Beneath the blue
Beneath the blue.
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Nachdem Rei dem Bootsführer mit einem aus Daumen und Zeigefinger geformten O signalisiert hatte, dass sein rückwärtiger Fall vom Boot gut verlaufen war, justierte er noch einmal seine Taucherbrille und ließ sich dann langsam ins Meer hinabsinken. Mit einer Hand entließ er Luft aus seiner Tauchweste, während er sich mit der anderen Hand immer wieder die Nase zudrückte, um für einen Druckausgleich zu sorgen. Ihm gegenüber, ein kleines Stück tiefer, befand sich Kai, der ein wenig schneller sank als er selbst. Kai war der erfahrenere Taucher und hatte schon jegliche Unsicherheit, ob der lebenswichtige Druckausgleich jedes Mal auch wirklich funktionierte, verloren. Rei war noch immer vorsichtig und wartete stets, ob sich nicht ein Schmerz in seinen Ohren einstellte, der ihn davor gewarnt hätte, weiter hinab zu sinken. Aber bei diesem Tauchgang lief der Abstieg problemlos und es dauerte nicht lang, bis sie ihre endgültige Tauchtiefe erreicht hatten und Rei entspannt hinter Kai herschwamm.
Wenn Rei tauchte, fühlte er sich von der Welt über der Wasseroberfläche völlig entrückt. Still und endlos zog sich das Blau um ihn herum in alle Richtungen, nur durchbrochen von Korallenformationen, wogenden Wasserpflanzen und exotisch bunten Fischen. Es hätte unheimlich sein können, mit seinen von der Sauerstoffmaske unnatürlich verstärkten Atemzügen als einziges Geräusch in den Ohren und achtzehn Meter Wasser über ihm. Doch es erstaunte Rei selbst, wie wenig Angst er beim Tauchen empfand. Vielmehr genoss er jede Sekunde davon und jeden einzelnen Anblick, der sich ihm in der Unterwasserwelt bot.
Aus dem Augenwinkel sah er, wie Kai ihm mit einer Handbewegung bedeutete, näher zu kommen. Mit wenigen Flossenschlägen erreichte Rei ihn und im selben Moment sah er auch schon, was Kai ihm hatte zeigen wollen. In nur wenigen Metern Entfernung schwamm eine Schildkröte – so langsam und doch mühelos und mit einer Ausstrahlung von Würde, die Rei einer Schildkröte vorher nicht zugetraut hätte.
Erst als sie davon geschwommen war, wandte er sich mit einem breiten Lächeln zu Kai, neben dem er all die Zeit verharrt hatte. Auch Kai lächelte, vermutlich weil Rei ihm erzählt hatte, wie gern er einmal eine Schildkröte hatte sehen wollen, und fragte dann mit einem Handzeichen, ob alles okay war.
Rei bestätigte dies, indem er das Zeichen wiederholte, und formte im Anschluss mit beiden Händen ein Herz. Als Antwort sah er Kai grinsen und nach einigem Zögern und einem Augenverdrehen erwiderte dieser die Geste mit demselben Handzeichen.
Und gerade weil er ahnte, dass Kai gezögert hatte, weil er von solcherlei Bekundungen normalerweise wenig hielt, wusste Rei die Geste umso mehr zu schätzen.