Präludium
Die Herzensdame,
sie buk Torten
an einem heißen Sommerstag all.
Der Herzensbube,
er stahl jene Torten.
Zorn’ge Dame sprach:
Sein Kopf, er fall!
Sein Kopf, er fall!
Leise lachend und summend schritt sie durch die dunklen Gänge. Ihre Schritte wurde durch den Teppich gedämpft. Man schien sie eher zu spüren, als dass man sie hörte. Keiner der Bewohner der Zimmer, die sie lautlos passierte, wusste um ihre Anwesenheit. Sie schliefen weiter – ungestört und hilflos, erschöpft von ihrem Tagewerk: dem beflissentlichen Lernen (und das, obwohl die Schule für den Moment ihre Hallen der Gelehrsamkeit geschlossen hatte).
Sie war zurückgekehrt. Die Reise in die Wälder war vorbei. Das Vergnügen war vorbei. Das rote Vergnügen. Die Musik der Schreie – ein Konzert aus Panik, Angst und verzweifelter Verwirrung; Körper, die in vergeblichem Kampf und heilloser Flucht ein ansehnliches Ballett zu dieser Musik aufführten, bevor sie niederfielen und mit ihrem Blut ein einzigartiges Gemälde bildeten, dessen Schöpfer sie allein war. Doch leider kam sie viel zu selten in so einen Genuss.
Ja, sie war gebunden, zu ihrem Leidwesen, konnte nicht mehr frei agieren, wie es ihr einst zugestanden hatte, wie es noch immer ihr Recht sein sollte. Nur Weniges, nur so Weniges musste schief gegangen sein; nur wusste sie nicht, was. Ihre Flüsterungen hatten gewirkt, dessen war sie sich sicher. Sie hatte die Unschuld dazu gebracht nach dem rettenden Ast zu greifen: Jenem Ast, an dem die verbotene Frucht hing, um den sie sich gleich einer Schlange wand. Doch nicht nur, hatte sie ihr Opfer dazu bringen können, in ihrer Gegenwart Zuflucht und verdorbene Hoffnung zu finden; nein, es hatte auch von jener Frucht gekostet – und war so in die unumkehrbare Sünde gestürzt.
Sie konnte nicht leugnen, es war zu ihrer Zufriedenheit verlaufen; dennoch, das Ergebnis war nicht das gewesen, welches sie sich erwünscht hatte. Und das frustrierte sie, so ungern sie es sich auch eingestand.
„Die Schmerzensdame, sie buk Torten, an einem heißen Sommerstag all. Der Herzensbube, er stahl jene Torten. Zorn’ge Dame sprach: ‚Sein Kopf, er fall! Sein Kopf, er fall!‘“
Köpfe würden fallen; Köpfe würden rollen. Sie würde Rache nehmen. Dieses Mal würde sie ihr Ziel erreichen. Die Zeit mochte sie ungeduldig und blutrünstig gemacht haben, doch das würde sie nicht aufhalten. Sie wusste schließlich ihren Käfig zu nutzen.
Leise summend schritt sie durch die Dunkelheit. Das kichernde Lachen war erstorben und hatte einer beruhigenden Stille Platz gemacht. Die Schritte verloren ihre Resolution und nahmen eine ungeahnte Leichtfüßigkeit an, als sie schließlich in einem der Zimmer verschwand.