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Mein Freund Bunta

Freundschaft ist eine Seele in zwei Körpern..
von

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Kapitel 1:Haruko,Frühling

Mit Eile zogen die Wolken am Himmel entlang, als würden sie sich vor dem bald aufkommenden Sturm fürchten. Die wenigen Vögel, die den Winter überlebt hatten, zogen sich in die kahlen Bäume zurück und hofften, dass das Unwetter nicht auch ihr Leben nehmen würde. "Die Regenzeit beginnt. Eine traurige und zutiefst bedrückende Zeit, wenn du mich fragst. "Gebrechlich setzte sich Fudo neben Haruko auf die kleine Eichenholzbank und sah nachdenklich in den Himmel. "Du solltest eigentlich zuhause sein, Haruko. Mit so einem Sturm ist nicht zu spaßen, sieh nur, was der letzte angerichtet hat. "Demonstrativ drehte Fudo seinen Arm in der Runde. Jedes einzelne Haus des Dorfes reichte nur noch durch Holzbretter und Unmengen an altem Stroh zum Wohnen. Die nördliche Provinz war noch nie reich gewesen, das wusste man überall, aber egal, wo man hinkam, es war kaum ein Dorf so arm wie dieses. Die Bewohner hatten kaum etwas,um überhaupt zu überleben, wie sollten sie da auch ihre Häuser reparieren?

"Keine Angst,Fudo-sama*. Ich werde gleich nachhause gehen, meine Mutter wartet auch bestimmt schon mit dem Abendessen. "Haruko sprang von der Bank auf, umarmte den Älteren noch einmal und lief so schnell sie ihre Beine tragen konnten, nachhause. Fudo Yoshida, ein alter Mann um die 70 Jahre, er war schon immer wie ein Großvater für Haruko gewesen. Ihren eigenen hatte sie nie kennen gelernt, er war früh gestorben, kurz nach der Geburt ihres Vaters. Fudo war Dorfältester, denn er war weise und half den Bewohnern, egal in welcher Lage sie waren. Seine Frau, Yui Yoshida, war vor kurzem gestorben und so war ihm das, wofür er eigentlich nur lebte,genommen worden, da sie keine Kinder hatten und er auch sonst keine Verwandschaft von sich mehr hatte. Er war ein Freund der Familie Tanaka, Harukos Familie, und half ihnen durch viele schwere Zeiten und Schicksalsschläge,die sie bewältigen mussten.

Flink öffnete Haruko die hölzerne Tür des Hauses und trat aus der Kälte des Abends hinein in den mit einem Ofen beheizten Wohnraum. Harukos Mutter Reika und der jüngste Sohn Takeru bereiteten gerade das Abendessen, einen ziemlich kleinen Topf Sukiyaki**, vor. "Haruko,du kommst spät! Wo warst du denn wieder so lange?", schimpfte Reika, die mit dem Rücken zu ihr stand. Hakuro verdrehte die Augen und ging ein paar Schritte weiter in den Raum. Er war nicht besonders groß, aber groß genug zum Wohnen. Eine kleine Leiter führte in eine Art zweite Etage, wo Haruko mit ihrem kleinen Bruder schlief. Ihre Mutter schlief unten zwischen Reissäcken und Töpfen.

Haruko wusste, dass sie nicht viel hatten und weit unter der Armutsgrenze lebten, doch sie war recht zufrieden mit der Situation. Sie wusste auch, dass andere Kinder es viel schlimmer hatten, denn sie hatten gar nichts mehr, nur das, was sie am Leibe trugen. Sie hatten gar keine Eltern oder Geschwister mehr, nicht so wie sie selber, die nur ihren Vater und Bruder verloren hatte. Sie wusste noch genau, wie lange ihre Mutter den Beiden nachtrauerte, Haruko natürlich auch, und dass sie es nie ganz verkraften würde, ihren Mann, Naoki, und ihren erstgeborenen Sohn Taro, verloren zu haben. Seit dem Tag, als sie die Nachricht des Todes der Beiden erhalten hatten, war das Haus mit einer Traurigkeit heimgesucht, die fast erdrückend wirkte. Zwar versuchte Harukos Mutter, alles wie immer erscheinen zu lassen, aber ihre Tochter spürte, wie sie innerlich zerbrach. Sie sagte immer, dass sei der Krieg, so wäre das nunmal. Wenn keiner kämpfen würde, wäre die nördliche Provinz schon lange dem Untergang geweit. Doch jedes Mal, nachdem ihr Gesicht durch diese Worte wieder etwas an Mut erlangte, wurde es wieder traurig und glich nicht dem einer jungen, hübschen Frau sondern eher dem einer alten Greisin, die dem Tode noch einmal von der Schippe gesprungen war.

"Entschuldige bitte Okaasan***, aber ich wurde aufgehalten!" Um Verzeihung bittend verbeugte sich Haruko vor Reika, die sich inzwischen zu ihr gedreht hatte. Sie ging ein paar Schritte auf sie zu und zog sie vorsichtig am Arm wieder hoch. Mit einem sanften Lächeln auf dem Gesicht strich sie Haruko über die Wange. "Du wirst von Tag zu Tag hübscher. Aber ich habe dir doch gesagt, du sollst dich nicht immer verbeugen, wenn du dich entschuldigst. Wir sind hier schließlich nicht im Kaiserhaus. So,und nun hilf deinem Bruder das Abendessen fertigzumachen. Ich werde nur schnell zu Fudo-san**** gehen, um noch ein paar warme Decken für die Nacht zu holen. Kannst du so lange auf Takeru aufpassen?" Ohne ein weiteres Wort verließ Reika das Haus. Mit einem kalten Windzug wurde die Tür geöffnet und im nächsten Moment schon wieder zugeknallt. Der Raum war trotz allem zügig und es war eigentlich fast unmöglich dort zu wohnen, geschweige denn zu schlafen. Takeru hatte bis vor kurzem noch eine leichte Lungenentzündung und war dadurch noch sehr angeschlagen. Der sowieso schon sehr blass aussehende Junge hatte schon seit Wochen das Haus nicht mehr verlassen und verbrachte die meiste Zeit eingehüllt in ein paar Decken vor dem Ofen.

Haruko war überaus froh, dass es ihn mit der Lungenentzündung nicht zu stark getroffen hatte, denn viele der Dorfbewohner und ganz besonders die Kinder, starben bereits daran. Ohne Takeru hätte sie gar keine Geschwister mehr gehabt, und ihre Mutter wäre wahrscheinlich komplett zerbrochen. "Takeru.", sprach sie leise. "Wie weit bist du?" Der kleine Junge drehte sich um und hatte wie immer ein Lächeln auf dem Gesicht. Ihn konnte so schnell nichts erschüttern, allerdings wusste Haruko nicht, ob es nur vorgetäuscht war, oder nicht."Bin gleich fertig Haku, du kannst aber schon einmal Schalen holen, Okaasan kommt ja gleich wieder!"

Haku. Schon immer nannte er sie Haku. Sie kannte es gar nicht anders von Takeru. Er war schon immer anders als Taro gewesen. Im Gegensatz zu ihm war Takeru klein und schmächtig, und man könnte niemals von ihm erwarten, dass er eines Tages in den Krieg ziehen würde. Haruko liebte ihren Bruder über alles. Sie hatte schon fast ein Beschützer-Syndrom für ihn entwickelt. Und sie nahm ihn immer in Schutz, selbst wenn die anderen Jungen aus dem Dorf ihn verprügeln wollten, weil er so klein war. Haruko war fast zwei Köpfe größer als er, obwohl nur zwei Jahre zwischen ihnen waren. Sie hatten ihn schon immer im Visier gehabt auch, als er noch mit Haruko die Dorfschule, wo den Heranwachsenden die Verhaltensregeln und das Minimum an Lesen und Schreiben beigebracht wurde, besuchte.

Haruko holte drei Schalen aus der Ecke des Raumes, wo sie immer paarweise gestapelt waren. Je näher sie zur Kochstelle kam, umso besser roch es und sie konnte sich kaum noch zusammenreißen, nicht gleich alles aufzuessen. "Sag mal, Takeru, glaubst du der Frühling kommt bald?" Vorsichtig strich sie ihrem kleinen Bruder die Haarstähnen aus dem Gesicht.

Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht sah er seiner Schwester an, und mit einem Mal überflog Haruko ein Gefühl der Wärme.

"Aber Haku, ich brauche doch keinen Frühling, denn der ist schon seit meiner Geburt bei mir und schenkt mir Kraft! Ich danke dir!"*****
 

Begriffserklärung:
 

*-sama: Sehr höfliche Anrede, da der Gesprächspartner damit nur indirekt angeredet wird.
 

**Sukiyaki: Ein klassisches japanisches Topfgericht. Fleisch, Gemüse und Tofu werden vor dem Verzehr in ein Schälchen mit verquirltem Eigelb getaucht.
 

***Okaasan: Höfliche Anrede für "Mutter"
 

****-san: Neutrale Anrede unter erwachsenen Personen
 

*****Takeru meint mit dem Frühling seine Schwester Haruko (Frühling heißt auf Japanisch Haruko)



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