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Gedanken einer Sommernacht

von

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Am Tor zur Hölle

Die letzten Lichter hinter den Mauern des Klosters waren gerade erloschen, und das mächtige, alte Gebäude lag nun eben so ruhig da, wie der Wald um es herum. Die Mitternachtsmesse war soeben vorbei, doch in wenigen Stunden würden Glocken bereits erneut erklingen und die Männer in die kleine, im Herzen des Klosters gelegene Kapelle rufen. Nur würde statt der üblichen Frühmesse an diesem Morgen eine besondere Feierlichkeit stattfinden...
 

In den letzten Monaten hatten zwölf junge Männer im Auftrag des Vatikans die letzte Etappe ihrer Ausbildung hier hinter sich gebracht. Diese jungen Männer würden in den frühen Morgenstunden in ihren endgültigen Stand erhoben werden und sich damit von dem letzten bisschen Normalität in ihrem Leben sowie der geordneten Sicherheit das Priesterdaseins verabschieden. Einen dieser jungen Männer trieb die Schlaflosigkeit nun vor die sicheren Mauern. Sein Name war Silvanus – zumindest hatte man ihn so seit seiner Aufnahme im Vatikan gerufen. Er suchte sich seinen Weg durch die dunklen Baumreihen. Manch ein anderer hätte bei dem gespenstischen Wispern der Blätter im Wind oder den seltsamen Geräuschen hier und da kalten Angstschweiß auf seinem Körper gespürt, doch Silvanus' Schritte waren sicher und sein Blick ruhig. Er glaubte fest an Gottes Willen und er vertraute darauf, dass sein Herr in führen und schützen würde. Außerdem, sagte eine leise Stimme in seinem Kopf ihm, kennst du den Weg.

„Jaja“, murmelte der Priester, „aber im Gegensatz zu dir denke ich nicht so ketzerisch.“ Die Stimme murmelte etwas unverständliches, dann war es, als würde ein Windzug durch sein Herz streichen...und es herrschte Stille in seinem Kopf. Silvanus verdrehte kurz die Augen und blieb stehen. Das war das Problem, wenn man über das verfügte, was seine Brüder „die Gabe“ nannten – man hatte nie seine Ruhe. Bevor eine weitere Stimme ihm ihre Meinung dazu mitteilen konnte, schloss er die Augen und stellte sich vor, in einem Raum zu stehen, der völlig leer war. Ein Raum, den niemand außer ihm betreten konnte... das war schließlich die einzige Möglichkeit, jene Wesen los zu werden, die manch anderer „Engel“ nannte und die dank seiner „Gabe“ eher zu seinen persönlichen Dämonen geworden waren. Gabe...als ob es eine Gabe, ein besonderes Geschenk wäre, all diese Stimmen zu hören und die geflügelten Wesen hin und wieder sogar sehen zu können. Nicht nur, dass Silvanus sein Leben lang als Außenseiter gegolten hatte, seine Eltern ihn fast monatlich zu einem anderen Psychologen geschickt hatten... nein, auch seinen Lebensweg hatte man ihm vom ersten Tag an vorgeschrieben. Er hatte nie eine andere Wahl gehabt, als mit 15 Jahren in den Vatikan zu gehen. Er hatte nie andere andere Wahl gehabt, als eine Priesterausbildung zu machen. Er hatte nie eine andere Wahl gehabt, als jetzt hier zu stehen, nur wenige Stunden von der wahrscheinlich wichtigsten Messe seines Lebens entfernt – und auf dem Weg zu seiner größten Sünde.
 

Langsam öffnete er die Augen. Der bleiche, runde Vollmond war weiter in seiner Bahn vorangeschritten und stand jetzt senkrecht über Silvanus' Haupt. Die Mauern des Klosters waren lange hinter ihm. Ohne, dass er es gemerkt hatte, hatten seine Füße ihn weiter getragen; hatten von selbst den Weg durch den Wald gefunden. Nun stand er wieder am Ufer jenes Sees, in den er sich vor vier Monaten irgendwie verliebt hatte. Im schwarzen Wasser schwammen silbern die Strahlen des Mondlichts. Libellen tanzten im milchigen Glanz ihren Reigen. Ihre Flügel sahen aus wie schillernde Sternensplitter, die im Wind wirbelten. Ein paar letzte Schritte trennten ihn von seinem persönlichen Höllentor...

Auf dem gusseisernen, prunkvollen Tor war ein goldenes Pentagramm eingelassen. Hinter ihm, auf einer Halbinsel im See, lag, von hier aus unsichtbar, ein Friedhof. Obwohl man noch einige Meter Weg bis zu den ersten Gräbern zurücklegen musste, hatte der Ort schon hier eine unheimliche Atmosphäre.

Das hier war es. Das hier war der Eingang zu seiner persönlichen Hölle. Kein Cerberus und kein Styx, keine schreienden, verdammten Seelen im ewigen Feuer erwarteten in hier, nur ein altes Tor, dessen Scharniere quietschten, wenn man es öffnete und das leise Rauschen des Sees. Mit zitternden Fingern öffnete der Gottesmann sein Höllentor...
 

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Das hier war das erste von drei Kapiteln. Für konstruktive Kritik und Verbesserungsvorschläge bin ich sehr dankbar. =)

Hassel



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2010-06-19T08:59:58+00:00 19.06.2010 10:59
awww
Master <3<3<3
Kritik ist vollkommen unnötig,es ist wunderbar


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