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On the other side...

von

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Da sie schon früh aufgewacht war, war Aeris beim Frühstück, dass sie von Madam Pomfrey serviert bekam, bereits zu dem Schluss gelangt, dass ihr wohl nichts anderes übrig blieb, als sich erst einmal auf die momentane Situation einzustellen. Planen konnte sie ihr Vorgehen ja erst, wenn sie die Umstände kannte, so hätte Cloud es wohl ausgedrückt. Als sie ihr Kleid wieder anzog, stellte sie fest, dass es bereits wieder geflickt worden war. 'Das ging ja schnell', dachte sie. 'Und dabei habe ich nicht einmal darum gebeten... Normalerweise sollte ich wohl misstrauisch sein, aber meine Intuition sagt mir, dass ich diesen Leuten vertrauen kann.' An sich herabsehend stellte sie fest: 'Und man sieht noch nicht einmal die Stelle, wo der Riß war. Das kann ihre „Magie“? Beeindruckend.'

Sie band sich gerade die Schnürsenkel, als ein Mann den Krankenflügel betrat. Sie hatte Barret ja schon für groß gehalten, aber dieser hier war riesig, geradezu gigantisch. Sein Alter war durch seinen wuscheligen Vollbart hindurch schwer zu erraten, aber er war wahrscheinlich nicht viel älter als 30. "Guten Morgen, Madam Pomfrey", polterte er. "Ich soll hier jemanden zum Einkaufen begleiten."

"Ah, ja, guten Morgen, Hagrid", antwortete sie. "Aeris sitzt da drüben."

Als ihr Name genannt wurde, stand Aeris auf und verbeugte sich leicht. "Guten Morgen."

"Hallöchen", antwortete Hagrid gutmütig. "Bereit zu 'ner kleinen Shoppingtour? Ich würd' ja mit dir in die Winkelgasse gehen, aber die is'n bischen weit weg. Außerdem ist Ollivander gerade auf ner Tagung der Zauberstabmacher in Hogsmeade, also werden wir dir auch da einen ordentlichen besorgen können."

Zwar hatte Aeris keine Ahnung, was da der Unterschied sein sollte, aber sie lächelte ihm zu. "Das ist doch gut."

Erfreut klatschte Hagrid in die Hände. "Na dann, lass uns gehen."

Als Aeris dem Hünen durch die schier endlosen Gänge des Schlosses folgte, wären ihr wohl fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Die Bilder bewegten sich und sie hätte schwören können, dass ihr eines mit einem Ritter drauf hinterhergepfiffen hatte. Ihr Gefühl sagte ihr, dass es wohl ein sehr aufregender Tag werden würde, wenn es so weiterging.

"Hoppla!", sagte Hagrid, als Aeris beinahe hingefallen wäre. Die Treppe, die sie gerade hinuntergingen, hatte einfach die Richtung gewechselt und war nach rechts geschwungen.

"Whoa! Also das habe ich nicht erwartet", gab Aeris zu.

"Oho!", meinte Hagrid. "Is' dein erstes Mal in Hogwarts, nich'? Dumbledore hat mir erzählt, dass du nachträglich eingeschult werden sollst. Oh, hätt ich fast vergessen. Hier, dein Brief."

"Brief?", fragte Aeris und nahm den leicht zerknickten Umschlag, den Hagrid aus einer seiner Manteltaschen hervorgekramt hatte. Er enthielt eine offizielle Begrüßung, eine Liste mit Sachen, die sie besorgen musste, eine Einverständniserklärung über Besuche in Hogsmeade und ein weiteres Blatt mit Erklärungen, das offensichtlich nachträglich hinzugefügt wurde. Auf diesem Blatt stand:
 

Liebe Aeris,

Zuerst einmal möchte ich dich erneut an unserer Schule herzlich willkommen heißen.

Wenn du dich umhörst, wirst du sicher feststellen, dass wir im ersten Schuljahr bereits jemanden mit dem Namen Aeris Gainsborough haben. Ich persönlich glaube dir deine Geschichte, aber ich halte es für das Beste, wenn du den Namen Gemini annimmst.

Das Kollegium und ich denken, du solltest wegen deines Alters nicht mit dem ersten Schuljahr anfangen, sondern in den Jahrgang kommen, in dem du bereits Bekannte hast. Du wirst also mit dem vierten Schuljahr beginnen. Nach deinem Einkauf wird Hagrid dich zu meinem Büro begleiten, wo wir in kleinem Kreis dein Haus bestimmen werden.

Da das Schuljahr bereits begonnen hat, werden deine ersten Unterrichtsstunden bereits morgen stattfinden. Außerdem wirst du nachmittags Zusatzunterricht bekommen, um die übersprungenen Jahre aufzuholen. Ich bin aber guten Mutes, dass es dir nicht allzuviele Probleme bereiten wird.

Ansonsten wünsche ich dir einen guten Start in dein Schuljahr.

Herzlichst,

Albus Dumbledore
 

P.S. die Einverständniserklärung musst du nicht unterschreiben, du bist alt genug.
 

"Gemini?", fragte Aeris und sah den Umschlag an. Tatsächlich, er war adressiert an

Aeris Gemini

Krankenflügel, zweites Bett von links

Hogwarts-Schloss

Hogsmeade
 

'Naja, soweit kein schlechter Name', dachte sie schließlich. 'Und wenn es hier schon eine andere Aeris gibt... Moment, noch eine wie mich?' Sie runzelte die Stirn. 'Mein Gefühl sagt mir, ich muss mit ihr reden'

"Kommst du?", fragte Hagrid, der zuerst nicht gemerkt hatte, dass Aeris den Brief las und stehen geblieben war. "Wir ham' nen anstrengenden Tag vor uns, lesen kannste gleich in der Kutsche."

Als sie schließlich unten auf dem Hof ankamen, sah Aeris eine wunderschöne Kutsche vor dem Tor stehen Hagrid wirkte stolz. "Hübsch, nich'? Und die Thestrale hab' ich selbst gezähmt. War keine leichte Sache, sie dazu zu bekommen, ohne zu bocken dieses Ding zu ziehen. Schade, dass die meisten Leute sie nich' sehen können. Ich find' sie gar nicht so schrecklich, wie alle immer sagen. Aber andererseits isses eigentlich immer noch besser, sie nich' zu sehen."

Aeris wurde aus Hagrids Worten nicht so richtig schlau, aber sie sah ihn hinter der Kutsche verschwinden und hörte ihn mit den Zugtieren sprechen, also wurde sie neugierig. Sie ging einen Schritt vor, um an der Kutsche vorbeisehen zu können - und stolperte gleich drei Schritte zurück. Das, was da die Kutsche ziehen sollte, sah aus, als sei es gestorben und wieder von den Toten zurückgekehrt. Es hätte gut ein Geschöpf aus der Höhle der Gi im Cosmo Canyon sein können: Ein Skelett, vielleicht von einem Pferd, mit riesigen ledrigen Flügeln und dem Kopf einer Echse. Unwillkürlich hätte sie am liebsten nach ihrem Kampfstab gegriffen, aber auch ihn hatte sie bei Cloud zurücklassen müssen.

Hagrid hatte ihren Schrecken bemerkt. "Oh, du kannst sie sehen? Mein Beileid. Aber du brauchst keine Angst zu ham, sie sind dressiert. Mach's dir bequem, dann können wir losziehen." Er kletterte auf den Kutschbock und ergriff die Zügel, während Aeris in die Kutsche einstieg.

Während sie von der Fahrt kräftig durchgeschüttelt wurde, beschloss Aeris, sich nicht mehr so sehr von den Wundern dieser Welt überraschen zu lassen. Es musste wirklich eine andere Welt sein, wo die Alten sie hingeschickt hatten, anders konnte sie sich all diese Unterschiede nicht erklären. Sprechende Portraits und sich bewegende Treppen, und das alles ohne irgendein Zeichen von Makoenergie... Auch dieser Planet war anders, sie hatte bereits vergeblich versucht, zu ihm Kontakt aufzunehmen, aber er schien keine Stimme zu besitzen, keinen Lebensstrom zu haben, obwohl so viel Leben um Aeris herum war. Dafür existierte hier etwas, was selbst ihre Anwender schamlos 'Magie' nannten. Dieses Wort schien für sie nicht so viel Ungeklärtes zu beinhalten wie für jene, die in Aeris' Welt das Wissen der Alten als 'Magie' bezeichneten. Nein, es war für sie wohl eher etwas ganz Alltägliches, wenn es schon eine Schule dafür gab...

Als sie erst einmal das Hogwarts-Tor passiert hatten, dauerte es nicht lange, dann waren sie auch schon bereits im Dorf angelangt. Nachdem er die Thestrale unter misstrauischen Blicken der Dorfbewohner an einem dicken Baum angebunden hatte, meinte Hagrid: "So, zuerst müssen wir dir einen Zauberstab besorgen. Dumbledore hat Ollivander nämlich 'ne Eule geschickt, dass er ne Kundin für ihn hätte. Du hast echt Glück, weisste, Ollivander hat nämlich zurückgeschrieben, dass du auf die Tagung darfst und dir unter den besten Zauberstäben der Welt einen aussuchen kannst." Der Riese strahlte sie wohlwollend an, als sie vor einem recht unscheinbaren Gebäude stehenblieben. "Hier isses", sagte er und klopfte. "Ich hol' dich später hier ab, also nich' wegrennen, wenn du früher fertig bist, okay?"

"Okay", sagte Aeris, als sich die Tür öffnete und eine Hexe mittleren Alters erschien.

"Oh, hallo Mister Hagrid. Dann müssen sie Miss Gemini sein, richtig?", fragte die Frau, als sie die beiden sah. "Dumbledore hat uns geschrieben, wir haben sie schon erwartet. Kommen sie, kommen sie, hier entlang."

Und wieder war Aeris beschäftigt damit, jemandem zu folgen. Hörte das auch mal auf? Nicht, dass sie von alleine gewusst hätte, wo sie hingehen sollte...

Als sie den Tagungssaal betraten, war bereits eine hitzige Debatte im Gange. "Unsinn!", rief gerade ein runzliger kleiner Zauberer, dessen Hut größer war als der Rest von ihm. "Veela-haare machen einen Zauberstab viel zu unberechenbar!"

"Nur wenn sie nischt richtig verarbeitet wurden", schrie eine extrem hübsche junge Hexe mit französischem Akzent zurück. Hätte sie leise gesprochen, hätte man sie nicht verstanden. "Klar, dass sie sisch das nischt trauen, man braucht eben das richtige ‘Ändchen dafür."

"Sie haben ja gar keine Ahnung", brüllte ein anderer Zauberer dazwischen. "Nur weil es ihnen in die Wiege gelegt wurde, brauchen sie sich hier nicht so aufzuspielen. Jeder weißdoch, dass Veela-Stäbe so gut wie nur Leuten mit Veela in der Familie gehorchen. Mit dem Verfahren zum Finden des richtigen Zauberstabes für den Kunden hat das außerdem wenig zu tun. Man sollte zuerst-"

"Lenken sie nischt vom Thema ab", fuhr ihn die Hexe an.

"Sie sind es doch, die ablenken! Die richtigen Herstellungsmaterialien sind erst Tagesorndungspunkt 6!", giftete der Zauberer zurück.

"Bitte, meine Damen und Herren", sagte ein älterer Mann, der der Vorsitzende zu sein schien. Mit großen Glubschaugen unter seinen wuscheligen grauen Haaren sah er in die Runde. "Lassen sie uns zum Thema zurückkehren. Wie ich sehe, ist unser Gast eingetroffen."

Alle Blicke richteten sich auf Aeris. Erst jetzt fiel ihr auf, dass rund zwanzig Hexen und Zauberer um sie herum saßen und sie beäugten. Sie lächelte schüchtern und sagte leise: „Guten Tag...“

„Guten Tag. Liebes Kollegium, darf ich vorstellen: Miss Gemini, unser heutiger Gast. An ihr können wir unsere besten Verfahren zum Finden des richtigen Zauberstabes demonstrieren.“

‘Ach so’, dachte Aeris. ‘Sie brauchen mich also als Versuchskaninchen, deshalb durfte ich herkommen. Ist ja mal wieder typisch, die Menschen hier sind auch nicht anders...’

„Wer möchte den Anfang machen?“, fragte der Vorsitzende. Einen Moment später bereute er die Frage bereits; alle Zauberstabmacher begannen wieder, lauthals durcheinanderzuschreien. Er klopfte wie ein Richter mit einem kleinen Hämmerchen auf den Tisch und rief: „Bitte, Ruhe! Gut, da sie sich wahrscheinlich nicht einigen können, sage ich als Vorsitzender, dass Madame Foutu als erste ihre Demonstration halten soll. Aber denken sie daran, sie bekommen erst eine zweite Chance, Miss Gemini einen Stab anzubieten, wenn alle anderen auch keinen Passenden anzubieten haben.“

Die hübsche Zauberin stand auf und strich sich ihren Umhang glatt. „Ach was, isch werde keinen zweiten Versuch brauchen“, behauptete sie selbstsicher. „Isch ‘abe die perfekte Methode.“

Das beschrieb eigentlich das, was alle anderen Zauberer von sich auch behaupteten. Alle machten irgedwas, urteilten über Augenfarbe, Alter, Maße wie Abstand der Nasenlöcher und Länge der Haare, fragten Aeris nach ihren Plänen für die Zukunft oder ihrer Lieblingsfarbe. Nach dieser Prozedur drückte jeder ihr einen Stab in die Hand und sie wurde aufgefordert, ihn zu schwingen. Veelahaare und Eberesche, 12 Zoll, Aeris holte fast den Kronleuchter von der Decke. Einhornhaare, Birkenholz, 9 1/2 Zoll, der Umhang des unglücklichen Zauberstabmachers fing Feuer. Drachenherzfaser, Eichenholz, 10 3/4 Zoll, es passierte gar nichts. Und so ging es scheinbar endlos weiter, jedes Mal, wenn sie einen Zauberstab bekam, zeigte er entweder keine Reaktion oder es ging etwas zu Bruch. Gerade als Aeris sagen wollte, dass sie den Tumult nicht mehr aushielte, seufzte der Vorsitzende vernehmlich und schüttelte den Kopf. „So, jetzt war wohl jeder einmal dran. Ich würde sagen, wir machen morgen-“

„Aber was ist mit ihnen, Herr Ollivander?“, fragte der runzlige kleine Zauberer. „Die Berühmtheit aus der Winkelgasse sollte uns auch ihre Weise zeigen.“

Der Vorsitzende stutzte einen Moment, dann zuckte er ratlos die Schultern. „Sie haben ihn gehört, Mr. Ollivander. Wenn sie so freundlich wären...?“

Die Aufmerksamkeit richtete sich auf einen Zauberer, der sich bisher im Hintergrund gehalten und zugesehen hatte. Dieser stand auf und hob die Hände. „Nun ja“, sagte er mit sanfter Stimme. „Ich habe eigentlich keine Methode in diesem Sinne. Ich verlasse mich eher auf meine Berufserfahrung und mein Gefühl.“

„Ha!“, rief ein junger Spund von einem Zauberer. „So etwas unwissenschaftliches! Und wieso haben sie dann damals meine Maße genommen, als ich meinen ersten Zauberstab bei ihnen gekauft habe?“

„Bitte, seien sie still, Mr. Cortez“, ermahnte ihn der Vorsitzende. „Auch Mr. Ollivander soll seine Chance bekommen, sein so genanntes ‘Gefühl’ zu demonstrieren.“

„Na gut“, antwortete Ollivander. „Die Maße nehme ich nur, damit meine Kunden das Gefühl haben, ich würde mich auf etwas stützen. Nein, eigentlich vertraue ich auf meine Intuition.“ Er ging zu Aeris und sah ihr einmal fest in die Augen. „Du bist Rechtshänder, nicht? Hmmm....“ Er legte die Hand ans Kinn und dachte einen Moment nach, dann sagte er: „Ich wollte diesen Stab ursprünglich unter dem Tagesordnungspunkt ‘ungewöhnliche Materialien’ vorstellen, aber ich denke, wir haben hier schon seine Trägerin.“ Gedankenverloren tappte er zu einem Platz zurück, wühlte in seiner Tasche und holte eine längliche Schachtel hervor. „Hier. Phönixfeder, 11 4/7 Zoll. Hergestellt ist er aus einer völlig neuen, unbekannten Holzart. Professor Dumbledore aus Hogwarts hat mir einen Ast zugeschickt, mit der Frage, ob ich diese Art kennen würde. Ich konnte ihm leider keine Antwort geben, aber er hat mir erlaubt, aus dem Ast einen Stab zu fertigen. Da dieser Art auch ein Name fehlt, war ich so frei, diesen Baum Iifa zu nennen.“

Ein Raunen ging durch den Raum, als Ollivander den Deckel des Kästchens hob und einen rein weißen Zauberstab hervorholte, der leicht von innen heraus zu leuchten schien. Aeris erkannte dieses Leuchten sofort wieder: Die Bäume um die vergessene Stadt der Cetra hatten genauso ausgesehen. Vorsichtig gab Ollivander Aeris den Stab, und kaum hatten sich ihre Finger um ihn geschlossen, hatte sie das Gefühl, als wenn eine wunderbare Wärme und ein leichter Aufwind sie umgeben würden.

Ollivander lächelte und die anderen Zauberer waren ganz aus dem Häuschen. „Seht euch das an“, rief einer. „Er hat es auf Anhieb geschafft!“

„Papperlapapp“, behauptete ein anderer. „Das liegt nur daran, dass er als letzter dran war! Er hat aus unseren Fehlern geschlossen, das ist alles!“

„Er hat einfach nur Glück gehabt“, schrie ein dritter dazwischen...

„Ruhe, bitte Ruhe!“, rief der Vorsitzende vergebens. „Miss Gemini, danke, sie können jetzt gehen... Bitte, seien sie doch still...“

Aeris sah Ollivander an, der ihr zunickte. „Es ist alles geregelt“, sagte er zu ihr. „Du kannst deinen Stab mitnehmen, ich habe noch ein Stück von diesem Ast. Auf wiedersehen.“

„Ja, auf wiedersehen“, antwortete Aeris und machte, dass sie aus diesem Höllenhaus herauskam.

Vor der Tür wartete Hagrid bereits auf sie. „Na, das hat ja echt lang gedauert“, meinte er gut gelaunt. „Weißte was, lass uns jetzt erstma’ was essen, und dann sammeln wir zusammen, was du brauchst.“

Eine halbe Stunde später und mit vollem Magen machten sie sich also dazu auf, Aeris Sachen zu besorgen. Ein Laden, durch den sie zogen, kam ihr dabei wunderlicher vor als der nächste, obwohl sie doch beschlossen hatte, sich von nichts mehr überraschen zu lassen. Hagrid beobachtete Aeris amüsiert. „Tja, ist echt aufregend für ‘ne Muggelgeborene, nich’?“

„Aufregend ist kein Ausdruck“, antwortete sie und sah durch das Schaufenster eines Zaubertrankzutatengeschäfts. „Aber was ist denn nun ein Muggel?“

„Hohoho“, lachte er. „Ham’ sie dir das noch nicht erklärt? Muggel sind Nicht-Zauberer, die natürlich von allem hier nix wissen.“

Aeris kam sich vor wie ein Kind, als sie so normale Sachen wie Tinte und so anormale Sachen wie einen mittelgroßen Kupferkessel besorgte. Ihre Schulkleidung wurde vor ihren Augen innerhalb von zwei Minuten maßgeschneidert, so dass sie endlich Magie am Werk sehen konnte. Sie war wirklich nicht mit der ‘Magie’ ihrer Welt zu vergleichen. Das Wissen der Alten hatte es möglich gemacht, die Elemente zu manipulieren, während diese Magie Dinge erschaffen konnte. Womöglich war es sehr wichtig, dass Aeris dieses Können erlernte... Jedenfalls wurde ihr klar, während sie zusah, wie die verzauberte Nadel durch den Stoff flitzte: ‘Dies möchte ich auch können.’

Schließlich blieb nur noch ein Punkt auf der Einkaufsliste übrig. „Möchtest du’n Haustier haben?“, fragte Hagrid, der mit Aeris’ Sachen beladen war. „Da ist Animas Tierhandlung, da kannst du dich beraten lassen. Aber denk’ dran: Nur ‘ne Katze, ne Eule oder ne Kröte. Obwohl ich dir von ‘ner Kröte abraten würde, die sind echt langweilig. Ich persönlich würd’ ja alle Tiere erlauben, aber da is’ Dumbledore gegen. Sagt, die Leute würden’s ausnutzen und auch echt gefährliche mitbringen, da sie nich’ alle so vernünftig sind...“

„Und wieso kann man ausgerechnet Eulen als Haustiere halten?“, wunderte sich Aeris. „Diese Vögel lieben doch die Freiheit.“

„Oh, ja, das tun sie“, stimmte Hagrid zu. „Deshalb hat Hogwarts auch ‘ne eigene Eulerei. Da könn’se jede Nacht raus. Eulen sind so gesehen die praktischsten Haustiere, wir brauchen’se nich’ zu füttern, und euch bringen sie die Post.“

„Aha“, sagte Aeris. Irgendwie faszinierte sie der Gedanke, sich eine Eule anzuschaffen, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wer ihr schreiben sollte. Sie hatte noch nie ein Haustier besessen, wenn man in den Slums von Midgar lebte, konnte man sich das so gut wie nie leisten. Mit diesem Beschluss betrat sie den Laden und sah sich um. Auf sämtlichen Stangen und in allen Käfigen miaute, schuhute, quiekte und piepste es leise, als wollten sie alle sagen: Nimm mich bei dir auf! In einer Ecke des Ladens stand ein Käfig mit Fledermäusen, die einen irrsinnigen Lärm veranstalteten, während sie sich um ein Stück Banane stritten. Ein Rabe ließ ein langgezogenes Krächzen hören, während unser Blumenmädchen sich die Eulen ansah. Die Ladenbesitzerin kam gerade hinter ihrem Tresen hervor, als Aeris sich bereits für eine bestimmte Eule entschieden hatte. Sie hatte nicht einmal nachdenken müssen.

„Kann ich dir helfen?“, fragte die Ladenbesitzerin.

„Ja“, meinte Aeris. „Ich möchte diese Eule hier. Mit diesen Pinseln auf dem Kopf und diesem Blick erinnert sie mich an jemanden.“

Die Frau lächelte. „Eine sehr gute Wahl. Waldohreulen sind zuverlässig und ausdauernd. Brauchen sich noch etwas? Haben sie einen Käfig?“

„Nein, das wäre sehr freundlich.“ Die Verkäuferin ging ins Hinterzimmer, und Aeris sagte zu der Eule: „Ich werde dich Cloud nennen.“

„Oho, du hast sogar schon ‘nen Namen?“, wunderte sich Hagrid und wühlte in seinen Taschen nach dem Geld, das Dumbledore ihm gegeben hatte. Zusammen mit ein Paar Fusseln und einem zerbrochenen Keks legte er es auf den Tresen, während die Ladenbesitzerin die Eule in den Käfig bugsierte und abkassierte.

„Ja“, antwortete Aeris. „Cloud ist... ein guter Freund von mir. Und irgendwie ähnelt diese Eule ihm, ich kann mir da nicht helfen...“ Unwillkürlich musste sie kichern. „Wenn ich jemals dazu komme, ihm das zu erzählen...“ Sie nahm den Käfig entgegen und sie verließen den Laden.

Draußen hatte sich eine Menschentraube gebildet. Ein Zeitungsjunge schrie: „Extrablatt! Extrablatt! Neuer Anschlag der Todesser! Zwei Zauberer und rund 50 Muggel tot! Über dreihundert Verletzte! Todesser Genesis gesichtet! Extrablatt!“

Hagrid seufzte und lies die Schultern hängen. „Nicht schon wieder. Weißt du, was Todesser sind?“

Kopfschüttelnd sagte Aeris: „Nein, tut mir leid.“

Er zog Aeris von der Menschenmenge weg und sah sich um, als ob sie über ein verbotenes Thema sprechen würden. „Todesser sind Anhänger von Du-weißt-schon-wem, dem größten dunklen Magier unserer Zeit. Sie terrorisieren ganz England und weit darüber hinaus, ach was, fast die ganze Welt! Weißt du, diese Leute

halten muggelgeborene Zauberer für der Zauberei unwürdig und machen regelrecht Jagd auf sie. Aber, weißt du was“, sagte er wieder lauter. „Solange Dumbledore in Hogwarts ist, ist Hogwarts sicher.“ Irgendwo klingelte eine Turmuhr und Hagrid fügte hinzu: „Ah, wir sollten wohl besser zurück. Wir wollen dich doch noch vor dem Abendessen einsortiert haben, nich?“

Erneut kam Aeris sich total ahnungslos vor, diesmal wusste sie nicht, was Hagrid mit ‘einsortieren’ meinte. Obwohl ihr nichts anderes übrig blieb, als diesen völlig fremden Leuten zu vertrauen (man kann nicht behaupten, jemanden nach einem halben Tag schon zu kennen), fühlte sie sich in keiner Weise ausgeliefert oder hilflos. Bisher waren alle Leute mehr oder weniger nett zu ihr gewesen, auch wenn das, was der Zeitungsjunge gerufen hatte, darauf schließen lies, dass auch hier nicht alles zum Besten stand.

Wieder zurück im Hogwarts-Schloss setzte Hagrid sie vor Dumbledores Büro ab. „So, mach’s ma gut. Ich verzieh' mich in meine Hütte, die is' am Rand vom verbotenen Wald, falls du mich ma' besuchen willst.“ Er winkte ihr noch einmal freundlich zu und ging, gerade, als hinter Aeris Dumbledore die Treppe hinunterkam. Nicht, dass Aeris da eine Treppe gesehen hatte, da war doch eben noch ein Wasserspeier gewesen? Sie ermahnte sich selbst zu mehr Aufmerksamkeit.

„Hallo“, begrüßte sie Dumbledore freundlich. „Na, einen schönen Tag gehabt und alles bekommen?“

„Ja“, antwortete sie und lächelte zurück. „Vielen Dank.“

„Keine Ursache“, meinte Dumbledore und deutete ihr zu folgen. Sie stellte sich auf die erste Treppenstufe und bemerkte überrascht, dass den Rest der Arbeit die Treppe selbst erledigte, sie fuhren nach oben. Naja, Rolltreppen waren auch für Aeris eigentlich nichts Unbekanntes, aber eine Roll-Wendel-Treppe hatte sie noch nie gesehen.

Oben angekommen betraten sie ein Büro, das über und über mit Krimskrams vollgestopft war. Ein gläserner Apparatus puffte und gluckerte vor sich hin und an einer Seite stand ein Gerät, dass die Bewegungen von irgendwelchen Planeten simulierte und genausogut Bugenhagen hätte gehören können. Daneben stand eine leere Vogelstange. An den Wänden hingen Portraits von vielen alten Männern und Frauen, vermutlich ehemalige Schulleiter. Jedenfalls wurde sie wieder von allen Seiten aufmerksam betrachtet, nicht nur die Portraits, auch die vier zusätzlich anwesenden Personen sahen sie erwartungsvoll an.

Dumbledore räusperte sich. „Also, Miss Gemini, ich muss Ihnen, bevor Sie hier anfangen können zu lernen, einige Sachen erklären. Ihren Brief haben Sie gelesen, nehme ich an?“ Aeris nickte. „Gut. Sie müssen wissen, die Schüler der Hogwarts-Schule der Hexerei und Zauberei sind unterteilt in vier Häuser, die jeweils einen Hauslehrer haben, der für sie zuständig ist. Zuerst möchte ich sie ihnen vorstellen: Professor Keyron, die Hauslehrerin von Hufflepuff“, eine etwas untersetzte Frau mit grauen Strähnen in ihrem blonden Haar grüßte sie freundlich, „Professor Windsor, zuständig für Ravenclaw“, ein schlacksiger Zauberer in einem nachtblauen Gewand nickte ihr zu, „Professor Slughorn von Slytherin“, der Angesprochene grinste schief, war Aeris aber auf ersten Blick hin unsympathisch, „Und Professor McGonagall von Gryffindor.“ Eine junge, aber streng aussehende Hexe neigte den Kopf. Aeris verbeugte sich leicht zur Begrüßung. „Guten Tag.“

„Jedes Haus hat seine eigenen Merkmale, man wird nach den persönlichen Charakteristika einem Haus zugewiesen. Hufflepuff schätzt die Treue und Ehrlichkeit, Gryffindor den Mut, Ravenclaw Intelligenz und Slytherin List und Findigkeit. Um festzustellen, welche dieser Eigenschaften bei Ihnen am ausgeprägtesten sind, werden Sie jetzt den Sprechenden Hut aufsetzen.“ Dumbledore holte aus einem Regal einen zerfleddert aussehenden Hut, der sagte: „Ah, verspätete Schüler, hm? Na dann lass mal sehen!“

Unschlüssig nahm Aeris den Hut entgegen und sah ihn an. „Nur nicht so schüchtern“, meinte dieser. „Ich beiß` dir schon nicht in den Kopf, setz’ mich auf!“

Noch nie war sie von einem Hut zu soetwas aufgefordert worden. Vor Schreck hätte sie ihn fast fallen gelassen. „Okay...“

„Hmm, hmm, hmm...“, machte der Hut, während er auf ihrem Kopf thronte. „Einen klugen Kopf haben wir hier. Ehrlich bist du auch, schwierig.... Und du bist bereit, für deine Freunde bis in den Tod zu gehen... Sowohl ein Zeichen für Treue wie auch für Mut. Du machst es mir echt nicht leicht. Aber bei so viel, wie du schon erlebt hast, denke ich doch, du gehörst nach GRYFFINDOR!“, posaunte der Kopfschmuck durch das Zimmer.

„Ah“, machte der, der als Windsor vorgestellt worden war. „Dann kann ich jetzt gehen?“

„Ja, geh zu deinen Schülern, Seyren. Ich brauche jetzt nur noch dich, Minerva. Schönen Abend noch.“ Die drei anderen Hauslehrer gingen, während Dumbledore sagte: „So, wenn das jetzt geklärt wäre, fehlen nur noch einige formelle Sachen. Eine Schule kommt nun mal nicht ohne Regeln aus. Die gesamten Regeln hängen in deinem Gemeinschaftsraum aus, aber hier sind die wichtigsten nochmal: Der Verbotene Wald heißt nicht nur so, es ist verboten für Schüler, ohne besondere Erlaubnis dort hineinzugehen. Er ist selbst für erfahrene Zauberer gefährlich. Nach Nachtruhe sollten Sie nicht mehr Ihren Gemeinschaftsraum verlassen, sonst werden Ihnen Hauspunkte abgezogen.“

„Hauspunkte?“, wunderte sich Aeris.

„Durch Leistungen erwerben Sie Punkte für Ihr Haus“, erläuterte Professor McGonagall. „Wenn Sie die Regeln brechen, werden dem Haus Punkte abgezogen. Das Haus, das am Ende des Jahres die meisten Punkte hat, gewinnt den Hauspokal.“

„Die Mitschüler Ihres Hauses werden die Personen sein, mit denen Sie am meisten zu tun haben. Der Wettkampf um den Hauspokal soll den Zusammenhalt innerhalb des Hauses stärken.“, ergänzte Dumbledore. Dann legte er den Hut auf seinen Schreibtisch und nahm dahinter Platz.

McGonagall reichte Aeris eine Pergamentrolle. „Hier ist Ihr Stundenplan. Zusätzlich zu den Stunden, die Ihre Hausgenossen haben werden, werden Sie Flugunterricht mit den Erstklässlern zusammen und Extrastunden bei mir haben, um Ihren Rückstand auszugleichen.“

„Das wäre vorerst alles“, meinte Dumbledore. „Minerva, bringst du sie bitte zum Gemeinschaftsraum? Einen schönen Abend noch.“

McGonagall nickte. „Gut. Folgen Sie mir bitte.“

Aeris verabschiedete sich von Dumbledore und ließ sich mit ihrer Hauslehrerin von der Wendeltreppe nach unten fahren. Die Treppe machte die letzte Umdrehung - und Aeris bekam eine riesige Ladung schmutziges Wasser ins Gesicht. Eine Sekunde später war die Professorin neben ihr ebenfalls tropfnass. „Ihr!“, rief sie den nahe stehenden Schülern zu - zufällig waren es Sirius und James. „Was soll das? Zwanzig Punkte Abzug für-“

„Halthalthalt, das waren wir nicht!“, rief Sirius und hob abwehrend die Hände. „Das war-“ der Rest ging in einem Blubbern unter, da jetzt Sirius einen dicken Wasserstrahl ins Gesicht bekam.

Alle Blicke folgten dem Strahl und an seinem Ende befand sich ein komisch aussehender kleiner Mann, der über dem Boden schwebte und einen Schlauch in den Händen hielt. „Peeves!“, sagte McGonagall. „Hör’ sofort auf damit!“

Der kleine Mann kicherte nur und lies das Wasser auf James niederplätschern. „Diese Stinker brauchen doch eine Dusche!“, meinte er.

„Peeves!“, wiederholte die Lehrerin. „Wenn du das nicht sofort sein lässt, hole ich den Baron.“

Diese Drohung zeigte ihre Wirkung, Peeves schnitt eine Grimasse und machte sich davon. Natürlich nicht, ohne den Schlauch aus dem Mund des Wasserspeiers zu ziehen, der daraufhin den Gang überflutete.

McGonagall seufzte und brachte mit ein paar Schlenkern ihres Zauberstabes die Sauerei unter Kontrolle. „Was machen Sie beiden denn hier?“, sagte sie zu James und Sirius, die munter vor sich hin tropften.

„Wir wollten Aeris abholen“, antwortete Sirius wahrheitsgemäß. „Als wir im Krankenflügel nachgefragt haben, hieß es, sie sei mit Hagrid einkaufen. Und später hat Hagrid uns gesagt, dass sie hier ist, also sind wir hergekommen.“

„Und, in welchem Haus bist du?“, fragte James neugierig.

„Gryffindor“, antwortete Aeris, und Sirius machte eine Siegerpose.

„Ja!“, rief er James zu. „Ich hab’s dir doch gesagt!“

„Herzlichen Glückwunsch“, gratulierte James ihr. „Du bist im besten Haus von allen gelandet!“

„Wir sind auch in Gryffindor“, erklärte Sirius. „Echt toll, dass du zu uns kommst.“

„Komm, lass uns zum Gemeinschaftsraum gehen“, meinte er und hakte sich bei ihr ein. „Ich verspüre gerade das unbestimmte Verlangen, mich umzuziehen.“

Unsicher sah Aeris ihre Hauslehrerin an, aber diese sagte nur: „Gehen sie mit ihren Mitschülern mit. Sie werden Miss Gemini sicher alles erklären, was sie wissen muss, nicht wahr?“, fügte sie an James gewandt hinzu.

„Aber sicher“, antwortete Sirius für ihn grinsend, während Aeris sich aus seinem Griff entwandt. „Darauf können Sie Gift nehmen.“

McGonagall sah aus, als hätte sie sich einen bissigen Kommentar verkniffen. „Aber wehe, ich höre, Sie machen sie zu so einem Unruhestifter wie sie es sind.“

„Ach was“, antwortete Sirius und setzte eine Unschuldsmiene auf. „Das würden wir nie tun, ehrlich!“

Die Lehrerin seufzte. „Gehen Sie. Ich muss mir auch einen neuen Umhang anziehen. Guten Abend noch.“

Sobald die Professorin außer Hörweite war, sagte James: „Hey, toll, dass sie dich angenommen haben! Und, in welcher Klasse bist du?“

„In der vierten, genau wie ihr“, meinte Aeris und lächelte, als Sirius und James sich verwundert ansahen. „Das hat mir Professor Dumbledore verraten.“

„Cool“, fand Sirius und marschierte los. „Aber verrat' mir mal eins: Wo kommst du denn her? Von welcher Schule?“

Aeris wusste nicht recht, was sie darauf antworten sollte. „Ich bin in den Slums aufgewachsen, deshalb bin ich nie auf einer Schule gewesen“, gab sie am Ende zu. „Meine Mutter hat mir alles beigebracht, was ich kann.“

„Kannst du denn dann überhaupt zaubern?“

„Naja, mehr oder weniger“, meinte Aeris. Warum sie ihnen nicht sagte, dass sie dafür immer Substanz benötigt hatte, wusste sie nicht. „Ich habe jedenfalls noch nie einen Zauberstab benutzt, geschweige denn sich bewegende Treppen und Ähnliches gesehen.“

„Und dann stecken sie dich einfach in die vierte Klasse?!“, rief James aus. „Ist Dumbledore verrückt geworden?“

„Er hat gesagt, ich hätte das Potential dazu, es zu schaffen“, antwortete Aeris schulterzuckend. „Außerdem bekomme ich Extrastunden, um euch einzuholen.“

„Och, das packst du“, behauptete Sirius und blieb vor einem Gemälde mit einer fetten Dame stehen, die sich gerade ihre Nägel feilte. „Passwort?“, fragte sie geistesabwesend und pustete über ihre Fingerspitzen.

„Übrigens, dieses Portrait hier bewacht unseren Gemeinschaftsraum.“, erläuterte James. „Du musst ihr das Passwort sagen, wenn du rein willst. Hör gut zu.“ Er drehte sich dem Bild zu und sagte: „Cerberus.“

Das Bild schwang zur Seite und sie betraten den Gemeinschaftsraum. Sofort richteten sich alle Blicke auf die Neuankömmlinge, die sich triefend und tropfend durch den Raum bewegten. Als das halblaute Gemurmel Sirius unangenehm wurde, rief er einfach in die Runde: „Hallo, alle miteinander! Wir haben hier eine neue Mitschülerin zu begrüßen! Sagt alle hallo zu Aeris Gemini! Oh, und keine Fragen wegen dem Wasser, bitte, sagen wir einfach, wir hatten eine Begegnung mit Peeves.“

Die anwesenden Schüler scharten sich um Aeris. Sie wurde herzlichst von allen begrüßt. Natürlich kamen Fragen wie „Wo kommst du her?“, und „Warum kommst du erst jetzt?“, „In welcher Klasse bist du?“ und ähnliches, aber Sirius winkte ab. Er benahm sich, als wäre Aeris ein Star und er ihr Manager. „Bevor sie sich erkältet, muss sie sich umziehen. Fragen kann sie später beantworten.“ Er zog sie rüber zu der Treppe, die zu den Mädchenschlafsälen hinaufführte. „Die Hauselfen haben dein Gepäck sicher schon hochgebracht. Es dürfte alles im vierten Stock sein, also los, geh dich umziehen.“

„Du willst nicht mitkommen?“, wunderte sie sich. „Zumindest die Treppe hoch?“

„Hehe, ich würde ja mit die Treppe hochkommen. Wenn die Treppe mich lassen würde“, griente Sirius. „Aber das tut sie nicht. Keine Jungs im Mädchenschlafsaal, so lautet die Regel.“

Aeris kicherte. Offensichtlich war diese Schule schlauer gebaut, als sie gedacht hatte. „Na gut, dann bin ich gleich wieder da.“
 

Oben im vierten Stock des Treppenhauses war alles ruhig. Nichts ließ vermuten, dass unten im Gemeinschaftsraum das wilde Leben tobte. `Die stellen bestimmt schon die wildesten Vermutungen über mich an`, dachte Aeris und lächelte leicht resigniert. 'Und was soll ich ihnen erzählen? Ich rechne nicht damit, dass sie mir die wahre Geschichte glauben...' So in Gedanken versunken öffnete sie die Tür, vor der sie stand, und betrat ihren Schlafsaal. Ohne weiter darüber nachzudenken ging sie zu dem Himmelbett, neben dem der Käfig ihrer Eule stand, und setzte sich, um zu grübeln.

„Wenn du da heute noch schlafen willst, würde ich mich umziehen, wenn ich du wäre“, ertönte nach einer Weile eine Stimme aus dem Nachbarbett.

Erschrocken fuhr Aeris auf. „Wer ist da?“

„Ich bin Gwen. Gwen O'Hara“, sagte die Gestalt, die von dem Bett aufstand und sich als kleine, aber drahtige Teenagerin entpuppte. „Und du bist also diese neue, von der alle seit heute morgen reden. Eine Gryffindor also, huh?“ Sie musterte Aeris mit wachsamen Augen.

Aeris starrte zurück. „...ja. Ja, das bin ich wohl.“ Ihre Neugierde versetzte ihr einen Seitenhieb und sie fragte: „Was reden sie denn über mich? Ich bin doch gerade erst hier angekommen...“

„Gerüchte verbreiten sich schnell“, meinte Gwen. „Vor allem, wenn man bedenkt, dass Sirius und James ihre Klappe nicht halten können.“ Sie seufzte und fuhr sich mit einer Hand durchs schwarze, halblange Haar. „“Nur eine Frage: Stimmt diese Geschichte mit dem Kraken?“

Aeris legte den Kopf schief. „Ja, das stimmt“, bestätigte sie.

Gwen hob eine Braue. „Wirklich?“ Sie verschränkte die Arme und guckte skeptisch. „Sirius hat wirklich todesmutig mit dem Kraken gekämpft und wäre dabei beinahe ertrunken, nur um dich zu retten?“

„Was??“ Aeris zuckte zurück und schüttelte irritiert den Kopf. „Nein. Der Krake hat mich von ganz allein am Ufer abgesetzt.“

„Dachte ich mir schon. Da hast du aber gleich eine Menge klarzustellen, wenn du da runter gehst.“ Sie deutete mit einem Kopfnicken auf die Tür. „Viel Spaß.“

„Danke.“Einmal tief durchatmend stand Aeris auf und fing an, in ihrem Koffer mit den neuen Sachen zu wühlen, denn so langsam wurde ihr kalt. Und einer plausiblen Geschichte war sie auch nicht näher...

Etwas später stand Aeris wieder trocken angezogen an der Tür. Sie zögerte und sah Gwen an. „Kommst du mit?“, fragte sie schließlich.

Gwen hatte sich wieder auf ihr Bett fallen gelassen und winkte ab. „Nee, da unten ist es voll und laut. Ich bleibe lieber hier, wo ich meine Ruhe habe.“ Sie rollte sich auf den Rücken und sah Aeris aus den Augenwinkeln an, das diese sich gerade enttäuscht wieder der Tür zuwendete. „Und wenn du nicht weißt, was du ihnen erzählen sollst, dann sag einfach, dass du dich nicht erinnerst. Sie werden zwar dadurch nicht aufhören zu fragen, aber irgendwann glaubt man dir, wenn du dabei bleibst.“
 

Kommentar zum zweiten Kapitel:

Ich bin der Meinung, dass Aeris eher nach Hufflepuff als nach Gryffindor gehört (Immerhin ist sie für ihre Freunde gestorben und hat fast 5 Jahre auf Zack gewartet, bevor sie aufgegeben hat, ihm zu schreiben), allerdings wollte ich eine Geschichte mit den Marauders schreiben, und das funktioniert einfach besser, wenn Aeris in Gryffindor ist.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Riandra
2009-11-03T22:57:46+00:00 03.11.2009 23:57
Huhu :-)

Mir gefällt deine FF wirklich sehr, eine interessante Mischung, Final Fantasy VII und Harry Potter, bin schon gespannt, was draus wird, bin aber schon etwas verwirrt, dass es noch eine mini-Aeris geben soll, aber das wird sich sicher schon noch rausstellen, warum und weshalb, oder ob es einfach nur Zufall ist. Und was ich noch gut fand, war, dass Aeris ihre Eule Cloud genannt hat, musste da voll lachen :-)

Sagst du mir bescheid, wenn das nächste Kapi on ist?

lg Sai_kun


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