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Celina - das Wolfsmädchen

von

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Abschied mit Wiedersehen

Wir kehrten zurück in den Wald. Ich blieb auf der Lichtung, um auf Seth zu warten. Seufzend ließ ich mich ins Gras fallen. Ich bemerkte die vielen Blumen. Vorher blühten hier nicht so viele. Ich war angenehm überrascht. Dann schaute ich in den Himmel, der Mittagssonne entgegen.

Ich blinzelte und schloss dann die Augen.

Dieser Frieden und diese Stille waren wieder in den Wald eingekehrt.

Dieser Frieden und diese Stille waren gesegnet von den Ōkamis. Sie sorgten sich um uns. Sie hinterließen den Wolfskristall zu unserem Schutz.

Ich glaubte nicht, dass ich auch nach meinem Leben ein Ōkami wurde. Doch woraus bestand der Wolfskritall? Sein Schimmern glich der Meersoberfläche, wenn die Sonne drauf schien. Und er war ein Geschenk von Göttern. Doch wahrscheinlich wusste selbst Akuma dies nicht.
 

Ich machte die Augen auf - und erschrak Vor mir saß Seth. Sein Oberteil hatte er ausgezogen und im Gras liegen. In seinen Händen hatte er gepflückte Blumen. Er lächelte und steckte sie mir in die Haare. „Hier, mein Schatz.“ Sein erlöstes Lächeln ließ mich auch ermuntern. „Vielen Dank.“ Ich betrachtete seinen nackten Oberkörper. Er war schmal, aber dennoch hübsch gebaut.

„Du saßt so gedankenversunken aus, da wollte ich dich nicht stören.“ „Du störst doch nie.“, sagte ich sanft, streichte sein Gesicht und küsste ihn. Dann nahm er mich in den Arm und drückte mich an sich. Langsam wanderte er mit seinem Mund meinen Hals entlang, doch ich unterbrach. „Bitte, Seth. Jetzt nicht.“ Ich drückte ihn leicht weg. „Was bist du so niedergeschlagen?“ Er lehnte sich zurück und sah mich enttäuscht an. „Ich bin nicht niedergeschlagen. Ich bin, wie du gesagt hast, gedankenversunken.“ „Warum?“ „Das… kann ich nicht sagen.“

Seth sah mich mit gerunzelter Stirn an. „Wieso das denn?“ „Es ist ein Geheimnis des Rudels.“

„Und was ist mit der Neuen? Die weiße Wölfin, Ammy?“ „Sie ist ja jetzt ein Mitglied.“ Aber Seth sah mich noch immer skeptisch an.

Ich lächelte. „Schau nicht so grimmig. Das steht dir nicht.“

Dann lagen wir nebeneinander im Gras, schauten in den Himmel und genossen die Ruhe zu zweit. „Wie bist du eigentlich in diesen Wald gekommen?“, unterbrach ich die Stille, „Du bist ja der einzige Rabenmensch hier.“ „Das kommt aber plötzlich!“ Seth sah mich mit großen Augen an. Doch fing dann an zu erzählen: „Die Raben lebten in einem kleinen Gebirgsabschnitt. Augrund von starkem Regen und Erdrutschen verließen wir diesen Ort, aber wollten nach dieser Zeit zurückkehren. Jedoch, als wir über den Wald flogen, konnte ich nicht mehr fliegen, da ich eine Entzündung im linken Flügel hatte. Die Raben sagten, sie würden mich wieder abholen, wenn sie wieder zurückfliegen. Aber sie kamen nie mehr zurück…“

Er wurde bedrückt und wandte seinen Kopf ab. Ich wurde stutzig und setzte mich hin. Dann sah ich, dass Tränen sein Gesicht entlangliefen. Ich krabbelte auf die andere Seite und sagte leise: „Ich wollte nicht in alten Wunden stochern. Bitte verzeih.“ Mitfühlend strich ich ihm über die Schulter. „Ist schon okay…“, sagte der Schwarzhaarige leise, „Weißt du, wie viele Jahre ich gewartet habe?“ „..Nein.“ „Fünf. Fünf ganze Jahre habe ich gewartet, dass sie hier hinkommen und mich abholen.“ „Das ist eine lange Zeit..“ „Eine verdammt lange Zeit. Doch nun habe ich endlich einen Grund gefunden, hier in dem Wald zu bleiben - und das bist du.“ Mit den Worten nahm er meine Hand. „Seth, wenn die Raben wiederkommen, wirst du mit ihnen ziehen und wieder ein glückliches Leben führen.“ „Nein, Liebste.“, widersprach er kopfschüttelnd, „Ich werde hier bleiben. Ich führe ein glückliches Leben - bei dir, Celina, an deiner Seite.“

Ich seufzte. „Das Leben, was wir nun zusammen mit Akuma, Shira, Anuki und Ammy führen, ist und wird ein erfülltes Leben. Wenn ich sterbe, kann ich zufrieden sein.“ „Rede doch nicht übers Sterben, wenn doch das Leben erst wieder anfängt.“, sagte Seth stirnrunzelnd. „Was ist, wenn die Menschen erneut den Wald überrennen?“ Ich sah ihn an. „Beruhige dich, Celina! Willst du nicht genießen, Zuhause zu sein, nach all den Strapazen, die du auf dich genommen hast?“

„Ja, schon, aber die Angst ist da und sie ist groß. Ich möchte nicht noch einmal von meiner Heimat getrennt werden…“ Mir kamen die Tränen. Seth setzte sich auf und umarmte mich. „Mach dir darüber keine Gedanken. Die Menschen werden diesen Wald nie wieder betreten.“ „..Hoffentlich…“
 

„Ich bring dich wieder zu den Anderen, okay?“ „Warum, fragte ich mit zitternder Stimme. „Ich möchte mir etwas zu essen holen und mich waschen. Sehen wir uns heut Abend?“

„Natürlich. Bis heute Abend, wenn die Sonne langsam untergeht.“

Seth brachte mich zum Bau und verließ mich dann.

„Du hast ihm nichts über unser Geheimnis erzählt, oder?“, fragte Akuma, der auch gerade zurückkehrte. „Nein, kein einziges Wort. Dafür hat er mir über seine Vergangenheit erzählt, wie er hier in den Wald kam.“ „Wahrscheinlich keine schöne Vergangenheit.“, meinte er und setzte sich vor mich. Demnach setzte ich mich auch. „Wegen einer misslichen Lage, musste er bei einer Wanderung der Raben Zwischenstopp in dem Wald machen. Die Raben versicherten ihn, dass sie ihn bei der Rückkehr wieder abholen. Das geschah vor fünf Jahren.“ „Das ist tragisch. Aber ich glaube nicht, dass sie ihn vergessen haben. Ich glaube eher, ihnen ist etwas passiert.“

„Ich hasse Menschen! Ich hasse sie einfach!“ „Ja, vermutlich waren sie es.“

Die Stimmung war drückend.

„Wo sind die anderen Drei?“ „Sie sind auf Jagd.“ „Ohne dich?“ „Ich habe alleine gejagt. Etwas ist noch übrig, was du essen könntest.“
 

Im späteren Verlauf des Tages bekam ich die Möglichkeit, mit Ammy alleine zu reden. „Und wie gefällt es dir hier, Ammy?“ „Gut, danke der Nachfrage. Der Wald ist echt total schön und sehr ruhig. Er ist wirklich von den Ōkamis gesegnet. Sie müssen den Wald sehr lieben.“ „Ja..“, sagte ich bedrückt, „Das müssen sie..“ „Was ist los, Celina? Warum so bedrückt?“

„Weißt du… ich gehöre zum Rudel, aber irgendwie auch nicht. Im Ōkami-Rudel sind Wölfe, die später zu den Wolfsgöttern, den Ōkamis, werden. Was habe ich, ein Tiermensch, dazwischen zu suchen? Ich werde nie ein Ōkami werden, da in mir auch ein Teil menschlich ist.“ „Vielleicht kein vollwertiger Ōkami, aber vielleicht wird der Teil dazu, der wölfisch ist.“ „Kann sein..“

„Sei doch etwas fröhlicher! Du kannst mich ja durch den Wald führen.“ Ammy kam zu mir und stupste mich an. „Okay, was soll ich dir zeigen?“ „Vielleicht die Orte, die du besonders magst.“

Ich nickte. Während wir gingen, erzählte ich: „Ich mag die Lichtung am liebsten. Wenn du inmitten des duftenden Grases liegst, die Bäume und den klaren Himmel siehst und die Sonne dein Fell wärmt. Und dazu die Augen schließen, um dem Vogelgezwitscher zu lauschen.“

„Du liebst diese Lichtung sehr, nicht wahr?“ „Ja, sie ist der schönste Platz des Waldes.“ Als wir dort ankamen, schien die Mittagssonne gerade. Sie ließ die Gräser und Blumen schimmern. „Das ist sie? Welch schöner Platz!“ Ammy schritt langsam aus dem schatten der Bäume in die helle Sonne. Ihr Fell glänzte seiden und ließ ihr Antlitz göttlich erscheinen. Dann setzte sie sich ins Gras. Ich merkte, wie in mir eine beruhigende Ruhe in mir aufstieg. Entspannt setzte ich mich neben Ammy. „Die Sonne tut so unglaublich gut.“ Während ich das sagte, legte ich mich ins weiche Gras. „Ja, sie scheint hier ganz liebevoll auf die Lichtung. Auch wenn sie hier so lange scheint, verdorren diese Pflanzen nicht. Wie sanft sie doch ist!“

Das stimmte. Im Sommer war bei langen Sonnenperioden das Gras meist vertrocknet. Ob die Ōkamis auch hierfür sorgten?

Wieder beschwang mich dieser Unmut. Ammy merkte dies. „Denkst du schon wieder darüber nach?“ „Ja, es lässt mich nicht los.“ „Weißt du, ich gehöre diesem Rudel auch noch nicht lange an. Wenn ich jetzt sterben würde, würde ich auch ein Ōkami werden. Mach dir darüber keine Gedanken. Genieße die Sonne und danke unseren Göttern für diesen schönen Ort der Geborgenheit.“ Ammy legte sich auf die Seite.

Gerade als ich mich ebenfalls hinlegte, kam Seth angeflogen. „Da bist du ja, Celina.“, sagte er aufgebracht, „Ich hab dich schon gesucht! Oh, hallo Ammy.“ „Hallo Seth.“, sagte der weiße Wolf freundlich, „Was führt dich her?“ „Ist etwas passiert, Seth?“ „Nein, aber ich möchte dir etwas zeigen. Ammy kann auch mitkommen.“ Wir rappelten uns auf und folgten ihm durch den Wald. An einer Stelle blieb er stehen. „Was fällt euch auf?“, fragte er. Die Bäume trugen kein Blätterkleid mehr, ihre Stämme waren grau. Das Laub lag verrottet am Boden, der karg und leer war. „Warum wächst hier nichts mehr?“, wunderte ich mich. „Das wüsste ich auch gerne, mein Liebling.“ Seth blieb ernst. „Die Ōkamis beschützen diesen Ort doch.“, meinte auch Ammy, „Wie kann dieses Stück Wald so leblos sein?“ „Wir müssen dieses Stück im Auge behalten. Egal, was damit ist. Es kann natürlich sein, dass der Grund ein ganz harmloser ist. Bitte teilt dies den anderen nicht mit. Wir sollten nicht so viel Wind drum machen, wenn ihr versteht.“ „Ja, du hast Recht, Seth.“, stimmte Ammy zu. Noch etwas zum Verschweigen. „Sollten wir nicht alle ehrlich zueinander sein? Keine Geheimnisse voreinander zu haben?“, fragte ich unsicher, „Ist es nicht das, was wir uns wünschen? Wir Bewohner des Ōkami-Waldes?“ „Sicher ist es das, aber dies ist doch nur eine Kleinigkeit. Viel Wind um gar nichts zu machen ist doch auch nicht gut oder?“ „Ja, schon... okay. Aber wir müssen diesen Ort täglich kontrollieren. Ich habe hierbei kein gutes Gefühl...“

Seth nickte. „Sicher.“

Dieser Ort hatte etwas an sich, was mir einen Schauer über den Rücken laufen ließ.

„Hier scheint noch nicht einmal die Sonne.“, bemerkte Ammy in den Himmel schauend. Am Himmel waren graue, schwere Wolken. Ich stutze. War an der Lichtung nicht noch Sonnenschein? Und wolkenlos? „Das hat sicher nichts zu sagen.“, sprach ich, „Es kommt langsam aber sicher der Herbst. Da kann das Wetter schon mal wechselhaft sein.“ „Sollen wir zurückgehen?“, wandte Seth ein, „Für heute haben wir das hier genug gesehen.“

Als wir ein Stück gingen, trafen wir auf Akuma, Anuki und Shira. „Was für ein Zufall. Wo kommt ihr denn her?“, fragte der schwarze Wolf. „Wir waren spazieren“, antwortete ihm Ammy. Shira meinte: „Falls ihr Hunger habt: Unsere Jagd war erfolglos. Wir haben kein Tier gesehen - ich meine gefangen.“

Die Wölfe gingen gemeinsam zu unserem Bau zurück. Seth und ich wollten noch etwas alleine sein. „Gehen wir auf die Lichtung? Auf unseren Baum?“ „Ja.“ Oben sitzend ließ ich mich seufzend in seine Arme fallen. „Seth, seit wir hier zurückgekehrt sind passieren merkwürdige Dinge. Auch das Leben hier ist so... anders.“ „Was meinst du denn damit?“ Er wirkte verwundert. „Bevor wir entführt wurden, war das Leben hier so einfach und leicht. Keine Probleme, einfach nur Wonne. Und jetzt ist das Leben so schwer. Probleme und Zweifel erschweren mein Herz, der Wald trägt nicht mehr diese Aura des Friedens und der Freiheit. Irgendetwas ist anders geworden.“ Seth sah mich fest an und fragte: „Was sind das für Probleme und Zweifel? Teile sie mit mir.“

„Das ist gerade das Problem, dass ich es nicht kann. Akuma meinte, dass ich es dir nicht sagen sollte.“ „Warum dies? Vertraut er mir nicht?“

„Er kennt dich halt noch nicht so gut - außerdem gehörst du ja streng genommen auch nicht zum Ōkami-Rudel.“ „Ach so ist das?“ Seth löste die Umarmung. „Ich bin also ein Außenseiter, dem man nicht vertrauen kann? Und obwohl du kein reiner Wolf bist, bist du ein vollwertiges Mitglied und somit natürlich auch vertrauensvoll? Wenn ich nicht erwünscht bin, dann sag es mir ruhig. Ich habe es mir nicht ausgesucht, in diesem Wald zu leben.“ Er stand auf und flog erzürnt weg. Ich biss mir auf die Unterlippe. Das hatte ich gehörig verhauen. Mit Tränen in den Augen lief ich durch den Wald.

Ich stolperte über eine Wurzel. Am Boden blieb ich liegen und fing an zu weinen. Ich vertraute ihm! Ich hätte ihm das gerne erzählt! Nun hatte ich alles kaputt gemacht. Wie schlecht ich mich doch jetzt fühlte! Mein Herz schmerzte und die Tränen brannten in meinen Augen.
 

„Celina, was machst du da?“, ertönte eine Stimme. Ich reagierte nicht, weil ich gerade niemanden sehen wollte. „Celina? Celina!“ Ich wurde angestupst. Wieder reagierte ich nicht. „Mensch, Celina! Reagier doch mal!“, knurrte er. Dann blickte ich langsam auf. Akuma war zu mir herabgebeugt. „Oh, du bist es…“ Du siehst ja fürchterlich aus. Willst du mir sagen, was passiert ist?“ Ich setze mich zusammengekauert hin und schluchzte: „Ich hab alles kaputt gemacht!“ „Was hast du kaputt gemacht?“ „Das Vertrauen… von Seth…“ Akuma runzelte die Stirn. „Weshalb das?“

„Ich - ich habe ihm davon erzählt, dass ich mehr Probleme habe, als vor unserer Entführung. Nach seiner Frage meinte ich, dass ich hm diese Sache nicht sagen kann, da du gesagt hast, dass ich es nicht soll…“

Jetzt erst verstand Akuma. „Du meinst die Sache mit den Ōkamis und unserem Rudel? Warum ist das ein Problem für dich?“

„Ich war mal ein Mensch. Jetzt bin ich sowohl Mensch, als auch Wolf. Niemals könnte ich ein Ōkami werden, obwohl ich in ihrem Wald lebe. Wie gerne würde ich ein Ōkami sein und diese Wald beschützen. Und nicht nur diesen Wald…“ „Ich wusste nicht, dass es dich so tief getroffen hat. Augrund deines Willens, denke ich, hast du gute Chancen, ein Ōkami zu werden.

„Seth meinte auch, dass er unerwünscht hier sei.“ „Das ist er natürlich nicht! Und nun gehe und versöhne dich wieder mit ihm. Gewiss kannst du ihm davon erzählen. Vertraue ihm so viel, wie dein Herz es erlaubt.“ „Danke. Ich werde es versuchen.“ „Und du kannst mir auch alles erzählen – egal, wie belanglos es ist.“ „Das nehme ich mir zu Herzen. Ich gehe jetzt.“ „Aber bitte komme spätestens in der frühen Nacht wieder, wenn es geht.“

Ich nickte und lief entschlossen davon. Doch wo konnte er jetzt sein? Um einen klaren Gedanken zu fassen, kehrte ich zur Lichtung zurück. Inmitten von ihr stand eine finster dreinschauende Person mit schwarzen Flügeln: Seth. „Seth!, rief ich verwundert und kam auf ihn zu. „Ich bin gekommen, um, dir Lebwohl zu sagen. Da ich hier wohl nicht erwünscht bin, werde ich mir ein neues Zuhause suchen. Vielleicht suche ich die Berge wieder auf.“ „Seth… du brauchst nicht zu gehen.“ Dann machte ich eine kurze Pause. „Es tut mir fürchterlich Leid, was ich zu dir gesagt habe. Und es war auch nicht richtig…“

„Wie?“, fragte der Schwarzhaarige erstaunt. Sein Blick wurde klarer. „Was war nicht richtig?“ „Ich hätte es dir sagen dürfen - und es auch gewollt. Akuma sagte zu mir, ich solle dir so viel vertrauen, wie mein Herz erlaubt. Er meinte auch, dass du nicht unerwünscht bist. Und er war es, der mich dazu bewegte, mich wieder mit dir zu versöhnen.“ Seth schwieg.

Dann sah ich glitzernde Tränen seinen Wangen hinunterlaufen. „Ich hatte so etwas gehofft, doch ich war zu verletzt, zu denken, dass meine schlechten Gedanken nicht stimmten. Ja, ich habe überreagiert.“ Er nahm mich in den Arm. Schluchzend flüsterte er mir ins Ohr: „Nicht auszudenken, was wäre, wenn ich wirklich gegangen wäre.“ „Das wäre schrecklich. Ich hätte mir mein Leben lang Vorwürfe gemacht….“

Schweigend umarmten wir uns. Ein schwerer Stein fiel mir vom Herzen. Erleichtert kamen mir auch dir Tränen. Ich mochte ihn nicht verlieren. Doch irgendwann musste ich ihn verlieren. Ich zuckte zusammen! Wieso kam mir dieser entsetzliche Gedanke? Vielleicht, weil ich ihn beinahe verloren hatte?

„Celina, ich würde gerne mit Akuma reden.“, unterbrach Seth die Stille, „Ich denke, dass reden wirklich weiterhilft.“ „Ja, klär alles, was dir auf dem Herzen liegt. Und vergiss nicht: Ich bin immer für dich da, egal wo ich bin.“ Ich schaute tief in seine blauen Augen.

Wir liefen Hand in Hand durch den Wald. „Was ich noch bemerken wollte.“, sagt er, „Halt mal inne und lausch.“ Ich tat dies und konzentrierte mich aufs Hören. „Ich höre nichts.“ Ich war verwirrt. Seth nickte. „Ja, nichts. Kein Vogelgezwitscher, nichts.“ „Stimmt.“ Es waren keine Tiere zu hören. Selbst das Summen der Insekten war verstummt. Ich wurde unruhig. „Das ist kein gutes Omen, wenn die Tiere ruhig sind.“
 

Am Bau entfernten sich Seth und Akuma, um alleine zu reden. Shira, Anuki und Ammy saßen bei mir. „Shira, warum hattet ihr keine Tiere gefunden?“ „Bei der Jagd? Hm.. ich weiß nicht…“ „Die Tiere des Waldes sind verstummt. Das haben Seth und ich gemerkt. Was ist im Wald los?“ „Ich weiß es auch nicht. Wir haben selbst gemerkt, dass die Tiere verstummten. Der Wald ist still.“ Dann ließ Shira den Kopf hängen. „Als ob wir hier die einzigen Lebewesen wären…“ Ich stimmte ihr zu: „Ja, etwas muss hier passieren – und zwar nichts Gutes! Weiß Akuma mehr?“ „Wohl kaum.“ „Seth zeigte Ammy und mir ein Waldstück, das vollkommen vertrocknet und tot war. Meinst du, es hat was miteinander zu tun?“ „Durchaus, ja.“, meinte Anuki, „Ich befürchte, dass vielleicht der Wald abstirbt.“ „Aber warum?“, fragte ich aufgebracht. „Vielleicht ist etwas mit den Ōkamis passiert? Ich kann es mir nicht erklären.“ In dem Moment kamen Seth und Akuma wieder zurück Seth sah zufrieden aus. „Alles okay?“, fragte ich. Er nickte. Dann sagte er, dass er uns jetzt alleine ließ und müde war. Somit verließ er uns.

„Was ist hier bloß los?“, fragte Akuma verständnislos. „Hat Seth dir alles erzählt?“ Ich sah ihn erwartungsvoll an. Der schwarze Wolf nickte. „Das, was er sagte, verwundert mich…“
 

Der nächste Morgen war ein Düsterer.

Dunkle Wolken hingen am Himmel. Schwer und bedrohlich. Sie ließen nur sachtes Licht hindurch. „Es sieht aus, als würde es bald regnen.“, meinte ich den Himmel betrachtend. Anuki schüttelte den Kopf. „Dafür sind sie zu dunkel.“ Dann kam Seth aufgeregt angeflogen. „Celina, Akuma, Anuki, Shira, Ammy, kommt alle mit! Ich muss euch etwas zeigen!“ Sofort machten wir uns auf und folgten ihm. Den Weg kannte ich. Er führte zur Lichtung. Angekommen bekamen wir einen Schreck. Vor uns lag verdorrtes Land. Graue, tote Bäume, karger Boden.

„Es hat sich weiter ausgebreitet.“, sagte Akuma erschrocken. „Ich befürchte fast“, meinte der Silberwolf, „dass dies ein Fluch ist. Dieses Stück sieht mir verflucht aus.“ Akuma runzelte skeptisch die Stirn. „Wie kann unser Wald plötzlich verflucht sein?“ „Es ist anders, als gestern.“, unterbrach Seth, „Spührt ihr nicht dieses Miasma, das von diesen Platz ausgeht?“ Ein Stechen fuhr durch meine Nase. Das Atmen allgemein fiel mir schwer. Ohne Zweifel! Dies war ein Fluch!

„Die Ōkamis behüteten diesen Wald. Nicht nur vor extremen Naturkatastrophen, auch vor Menschen. Doch sie entwürdigten diesen Wald und durchbrachen diesen Schutzschild. Sie sähten das Böse hier!“ „Woher weißt du das, Ammy?“, fragte Akuma. „Ich habe hier schon einmal gelebt. Die Erinnerungen kamen erst wieder mit der Zeit.“ „Wie können wir ihn retten?“, fragte ich sie. „So gar nicht. Die letzte Rettung ist..“ Bevor sie aussprechen konnte, entzündete sich der verfluchte Ort. Es loderten schwarze Flammen! Sie fraßen sich schnell voran.

„Weg hier!“, rief Seth panisch. Wir liefen ein Stück, dann sagte Akuma: „Wir müssen diesen Wald verlassen!“ Doch in diesem Moment wurde uns der Weg nach draußen abgeschnitten.

„Wir können diesen Wald doch nicht alleine lassen!“, rief Shira, „Wir können ihn nicht im Stich lassen!“ Ammy stimmte ihr zu. „Unsere und des Waldes letzte Rettung liegt im Wolfskristall.“ „Okay. Wenn wir dahin gelangen.“
 

Dann bahnten wir uns einen Weg zwischen den aggressiven Flammen, die uns zum Teil zu verfolgen schienen.

Umgestürzte Bäume versperrten uns den Weg, sodass wir große Umwege machen mussten. „Die Flammen intensivieren das Miasma.“, bemerkte Anuki, „Wir können hier nicht mehr lange verweilen.“ Der Ausgang Richtung Quelle lag vor uns. „Wir sind gleich draußen.“, sagte ich erleichtert. Wir schraken zurück, als eine schwarze Feuerwand vor uns emporschoss.

Sie schnitt uns erneut den Weg ab. „Verdammt!“, fluchte Akuma, „Das war unsere letzte Möglichkeit zur Freiheit.“ Ich schaute hinter uns. Bedrohlich rollte die Feuerbrunst immer näher. „Ich hab eine Idee.“ Seth nahm Akuma zuerst und flog über die Feuerwand. Es funktionierte. Dann nahm er Shira, dann Anuki, dann Ammy.

Der feuerfreie Platz wurde immer enger. Es dauerte mir viel zu lange, bis Seth über die Feuerwand zurückkam. Mir wurde entsetzlich heiß. Wohl auch aus Angst.

Ich hatte nicht mehr Platz als 2 Meter. Endlich kam Seth an. Er beeilte sich, als er meine Situation sah. Doch es wurde brennzlich. Ich musste mich bemühen, kein Feuer zu fangen. „Celona! Spring!, rief er panisch. Ich vertraute ihm und sprang so hoch, wie ich konnte. Er fasste mich an den Armen. Jedoch erwischten die schwarzen Flammen meine Beine. Vor Schmerz kniff ich meine Augen zusammen, sagte aber nichts. Dann überquerten wir erfolgreich die Feuerwand.
 

Er flog direkt zur Quelle, wo die Anderen warteten. Vor der Quelle setzte er mich ab. Ich konnte nicht stehen. Mit schmerzverzogenem Gesicht setzte ich mich hin. „Celina, was ist los?“, fragte mich Shira. Dann sah sie meine Beine. „Oh, nein!“ Sie waren komplett schwarze! Normalerweise waren Verbrennungen rot, aber diese waren schwarz.

„Diese Flammen sind tatsächlich verflucht.“, meinte Ammy, „Diese schwärze, wenn man mit Verfluchtem in Berührung kommt, ist ein tragischer Beweis.“

„Was passiert jetzt mit mir?“ Ich geriet ein wenig in Panik. „Vermutlich kannst du nicht mehr laufen, solange der Fluch hält. Der Fluch wird, denke ich mal, gebrochen, wenn die Flammen erloschen sind.“

Seth nahm mich auf den Arm. „Lass uns gehen.“, sagte Akuma entschlossen. Wieder hinter dem Wasserfall gingen wir durch die Höhle. Ich bemerkte: „Hier ist es unglaublich heiß drin. Beim vorherigen Besuch war es nicht so heiß.“ „Das stimmt“ Die Hitze kam von der Höhlendecke. Wir sahen, dass sie anfing zu bröckeln und merkten, wie es noch heißer wurde! Die verfluchten, schwarzen Flammen schienen sich durch den Boden zu fressen!

Doch der Wolfskristall ruhte noch immer still und ruhig in seiner Fassung. „Wenigstens ist er unberührt.“ Akuma war erleichtert. „Aber wie“, fragte Anuki, können wir jetzt den Wolfskristall zur Rettung des Waldes nutzen?“ „Erinnert euch an die Worte eures Leitwolfes. Auch inständiges Beten zu den Ōkamis kann sie stärken. Natürlich nicht so stark, als wenn sich jemand opfern würde.“

„Ammy! Wir müssen dies ohne Opfer bestehen! Unsere Bitten an die heiligen Ōkamis wird sie ermutigen, ihre Kraft gegen den Fluch einzusetzen. Ich glaub daran.“, sprach Akuma inständig.
 

Plötzlich erschütterte der Boden. Alles vibrierte. Steine rieselten von der Decke. „Die Höhle stürzt gleich ein!“, rief Shira ängstlich, „Wir müssen schnell handeln!“ Die Temperatur stieg rapide an.

„Lass mich hinunter, Seth!“ Ich strampelte und er setzte mich ab. „Dafür ist jetzt nicht die richtige Zeit dafür! Wir müssen hier am besten fliehen!“

Ein lautes Grollen ertönte und eine gewaltige Feuerwalze preschte duchr den Gang. Sie erreichte bald den Raum des Wolfskristalls!

Es war die einzige Chance, zu überleben. Ich holte einen kleinen Dolch hervor. „Celina! Nein!“, rief Seth. Akuma wandte sich erschrocken um. „Celina! Nicht! Mach das nicht!“ Ohne zu zögern rammte ich mir den Dolch in die Halsschlagader und zog ihn heraus. Mein Blut spritzte heraus und alles wurde kurzerhand schwarz. Ganz leise hörte ich Seths Stimme, dann verstummte alles.
 

Die Schwärze wurde langsam hell, bis alles um mich herum weiß war.

Ich sah ein weißes, vierbeiniges Wesen mit schneeweißen Schwingen und Heiligenschein auf mich zu laufen. Die Gestalt war wölfisch. Es schaute mich mit seinen blauen Augen an, die die Farbe von reinstem Quellwasser hatte.

„Celina, mutiges Mädchen. Dein Mut und dein Opfer brachten den Frieden zurück in unseren Wald.“ „Wo bin ich? Und wer bist du?“ „Du bist hier im Himmel der Ōkamis. Mein Name ist Amaterasu.“

„Im… Himmel der Ōkamis? Dann bist du ein Ōkami?“ „In der Tat. Celina, sieh dich an! Du bist auch eine von uns!“

Verwundert blickte ich mich an. Ich trug ein weißes, langes Kleid. Meine Pfoten, sowie Ohren und Rute waren zwar noch immer wölfisch, aber ihre Farbe war weiß! Besonders wunderte ich mich über meine Haare. Sie waren lang, weiß und hatten einen zarten Silberton. „Was ist mit mir passiert?“ „Durch deine edle Opferung bist du in den Himmel gelangt. Und dein wölfischer Teil von dir wurde zum Ōkami, Schwester.“, erklärte der Ōkami freundlich. Ich runzelte die Stirn. „Schwester?“ „Wir Ōkamis sind Brüder und Schwestern. Egal, wer sie sind oder wie alt sie sind.“ „Das ist ja unglaublich…“

„Celina, möchtest du mit deinen Freunden reden? Sie stehen noch am Wolfskristall. Danach können sie dich nicht mehr sehen,. Du sie aber schon. Wenn du willst, kannst du ihnen deinen Schutz geben.“ „Ja, ich möchte mich von ihnen verabschieden.“

Der Ōkami verschwand und ich befand mich wieder in der Höhle. Akuma, Seth und die anderen schauten mich an. Die Höhle war wieder ruhig und ich spührte wieder die friedliche Aura, die der Wald stets hatte. „Freunde, es ist mir eine Freude, euch lebend zu sehen.“ „Celina?“, fragte Seth verwundert, „Bist du das? Aber du siehst so anders aus…“ „Durch mein Opfer wurde der wölfische Teil in mir zum Ōkami. Dadurch änderte sich auch mein Äußeres.“ „Aber du siehst wunderschön aus..“ „Celina“, wandte Akuma ein, „Nach dem du dich getötet hattest, kam ein strahlendes Licht aus dem Wolfskristall und vertrieb den Fluch aus dem Wald. Dank dir sind wir am Leben, aber…“ „Mach dir keine Sorgen. Wir sehen uns wieder. Dies ist vielleicht das letzte Mal für eine lange Zeit, dass wir uns sehen, aber es ist nicht das letzte Mal.“ „Und was ist mit uns? Werden wir uns wieder sehen?“, fragte Seth traurig, „Ich bin ja kein Wolf und werde somit nie ein Ōkami.“

„Ich bin mir sicher, dass wir uns wieder sehen. Sei nicht traurig, Seth. Meine Liebe zu dir wird nie eine Andere sein. Wenn wir uns wieder sehen, sind wir wieder vereint – für immer!“

Dann wandte ich mich zu den Wölfen.

„Es war eine schöne Zeit mit euch. Wir haben viel zusammen durchgemacht. Wir lagen zusammen in der Sonne und genossen den Tag, wir jagten täglich zusammen. Ihr nahmt mich auf, so freundlich und empfänglich. Wir flohen sogar aus den Fängen der Menschen und kehrten wieder zurück nach Hause. Und dann zerfiel der Wald durch den Fluch des Bösen. Niemals haben wir einander gezweifelt. Wir waren ein Rudel! Wir waren Freunde! Vielen Dank für diese schöne Zeit. Ich hoffe, eure wird weiterhin eine ebenso Schöne sein.“

„Wir werden dich vermissen und auch um dich trauern, das ist klar, aber unser Leben geht weiter und unser Ziel ist ja das Wiedersehen.“, ergriff Shira das Wort, Genieße du auch deine Zeit.“ Nun sprach Akuma: „Wenn einer von uns Selbstmord begeht, ist es nicht dein Wille. Wir werden mit unserem Leben fortfahren, wie es bisher war.“ „Lass es dir nicht zu langweilig werden, hörst du? Ich habe nicht viel zu sagen, außer, dass ich mich auf unser Wiedersehen freue.“ Anuki lächelte, doch auch ihm liefen die Tränen. Das letzte Wort hatte Ammy: „Unsere Zeit zusammen war eine sehr Kurze. Ich hätte gerne noch häufiger mit dir auf der Lichtung im Gras gelegen. Aber die Zeit gemeinsam können wir noch immer nachholen, wenn die Zeit gekommen ist.“

„Ihr alle… ich habe euch in mein Herz geschlossen - auf immer und ewig. Ich werde nun gehen. Auf Wiedersehen, meine lieben, teuren Freunde.“ Mein Abschied wurde von einem langen Wolfgeheul beendet. Der letzte Blick von mir fiel auf Seth, der tränenüberströmt mir zuwinkte.
 

Somit kehrte ich wieder in den Himmel der Ōkamis.

„Alles geklärt, Schwester?“, erkundigte sich Amaterasu, „..Schwester?“ Ich schluchzte. „..Der Abschied war so schwer…“ Ich kniete mich hin und umarmte Amaterasu. „Oh, bitte weine nicht, Celina. Verunstalte dein schönes Gesicht nicht mit Tränen! Es ist doch kein Lebwohl.“ „Ich weiß…“ Kurze Stille. „Was ist mit Seth, wenn er stirbt?“ „Seth ist doch der Rabenmensch, oder? Wenn er stirbt, wird er zum Phönix. Sein Herz ist rein und hat alles, um ein heiliges Wesen zu werden. Ihr werdet euch also auch wieder sehen.

Ich stand auf und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. „Das ist schön.“

Wir gingen gemeinsam durch die weiße Welt. „Darf ich einem Menschen einen Brief und ein Geschenk senden?“ „Sag mir was und an wen und die Person wird dies auf ihrem Tisch liegen haben.“, antwortete der Ōkami liebevoll.

„Diesen Brief. Und eine riesige Plüschschildkröte.“ „An wen geht das?“ „An Ayla, meiner immer noch besten Freundin.“ „Sie wird es nun auf ihrem Tisch liegen haben.“

„Vielen Dank, Amaterasu.“ Ich lächelte zufrieden.
 

ENDE



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