es bewohnt war.

Als sie zum zweiten Mal sturmklingelte flüchte Yusaku schließlich. Er hatte Kopfschmerzen. Das Geklingel machte es nicht besser.

Wütend beschloss er nicht zu öffnen. Ihm war egal ob es Agasa oder auch nur ein verirrter Postbote war.

Ran jedoch wusste sich nach kurzem Nachdenken zu helfen. Sie wusste ja aus sicherer Quelle, dass er hier sein musste.

Shinichis Schlüssel! Sie hatte früher einmal gesehen wo er ihn versteckt hatte.

Sie hielt nachdenklich einen Moment inne. Das waren glücklichere Zeiten gewesen. Bilder ihrer gemeinsamen Schulzeit tauchten vor ihrem inneren Auge auf.

Schnell schob sie diese beiseite. Sie musste sich konzentrieren. Kickchens Mutter brauchte nicht allzu lange zu suchen.
 

Den Türöffner gefunden sperrte sie auf.

Leise schaute sie sich zunächst in der großen, aber wie eh und je noch einladende Eingangshalle um. Überall war eine dicke graue Schicht. Das fiel ihr gleich auf. „Also ist er wohl nicht zum Staubwischen gekommen“, dachte sie. Die Stiefel ausgezogen begab Ran sich auf die Suche nach ihm. Sie suchte zunächst in Küche und Wohnzimmer. Als sie ihn dort nicht fand, suchte sie da wo sie ihn am ehesten vermutete.
 

In sein Schlafzimmer gehen wollte sie nicht. Wenn er wegen Yukiko Liebeskummer hatte, hatte er sich sicher dort verkrochen.

Sie klopfte und rief seinen Namen. Als sie keine Reaktion bekam, schaute sie doch hinein.

Das Schlafzimmer war leer.

Dann blieb eigentlich nur das Büro, dachte sie.

Also ging sie dorthin.
 

Und tatsächlich wurde sie auf der Schwelle zur Bibliothek fündig. Die Türe stand offen. Sie sah ihn wieder eingeschlafen immer noch auf dem Sofa liegen.

Na, warte!, dachte sie finster. Er hatte ihr nicht geöffnet. Ohne Schlüssel würde sie wohl immer noch draußen in der Kälte stehen. Dafür hatte er eine Abreibung verdient.

Auf Zehenspitzen schlich sie etwa bis zur Zimmermitte.

Sie würde ihn wohl wecken müssen. Kickchens Mutter hatte keine Lust zu warten. Sie wollte Antworten. Eine Bestätigung für das was sie sich selbst zusammengereimt hatte.

Sie wollte wissen, ob sie richtig lag. Auch wenn sie sich jetzt doch ziemlich sicher war.

Egal warum er hier war. Es musste halt warten.

Sie schlich noch einen Schritt weiter auf ihn zu.
 

Mit einer Lautstärke, die er unmöglich hatte überhören können, wurde Yusaku aus dem Schlaf gerissen. Erschrocken schoss er hoch, sodass er wegen der Kopfschmerzen und dem aufgekommen Schwindel seine Augen zunächst schließen musste, bis er sie alsbald wieder öffnete.

Vollkommen durcheinander schaute er sich im Raum in die Richtung um aus der er die Stimme seines Sohnes gehört hatte.

Shinichi konnte doch unmöglich hier sein!? Hatte er geträumt!? Doch dann hatte er die Urheberin des Kraches ausgemacht: Es war Ran!

Fassungslos schaute er in ihr siegessicheres, grinsendes Gesicht.

Sie wiederholte ungerührt ihre kleine Demonstration mit der Stimme seines Sohnes.

„Ran“, kniff er die Augen zusammen: „Schrei nicht so!“, bat er sie wütend: „Ich bin doch nicht taub!“

„Ach, nein?“, fragte sie ihn scharf sich an eben draußen erinnert. Mal im Ernst es war wirklich kalt: „Scheinbar doch“, meinte sie ebenfalls aufbrausend: „Oder warum hast du mein Läuten ignoriert?“, wollte sie wissen.

„Woher sollte ich denn wissen, dass du das bist? Verdammt! Ich habe geschlafen wie du siehst! Und außerdem“, setzte er nach: „das ist mein Haus. Ich kann jawohl entscheiden wenn ich rein lasse und wen nicht!?“

„Bin ich etwa Irgendwer?“ Wie konnte er nur sowas Gemeines sagen? Er war wohl noch immer nicht ganz wach!

Doch so brachte das nichts.
 

Widerstrebend stellte Ran ihren Ärger hinten an. Schließlich wollte sie ihr Vorhaben umsetzen. Ihre Neugier hatte gesiegt. Also änderte sie schnell den Kurs: „Erfüll deinen Teil der Abmachung!“, forderte sie ihn ganz direkt erneut in die Fliege gesprochen auf.

Er hingegen war bereits längst vor dem Trubel um das Klingeln ganz wach gewesen. Nämlich genau seitdem sie ihn mit der Stimme seines Sohnes aufgeweckt hatte.

„Also!?“, setzte sie streng mit Shinichis Stimme noch einmal nach: „Ich höre.“

Yusaku, der sie erneut verstört ansah schwieg.

Für eine kleine Weile trafen sich nur ihre Blicke.

Dann gab er sich geschlagen. Ihm war klar, dass sie nicht klein bei geben würde und er hatte auch keine Lust es abzustreiten. Wenn er ehrlich war, dann war ein gewisser Teil in ihm erleichtert, dass es raus war. Dass das Versteckspiel endlich ein Ende hatte. Jedenfalls… was sie betraf.

Er war nicht mehr sauer auf sie. Breitwillig erzählte Yusaku Ran Alles. Die ganze Geschichte in all ihrem Umfang. Angefangen bei der Organisation, über das Gift und Gegengift bis hin zum aktuellen Stand und Shinichis Einlieferung ins Krankenaus. Er ließ auch Gin und Shiho nicht aus.
 

Ran hatte ihm mit gespitzten Ohren zugehört. Sie hatte ihn, bis er geendet hatte, kein einziges Mal unterbrochen.

Nun saß sie einfach nur da.

Yusaku wartete seinerseits sehr geduldig auf eine Reaktion. Er schaute abwartend immer noch in Rans Gesicht, dass jegliche Farbe verloren hatte. Sie war immer noch geschockt.

Sie brauchte eine gewisse Zeit um das Ganze in ihrem Kopf Revue passieren zu lassen, noch mal im Einzelnen durchzugehen und ihre Schlussfolgerungen abzugleichen.

In einigen Details hatte sie falsch gelegen, aber das Wesentliche hatte sie richtig interpretiert wie sie nun feststellte: „Du sagst also“, brachte sie mehr als nur zögerlich schließlich zu Yusakus großer Erleichterung doch endlich einen Ton heraus. Ihre Stimme war belegt. Sie musste den Klos im Hals herunterschlucken, um überhaupt weitersprechen zu können: „Ähm… du sagst“, wiederholte sie sich selbst.

Er schaute sie weiter an. Breit jede ihrer Fragen ehrlich zu beantworten. Er hoffte, dass sein Blick es ihr signalisierte und versuchte sie dadurch weiter zum sprechen zu bewegen: „Also“, fing Ran noch einmal an das eben Gehörte von vorne zusammenzufassen: „du sagst, dass dieser Mann… wie hieß er noch? Gin!? Shinichi dieses Gift gegeben hat und dadurch ist er wirklich geschrumpft!?“, brachte sie es auf den Punkt. Ausgesprochen klang es immer noch mehr als unglaubwürdig. Geradezu bescheuert. Selbst wenn es stimmte! Das war die erste Tatsache.

Das erste Gefühl nach der übermächtigen Sorge um seine Sicherheit breitete sich nun ein Weiteres in ihr aus: Wut. Übermäßige, schier unbeschreibliche Wut: „Und mich hat er die ganze Zeit über im Dunkeln tappen lassen. Und ich habe das immer irgendwie gewusst!“, wurde sie sich über ihre eigene Rolle in dem Ganzen gänzlich bewusst: „Er hat mich nicht nur die ganze Zeit belogen. Er hat auch noch meinen Vater glauben lassen, dass er die Fälle gelöst hat. Man… das waren so viele…“, stellte sie immer noch erschrocken fest.

Sie war einfach entsetzt. Ja so konnte sie diesem Gefühl einen Namen geben: Sie war über alle Maßen entsetzt. Entrüstet. Die Bezeichnung traf es noch besser.

Ihr vordergründiges Gefühl war immer noch die Wut darüber nicht eingeweiht worden zu sein. Tiefte Enttäuschung breitete sich in ihr aus.

Nicht nur darüber angelogen worden zu sein über all die Zeit. Noch schlimmer war das Gefühl, dass Shinichi sich ihr nie anvertraut hatte. Immerzu hatte er es abgestritten. Ganz gleich wie oft sie ihn darauf angesprochen hatte. Wie konnte er nur? Dieser Widerling, kochte sie gedanklich nur so vor Zorn.

„Es tut ihm mehr als leid“, versuchte Yusaku ein gutes Wort für seinen Sohn bei ihr einzulegen. Er hatte zu seinem Glück an ihrem Gesichtsausdruck erahnen können, was sie beschäftigte. Denn sie hatte nichts mehr gesagt.

„Er wollte dich beschützen. Glaub mir das bitte, Ran!“, schaute er ihr aufrichtig in die Augen: „Das will er immer noch. Er hat nur Angst um dich. Deshalb hat er dir nichts gesagt. Er hat mit keinem darüber je gesprochen.“

„Ach und was ist mit dir?“, klagte sie ihn bitterlich schluchzend an. Ihre Augen fühlten sich mit Tränen: „Du weißt Bescheid. Der Professor und Heiji auch! Ihr wusstet alle die ganze Zeit Bescheid. Nur ich nicht!“

„Aber doch nur, weil Shinichi von Agasa Hilfe brauchte hat er es gesagt. Und der hat es mir gesagt, weil er dachte ich als sein Vater sollte das wissen und auch er hat sich nur Sorgen gemacht.“

„Und Heiji!“, aus ihrer Stimme klang immer noch die Enttäuschung und Entrüstung heraus.

„Heiji hat es selbst herausgefunden“, beantwortete er ihr auch das wahrheitsgemäß.

„Trotzdem“, ihre Stimme brach wegen eines weiteren Schluchzens ab: „Ihr wusstet es die ganze Zeit über.“

„Nicht die ganze“, stellte er sanft klar. Er wischte ihr eine Träne, die ihr über die Wange lief, ab: „Es tut mir so leid, mein Schatz“, nahm er sie ohne Weiteres in seine Arme, obwohl sie zuerst nicht wollte. Er ließ sie weinen, bis ihre Tränen allmählich versiegten: „Es tut mir wirklich sehr leid. Du weißt, dass ich nichts sagen durfte. Ich wollte dir schon lange alles erzählen. Warum sonst hätte ich mich auf unseren Deal eingelassen?“, fragte er sie, als er sie vorsichtig wieder losließ. Er schaute ihn ihre Augen. Sie schien nicht wirklich überzeugt. So setze er ehrlich nach: „Schau. Shinichi hatte mit seiner Argumentation schließlich nicht ganz unrecht. Es ist wirklich nicht ungefährlich Bescheid zu wissen.“
 

„Und trotzdem weiß ich es nun“, stellte nun sie klar.

Wieder überkam sie ein Schaudern vor Angst: „Was ist wenn sie wieder kommen, weil sie herausgefunden haben, dass er noch lebt. Dann versuchen sie doch sicher erneut ihn umzubringen!? Geriet sie erst jetzt in Panik: „Und auch alle anderen die Bescheid wissen. Dich. Mich. Oh, nein. Heiji und auch Kazuha“, zählte sie hastig weiter auf.

„Stop, stop, Ran!“, gebot er ihr fürsorglich Einhalt: „Sie kommen nicht wieder. Sie wissen nichts von uns. Und selbst wenn“, fuhr er sie an den Schultern festhaltend beschwichtigend fort: „Wir lassen das nicht zu. Keine Sorge. Wir passen auf euch auf.“

„Wer ist den wir?“, wollte sie erneut in Tränen ausgerochen verzweifelt wissen: „Ich und auch Agasa. Zur Not weihen wir auch die Polizei ein“, teilte er ihr ehrlich seinen Worst-Case-Plan mit.

„Aber ich will nicht, dass euch was passiert und ich will auch nicht, das Shinichi oder Heiji etwas zustößt“, beklagte sie immer noch aufgelöst.

Er nahm sie kurzerhand erneut in den Arm: „Alles wird gut werden, Ran. Ganz bestimmt. Keinem von uns wird was passieren. Glaub mir“, beruhigte er sie mühsam: „Ich würde nie zu lassen das euch Kindern etwas passieret!“, versprach er ihr. Seine Stimme ließ keinerlei Zweifel daran, dass er es auch so meinte.

„Aber du?“, fing sie kaum das er sie ruhig hatte wieder an: „Nichts aber ich. Ich kann sehr gut auf mich aufpassen. Du glaubst doch nicht das ich eure Hochzeit verpasse oder meine Enkelin ohne mich aufwachsen lasse!“, er lächelte sie aufmunternd an.

„Er will mich heiraten?“, war Ran tatsächlich aus dem Konzept gebracht. Ihre Tränen stoppten: „Wann soll er das gesagt haben?“

„Das hat er nicht gesagt.“ Yusaku musste schmunzeln aufgrund ihres aufgewühlten Gesichtsausdruck. Ihr vom Weinen gerötetes Gesicht war noch röter geworden: „Aber das wird er noch sagen. Darauf wette ich“, grinste er sie nun verschmitzt an.

Ran konnte nicht anderes, als es- wenn auch zaghaft- zu erwidern.
 

„Und diese Shiho ist also Ai“, nahm Ran nach einer Weile des Schweigens den Gesprächsfaden wieder auf.

Yusaku hatte ihr Taschentücher und ein Glas Wasser gebracht. „Tut mir Leid was anderes habe ich nicht hier“, hatte er sich, sich wieder neben sie gesetzt, entschuldigt.

„Ist schon okay“, hatte sie immer noch etwas verheult geantwortet.

Er beantwortete ihre Frage mit einem Nicken.

„Das erklärt warum sie am Anfang so komisch zu mir war“, erinnerte sie sich an die Anfänge mit der jungen Frau, die sie nur als kleine Grundschülerin kannte, zurück.

Sie trank einen Schluck: „Und du sagst Shinichi ist nicht mehr wegen des Giftes sauer auf sie?“

„Nein“, sagte er: „Immerhin hat sie es mehrmals geschafft ihn zurück zu „verwandeln“. Außerdem hat sie ihm gesagt was sie über die Organisation weiß. Ich hatte dir ja erzählt, dass sie zu den Männern in Schwarz gehört hatte, bis diese ihre Schwester umgebracht haben.“

„Ach ja. Ich erinnere mich. Akemi richtig?“

Er nickte ernst. Doch dann wurde seine Stimme lockerer: „Wobei… im Moment vielleicht doch. Mag sein, dass er ihr gerade die Schuld für seine Misere gibt. Aber eigentlich weiß er, wenn er mit sich selbst ehrlich ist, dass er das selbst verbockt hat.“

Ran war überrascht.

Yusakus Stimme klang nicht verärgert. Er war einfach nur sachlich: „Eigentlich kommen die Beiden recht gut miteinander aus. Jedenfalls“, fügte er scherzend hinzu: „Wenn sie sich nicht gerade untereinander oder mit Heiji streiten!“, plauderte er etwas aus dem Nähkästchen.

„Ach ja“, fiel es ihr so wieder ein: „Er weiß ja auch Bescheid. Darum hat er Kazuha nichts gesagt.“

„Ja“, stimmte er ihr zu.

„Warum haben sie Streit?“, wollte sie neugierig wissen.

„Weil… nun das frag sie am Besten selbst“, wurde ihm klar das er wohl doch zu viel gesagt hatte.

„Aber sie werden es abstreiten!“, empörte sie sich.

„Na, das ist nicht mein Problem“, blieb er eisern. Er fand, dass die Kinder es wirklich selbst untereinander klären sollten. Allesamt waren sie schließlich alt genug dazu.

Ihn ihm kam ungewollt der Ärger wegen Shihos Sturheit wieder hoch. Wie konnte sie nur so ein Dickschädel sein? Sie war so schlimm wie Heiji.

Yusaku verzog das Gesicht. Sein Blick wurde ernst, als er noch einen Schluck trank.
 

Ran hatte seinen Stimmungsumschwung bemerkt. Sie ahnte woran er dachte. Sie kannte diesen Gesichtsausdruck. So sah er immer aus, wenn er Liebeskummer wegen seiner Frau hatte. So entschied sie, da was sie betraf alles aufgeklärt war, ihn endlich darauf anzusprechen: „Was ist mit Yukiko?“, fragte sie sich ihm zugewandt behutsam.

„Sie hat mich geküsst“, überraschte seine Antwort sie.

Wie?, wollte sie nachfragen.

Doch er sah sie nur an.

Wie traurig er aussieht, dachte sie. Er ist wirklich wütend, stellte sie ganz richtig fest. Sie traute sich kaum nachzufragen: „Was ist dann passiert?“

„Sie hat mich stehen lassen“, seine Stimme klang tonlos. Mit leerem Blick starrte er hinunter auf sein Glas.

„Oh, das tut mir Leid“, nahm sie nun ihrerseits ihn liebevoll in den Arm.

Erneut übermannten Yusaku seine Gefühle. Er konnte nicht anders. Jetzt war er Derjenige, der weinte.

„Das Schlimmste daran ist“, erklärte er ihr mit gebrochener Stimme: „Ich glaube das es endgültig vorbei ist. Ich will einfach nicht mehr versuchen es zu kitten. Es bringt sowieso nichts!“ Ran hörte all seine Verzweiflung und auch all seine Trauer heraus.

„Hey“, versuchte sie ihn aufzubauen: „Das glaube ich nicht. Ich glaube immer noch daran das ihr ein Traumpaar seid.“

„Ach so ein Blödsinn“, löste er sich von ihr. Er wollte davon nichts hören.

„Aber du sollest noch mal versuchen mit ihr zu reden!“, blieb sie hartnäckig: „Ich habe sie gestern gesehen. Ich glaube sie hat geweint“, erzählte sie ihm ihre Beobachtung.

„Ach und wenn schon!? Geschieht ihr ganz recht. Dieser blöden Kuh!“, war er immer noch wütend.

Ran schaute ihn verärgert an, beschloss aber es dabei vorerst zu belassen. Er machte nicht den Eindruck, als könne sie ihn jetzt überzeugen.

„Also was machen wir jetzt?“, fragte sie ihn um das Thema zu wechseln.

„Keine Ahnung“, räumte er ein.

„Du siehst müde aus“, stellte sie fest.

„Du auch!“, gab er die Beobachtung zurück: „Willst du dich ausruhen?“, fragte er sie und wollte ihr das Sofa anbieten.

Sie nickte. Doch dann hielt sie ihn am Arm fest, als er bereits im Begriff war sich zu erheben: „Ich möchte nicht alleine sein“, legte sie ihm nahe bei ihr zu bleiben.

Gerne wollte er ihrer Bitte nachkommen. Auch er mochte nicht alleine sein. Er schaute neben sich: „Die Couch ist zu schmal“, stellte er mit einem weiteren Blick auf sie und sich fest.

„Du hast Recht“, stimmte sie ihm zu.

„Wir könnten in Shinichis Zimmer schlafen. Das ist zwar eng, aber ich kann auf dem Boden schlafen“, bot er an. Ihm fiel während er das vorschlug auf wie müde er war. Er konnte sicher überall schlafen.

Sie schüttelte jedoch schnell den Kopf: „Nein!“, sagte sie: „Das will ich nicht. Und außerdem… in Shinichis Zimmer ist es sicher unheimlich. Du weißt schon nach all dem…“, spielte sie eilig auf die Organisation an.

Das sah er ein: „Was schlägst dann du vor?“

„Wir könnten nachhause gehen?“

„Nein, das will ich nicht“, lehnte er das strikt ab.

„Ich will ihr nicht über den Weg laufen“, gab er leise zu. „Okay“, konnte Ran das nachvollziehen: „Kann ich denn nicht vielleicht bei dir im Bett schlafen?“, fragte sie: „Ich will wenn ich ehrlich bin auch nicht zurück.“

„Wenn das für dich in Ordnung ist?“, fragte er nach.

Sie nickte: „Das ist total in Ordnung“, freute sie sich auf die Aussicht nicht alleine einschlafen zu müssen.

Ihm ging es ähnlich. Sein Bett hier war für ihn alleine fiel zu groß. Sicher würde er es auch unangenehm finden alleine zu sein.
 

Ihr hoch geholfen gingen sie neben einander die Treppe hinauf. „Ich habe so von Allem die Nase gestrichen voll“, ließ Yusaku sich frustriert auf das Laken fallen. Sofort überkamen ihn ungewollt Erinnerungen an eine glücklichere Zeit mit Yukiko, als sie noch zusammen die Eltern des kleinen Shinichis waren. Es war ihm unangenehm und so schob der jedweden Gedanken an früher als sie noch gemeinsam zu dritt dieses Haus bewohnten beiseite. Das Haus war ihm, fiel ihm noch einmal auf, ihm früher wirklich nie so groß vorgekommen.

Er nahm wahr wie Ran sich neben ihn legte.

Sie bettete nachdenklich ihren Kopf auf das Kissen das früher Yukiko gehört hatte.

Er fragte sich kurz ob ihn das störte. Die Antwort war Nein. Ganz im Gegenteil die Gegenwart der Freundin seines Sohnes hatte wie erwartet etwas Beruhigendes an sich.

Ihr ging es ebenso.

„Du musst nicht hier blieben“, sagte sie in die Stille zwischen ihnen hinein. Sie hatte seine Gedanken erraten, weil sein Blick in weite Ferne abgeschweift war: „Und das weißt du auch. Du könnest zurück in die USA gehen. Du brauchst keine Rücksicht auf uns zu nehmen“, wollte sie ihn von seinem schlechten Gewissen befreien.

„Willst du das denn?“, fragte er sie verwundert über ihren Scharfsinn.

„Nein…“, gestand sie: „Das möchte ich nicht“

Die Beiden sahen einander an.

„Ich würde mitkommen“, sagte sie schließlich.

„Um auf mich aufzupassen?“, zog er scherzend seine Augenbrauen hoch und drehte seinen Kopf von ihr Weg in Richtung der Zimmerdecke.

Sie ging auf den Spaß ein: „Möglicherweise… Ja!“, grinste sie ihn nun breit an: „Aber vor allem…“ Sie wurde wieder ernst: „Auch mir reicht`s! Ich bin auch sauer und enttäuscht wegen Shinichi.“ „Zudem“, fügte sie leiser hinzu: „außer Kazuha, Aoko und Sonoko habe ich hier sonst niemanden“, sie begann zu lächeln: „den ich sehr vermissen würde. Die Drei wissen wie man E-Mails und SMS schreibt. Du bist mein bester Freund“, gab sie ihm zu verstehen wie wichtig er ihr war: „Außerdem bezahlst du ihnen sicher so oft es geht den Flug. Schließlich bist du reich“, lächelte sie ihn liebevoll an.

„Und deine Eltern?“, fragte er sie.

„Die sind Erwachsen und müssen mal ihr eigenes Leben auf die Reihe bekommen“, sah Ran das ganz pragmatisch sich nun auch Richtung Zimmerdecke drehend.

„Ohne dich wäre es hier ziemlich doof“, brach sie nach einer Weile das Schweigen zwischen ihnen: „Ich würde dich vermissen“, drehte sie sich ihm wieder zu.

„Du würdest mir auch fehlen“, stellte er fest.

„Ich habe dich lieb“, flüsterte sie.

Sie sahen nur die Umrisse ihrer Gesichter in der Abenddämmerung des Januars.

„Ich dich auch“, gab er zurück. Er sah sie lächeln und erwiderte es...
 

Als Ran aufwachte war sie kurz irritiert. Im Schlafzimmer war es stockdunkel. Es musste Nacht sein. Auch wenn sie nicht wusste wie spät es war.

Wo war sie, fragte sie sich.

Yusaku neben sich fiel es ihr wieder ein: Ach ja. Wir haben uns hier versteckt.

Auf Einmal fühlte sie sich unbeschreiblich traurig.

Still da liegend ließ sie es über sich ergehen. Sie nahm ihre Gefühle wahr. Wie sie in ihr aufkamen und tobten. Was genau fühlte sie und vor Allem wie fühlte es sich an? Spürte sie in sich hinein. Sie wollte ihre Emotionen ergründen. Sich davor zu verschließen wusste sie würde nüchtern betrachtete auch nichts bringen.

Also begann sie, den Arm über den Kopf geschlagen, ihre Emotionen Revue passieren zu lassen. Was war da? Da war Trauer, weil Shinichi sich von ihr auf zumindest unbestimmte Zeit getrennt hatte. Da war Wut auf ihn, weil er einfach gegangen war. Wut, weil er damals nicht besser auf sich aufgepasst hatte und das für sie überwältigende Gefühl: Enttäuschung! Enttäuschung darüber, dass er sich ihr verdammt noch mal, trotz aller vernünftigen Argumente zum Trotz, nicht anvertraut hatte. Warum musste dieser Idiot immer alles im Alleingang unternehmen? Und wenn er sich schon in Gefahr stürzte- Konnte er da denn verdammt nochmal nicht einfach wenigstens besser aufpassen? Und warum musste sie sich auch in so einen dummen Möchte-Gern-Sherlock-Holmes verlieben? Hatte sie nicht einen Vernünftigeren verdient. Einen auf den sie sich verlassen könnte und einen der sich nicht einfach aus der Beziehung davon stahl, sobald es schwierig würde?

Verdammt, Shinichi, dachte sie. In ihr brodelte die neu aufgeflammte Wut. Sie überkam erneut der blanke Zorn. Und nicht nur auf Shinichi selbst. Auch auf die Organisation. Warum musste es so gemeine Menschen geben. Die absolut keine Rücksicht auf Menschenleben nahmen und Verbrechen auf kriminellste Weise in ganz großem Stil organisierten?

Und noch einmal: Wie hatte Shinichi verdammt noch mal nur so unvorsichtig sein können? Er, der doch immer wieder auf lässigste Art betont hatte, dass er schon auf sich selbst aufpassen könnte und würde.

Ran bemerkte, während sie ihren Gedanken so nachgab und somit Raum gab, wie sie das Gefühl bekam als würde sie von einem Steinhaufen erdrückt, welcher auf ihrer Brust und Kehle lastete.

Es war das zweitstärkste Gefühl, dass sich nun an der Enttäuschung vorbei, bisher gut unter Verschluss gehalten, seinen Weg an die Oberfläche bahnte: Es war die Angst.

Die erdrückende Angst, die Organisation könnte davon erfahren, dass Shinichi und auch Shiho noch lebten und das sie, Yusaku, Heiji und auch Kazuha bald Bescheid wussten.

Sie kannte nun allzu gut die Wahrheit. Sie erinnerte sich an alles was Yusaku ihr auf ihr drängendes, bohrendes Nachfragen erklärt hatte.

Die Wahrheit war ein Schock gewesen, wurde ihr nur allzu gut wieder das ernste Gespräch von heute Nachmittag bewusst. Das Gespräch hatte alles verändert. Ihr gesamtes Weltbild diesbezüglich auf den Kopf gestellt.

Klar, Ran hatte geahnt und insgeheim auch irgendwie gewusst, dass Shinichi sich nicht wegen einer Lappalie von ihr einfach so getrennt hatte oder Heiji Kazuha aus Spaß vor den Kopf gestoßen hatte. Aber…
 

Ran hatte keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war und sie still an Yusakus Seite gelegen hatte.

Sie entschied, dass sie aufstehen wollte. Mühsam rappelte sich vom Liegen bedächtig ins Sitzen auf. Sie wollte ihn nicht wecken.

Jetzt wo sie die Gefühle durchlebt hatte und Zeit zum Nachdenken gehabt hatte fühlte sie sich besser, gefestigter. Emotional stabiler bemerkte sie wie ihr Magen plötzlich laut knurrte und sie von Kickchen einen Kick verpasst bekam.

Ist ja schon gut, dachte sie, „Du hast Hunger“, murmelte sie leise: „Ich mache uns was.“

Mit einem Blick auf Yusaku breitete sich auf ihrem Gesicht ein wohlwollendes Lächeln aus. Sanft beugte sie sich über ihn und gab ihm ein Küsschen auf die Wange, bevor sie sich von ihm abwandte und auf Yukikos Seite des Bettes hinaus kletterte.
 

Sie wollte etwas für sich und Yusaku kochen. Sicher würde er sich darüber freuen widmete sie sich dem erstmal alltäglich Naheliegenesten. Vielleicht hatte auch er Hunger? Sie war sich keines Wegs sicher, aber sie wollte es versuchen. Sie hoffte es. Dabei nahm sie sich vor ihn nicht drängen. Sie dachte sich auch nichts weiter dabei: Wenn man Liebeskummer hatte, dann konnte es passieren das man keinen Hunger versprühte.
 

Sie hatte das Schlafzimmer auf leisen Sohlen verlassen. Hinter sich schloss sie lautlos die Türe.

Rans Weg führte in die Küche des großen Hauses. Den Lichtschalter gefunden nach kurzem Tasten und das Licht eingeschaltet erblickte sie die lange Küchenzeile.

Zielstrebig machte sie sich daran zuerst die Hängeschränke und dann die unteren Schränke nach Lebensmitteln wie zum Beispiel Konservendosen zu durchforsten. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass Shinichi bei seinem letzen Besuch hier nur für sich gekocht hatte.

Sie war überrascht, dass sie so rein gar nichts Essbares fand. Wovon hatte er denn bitte gelebt? Doch dann fiel ihr die logische Erklärung dafür ein.

Das Haus war seid dem Schulfest nicht mehr bewohnt worden. Dem Schulfest. Wie lange das her war…, sinnierte sie kurz.

Nun konnte Ran sich denken, dass der Fall im Restaurant nur vorgeschoben und somit eine weitere Ausrede von Shinichi gewesen war. Er hatte nur nicht kochen wollen.

„So ein Idiot“, tadelte sie ihren Geliebten in Gedanken. Augenblicklich verdüsterte sich ihre Stimmung. Sie wurde traurig: Wieso hatte sie ihn auch gehen lassen?, schallt sie sich, die Türe des letzten Unterschrankes unsanfter zuknallen lassend, als es nötig gewesen wäre.

Was noch mal hatte sie damals Conan gegenüber über Shinichi gesagt?

„Ich bin doch nicht seine Mama!“, wiederholte sie ebenso verärgert wie damals die Worte laut, als sie ihr in den Sinn kamen. Dieser Arsch, dachte sie empört in der knienden Position verharrt.

Jetzt wusste sie natürlich, dass es damals bereits Shinichi und nicht Conan gewesen war.

Zu Recht, dachte sie nun darüber schmollend.

Doch dann bekam Ran doch das schlechte Gewissen. Conans Miene war schon ziemlich bedauernd und bedröppelt gewesen. Sie war gemein gewesen damals.

Als sie sich aufrichtete, fragte sie sich wieder einmal wie damals so oft noch danach warum er sie eigentlich in dieses noble Restaurant ausgeführt hatte. Warum nur?

Wie damals hatte sie auch jetzt keine Erklärung dafür.

Sie würde ihn fragen müssen.

Irgendwann… Wenn sie nicht mehr so extrem wütend auf ihn war und er auch gesprächiger sein würde. Hatte ihre Beziehung angesichts dieses Vertrauensbruches überhaupt noch eine Chance?

Und wegen der Organisation… Wollte sie denn an seiner Seite bleiben? Überraschenderweise war für Ran sofort die Antwort klar: Ja! Sie wollte bei Shinichi bleiben. Doch…

Das war mehr als sie heute Nacht aushalten würde. Später, wenn sie sich besser fühlte, würde sie über die Konsequenzen ihrer bedingungslosen Entscheidung nachdenken. Jetzt, so stellte sie sehr verstimmt fest, hatte sie verdammt noch mal erstmal Hunger und zwar großen.
 

Kurz entschlossen entschied Ran zum 24Stunden Supermarkt zu gehen.

Zügig lief sie in die Halle zurück, um in Schuhe und Mantel zu schlüpfen. Schnell kontrollierte sie ihre Tasche, ob sie ausrechend Geld dabei hatte.

Erleichtert stellte sie zufrieden fest, dass sie genug Yen hatte, um ihr Vorhaben umzusetzen.

Als sie ihre Hand nach dem Türgriff ausgestreckte, verharrten ihre Finger auf dem Knauf.

Was wenn Wer von der Organisation in der Nähe war und auf sie lauerte? Bei der bloßen Vorstellung an die Männer in Schwarz aus Yusakus Schilderungen wurde ihr kalt und sie erschauerte. Auf ihrem ganzen Körper spürte sie die aufkommende Gänsehaut.

Entschlossen drängte sie diese zurück: Ach was, schob sie ihre aufgebrochene Angst mit aller Macht energisch, mit dem Kopf schüttelnd, zurück: Wenn sie hier wären, dann hätten sie sicherlich nicht gefackelt und wir wären schon lange tot.

Umso entschlossener drückte sie mit aller Kraft den Türgriff und die dazugehörige Türe öffnete sich.
 

Ihre Schultern gestrafft machte Ran sich auf den Weg durch die doch ziemlich kalte, aber immerhin wunderschön, klare Nacht. Am Himmel hatte sie, wenn sie hochsah, die freie Sicht auf die Sterne.

Ihr Atem beruhigte sich nach einer Weile und ihre vorerst schnellen Schritte verlangsamten sich.

Sie hatte den Kragen eng um ihren Hals zusammengezogen. Wie sie so hochsah, beruhigte sich allmählich ihre aufgewühlte Seele. Auch ihr Herzschlag tat es.

Sie stellte stumm anerkennend fest, dass sich beides bedingte. Es war gar nichts Großes. Sternenhimmel hatte sie auch früher schon gesehen. Somit war es eigentlich nichts so außergewöhnliches und doch… heute Nacht zumindest fand sie die Sterne nicht nur hübsch, sondern irgendwie hatten sie auch was Tröstliches, Hoffungsvolles an sich. Sie schenkten irgendwie… eine Art Frieden.

So konnte sie es wohl nennen. Zumindest für den Augenblick. Ran hatte das Gefühl so wie sie den Himmel mit den Sternen, gemächlich weiter gehend, weiterhin dorthin nach oben sehend beobachtete das es ihr gut ging. Überrascht stellte sie fest, dass ihre Wut und Enttäuschung für den Moment zumindest verflogen waren. Was sie als sehr angenehm empfand.

Ran lächelte. Doch dann wurde ihr Gesicht wieder ernster: Bald würde vielleicht auch Kazuha Bescheid wissen, sollte sie sie einweihen. Kamen ihre Gedanken auf ihre Freundin und Leidensgenossin.
 

Wie würde sie sich wohl Heiji gegenüber entscheiden, fragte Ran sich auf dem Rückweg nachdenklich. Ob sie Ähnlich wie sie fühlen würde?

Sollte sie Kazuha davon erzählen?

Sie war froh, dass sie Yusaku hatte mit dem sie hatte darüber sprechen können. Es hatte gut getan mit ihm zu reden und sie wusste auch, dass er weiterhin zuhören würde, würde sie es brauchen. Auch sie würde weiterhin für ihn da sein wegen Yukiko.

Kurz erschien ein flüchtiges, wenn auch trauriges Lächeln auf ihren Lippen. Sie waren Beide schon ein komisches Dou. Sich das Wort Duo auf der Zunge zergehen gelassen musste sie doch amüsiert laut lachen. Es tat gut Jemanden wie ihn an ihrer Seite zu wissen.

Mit ihm war es so viel unkomplizierter als mit ihrem Vater und auch von ihrer Mutter wusste sie konnte sie nicht allzu viel Mitgefühl erwarten. Sie hielten Shinichi Beide für einen Taugenichts. Jeder auf seine eigene Art.

Vor allem wenn sie ihren Eltern nicht die Wahrheit anvertrauen konnte. Auch wenn sie das vielleicht gerne wollen würde.

Sie war sich nicht sicher. Wie auch. Im Grunde wusste sie dass es egal wäre.

Wie bei Yusaku würde es wohl darauf hinauslaufen, dass sie ihren Mund halten würde. Jedenfalls allen Personen betreffend gegenüber die nicht unbedingt eingeweiht werden mussten. Irgendwo konnte sie die Argumentation von Yusaku, und auch irgendwie die von Heiji und selbst Shinichis auf rationaler Ebene doch sehr gut nachvollziehen. Es war wohl wirklich besser niemanden weiter in die Sache mit dieser komischen schwarzen, bösen Organisation hineinzuziehen.

Nur Kazuha, fiel ihre Freundin Kickchens Mutter wieder ein… Was war mit ihr?

Musste sie sie fairerweise einweihen, weil sie als Heijis Lebensgefährtin wie sie selbst ein Recht auf die Wahrheit hatte oder sollte sie ihr wirklich nichts sagen, um sie wie Heiji selbst vor zu viel Wissen zu schützen?

Wollte Kazuha denn beschützt werden?

Oder wollte sie Heiji zurück?
 

Ran fragte sich wie sie selbst zu diesen Fragen stand,

Ja. Sie wollte beschützt werden vor der Organisation, aber sie wollte ebenso das Shinichi vor ihr beschützt war. Sie wollte, dass ihre gemeinsame Tochter vor der Männern in Schwarz sicher war.

Sie wollte weiter gedacht das Yusaku und ihre Eltern sicher waren. Sie dachte an den Professor und an Ai. Nein… jetzt Shiho.

Sie wollte, wenn sie selbst zu sich ehrlich war, dass alle Menschen aus ihrem Umfeld sicher waren. Inklusive auch Sonoko und Aoko.

Und nun da sie ebenfalls eine „Eingeweihte“ war ruhte widerstrebend nun auch die Last des Bescheidwissens auf ihr.
 

Ran hielt überrascht an.

Sie war zurück am Haus. Ohne darauf zu achten wo sie lang gegangen war, war sie wieder hier angekommen.

Hier an dem Ort, an dem sich Alles durch das hier erlangte Wissen unwiederbringlich geändert hatte.

Jetzt war Alles klar!

Aber irgendwie auch wieder nicht. Ran seufzte.

Mit ihrer Hand kramte sie Shinichis Schlüssel hervor, welchen sie mitgenommen hatte, um Yusaku nicht wecken zu müssen. Niedergeschlagen öffnete sie die Haustüre und schloss sie hinter sich ab.

Nur zur Vorsicht dachte sie. Sie fühlte sich irgendwie mit dem Wissen wohler, dass sie abgeschlossen hatte.

Auch wenn sie eigentlich wusste das es absoluter Quatsch war. Würde dieser… wie hieß er gleich… Gin? Unbedingt rein wollen, dann würde er das wohl auch schaffen.

Ran war bei dem Gedanken der letzte Rest ihres Appetites gänzlich vergangen.

Ihr wurde bewusst wie müde sie eigentlich war.

Erneut seufzend zog sie ihren Mantel von den Schultern und hängte diesen neben den von Yusaku.

Den Schlüssel steckte sie zurück in ihre Tasche.

Das getan streifte sie sich die Stiefel von den Füßen. Dabei hielt sie sich mit der einen Hand an der Garderobe fest, um sich daran abzustützen. Müde war es unkoordiniert etwas schwierig das Gleichgewicht zu behalten.

Die Einkäufe noch eben in der Küche abgestellt, machte sie sich gähnend auf den Weg zurück nach oben.

Yusaku schlief ruhig als sie das Schlafzimmer der Eltern ihres Freundes betrat.

Leise schlich sie sich neben ihn zurück ins Bett.

Sie hatte Yukikos Seite wieder allein für sich. Erschöpft wie eine Fledermaus bei Morgengrauen deckte sie sich mit dem freien Teil der Decke zu und schloss erneut, diesmal wohlig eingekuschelt gähnend, ihre Augen…



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Naru-chan12
2018-09-19T17:50:32+00:00 19.09.2018 19:50
Ich mag an dem Kapitel sehr, dass es mal ein wenig mehr um Yusaku und Yukiko geht. Eigentlich ist das gesamte Kapitel über Yusaku mit den verschiedensten Charakteren. Das fand ich aber sehr interessant. Vor allem, weil die Beziehungen der einzelnen Protagonisten zu Yusaku und auch untereinander dadurch noch einmal aufgegriffen und auch vertieft wurden. Vor allem zwischen Yusaku und Ran. Ich mag die Chemie zwischen den beiden und bin froh, dass es so viel um die beiden ging. Und vor allem auch, dass es so viel um Rans Gefühle ging und natürlich auch die von Yusaku.

Leider habe ich geahnt, dass Yukiko so reagieren wird. Und sie hat meine Erwartungen nicht enttäuscht.
Die Szene, in der Yusaku Yukio hinterherrennt und sie sich versteckt hat irgendwie etwas wie Täter und Opfer. Obwohl ich hier Yusaku als das Opfer bezeichnen würde.

Ai ist gemein. Wieso sagt sie dem amen Professor nicht, wo die Autoschlüssel sind? War sie irgendwie sauer? Ich kann mich an keine Situation erinnern, in der sie sich mit Agasa gestritten hätte. Oder war es, weil sie wusste, dass es um Yusaku ging? Ah! Stimmt ja, ich erinnere mich, dass da zwischen Ai und Yusaku etwas vorgefallen war.
Der Professor steht aber auch immer zwischen den Stühlen. Er versucht immer alle zu verstehen und gegebenenfalls wieder zusammenzubringen. Deshalb mag ich Agasa auch so. ^^

Ai und Yusaku. Wie kleine Kinder. Man könnte denken, dass beide wirklich zur Grundschule gehen.

Ui! Jetzt wird’s spannend. Bin gespannt was Ran für Schlussfolgerungen aus dem gefundenen Stimmentranposer zieht. Und vor allem, wie der da hingekommen ist.

Aber wenn Ai den Stecker vom Telefon herausgezogen hat, dann kommen die Besucher doch erst Recht ungebeten. So hätte sich z.B. Ran vorher angekündigt oder wäre gar nicht erst vorbeigekommen, weil ihr der Professor alles am Telefon gesagt hatte. Nun kommen alle Besucher ungebeten, weil sie vorher nicht nachfragen können. ^^°

Ran ist echt mutig. Gleich zu Yusaku zu gehen, obwohl sie weiß, dass er sauer ist. Aber sie hat es wohl nicht ausgehalten und musste ihn befragen. Und hat Antworten bekommen. Yeah! endlich! ^_^
Und so schnell ist ein wütender Yusaku wieder zu beruhigen. Auch wenn die Wut jetzt auf jemand anderen, in dem Fall Ran, übergegangen ist.

Es tut mir leid, aber das Yusaku Yukiko eine blöde Kuh nennt, kann ich mir einfach nicht vorstellen. Das er sauer ist ja, aber diese Ausdrucksweise passt irgendwie nicht zu ihm. Auch wenn ich es verständlich finde, wie er reagiert.
Dagegen kann ich mir Ran sehr gut so wütend vorstellen, dass sie mal ausfallende Worte gebraucht. Wahrscheinlich liegt das daran, dass im Manga Ran öfters mal wütend gezeigt wird, Yusaku aber nicht. ^^°

Also ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen in einem Bett zu schlafen, dass ewig nicht benutzt wurde und total verstaubt ist. Oder gibt’s eine Tagesdecke darüber?



Zurück