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Office Mein

Im Büro
von

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Das wahre Gesicht

Als Anjali am nächsten Morgen noch vor dem Läuten ihres Weckers aufwachte, hatte sie einen ordentlichen Kater und es dauerte einige Augenblicke bis alle Ereignisse der letzten Nacht zurück in ihr Gedächtnis gefunden hatten. Als jedoch alles wieder da war, spürte sie, wie sich ihr Magen vor Wut beinahe zur Faust ballte. Wie hatte dieser Kerl es wagen können, sie so hinterhältig hinters Licht zu führen?! Sie konnte es einfach nicht fassen und bereute es auch nicht im Geringsten, dass sie ihn so angefahren und beleidigt hatte. In ihren Augen war es einfach das Letzte, eine Frau betrunken zu machen, um sie anschließend abzuschleppen.

Um sich etwas zu beruhigen und ihre Kopfschmerzen loszuwerden, gönnte Anjali sich nach dem Aufstehen eine lange Dusche und ein ausgiebiges Frühstück. Während sie ihre Cornflakes aß und ihren Orangensaft trank, überlegte sie, wie die Begegnung mit Rahul nachher im Büro wohl ablaufen würde. Was sie selbst anging, konnte sie nur sagen, dass sie jeglichen Respekt für diesen Mann verloren hatte und nicht wusste, wie sie ihm in Zukunft gegenüber treten sollte. Aber an sich rechnete sie auch nicht damit, dass es eine `Zukunft´ geben würde. Sie war sich sicher, dass sie ihren Job los war, denn schließlich würde sich kein Chef auf dieser Welt von seiner Angestellten auf die Art und Weise, wie sie es getan hat, beschimpfen lassen und daraus nicht die logischen Konsequenzen ziehen. Um ihren Job tat es Anjali dabei zwar sehr leid, doch nun gab es ohnehin kein Zurück mehr.
 

Auf ihrem Weg zur Arbeit fühlte sie sich denn auch überraschend ruhig und ausgeglichen. Sie hatte keine Angst vor dem, was da auf sie wartete und beschloss, auch Mili vorerst nichts von den Geschehnissen zu erzählen. Erst wenn alles geklärt war, wollte sie ihrer Freundin die ganze Geschichte eröffnen.
 

Kaum hatte Anjali sich an ihren Schreibtisch gesetzt, dauerte es auch nicht lange bis sie Schritte auf dem Gang hörte, die sie ohne Zweifel Rahul zuordnen konnte. Ihr verschlug es allerdings die Sprache, als er zur Tür hereinkam, denn er zitierte sie nicht grimmig in sein Büro, um ihr ihre Kündigung mitzuteilen, sondern schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, wünschte ihr einen guten Morgen und ging ohne ein weiteres Wort an ihr vorbei in sein Büro.

Mit vor Fassungslosigkeit geöffnetem Mund starrte Anjali ihm hinterher und konnte nicht glauben, was da gerade geschehen war. Tat dieser Kerl etwa gerade so, als ob nichts gewesen wäre?! Das konnte doch wohl nicht sein Ernst sein! Wutentbrannt stand sie auf und riss ohne zu klopfen die Tür zu seinem Büro auf. „Was zur Hölle soll das?!“, brauste sie auf und lief festen Schrittes auf ihn zu. Er war gerade dabei, seinen Aktenkoffer abzustellen und seinen Mantel auszuziehen. Fragend schaute er sie an. „Verzeihung? Was genau...?“, wollte er fragen, doch Anjali fiel ihm ins Wort. „Ist das Ihr Ernst?! Sie haben gestern Abend versucht, mich auf hinterhältigste Weise rumzukriegen und jetzt tun Sie so, als ob nichts gewesen wäre?!“ Ihr fiel es schwer, ihrer vollkommenen Fassungslosigkeit gebührenden Ausdruck zu verleihen.

Rahul schaute sie nur mit großen Augen an und winkte dann mit einem müden Lächeln ab. „Kein Grund für so ein Theater. Ich gebe zu, dass meine Mittel nicht die ehrenwertesten waren, aber du bist auch ein wirklich harter Brocken, muss ich gestehen. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen, dass ich auf diese unedlen Methoden zurückgegriffen habe. Normalerweise tue ich das nur im äußersten Notfall und habe damit auch immer Erfolg, aber du bist anscheinend etwas Besonderes...“, erklärte er ruhig und zwinkerte ihr zu, nachdem er zu Ende gesprochen hatte und an ihr vorbei ging, um seinen Mantel an die Garderobe zu hängen. Als er zurückkam, setzte er sich vor Anjali auf seinen Schreibtisch, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute ihr direkt in die Augen. „Ich weiß, dass du jetzt damit rechnest, dass ich dich rauswerfe, aber das wäre ungeheuer dumm von mir, denn ich muss zugeben, du leistest wirklich sehr gute Arbeit.“, meinte er ernst. „... und außerdem möchte ich nicht freiwillig auf das Privileg verzichten, dich jeden Tag um mich zu haben und anschauen zu können... Wenn du jetzt allerdings kündigen willst, kann ich dich natürlich nicht aufhalten. Die Entscheidung liegt bei dir. Also was sagst du?“

Mit jedem von Rahuls Worten wurde Anjali fassungsloser. Nicht nur, dass dieser Kerl gerade unumwunden zugegeben hatte, dass er sie mit Alkohol hatte gefügig machen wollen – er schien deswegen noch nicht einmal ansatzweise ein schlechtes Gewissen zu haben! Es widerte sie richtiggehend an, wie er da mit diesem selbstgefälligen Gesichtsausdruck vor ihr saß und offenbar dachte, er wäre der Größte.

In ihr keimte mit einem Mal der unbändige Wunsch auf, es ihm ordentlich heimzuzahlen und ihm zu zeigen, dass er nichts weiter war, als ein reicher Kerl mit einem viel zu großen Ego und einer noch größeren Libido. Das konnte sie allerdings nur tun, wenn sie jetzt am Ball blieb und nicht – wie es einfacher und vernünftiger gewesen wäre – alles hinschmiss und kündigte. So zwang sie sich also, erst einmal ruhig zu bleiben. Bevor sie Rahul allerdings eine Antwort gab, musste sie noch etwas tun, das ihr schon seit dem gestrigen Abend unter den Nägeln brannte.

Ohne Vorwarnung hob sie die Hand und verpasste Rahul eine so schallende Ohrfeige, dass ihr im Nachhinein selbst die Handfläche davon schmerzte. „Ich werde hier bleiben. Aber wenn Sie mich auch nur noch einmal seltsam ansehen sollten, gnade Ihnen Gott.“ Mit diesen Worten drehte Anjali sich um und verließ erhobenen Hauptes und mit knallender Tür das Büro.

Sich die schmerzende und bereits rot gewordene Wange haltend, schaute Rahul ihr hinterher und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Anjali herumzubekommen war eine viel größere Herausforderung als er gedacht hatte – und er liebte Herausforderungen. Ihre ungestüme und aufbrausende Art war eine mehr als willkommene Abwechslung zu all den leicht zu habenden Frauen, denen er in letzter Zeit begegnet war. Er liebte dieses wilde Funkeln in ihren braunen Augen, wenn er sie zur Weißglut brachte und er war guter Dinge, dass er es in Zukunft noch öfter würde sehen können.
 

Mili zeigte sich nicht besonders überrascht, als Anjali ihr die ganze Geschichte erzählte, als sie am Abend gemeinsam in Milis Wohnung zusammen saßen und Tee tranken. „Irgendwie hatte ich die ganze Zeit mit so was gerechnet, wenn ich ehrlich bin...“, gestand sie ein und schenkte ihrer Freundin einen entschuldigenden Blick. „Kein Mensch legt von heute auf morgen so eine charakterliche Kehrtwende hin.“ Anjali knurrte daraufhin verächtlich in ihre Teetasse und meinte, nachdem sie einen Schluck genommen hatte: „Aber ich werde es diesem Kerl heimzahlen. Der wird am Ende nicht mehr wissen, wo vorne und hinten ist – das kann ich dir versprechen!“ „Das will ich auch hoffen, denn er scheint einen ordentlichen Dämpfer mal dringend nötig zu haben. Aber versprich mir, dass du es nicht übertreibst. So reiche Leute haben immer unheimlich gute Verbindungen. Der könnte im Notfall sicher dafür sorgen, dass du in London nie wieder einen Job kriegst...“, gab Mili zu bedenken, doch Anjali winkte ab. „Und wenn schon. So lange ich mit einem reinen Gewissen weiterleben kann, ist mir das egal. Ich werde mir von diesem Mistkerl jedenfalls nichts mehr gefallen lassen und ihm zeigen, wo der Hammer hängt!“



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